Syphon Filter: Logan's Shadow - Vorschau, Action-Adventure, PlayStation2, PSP

Syphon Filter: Logan's Shadow
07.10.2007, Benjamin Schmädig

Vorschau: Syphon Filter: Logan's Shadow

In Nordamerika ist Logan's Shadow längst erschienen, wurde vereinzelt sogar zum PSP-Spiel des Jahres gekürt. Aber obwohl sich seit geraumer Zeit eine Vorschauversion in unserem Laufwerk dreht, ist eine Veröffentlichung in unseren Breiten nicht abzusehen. Weil es sich aber um eine potentiell großkalibrige Fortsetzung handelt, haben wir einen ausführlicheren Abstecher in die Welt der Spionage und Verschwörungen gewagt. Welche Besonderheiten treten hinter Logans Schatten ans Tageslicht?

Die Begeisterung über eine Fortsetzung des packenden Thrillers überwiegt, keine Frage! Fordernde Taktik-Action an beeindruckenden Schauplätzen, ein Held so hart wie Zahnschmelz, die eingängigste Ego-Shooter-Steuerung auf einem Handheld, umfassende Mehrspieler-Gefechte wie auf großen Konsolen - das sind nur die hervorstechenden Eigenschaften. Und trotzdem muss sich der PSP-Nachfolger auch kritischen Fragen stellen. Die Geschichte des letzten Abenteuers war z.B. spannend, den Figuren fehlte es aber an menschlichen Zügen. Geben ihnen die Autoren diesmal interessante charakterliche Nuancen mit auf den Weg? Bietet Logan's Shadow (LS) eine größere Spielwiese für Mehrspieler-Agenten als die fünf Karten seines Vorgängers?

Viele Worte dürft ihr von ihm nicht erwarten - Logan ist ein Mann der Tat.
Darf Gabe mehr tun, als sich fast schnurgerade durch seinen Missionsschlauch zu kämpfen? Letztlich war ich vor allem gespannt darauf, ob die Entwickler auf den Lorbeeren des Handheld-Erstlings suhlen oder ob die Serie erneut einen Sprung nach vorne macht...

Taktischer Fragebogen

Eines wird schnell klar: Gabe Logan bleibt sich selbst treu. Der für die geheime Regierungstruppe International Presidential Consulting Agency (IPCA) kämpfende Agent reagiert auf Schwierigkeiten noch immer mit einem trockenen "Ich kümmer' mich drum". Tiefschürfende Charakterzeichnungen dürft ihr nicht erwarten - Logan ist ein Mann der Tat. Sprich: Während seine Eloquenz nur auf der Briefwaage ein Gewicht anzeigt, sind seine Fähigkeiten im Einsatz taktische Schwergewichte. Blindes Ballern kennt Logan nur vom Hörensagen; eher geht er umsichtig in Deckung, nutzt Infrarotbrille zum Aufspüren von Gegnern oder Restlichtverstärker für eine klare Sicht, wirft Blend- oder Splittergranaten, schießt entweder blind, zielt grob oder nimmt seine Widersacher über einen Zoom ins Visier, überwindet Abgründe per Seilwinde und schleicht sich an unvorsichtige Gegner heran, um sie als Schutzschild zu missbrauchen oder mit einem brachialen Manöver auszuschalten. Einiges davon hat Gabe erst nach seinem letzten Einsatz gelernt - dazu später mehr.

Dazugelernt haben auch die Entwickler, und zwar in Sachen Handlung. Schließlich verliert Logans Truppe gleich zu Beginn

