ParaWorld - Vorschau, Taktik & Strategie, PC

ParaWorld
06.04.2005, Paul Kautz

Vorschau: ParaWorld

Neulich im Jurassic Park: Heiße Grafik, schnappfreudige Dinosaurier und.. Charles Darwin? Paraworld (ab 29,95€ bei kaufen) vom Wiggles-Entwickler SEK klingt nach einer wahrlich ungewöhnlichen Mischung aus Urzeit, Kampf und Evolution. Wir haben uns den viel versprechenden Strategietitel beim Publisher Sunflowers angesehen.

Das kommt davon, wenn man keine Handbücher liest: Im London unserer Zeit öffnen Wissenschaftler ein Dimensionsloch, durch das der Spieler unerwartet in eine Parallelwelt gesaugt wird: Paraworld. Dort gibt es zwar keine Elektrizität und kein Plastik, dafür jede Menge Dinosaurier und vier sich spinnefeinde Parteien. Als überraschter Eindringling seid ihr natürlich dafür prädestiniert, die Völker anzuführen und schlussendlich wieder ins gemütliche London zu gelangen. Auf den dazwischen

Gigantische Kriegsmaschinerie: Brachiosauren sind tolle Belagerungsgeräte!
liegenden 20 linearen Missionen deckt ihr eine dunkle Verschwörung auf, erfahrt, warum die Saurier bei uns ausgestorben sind, und trefft auf historische Gestalten wie Evolutions-Theoretiker Charles Darwin oder Radio-Erfinder Nikola Tesla.

Tag, Herr Darwin!

Paraworld ist das zweite Spiel des Berliner Wiggles-Entwicklers SEK. Nach knapp drei Jahren hat es jetzt bald Alpha-Status erreicht, wobei der Schwerpunkt im Gegensatz zum Anfang der Entwicklung mittlerweile bei der Action liegt. In der Zeit hat das Team erheblich am ursprünglichen Paraworld-Konzept herumgefeilt: Um das »typisch deutsche« Problem »spielbarer Excel-Klon« zu vermeiden, wurden internationale Consultants (amerikanische Entwickler, die in der Art eines Unternehmensberaters ihren Erfahrungsschatz mit den hiesigen Designern teilen und Vorschläge zur Spielverbesserung machen) bemüht, deren einzige Aufgabe es war und ist, das Game konsequent auf Spielbarkeit zu trimmen. So wurde wie bereits erwähnt der Aufbaupart zurückgekurbelt, aber auch z.B. der Simulationsaspekt des Spiels – ursprünglich verhielten sich die Dinosaurier um einiges natürlicher, was sich aber beim Test als zu unberechenbar, den Spielfluss hindernd herausgestellt hat. Producer Thomas Langhanki beziffert das Verhältnis mit »20 Prozent Aufbau, 80 Prozent Kampf«: Denn obwohl Paraworld ein reinrassiges Echtzeit-Strategiespiel wird, soll der Aufbaupart pro Mission nicht mehr als 20 Minuten verschlingen – der Rest gebührt allein dem Kampf!

Es erwarten euch vier Völker, von denen ihr allerdings nur drei steuern dürft; das vierte wird evtl. im Mehrspielermodus zur Verfügung stehen. Spielt ihr die Kampagne, lernt ihr jedes Volk, ob »Hu« oder »Jun«, näher kennen; wie in StarCraft oder WarCraft 3 dürft ihr die Geschicke jeder Sippe lenken. Im letzten Spieldrittel sollt ihr euch dann für euren Lieblingstrupp entscheiden, mit dem ihr dann das große Finale bestreitet – was nach 20 bis 40 Stunden über

Paraworld spielt nicht nur in tropischen Szenarien - auch nordische Gefilde werden erkundet.
dem Bildschirm flimmern soll; je nachdem, wie viele Nebenquests ihr auf dem Weg dahin beachtet. Die Kontrolle eurer Mannen lernt ihr in einem mehrstufigen Tutorial, welches erfahrene Spieler auch komplett überspringen dürfen.

