NHL 07 - Vorschau, Sport, 360, XBox, PC, PlayStation2, PSP

NHL 07
11.08.2006, Benjamin Schmädig

Vorschau: NHL 07

In der kommenden Saison haben es die NHL-Fans wieder einfacher: Zum einen gibt es keinen Zweifel daran, dass die Meisterschaft überhaupt stattfindet und zum anderen haben auch NHL und die Spielervereinigung NHLPA ihre Querelen um die Vergabe der Spieler- und Ligenrechte beigelegt. Bleibt allein die Frage, was sich auf dem virtuellen Eis in diesem Jahr ändern soll. Die Vorschau-Version aus dem Hause EA Sports gibt erste Antworten.

Hätte ich mich vor ein paar Jahren, als mir Aussprüche wie dieser entglitten sind, mit der Materie befasst, wären sie mir nicht passiert. Aber dann wurde ich, mehr gezwungen als freiwillig, in ein Auto gepackt und zu einem Spiel geschleppt, wo sich meine Meinung schlagartig änderte. NHL 06 habe ich als erstes Eishockey schließlich

Bei One-Timern haben die Torhüter meist eine Hand dazwischen, Fernschüsse gehen aber oft genug ins Netz - dem Spielfluss tut es gut.
selbst gespielt und es räumte die letzten Zweifel aus dem Weg, als es etliche Wochen lang für brennende Kufen in der Redaktion sorgte. Auch wenn mich erst die Konkurrenz von 2K Games vollends überzeugen konnte: Die dynamischen Partien auf dem Arcade-Eis waren vor allem mit Freunden äußerst packend.

"Eishockey? Das ist doch dieses Geschlitter, bei dem sich die Mannschaften häufiger untereinander rangeln als einen Puck zu spielen, den man beim Zuschauen ohnehin kaum erkennt! Virtuell interessiert mich das genauso wenig wie im Original."

Autsch!

Kein Wunder, dass ich unbedingt einen Blick auf die erste Version von NHL 07 (ab 5,70€ bei kaufen) werfen wollte, denn schließlich kündigte EA ein völlig neues Spielgefühl an, bei dem sämtliche Aktionen über die beiden Analogsticks abgerufen werden. Hört sich spitze an? Unbedingt! Doch die Krux versteckt sich im Kleingedruckten: Das Versprochene gilt nur auf Next Gen-Konsolen. Wer auf Xbox oder PS2 schlittert, nimmt mit einer abgespeckten Variante Vorlieb, bei der ihr mit dem rechten Stick lediglich passen und checken könnt. Klingt ernüchternd? Ist es auch. Dafür funktioniert das Passen so gut wie nie zuvor und der offene Spielablauf ist begeisternd.

Next Generation bevorzugt

Die neue Ausrichtung wird schon im Menü deutlich, wenn euch statt wie zuletzt Heavy Metal und Hard Rock sanftere Riffs um die Ohren schwirren. Die Entwickler gehen weg von blitzschnellen Angriffszügen sowie Body Checks im Sekundentakt und bieten mehr Möglichkeiten für den Spielaufbau. Am allgemeinen Tempo oder der Spielweise eurer Kontrahenten ändert sich zwar nichts, doch kleine Änderungen an der Steuerung und dem Verhalten des gegnerischen Torwarts erzeugen einen glaubwürdigeren Ablauf als EAs Serie zuletzt inszenieren konnte.

Nach wie vor greift ihr dabei auf grundlegende Manöver wie Poke Checks (den Gegner mit dem Stick stören), Dekes (Dreher, Täuschungen) oder Body Checks zurück, wobei ihr Letztere nur noch über Dreieck bzw. die Y-Taste ausführt. Die Schiedsrichter haben übrigens an Autorität zugelegt, so dass sich Check-Besessene jetzt öfter in einer Unterzahlsituation wiederfinden als überlegt agierende Spieler - sehr gut! Über den rechten Analogstick könnt ihr hingegen nicht mehr checken. Stattdessen führt ihr in der Verteidigung Poke Checks aus, während er im Angriff zum 