Video

Weichgezeichneter Spion

Das Making Of zeigt euch die Hintergründe, der Trailer führt euch in die Handlung ein.einen Mitstreiter: Die seit zehn Jahren mit ihm arbeitende Lian Xing ist ausgebüchst, und so wie es aussieht, ist sie nicht die einzige, die plötzlich inmitten einer weltweiten Verschwörung steckt... Ohne die Ereignisse vorweg zu nehmen: Syphon Filter (SF) legt diesmal einen interessanten Faden aus, der durch mehr als eine weitere Geschichte um Gute-gegen-Terroristen führen soll. Das gelingt in Ansätzen und wird vor allem dort reizvoll, wo das Skript skeptische Töne gegen die einseitige US-amerikanische Antiterror-Politik anschlägt, doch in letzter Konsequenz bleibt auch LS ein einfacher Krimi mit klar verteilten Rollenbildern. Eines muss man dem Spiel dabei zugute halten: Das Ende ist bis auf wenige Sekunden vorher nicht absehbar und trifft den Zuschauer mit voller Wucht - ein hervorragender Abschluss!

Nicht nur in diesem Moment spielen die Filmszenen wieder in der Oberliga der vorberechneten CGI-Schnipsel. Nach jeder abgeschlossenen Mission seht ihr Einspielungen, in denen Gabes Gesichtszüge zwar für einen Spitzel seines Kalibers zu weich wirken, die sonst aber auf beinahe kinoreifem Niveau unterhalten. Schade nur, dass die Sequenzen ohne die geschickt eingefädelten Rückblenden ihrer Vorgänger auskommen. Dafür unterhalten sich sämtliche Akteure in der Landessprache ihrer Charaktere, was sie auch im eigentlichen Spiel tun. Seht ihr mit der Spielgrafik erstellte Filme, bewegen sich die Figuren zwar längst nicht so geschmeidig wie viele ihrer PSP-Konkurrenten (ein Überbleibsel aus Dark Mirror), trotzdem sind auch hier sämtliche Szenen spannend und sehenswert.

Immer noch der alte: Selbst vom Seil aus kann Gabe noch schießen.
Aber letztendlich will Sony nicht Einspielungen oder Vorberechnetes in den Fokus rücken; was zählt ist die Dynamik im Einsatz.

Und dort habe ich mich sofort pudelwohl gefühlt. Nicht nur, dass ich die immer noch erstaunlich umfangreichen Möglichkeiten des schleichenden, taktierenden und schießenden Agenten völlig mühelos über die vergleichsweise wenigen Tasten der PSP abrufen kann - sein Handlungsspielraum wurde sogar erweitert: Denn er kann jetzt seine Gegner greifen und so lange als Deckung nutzen, bis sie sich losreißen oder ihnen aus dem Würgegriff heraus den Rest geben. Ausgesprochen cool ist seine neue Fähigkeit, blind aus einer Deckung heraus zu schießen. Der Vorteil: Er bleibt so im sicheren Versteck. Nachteil: Seine Treffsicherheit lässt zu wünschen übrig. Wer stets nur über die Schulter feuert, hat schneller keine Munition mehr als er "Letztes Magazin!" rufen kann. Dafür hält man sich die Feinde auf diese Art so lange vom Hals, bis man einen frischen Clip einschieben kann.

Blind - aber nicht wehrlos

Nicht zuletzt kommen moderne Agenten nicht um jene Reaktionsspiele herum, denen God of War zu hohem Ruhm verholfen hat. Einige der Türen öffnen sich z.B. nur nach erfolgreichem Dauerhämmern auf die angezeigte Taste, in anderen Situationen muss Logan schnell die richtigen, zufällig eingeblendeten Tasten drücken - u.a. um den erwähnten neuen Nahkampf zu bestehen. Ich empfinde dieses Element in einem Ego-Shooter (spielerisch ist SF trotz Blick über die Schulter genau das) zwar als ungewöhnlich, doch es passt sich nahtlos in den Ablauf ein und sorgt für Abwechslung. Allerdings hätte man dieses Element ausbauen müssen, denn die bislang erlebten Reaktionstests werden nie knifflig genug, um ihr Dasein als zusätzliche Herausforderung zu rechtfertigen.        