Willkommen im Dinopark

Jedes Volk orientiert sich optisch an bekannten Vorbildern – so sind die »Hu« eher nordische Typen. Entsprechend tummeln sie sich in winterlichen Szenarien, während andere Zeitgenossen eine wärmende Savanne oder den tropischen Dschungel bevorzugen. Jedes Volk hat spezifische Vor- und Nachteile, das eine ist eher offensiv, das andere defensiv. Außerdem kann jede Gemeinschaft andere Tiere nutzen: Dinosaurier sind die eierlegenden Wollmilchsäue von Paraworld. Sie sind nicht nur allgegenwärtige Bedrohung eurer Mannen, sondern auch Nahrungslieferant sowie mobile Waffen, welche sich in drei Kategorien unterteilen: Die neutralen, die euch nie zuerst angreifen, allerdings stinkig zurückschlagen. Die Fluchttiere, die vor euch die Beine in die Hand nehmen. Und die aggressiven, die nichts gegen einen Menschenhappen zum Mittag haben. Dass jedes Tier ein Revierverhalten hat, und der Nachwuchs nicht aus dem Himmel ploppt, sondern erst heranwachsen muss, könnt ihr euch zunutze machen. Zerstört ihr z.B. das Nest eines Tyrannosaurus Rex, geht davon künftig keine Bedrohung mehr aus – auf der anderen Seite lauft ihr so natürlich Gefahr, von der nachtragenden Dino-Mama angefressen zu werden.                 

In allererster Linie züchtet ihr die Giganten als Waffen heran: Ein Mammut verwandelt sich so in eine einem Olifanten ähnliche Belagerungsmaschine, ein Brachiosaurus in eine tödliche Stampfmaschine, die per Spezialattacke mal eben ein kleines Waldstück entwurzelt. Eine besonders coole Wumme ist die Dino-Schleuder: Hier werden Eier mit Hilfe eines Katapults in gegnerische Reihen geworfen. Dort platzen sie auf; heraus 

Ein Snack zwischendurch macht den Dino fit: Auch Saurierkollegen sind ein gefundenes Fressen für den T-Rex.
strömen Legionen kleiner fresswütiger Mini-Saurier, die zwar wenig Schaden anrichten, dafür aber in Massen auftreten. Euch erwarten mehr als 50 Dinos von süßen kleinen Hoppelsaurus bis zum ausgewachsenen T-Rex, wobei jedes Volk nur über eine Auswahl gebieten kann. Jedes Urgetüm hat außerdem Special- und Finishing Moves, die teilweise sehr blutig daherkommen – es wird daher noch überlegt, ob man sie im fertigen Spiel drinlässt. Getreu Mutter Natur sind sich manche Saurier untereinander nicht ganz grün und greifen sich an – mal aus Kampfeslust, mal aus Hunger.

Held der Arbeit

Eine der wichtigsten Innovationen in Paraworld ist das in fünf Levels unterteilte Pyramidensystem: Im Gegensatz zu anderen Strategiespielen habt ihr hier nur eine überschaubare Anzahl von Mannen; gegenwärtig ist das Maximum 52. Jeder getötete Gegner bringt euch den speziellen Rohstuff »Skulls«, der den Levelaufstieg ermöglicht. Allerdings könnt ihr nach oben hin immer weniger Mannen befördern, auf Level 5 z.B. darf nur eine Person stehen. Jeder Levelaufstieg bedeutet für das Individuum komplette Heilung, zusätzliche Eigenschaften und Spezialfähigkeiten. Und natürlich ergibt es nicht viel Sinn, einen Erntebauern auf den höchsten Level zu hieven – das sollte schon ein Held sein! Von denen gibt es insgesamt zwölf im Spiel, wie z.B. die erwähnten Darwin und Tesla. Jeder Held ist besonders stark, hat spezielle Talente und bringt dem Volk eine einzigartige Eigenschaft. Durch diese Betonung auf das Individuum wollen die Entwickler eine nähere Bindung des Spielers an seine Figuren ermöglichen – denn selbstverständlich dürft ihr eure

Prachtgrafik allüberall - optisch ist Paraworld ganz vorne dabei.
Mannen von Mission zu Mission mitnehmen. Falls ihr der Meinung seid, das Spiel besser hinzubekommen, dürfte euch der versprochene Editor entgegekommen: Dank integrierter Skriptsprache dürft ihr so nicht nur eigene Levels, sondern ganze Kampagnen, Mods und sogar eigene Zwischensequenzen bauen.

