Arcanum - Vorschau, Rollenspiel, PC

Arcanum
20.11.2000, Jörg Luibl

Vorschau: Arcanum

Das jüngste Projekt von Tim Cain und ehemaligen Mitgliedern des Fallout-Teams (jetzt Troika Games) nennt sich Arcanum (ab 47,00€ bei kaufen): Of Steamworks & Magick Obscura. Der Untertitel ist Programm: Der spannungsgeladene Gegensatz zwischen Magie und Technik beherrscht Arcanum.

Das jüngste Projekt von Tim Cain und ehemaligen Mitgliedern des Fallout-Teams (jetzt Troika Games) nennt sich Arcanum: Of Steamworks & Magick Obscura. Der Untertitel ist Programm: Der spannungsgeladene Gegensatz zwischen Magie und Technik beherrscht Arcanum.

Die heile Fantasywelt wurde nämlich zum Leidwesen der magisch Begabten gerade von der industriellen Revolution heimgesucht. In den Städten beginnt die Massenproduktion von Glühbirnen, Batterien und Schusswaffen; Zeppeline und Doppeldecker erobern sich ihren Platz in der Welt der Drachen. Und anstatt nächtelang über Schriftrollen zu brüten, Artefakte zu bezaubern oder Elementare zu beschwören, bedienen sich die Jünger der neuen Wissenschaft doch tatsächlich der Physik, der Chemie und der Elektrizität. Konservative Magier können da nur angewidert den Kopf schütteln: Igitt! Oder doch eher cool?

Das entscheidet Ihr selbst, denn die Charaktererschaffung und das ausgeklügelte Attributesystem lassen dem Spieler alle nur erdenklichen Freiheiten. Ob Ihr dem alten Weg folgt, oder dem technologischen Trend huldigt, ergibt sich aus Eurer Verteilung der CPs (Character Points): Eine Skala zeigt dem Spieler an, wie weit er sich z.B. der Technik angenähert hat. Alle klassischen Fantasy-Rassen stehen zur Auswahl: Elfen, Zwerge, Gnome, Halblinge, Halb-Orks und sogar Halb-Oger. Wer komplexe Systeme scheut, wählt einfach einen der bereits entwickelten Charaktere. Es gibt keine Klassen oder Berufe, weil Ihr selber bestimmt, auf welche Fähigkeiten, Attribute, Zauber oder Techniken Ihr Eure CPs verteilt. Zu Beginn stehen alle Werte auf 8 und Ihr habt 3 CPs, die Ihr verteilen könnt. Nach jedem Levelaufstieg und gegen Bezahlung williger NPCs gibt es weitere CPs.

Charaktergenerierung

Die Charakterwerte (u.a. Stärke, Intelligenz und Charisma)reichen von einem bis max. 20 Punkten, wobei jede Rasse ihre eigenen Grenzwerte besitzt. Wählt Ihr einen Halb-Ork, müsst Ihr eben damit leben, mit Eurem Schönheitswert nicht mal ansatzweise in den 20er-Bereich zu kommen. Wer allerdings in diese Sphären gelangt, kommt in den Genuss eines Special-Bonus: Liegt z.B. die Stärke bei 20, verdoppelt sich der Schaden im Angriff. Zu Beginn des Spiels ist die Gesinnung des Spielers neutral. Im Laufe des Spiels ändert sich selbige je nach Aktion des Spielers; genauso steht es mit dem Ruf. Interessant sind die so genannten "Fate-Points", die es ermöglichen sollen, in Konfliktsituationen einen kritischen Treffer zu erzwingen.

Ein delikater Punkt ist die Wahl der Vorgeschichte: Wer sich z.B. für eine Kindheit beim Schlangen-händler entscheidet, hat auf der einen Seite zwar eine hohe Giftresistenz, muss aber andererseits mit einem eher unansehn-lichen Äußeren leben. Es gibt acht Grundwerte, von denen sich über ein Dutzend andere Werte und Fähigkeiten, wie Heilen und Glücksspiel, ableiten. Die Stärke wirkt sich etwa auf die Zahl der Lebenspunkte und die Traglast aus, die Konstitution beeinflusst die Müdigkeit und die Heilungsrate.