Die größte Änderung kommt aber erst mit Gabes frisch entdeckten Schwimm- und Tauchkünsten; schließlich watet er in LS nicht nur durch knietiefe Wasserlachen, sondern geht gleich mehrfach auf Tauchgang. Seinen längsten Ausflug unter Normalnull hat er gleich zu Beginn, wo er ein auf dem Kopf stehendes und zum Teil geflutetes Schiffswrack erkundet. Im Wasser funktioniert die Bewegung 

Wasserdicht: Logan's Shadow taucht ab.
genauso wie an Land: Das Umschauen liegt auf dem Analogstick, mit einem Druck auf die rechten Tasten bewegt sich der Agent in alle vier Richtungen - jedenfalls bei entsprechend eingestellten Optionen, denn wer will, darf auch eine an 3rd-Person-Action angelehnte Steuerung wählen. Und obwohl die übliche Aufteilung zwischen rechter und linker Hand somit vertauscht wird: SF bietet selbst heute noch die komfortabelste Steuerung der Ich-Ansicht für den Handheld!

Feuchtspionage

Zurück zu den feuchten Ausflügen, für die Sony Bend seinem Agenten einen vergrößerten Rucksack spendiert. Schließlich kriecht herkömmliche Munition unter Wasser praktisch in Zeitlupe vom Lauf aus am Ziel vorbei. Die speziellen Geschosse der zwei zusätzlichen Kaliber bewegen sich schneller , und mit einer ausgesprochen durchschlagskräftigen Harpune hat Gabe auch einen unverzichtbaren Klassiker im Gepäck.

Im Prinzip ändert sich mit den Neuerungen natürlich wenig: Sowohl auf dem Land als auch im Wasser muss Logan seine Umgebung mit drei Sichtgeräten erforschen, die richtige Wahl zwischen Scharfschützengewehr, Pistole, MG oder Schrotflinte treffen, sich für einen passenden Feuermodus entscheiden und sich durch Lüftungsschächte einen Weg bahnen. Alles wie gehabt? In der Tat. Bis auf 

Wenn's mal weh tut, wird der Spion wie von Geisterhand geheilt - das Spiel verliert dadurch an Tiefe.
eine Ausnahme, eine kleine Änderung - die in dieser Form haarscharf an der Bezeichnung "grober Schnitzer" vorbeischrammt! Denn ihr müsst keine Erste-Hilfe-Kisten mehr sammeln, um Verletzungen zu heilen; das geschieht von selbst - ein Zugeständnis an die Shooter-Entwicklung seit Halo. Mit dieser Entscheidung beschwören die Entwickler unnötigerweise ein Problem herauf, dass ihnen mit dem alten System nicht im Weg stand: Das Spiel wird zu einfach. Schließlich kann Gabe in den meisten Situationen nahezu endlos viel Zeit hinter einer Kiste oder Mauer verbringen. Verliert er mal die Hälfte seiner Gesundheit, ist sie daher wenige Sekunden später wieder da. Die Herausforderung fehlt, die Entwickler versuchen sie zu oft durch nicht enden wollende Gegnerwellen zu ersetzen, das neue SF verliert an Anspruch. Was fehlt ist die Herausforderung, das Mittendringefühl, das "wie setze ich meine Mittel am geschicktesten ein, um hier durchzubrechen?", welches im Vorgänger überlegtes Vorgehen forderte und belohnte. Mitunter ersetzt LS somit die intelligente Action durch Schießbudengeballer - Sony, das hat eurem sonst großartigen Spiel weiß Gott nicht gut getan!

Heilsame Details?

Im Großen und Ganzen bleibt sich SF treu, ja. Die taktischen Möglichkeiten sind ausgesprochen umfangreich und wurden sogar erweitert. Doch wegen dieses Schnitzers, wegen bis auf zwei Ausnahmen banaler Bosskämpfe und wegen im Vergleich zu Dark Mirror weniger Möglichkeiten, die Widersacher auch mal auf leisen Sohlen auszuschalten, erreicht Logans zweiter PSP-Einsatz nicht die Eleganz seines Vorgängers. Das gilt auch für den Soundtrack, der aufwändig eingespielt und häufig mit Gesang unterlegt wurde: Auf Dauer fehlen der Musik abwechslungsreiche Stücke, und das für Agenten-Thriller typische elektronische Schlagzeug treibt leider nur Mehrspieler-Spione an.