Das Glanzstück des Spiels ist die Optik: Die mit »PEST« recht unorthodox betitelte 3D-Engine zaubert Bilder auf den Monitor, die in der Strategiewelt gegenwärtig ihresgleichen suchen. Die in einem beschleunigten Echtzeit-Tagesverlauf auf- und untergehende Sonne taucht die Szenerie in grelles Licht oder schummrigen Mondschein, Gräser und Blätter bewegen sich weich im Wind, sanft schwappt das Meereswasser an die Ufer. Dass ein Großteil der SEK-Entwickler aus dem Bereich der Animation kommt, sieht man den Sauriern sofort an: Geschmeidig bewegen sich Triceratops und Co. durch die sorgsam gestaltete Welt, bei jedem Schritt eines Brachiosaurus zittert das Bild leicht. Der Fog of War ist nicht einfach nur eine schwarze Masse, sondern ein cool wabernder Nebel, durch den hindurch man Landschaftsdetails und Saurier erkennt. Und zu guter Letzt legen die Designer großen Wert auf eine gut transportierte Story: So erwarten euch etwas 30 Minuten an Renderfilmen, zusätzlich zu den etwa 40 Minuten Ingame-Zwischensequenzen, für die SEK laut Thomas Langhanki »das aufwändigste Motion Capturing Europas« betrieben habe – sieben Drehtage, 30 Kameras und viele verschlissene Schauspieler sollen dabei speziell die Echtzeit-Filme in nie dagewesener Qualität erstrahlen lassen. Gegenwärtig verhindern nur die heftigen Hardwareanforderungen größere Jubelweihen: Die Pracht ruckelte während der Präsentation auch auf einem dickeren

Freilaufende Urgetümer sind euch gegenüber entweder friedlich, aggressiv - oder ängstlich!
Rechner zuckelig vor sich her, SEK verspricht bis zum Release im Oktober noch viel Optimierung. Das betrifft auch das gegenwärtig noch etwas große Interface, welches voll ausgeklappt ein Viertel des Bildschirms in Anspruch nimmt. Wenn ihr keinen Wert darauf legt, dank der eingeblendeten Pyramide jederzeit auf jeden eurer Mannen zugreifen zu können, dürft ihr die Menüleisten Stück für Stück ausblenden – wer sowieso lieber mit Hotkeys spielt, kann somit auch das ganze Bild für sich nutzen.

Wie im Kino

Für den Mehrspielermodus hat sich der Entwickler auch etwas Besonderes einfallen lassen: Im Stile eines Trading Card-Systems kann das Game mit speziellen Helden individualisiert werden – wodurch jedes Spiel einzigartig wird. Euch erwarten neben dem unvermeidlichen Deathmatch-Modus auch die Varianten »King of the Hill« und »Domination«. SEK verspricht höchste Cheat-Sicherheit, da alle Daten nicht lokal, sondern auf dem Gameserver gespeichert werden. Eine Gamespy-Unterstützung ist integriert, ihr dürft natürlich auch per eigener Internet-Verbindung oder im LAN drauflos-paraworldieren.   

Ausblick

Wir haben viel erzählt, aber: Zum Spiel lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichts Genaues sagen. Die Präsentation verspricht zwar viel Gutes, aber präzise Aussagen können wir erst machen, wenn wir das Game tatsächlich selbst ausführlich unter die Lupe nehmen durften. In Sachen Ideenreichtum macht den SEK-Jungs und –Mädels jedenfalls keiner so leicht was vor – Dinge wie die Bedienungspyramide, die sich auf jedes Volk unterschiedlich auswirkenden Helden, die mit herumstreunenden Sauriern gefährlich wilde Landschaft und natürlich das extrem abgefahrene Setting sind verdammt vielversprechend. Ganz zu schweigen natürlich von der Grafik, die auch im internationalen Vergleich (man denke an die ersten Age of Empires 3-Bilder) ganz vorne mitspielen dürfte. SEK geht mit Paraworld  einen sehr ähnlichen Weg wie Crytek mit Far Cry: konkurrenzfähige Technologie gesellt sich zu einem massenkompatiblen Spiel, das der Welt zeigen soll, dass auch aus deutschen Landen internationale Hits kommen können. Und warum auch nicht? So lange die Spieler am Ende damit zufrieden sind, haben alle etwas davon - behaltet den Namen Paraworld auf jeden Fall im Hinterkopf!