Beim Bully kommt ihr meist nur mit dem Analogstick an den Puck.
Passen dient. Richtig gelesen: Ihr müsst zur Abgabe des Pucks nicht in die entsprechende Richtung blicken, sondern dürft beim Passen auf die rechte Seite weiter nach links skaten. Auch wenn selbst ich mich als einst passionierter Geometry Wars-Zocker erst an das asynchrone Steuern gewöhnen musste: Es wirkt realistischer, geht flotter von der Hand als die herkömmliche Variante und gibt euch mehr Freiheit. Gewohnheitstiere dürfen Pässe dabei weiterhin über einen beliebigen Knopf abrufen.

Keine Skills, keine Tricks?

Einen echten Haken hat das neue System jedoch, denn da der rechte Stick bereits belegt ist, fällt der Skill Stick des vergangenen Jahres ersatzlos weg. Vorbei sind die Zeiten, da ihr mit einem lockeren Links-Rechts-Schwenk an einem Verteidiger vorbei gezogen seid, dem Hintermann einen Drop Pass zurechtgelegt und den Torhüter mit einem schicken Trick vor dem abschließenden Schuss verwirrt habt. Zugegeben: Die Kunststückchen waren meist wenig effektiv. Aber mir fehlen sie deshalb, weil sich genau das in der kommenden Ausgabe wahrscheinlich geändert hätte. Es führt nicht nur jeder dritte One-Timer oder Wrap-Around zum Erfolg, sondern auch Distanz-Knaller sowie gelupfte Schüsse aus dem Handgelenk. Weil ihr den Puck jetzt aus nahezu allen Positionen ins Netz setzen könnt, bietet jede Lücke in der Verteidigung eine Torchance. One-Timer landen hingegen nur selten hinter den aufmerksamen Schlussmännern. Fernschüsse gehen den Torhütern zwar oft durch die Lappen und viele Abpraller bringen die Verteidigung ordentlich ins Schwitzen, doch die schnellen Knaller nach einem Pass fangen sie meist sicher ab.         

Die Freiheit, den Angriff nach Belieben zu gestalten, macht besonders Mehrspieler-Partien abwechslungsreich. Jeden Moment könnte da ein Schuss auf euer Tor knallen, gegen den der (nicht mehr selbst steuerbare) Torwart keine Chance hat. Verteidigung und Angriff sind deshalb ständig in Bewegung, was die Stimmung gegen gleichwertige Gegner mehr aufheizt als im letzten Jahr. Enttäuscht bin ich nach den ersten Stunden allerdings vom Einzelspiel, denn hier ziehen alle Kontrahenten die gleiche Nummer ab wie ihre Vorgänger: Besonders auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad glänzen sie mit abartig schnellen Puckwechseln, um vor dem Tor hauptsächlich die eigentlich ausgemisteten One-Timer abzuziehen. Übersicht und Schnelligkeit der Gegner ist dabei derart hoch, dass ihnen diese auch gelingen. Der neue Realismus bekam für mich im Einzelspiel einen herben Dämpfer; nur im eigenen Angriffsspiel zahlen sich die Freiheiten aus.

Hakeliger Wechsel

Überzeugen konnte mich hingegen schon jetzt das Stochern mit dem Schläger, um einem Kontrahenten den Puck zu stehlen, denn dies geht mit dem rechten Stick ausgesprochen intuitiv von der Hand. Nur die Face Offs wirken unausgegoren, denn wer wie bisher mit der Passtaste am Bully stochert, gewinnt den 

Endlich könnt ihr aus fast jeder Position abziehen.
Puck nur selten. Es macht fast den Eindruck, als würden die Entwickler die neuen Funktionen ihrer Steuerung forcieren. Mit zittrigem Daumen den Stick immer wieder nach vorn oder hinten zu drücken fühlt sich allerdings höchst seltsam an und ist unhandlicher als das alte "Dauerfeuer". Nicht zuletzt hatte ich auch Schwierigkeiten, schnell vom Analogstick zu den Tasten zu wechseln. Mal eben den Stick anhauen, um einen Body Check zu landen, war einfach. Aber wenn ich präzise passen will, muss der Ministeuerknüppel sicher unter meinem Daumen liegen und bis das soweit ist, vergehen meist wertvolle Zehntelsekunden.

