Killer 7 - Vorschau, Action-Adventure, PlayStation2, GameCube, PC

Killer 7
29.06.2005, Jörg Luibl

Vorschau: Killer 7

Kann man den Mainstream töten? Ja. Man kann. Oder besser gesagt: Sieben Persönlichkeiten können es. Sieben versierte Killer, die Capcom am 15. Juli in eurem Kopf wüten lassen will. Das kann weh tun. Aber das kann auch gut tun. Vor allem, wenn man Spieler in eine bizarr überzeichnete Comicwelt eintauchen lässt, die einen eiskalten Kontrapunkt zum fotorealistischen Actionbrei setzt. Was ist das Besondere an Killer 7 (ab 40,00€ bei kaufen)?

Gequälte Schreie im Flur, ekelhaftes Lachen um mich herum. Ein Mann im roten Sadomaso-Latexanzug seilt sich kopfüber von der Decke ab. Nein, ich bin nicht in einem perversen Nachtclub und der Typ ist auch kein durchgeknallter Spiderman-Fan. Er ist mir noch nicht mal feindlich gesinnt - auch wenn mein Colt bei seinem Anblick sehr locker sitzt. Er heißt Iwarazu und ich sollte mich an ihn gewöhnen, wenn ich in der morbiden Welt von Killer 7 überleben will. Der Freak an der Decke ist mein Helfer.

Bitterböser Alptraum

Wie sieht Killer 7 aus? Schaut euch bewegte Bilder an:

Video: Story-Promo (2:30 Min.)

Iwarazu wie er leibt und flüstert. Warum hilft uns der Kerl? Kann man ihm trauen?
Und wenn es etwas gibt, das ich schon in der ersten Spielstunde brauche, dann ist das ein Ratgeber. Oder warum faucht mir ein bleicher Mann namens Travis entgegen, dass mein Chef ihn getötet habe? Warum schlurfen Kreaturen mit einem breiten Grinsen über die Gänge und wollen mir an die Gurgel? Warum will ein Maskenmann Blut gegen weise Sprüche? Nein, Iwarazu wird spätestens nach einer heiß geschossenen Trommel eine Art Seelenverwandter, der meine gespaltene Killerpersönlichkeit zu kennen scheint - er verabschiedet sich immer mit einem vertrauten "Lasst das Blutbad beginnen!"

Video: Angel (2:33 Min.)

Video: Kaede (2:31 Min.)

Dan, Kaede, Kevin, Coyote, Con, Garcian, Mask de Smith - das sind die sieben alternativen Figuren, in die ihr mit eurer Hauptfigur Harman Smith schlüpfen könnt. Jeder Rollenwechsel hat spielerische und waffentechnische Auswirkungen, denn während der eine z.B. eine Zeitlupe à la Max Payne aktivieren kann, können andere wie Pyromanen Feuer legen oder als Karateka glänzen. Und ihr könnt alle Killer einzeln in Bereichen wie Kraft, Geschwindigkeit oder kritische Treffer aufwerten. Ziel ist es, die Welt im Auftrag der US-Regierung vor einer Welle der Gewalt zu retten, die von grausam grinsenden Kreaturen namens "Heaven`s Smile Soldiers" ausgeht - angeführt vom Unterweltboss Kun Lan. Das Spiel besteht aus Shooter-Einlagen in Egosicht sowie Action-Adventure-Passagen in Schulterperspektive.

Wann habt ihr das letzte Mal einen Helden über Buttons gesteuert? Killer 7 pfeift auf die freie Bewegung mit dem Analogstick und lässt eure Figur auf Knopfdruck geradeaus laufen oder schnell um 180 Grad drehen, wenn ein Feind im Rücken lauert. Dabei seht ihr euren Charakter mal von schräg unten, mal von hinten - die Story spielt mit eurem Verstand, die Kamera mit der Perspektive. Das wirkt zunächst nicht nur fremd, sondern auch eingeschränkt: schließlich lauft ihr wie auf Schienen und könnt abseits der vorgegebenen Flure und Räume nicht frei in Ecken stöbern.

Alles ist anders…

Überzeichnet, böse, brutal: Killer 7 erinnert in seinem Stil an den Film noir in der Psychovariante.
Aber man ist trotz dieses starren Korsetts nicht an einen Weg gebunden: Kommt man an eine Abzweigung, werden Comic-Splitter mit möglichen Routen eingeblendet. Dem Orientierungsfrust wird vorgebeugt: Seid ihr schon mal nach links abgebogen, sind sie blau umrandet. Und diese Beschränkung hat einen Vorteil: Man kann sich auf das Wesentliche konzentrieren - die abgefahrene Story, die skurrilen Charaktere und die intensive Action. Sobald ihr eine Knarre zückt, wird in die Ego-Perspektive geschaltet und ihr könnt gezielte Schüsse auf Beine, Arme, Torso oder Kopf abgeben.

Allerdings gibt es auch hier zwei ungewöhnliche Momente: Ihr müsst eure Feinde zuerst identifizieren, bevor ihr auf sie feuern könnt. Und ihr könnt euch in der Schusshaltung nicht frei bewegen. Das heißt, dass ihr sehr aufmerksam auf Geräusche achten und verdammt gut zielen müsst. Wenn die grinsenden Schergen euch erreichen, reißen sie euch mit einer Explosion vielleicht in den Tod. Aber was soll's? Ihr seid ja nicht nur ein Killer, sondern ein ganzes Kommando. Stirbt eine Persönlichkeit, kann eine andere die Stelle aufsuchen und ihre Bluttüte einsammeln.    

Ausblick

Endlich traut sich mal einer was! Ich mache selten komplett neue Spielerfahrungen, aber Killer 7 überrascht mich hinter jeder Ecke - egal ob Steuerung, Kulisse, Charaktere oder Story. Hier wirkt alles irre und frisch, unbekannt und bizarr. Dieses herrlich düstere Kunstwerk feuert eine avantgardistische Breitseite gegen all den langweiligen, durchgekauten und von Wiederholungen geplagten Mainstream. Die spannende Frage ist eigentlich nur noch, ob es ihn mit Karacho versenken und gleichzeitig als Spielspaßfregatte weiter Richtung Award segeln kann. Können Leveldesign, Schussgefechte und Story das Niveau halten? Unsere Euphorie stützt sich leider erst auf eines von zehn Kapiteln. Klar ist: Killer 7 verwirrt, erfrischt und ist schwer hitverdächtig.