LittleBigPlanet - Vorschau, Logik & Kreativität, PlayStation3

LittleBigPlanet
28.07.2007, Julian Dasgupta

Vorschau: LittleBigPlanet

"Der Spieler hat immer recht," lautet eine alte Gamedesign-Weisheit. Warum also sollte man diesen notorischen Besserwisser nicht einfach in die Schöpfung der Inhalte einbinden? Diese Frage dürfte ein wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Ausgangspunkt der Entwicklung von LittleBigPlanet (ab 43,32€ bei kaufen) gewesen sein. Was steckt dahinter?

Der Titel ist das erste Projekt des Teams Media Molecule, das von ehemaligen Mitarbeitern Lionheads (Black & White) gegründet wurde. Dass die Briten ein Faible für ungewöhnliche Designs haben, haben sie mit Ragdoll Kung-Fu bewiesen. War das jedoch eher ein kleines Experiment, so gehört LittleBigPlanet zu Sonys wichtigsten Waffen im Kampf um das Wohlwollen der Spieler.

Kleiner Planet ganz groß

Putzig & witzig: Die skurrilen Figuren machen ebenso neugierig wie das kreative Konzept des eigenen Levelbaus.
In dem Geschicklichkeitsspiel geht es darum, bestimmte Aufgaben zu lösen - z.B. das Erreichen eines bestimmten Punktes in einem Level. Das ist seit den Lemmingen nichts Besonderes, aber hier wird man von der ersten Sekunde an aufgrund der liebevollen Animationen und drolligen, an zusammengenähte Stoffpuppen erinnernden Figuren neugierig gemacht - die Kulisse macht neugierig, weil sie von Anfang an einen kunterbunten Spielplatz erinnert.

Und genau darin steckt der interessante Kern der Idee: Eure Kreativität beim Herumspielen! Ihr seid hier quasi der Designer, der Tüftler und nicht mehr nur reiner Konsument. Sony nennt dieses Konzept "Game 3.0", angelehnt an das mittlerweile inflationär gebrauchte "Web 2.0". Jeder kann selbst Levels erstellen oder von anderen Nutzern erstellte Karten herunterladen.

Spieler = Spieldesigner

Durch das direkte Einbinden des Editors und der Optionen zum Versenden bzw. Herunterladen neuer Karten wird die Hemmschwelle zur Teilnahme für technisch weniger versierte Naturen deutlich herabgesenkt - viele Hürden fallen weg: Das Hochladen eigener Werke zu irgendwelchen Webseiten, die vielleicht doch niemand sucht, das umständliche, zeitraubende Stöbern nach anderen Inhalten, das Kopieren in verzweigte Unterverzeichnisse, das eventuell notwendige Herumspielen mit Konfigurationsdateien, um die Inhalte überhaupt nutzen zu können oder der Ärger, wenn man feststellt, dass ein Mod oder Level nur mit einer bestimmten Patchversion funktioniert - damit soll sich niemand herumplagen müssen.

Mit dem Katapult ins Ziel? Eurer Kreativität in Sachen Leveldesign sind keine Grenzen gesetzt.
Und wer Angst vor einer Schwemme amateurhaft gestalteter Levels hat, sollte sich einfach auf die Community verlassen: Jede Karte kann von anderen bewertet, alle Inhalte können nach Beliebtheit sortiert werden. Das Gemeinschaftserlebnis geht aber über den Austausch von Inhalten hinaus, denn es gibt auch kooperative Missionen. Auch der Wettbewerb soll motivieren, wenn Spieler die Bestzeit anderer unterbieten.

Die Bedienung ist kinderleicht. Objekte und Texturen werden einfach in die Spielwelt platziert werden. Und wer z.B. eine Flagge, die zum Beenden des Levels erreicht werden muss, an einen sich bewegenden Gegenstand klebt, kreiert eine muntere Hetzjagd. Steuerungstechnisch dürfte also niemand überfordert werden - zwar ist es möglich Emoticons zu verwenden, Kopf oder Arme zu bewegen, grundsätzlich sind aber neben dem Laufen nur zwei Aktionen notwendig, um seinen Charakter durch die Spielwelt zu navigieren: Springen und das Greifen von Objekten. Die eigentliche Herausforderung liegt eher im Meistern der stark physiklastigen Puzzles. Allerdings, so Media Molecule, stehe es auch jedem frei, beispielsweise rein Jump`n run-orientierte Levels im Stile eines Super Mario zu erschaffen.

Komfort statt Komplexität

Leveleditoren und Downloadinhalte sind beileibe keine Erfindung von Media Molecule. Aber die starke Integration dieser Funktionen macht den Unterschied, zumal Spiele mit nutzergenerierten Inhalten in der Konsolenwelt noch eine Ausnahme sind - LittleBigPlanet könnte hier wegweisend sein. Der große Spielplatz mit seiner kunterbunten Kulisse verspricht in der Theorie ebenso kreative wie unterhaltsame Erlebnisse. Ob der bisher gute Eindruck in der Praxis bestätigt werden kann, wird sich allerdings erst Anfang 2008 zeigen. Laut Sony soll noch vor Ende des Jahres ein öffentlicher Betatest stattfinden.

      

Ausblick

LittleBigPlanet war das erste PS3-Spiel, das mich von der Ankündigung an fasziniert hat, der erste PS3-Titel, für den meiner Meinung nach nicht gilt: "Hübsch, aber alles schon mal dagewesen." Dass man mit einfacher, aber zugänglicher 2D-Physik Spaß haben kann, haben schon Spiele wie Gish, The Incredible Machine oder Bridge Builder gezeigt. Im Gegensatz zum ebenfalls auf der GDC enthüllten Home, das den visuellen Charme eines IKEA-Katalogs hat, kann Media Molecule zudem mit drolliger Art-Direction aufwarten. Und wie effizient und nützlich das Integrieren von Inhaltserstellung und -verteilung sein kann, hat Nadeo mit TrackMania United bereits vorgemacht. Ob LittleBigPlanet allerdings wie von Sony behauptet auch in der Lage sein könnte, Gelegenheitsspieler anzulocken, steht auf einem anderen Blatt. Diese mögen das Spiel vielleicht interessant finden, allerdings dürfte der Preis der Hardware, der Anfang 2008 irgendwo im Bereich von 400 bis 500 Euro liegen dürfte, dem Homo Sapiens Sapiens Casualus vermutlich zu hoch sein. In Haushalten aber, in denen schon eine PS3 vorhanden ist, könnte LittleBigPlanet durchaus dafür sorgen, dass das eine oder andere bisher nicht allzu sehr von Spielen begeisterte Familienmitglied von Neugier gepackt plötzlich vor dem Fernseher sitzt, zuschaut oder vielleicht sogar mitmacht.

 

Ersteindruck: sehr gut