Wenig sinnvoll finde ich auch das situationsabhängige Abrufen eines Blocks beim Pass bzw. das In-den-Weg-werfen des aktiven Profis: Beide Aktionen werden mit derselben Taste ausgelöst, denn die linke Schultertaste dient nicht länger zum Aktivieren alternativer Bewegungen der anderen Knöpfe. Das führt dazu, dass sich euer Athlet häufig aufs Eis legt, obwohl ihr einen Pass abfangen wolltet, denn steht ihr nicht genau in der Schusslinie, ruft das Spiel eben die zweite Funktion auf. Es ist einfach frustrierend, wenn der Verteidiger den Pass in die Tiefe nicht erwischt, dafür aber auf dem Eis liegt, während sein Kontrahent vorbei marschiert.

Leise Töne

Von den erwähnten Änderungen mal abgesehen, hat sich wenig getan in EAs NHL-Zirkus: Das Erstellen eines Charakters gleicht der Variante aus dem Vorjahr wie ein Ei dem anderen, der Dynastie-Modus samt umfangreicher Manager-Möglichkeiten ist so umfangreich wie immer und ihr dürft inzwischen auch in den Elite-Ligen, z.B. der DHL, eine Karriere starten. Bis auf ein separates Penalty-Schießen vermissen 2K-Verwöhnte Sportler dagegen nach wie vor Abwechslung schaffende Minispiele. Völliger Stillstand herrscht bei der Kulisse, denn entweder sind die Entwickler auf aktuellen Konsolen an die Grenze des Machbaren gestoßen oder die optische und akustische Evolution darf nur noch auf Next Generation stattfinden. Dass sowohl Body Checks als auch Torschüsse nicht mehr lautstark krachen ist die einzige nennenswerte Veränderung. Zudem donnert der Puck nur noch selten durch die Glaswand an der Spielfeldbegrenzung.       

Ausblick

Natürlich boten die Konzentration auf One-Timer und Body Checks im Vorjahresmodell ein verzehrtes Abbild des Sports, aber sie haben sich verdammt gut angefühlt. Die Kombination aus alter Spielmechanik und neuem Realismus sitzt hingegen zwischen den Stühlen: NHL 07 ist zwar weniger geradlinig als sein Vorgänger, bietet aber z.B. immer noch nicht die volle Kontrolle über eure Spieler – zu viele Entscheidungen treffen eure Profis aus eigenem Ermessen (aufs Eis legen oder Pass abfangen, rückwärts oder vorwärts skaten). Außerdem müssen die Besitzer aktueller Konsolen allem Anschein nach mit einer abgespeckten Version der für 360 und PS3 angekündigten Steuerung Vorlieb nehmen, welche noch dazu weniger ausgefeilt als die des Vorgängers wirkt. Immerhin verinnerlicht man EAs diesjährigen Auftritt wieder schneller als den überladenen Controller der 2K-Reihe. Auf das direkte Passspiel über den Analogstick will ich schon jetzt nicht mehr verzichten. Wie es aussieht, profitieren hauptsächlich Mehrspieler-Runden von dem offenen Ablauf – denn die mitgelieferten Gegner agieren kaum anders als im Vorjahr. Immerhin: Im Angriff habt ihr in diesem Jahr deutlich mehr Möglichkeiten und das Wegfallen ständiger One-Timer sowie Body Checks sorgt für mehr Variationen. In Sachen Spielablauf ist EA auf dem richtigen Weg. Ob die aktuelle Entwicklung auf Xbox und PS2 gegen die starke Vorlage des letzten Jahres und die Konkurrenz aus dem Hause 2K Sports bestehen kann, muss sie im ausführlichen Test allerdings erst beweisen.

Ersteindruck: gut