Das Hauptaugenmerk der Entwickler lag zwar auf der Story und den Quests, die mehrere Lösungswege offen lassen und nie in eine Sackgasse führen sollen. Leider bleibt die eigentliche Story aber auch das größte Geheimnis von Arcanum. Zu Beginn der Preview-Version wird ein riesiger Zeppelin von orkischen Doppeldeckern abgeschossen und es kommt zu einer Bruchlandung, die nur der Spieler überlebt. Kurz daruf wird man von einem Mönch für eine Art Messias gehalten, von dem in einer alten Prophezeiung die Rede ist. Wir wissen bis dato noch nicht, ob jeder Spieler diese Rolle in Arcanum übernimmt und wie die eigentliche Haupthandlung aussieht. Wahrscheinlich wird es 15 Hauptquests geben, um die sich dann kleinere Geschichten ranken.

Story

Die Steuerung der Figuren ist zu Beginn etwas hakelig, und braucht angesichts der vielen Optionen der Benutzeroberfläche eine gewisse Eingewöhnungszeit. Das komplexe Kampfsystem von Fallout wurde übernommen, und um eine nette Option für Action-Liebhaber erweitert: Jetzt kann man den Gegnern auch in Echtzeit an den Kragen gehen. Bei schweren Gegnern empfiehlt sich jedoch aus taktischen Gründen der Runden-Modus.

Gameplay/Kampfsystem

beschwörung und Metamorphose, mit etwa 80 Zaubern - der Hokuspokus kostet übrigens nicht die üblichen Magie-Punkte, sondern führt zu körperlicher Erschöpfung. Oder man wählt lieber eine der acht technischen Disziplinen -wie Chemiker, Elektriker oder Pyromane- mit etwa 56 technologischen Diplomen. Die Möglichkeiten der Spezialisierung sind übrigens genauso überwältigend, wie die Zahl der Gegenstände und Waffen. Schon nach wenigen Spielstunden strotzt das Inventar nur so vor skurrilen Bauteilen: Eisenrohre, Revolvertrommeln und Drähte tummeln sich neben Schwertern und Heiltränken.

Die rivalisierenden Wissenschaften, Magie und Technik, bieten genug Möglichkeiten zur Spezialisierung: 16 Magieschulen, darunter Nekromantie, Elementar-

Je nach Charisma und Intelligenz kann man NPCs in die eigene Gruppe aufnehmen. Die KI (Künstliche Intelligenz) der NPCs überprüft bei allen Gesprächen die Attribute des Spielers (Charisma, IQ, Gesinnung etc.), und so stehen einem jeweils unterschiedliche Gesprächsoptionen zur Verfügung. Die Dialoge knüpfen angesichts der vielfältigen Möglichkeiten und Entscheidungen jetzt schon an die Klasse von Fallout an. Die Welt von Arcanum wirkt authentisch und lebendig.

Tja, grafisch wird Arcanum wohl niemanden vom Hocker reißen: Beim ersten Anblick der isometrischen Spielwelt denkt man sofort an Fallout, Diablo oder Baldurs Gate. Gerade Letzterem kann Arcanum bisher nicht das Wasser reichen. Die Welt soll durch Tag- und Nachtzyklen beeinflusst werden. Licht und Schatten werden sich auch auf die Bewohner und ihre Fähigkeiten auswirken, z.B. bei Diebes- und Kampffertigkeiten. Über 300 NPCs (Non-Player-Characters) und 280 Monster werden sich in der Spielwelt tummeln.

Grafik/Sound

Der Multiplayer-Modus geht neue Wege, die sich auch bei Neverwinter Nights ankündigen: Nicht der Single-Player-Modus wird nachgespielt -wie etwa bei Baldurs Gate; die Welt Arcanum wird in Bereiche aufgeteilt, in denen man mit seinen Freunden einzelne Abenteuer spielen kann.

Bei der vorliegenden Version fehlte die Sprachausgabe der NPCs, so dass man sich bei jeder Konversation mit eingeblendeten Texten begnügen musste; ein Manko, das auf jeden Fall behoben werden sollte.

Multiplayer

Trotz verstaubter Grafik: Die originelle Mixtur aus Fantasy und Technik übt doch einen ganz besonderen Reiz aus, der bei Pen&Paper-Rollenspielen, wie Shadowrun, längst viele Anhänger gefunden hat. Wer also nach Icewind Dale, Baldur`s Gate & Co ohnehin die Nase voll hat von Elfen, Magiern und Drachen, der kann sich bei Arcanum den Patronengurt umschnallen, die zahlreichen Wummen ölen und der Fantasy-Phobie freien Lauf lassen. Fundamentalistische Anhänger der klassischen Fantasy dürften allerdings genügend Potenzial haben, um Revolverhelden und selbst Granaten-Fetischisten Paroli zu bieten. Bleibt die Frage der Spielbalance zwischen Magie und Technik, der wir nach dem Release (24. August) auf den Zahn fühlen.

Ausblick

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