Darüber können selbst schärfere Kulissen samt zusätzlichen Effekten nicht hinwegtäuschen. Wobei sich die Entwickler vor allem um Letztere gekümmert haben, denn wenn Gabe in einem mit Dampf gefüllten Raum von grellem,

Mit dem Sichtgerät könnt ihr u.a. auch elektrische Leitungen oder Tastenfelder sichtbar machen.
zerstreutem Licht geblendet wird, lässt die PSP ihre Muskeln spielen. Eindrucksvoll auch die schimmernden Lichtquellen unter Wasser. Überhaupt ist das Wellen schlagende Nass ein echtes Highlight, und Gabes nahtloser Übergang vom Laufen zum Tauchen - angefangen vom agilen Kopfsprung bis hin zu seinen zahlreichen Schwimmbewegungen - wirkt wie ein selbstverständlicher, immer da gewesener Bestandteil seines Agentenlebens.

Weniger Kanten, mehr Licht

Sony hat sich sogar die Mühe gemacht, die wenigen fünf Mehrspieler-Areale zu erweitern bzw. zu verändern, so dass auch Online- oder WiFi-Agenten das neue Element in ihre Planung einbeziehen müssen. Dabei gibt es unterschiedliche Versionen einiger Karten, so dass man je nach gewähltem Einsatz (Einer-gegen-Alle, Einzel- oder Team-Deathmatch sowie eine CTF-Variante) mal durch mehr, mal durch weniger Wasser watet. Die Kehrseite der Medaille: Wegen der Arbeit an den alten Karten blieb den Entwicklern scheinbar nur noch Zeit für gerade mal zwei zusätzliche Areale. Mein Favorit: Ein klug durchdachtes Dorf, in dem man nicht nur die vielen versteckten Winkel im Auge behalten muss, sondern quasi auf drei Stockwerken zu Gange ist. Nicht zuletzt entschärfen die Entwickler zum Glück ausgesprochen nervtötende Momente, denn in LS darf man nach dem Ableben die Stelle aussuchen, an der man wiederbelebt wird. Damit sehen endlich jene Scharfschützen alt aus, die sich in Dark Mirror an den bekannten Punkten auf die Lauer legten und die Lebenszeit der Neuauferstandenen frustrierend knapp hielten.   

Ausblick

Das neue Syphon Filter hinterlässt genau den Eindruck, der nach einem Jahr Entwicklungszeit zu erwarten war: Es baut auf dem auf, was sein Vorgänger richtig machte, packt eine Hand voll neuer Versatzstücke hinzu und heraus kommt ein umfangreicheres, wenn auch kaum verändertes Spiel. Zugegeben, die Abstecher unter den Meeresspiegel, der erweiterte Nahkampf sowie das blinde Feuern aus der Deckung erweitern Logans spielerischen Horizont spürbar. Schade aber, dass er diesmal weniger Möglichkeiten zum Anschleichen und Taktieren hat. Schlimmer noch: dass Letzteres kaum gefordert wird, weil ein Ableben schwierig ist - das Streichen der Erste-Hilfe-Kästen ist ein Fehler, den Gabe mit einem rudelweisen Ansturm an Gegnern bezahlt. Meinem Eindruck nach rutscht Logan's Shadow damit für Einzelspieler im Vergleich zum Vorgänger eine Klasse in die Tiefe. Es wird lediglich von seiner spannenden Handlung und dem umfangreichen Mehrspieler-Modus einschließlich Freundeslisten, Ranglisten sowie allen wichtigen Spielvarianten aufgefangen. Bleibt zu hoffen, dass Sony das bislang vergebliche Warten auf eine Veröffentlichung in deutschen Breiten beenden kann und im besten Fall sogar die manuelle Erste Hilfe wieder einführt. Denn sonst scheint hiesigen Agenten ein packender Thriller zu entgehen!

Ersteindruck: gut