Deus Ex: Invisible War - Vorschau, Rollenspiel, XBox, PC

Deus Ex: Invisible War
29.01.2004, Marcel Kleffmann

Vorschau: Deus Ex: Invisible War

Kaum ein Actiontitel wurde neben Half-Life in den letzten Jahren so gefeiert wie Deus Ex von ION Storm. Sensationelle Freiheit in den Missionen, zahlreiche Lösungswege kombiniert mit komplexer Charakter-Entwicklung und eine spannende Story faszinierten eine ganze Zockergeneration.

Verschwörungstheoretiker aller Länder vereinigt euch! Schon die Zukunftsvision von Deus Ex bot keinen Traum einer heilen Welt. Auch 20 Jahre später sind gewählte Regierungen nichts als eine blasse Erinnerung. Kontrolliert wird Mutter Erde von dubiosen Organisationen. Da wäre die einflussreiche "World Trading Organisation" (WTO), die hauptsächlich einer fanatischen Sekte namens "The Order" konkurriert.

I want to believe

Das kreisförmige HUD wächst im Laufe der Zeit immer weiter an und behindert so die Sicht. 

Zu den insgesamt sechs Parteien gesellen sich auch die Templer, die gegen das Klonen von Menschen kämpfen und gleichzeitig alle Cyborgs vernichten möchten. Pech heißt das wohl für euch, denn euer Spielcharakter Alex D. wird geklont - genauso wie sein Daddy J.C. Denton. Bevor ihr das High-Tech-Labor zum ersten Mal von innen seht, dürft ihr euch für einen weiblichen oder männlichen Charakter entscheiden.

Da wacht ihr morgens schlaftrunken in eurem heimischen Bio-Labor auf, geht den täglichen Tests nach und prompt bricht die Hölle los: Templer attackieren die Forschungseinrichtung und trachten euch nach dem Leben, das ihrer Ansicht nach keinen Wert hat. Aber ihr kämpft euch den Weg frei, müsst ab sofort vor Fanatikern auf der Hut sein und könnt nebenbei herausfinden, wie die Welt wirklich funktioniert und welche Verschwörungen im Gange sind.

Was für ein Tag!

Das geht am besten, indem ihr Aufträge für die konkurrierenden Parteien erledigt. Jede dieser Missionen treibt die Story voran und selbst wenn ihr ständig den Arbeitgeber wechselt, wird die Hintergrundgeschichte fortgesetzt. Ganz logisch ist das nicht: Führt ihr z.B. eine Mission für die WTO aus, so sinkt in der Regel euer Ansehen bei den anderen Parteien. Doch trotz dieser negativen Bewertung könnt ihr weiterhin neue Einsätze für die anderen Gruppierungen erledigen.

Das Gute an diesem System ist aber, dass ihr die Missionen in nicht-linearer Reihenfolge abschließen könnt, da ihr selbst entscheidet, für welche Partei ihr gerade arbeiten wollt. In den Einsätzen habt ihr viele Freiheiten, denn es gibt mindestens immer zwei Wege zum Ziel. Da wäre einmal die Brechstangen-Variante mit Hilfe des Waffenarsenals oder eine Schleich- bzw. Austricks-Variante ohne große Waffengewalt.

Reinballern? Reinschleichen? Reintricksen? Diese Fragen werden euch das ganze düstere Abenteuer hindurch beschäftigen.

Als waschechter Klon verfügt ihr über fünf Slots für Biomods. In diese könnt ihr jeweils drei verschiedene Module einbauen. Diese ergattert ihr in vielen Biolaboren, auf dem Schwarzmarkt oder als Belohnung für einen erledigten Auftrag. Fähigkeiten wie "Leise Bewegung", "Roboter-Kontrolle" oder "Night-Vision" könnt ihr so erlernen, verbessern, einsetzen oder bei Bedarf wieder vergessen. Die Aktivierung kostet übrigens Bio-Energie, die sich z.B. mit Batterien aufladen lässt.

Deus Ex light

Das aus Deus Ex bekannte Erfahrungssystem wurde durch diese Biomod-Zentralisierung komplett ersetzt und somit stark vereinfacht - viele Fans wird dies bitter enttäuschen. Eine weitere umstrittene Neuerung ist das Inventar, das auf nur zwölf Plätze reduziert wurde; ein RPG-ähnliches Inventar gibt es nicht mehr.

Stattdessen überschwemmt ein Iris-förmiges HUD den gesamten Bildschirm, für das sich die Entwickler den Award "Schlechtestes Interface aller Zeiten" redlich verdient hätten. Denn ist das Inventar mal voll, ist auch der Bildschirm schnell überfüllt mit Icons, was wiederum die Sicht auf die Umgebung behindert.

Wenn Schleichen nicht in Frage kommt, müssen eben durchschlagende Argumente her - das Waffenarsenal ist ebenso üppig wie futuristisch.

Eine stark modifizierte Unreal 2-Engine bildet die Grundlage für die Grafik. Besonders die Licht- und Schatteneffekte wurden ordentlich aufgebohrt. So kann sich der dynamische Schattenwurf sich bewegender Lichtquellen wirklich sehen lassen. Positiv wirkt sich auch das Bump Mapping aus, das den Oberflächen einen wunderbar plastischen Look verpasst und dabei mächtig die Performance in den Keller zieht.

Technik

Auch die Texturen können überzeugen, da fast nur hochauflösende Objekte verwendet wurden.Schade ist nur, dass am Anfang alles in tristen und langweiligen Grautönen gehalten ist. Außerdem scheinen die Entwickler vergessen zu haben, dass die Unreal 2-Engine durchaus in der Lage ist, große Räume, ja sogar riesige Außenlevels darzustellen. Besser präsentieren sich hingegen die vor Details nur so strotzenden Charaktere.

In solch einem Hochglanz-Spiel darf natürlich eine entsprechende Physik-Engine nicht fehlen und daher setzt ION Storm auf Havok. Diese liefert eine solide Darstellung der virtuellen Physik, vor allem beim Umfallen der Gegner und beim Werfen von Gegenständen. Aber es fehlt hier an Feintuning: So könnt ihr beispielsweise eine Kiste nicht zur Seite schieben oder hochheben, weil diese zu schwer ist, aber wenn ihr beim Laufen an die Kiste stößt, fängt diese an zu wackeln als bestünde sie aus Styropor.

Viele düstere Gänge und verwinkelte Korridore warten auf euch. Leider wurden zu wenig Außenareale integriert.


Sound

Die uns vorliegende amerikanische Version besticht mit einer herausragenden Sprachausgabe. Eidos möchte die deutsche Fassung mindestens ebenso aufwändig lokalisieren.

Untermalt wird das düstere Abenteuer zwar von einer sphärischen Musik, aber auch von grandios unauffälligen Umgebungsgeräuschen. So wird die Atmosphäre vor allem auf 5.1-Systemen nicht ansprechend genug inszeniert.

Ausblick

Schade: Deus Ex 2 kommt nicht an den grandiosen Vorgänger heran. Das Gameplay ist mittlerweile so verschlimmbessert worden, dass viele eingefleischte Fans nur den Kopf schütteln werden. Das Erfahrungssystem wurde auf die Biomods reduziert, das Inventar beschnitten und das Interface ist nicht nur unansehnlich sowie unpraktisch, sondern behindert auch noch die Sicht. Hinter diesen groben Schnitzern versteckt sich aber eine interessante nicht-lineare Story mit abwechslungsreichen Missionen. Solange Eidos die Lokalisierung gescheit hinbekommt, das Gameplay noch ein bisschen verbessert bzw. den aktuellen Patch gleich mitliefert, steht und dennoch ein interessanter Shooter ins Haus. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.