Dead Space (2008) - Vorschau, Shooter, 360, Wii, PC, XboxSeriesX, PlayStation5, PlayStation3, iPhone

Dead Space (2008)
06.06.2008, Jens Bischoff

Vorschau: Dead Space (2008)

Ende Oktober will EA mit Dead Space nicht weniger als das "furchterregendste Spiel aller Zeiten” auf 360-, PS3- und PC-Abenteurer loslassen. Aber großen Worten folgen in der Spielewelt meist kleine Taten. Grund genug, dem wankelmütigen Superlativ nachzuspüren. Wir konnten den SciFi-Horrortrip der Redwood Shores Studios anspielen und unsere Nerven in stilechtem Ambiente auf die Probe stellen.

Im Kellergewölbe einer ehemaligen Münchner Industrieanlage lud Product Manager Derek Chan zum Probegruseln. Die erst wenige Tage zuvor fertig gestellte PS3-Version war sogar das erste Mal überhaupt im Einsatz, lief aber bereits genauso stabil wie ihr 360-Pendant. Die PC-Fassung bekam man hingegen nicht zu Gesicht. Chan versicherte aber, dass alle drei Versionen technisch und inhaltlich identisch sein werden. Die beiden Konsolenfassungen sahen jedenfalls bereits sehr gut aus und glichen sich wie ein Ei dem anderen.



Dead Space bringt alles mit, um sich zum Survival Horror-Spiel des Jahres zu entwickeln: Düstere Atmosphäre, atemlose Spannung und explosive Action!
Weltraum im Keller

Vor allem das gekonnte Spiel mit Licht und Dunkelheit, gepaart mit einer ungemein dynamischen Soundkulisse sorgte für packende Momente. Brachiale Action und beklemmende Ruhephasen gingen harmonisch Hand in Hand. Um das Mittendrin-Gefühl noch zu schüren, hat man sogar komplett auf separate Spielanzeigen verzichtet: Lebensenergie und Sauerstoffvorrat könnt ihr an eurem Anzug ablesen, Munitionsanzeigen gibt es direkt an den Waffen; selbst Inventar und Karten werden direkt als holografische Abbildungen in den Raum projiziert ohne das Spielgeschehen zu unterbrechen. Praktisch ist dabei auch die Möglichkeit, sich per Laser-Marker jederzeit den Weg zum nächsten Missionsziel anzeigen zu lassen.

Der konstante Spielfluss war den Entwicklern sogar so wichtig, dass ihr nicht einmal von Zwischensequenzen aus dem Spielgeschehen gerissen werdet. Alles passiert via zufälliger und gescripteter Events

Düstere SciFi-Kulissen: Das Spiel mit Licht und Dunkelheit ist den Entwicklern sehr gut gelungen.
direkt an Ort und Stelle in Echtzeit. Trotzdem sollen Geschichte und Handlung eine tragende Rolle spielen. Dazu hat man sich entschlossen ähnlich wie in BioShock auf stimmungsvolle Audio-, Text- und Videologs zu setzen, in denen ihr z. B. an Ereignisse vor eurer Ankunft oder an anderen Orten nachträglich teilhaben könnt. Auch über Funk steht ihr mit anderen Teammitgliedern in Kontakt, wobei Protagonist Isaac Clarke selbst das ganze Spiel über stumm bleibt.

Keine Unterbrechungen

Darüber hinaus trefft ihr auch auf Überlebende, deren geistiger Zustand allerdings oft sehr angeknackst scheint. So trafen wir z. B. auf eine Frau, die einen bereits verwesenden Leichnam umarmte und diesem baldige Rettung versprach, als sie uns bemerkte. Im Gegensatz zu einer wirr kichernden Ärztin, die in einer kugelsicheren Panzerglaskabine einen qualvoll schreienden Überlebenden bei Bewusstsein filettierte, war jene Begegnung aber noch harmlos...

Überhaupt wird der Horrortrip durch den kilometerlangen havarierten Rohstofffrachter ISS Ishimura sehr brutal und makaber inszeniert: Überall liegen übel zugerichtete Leichen herum, Blut haftet am von heftigen Kampfspuren zeugenden Mobiliar und mit eurem Telekinese-Werkzeug, das an Gordons Graviton aus Half-Life 2 erinnert, könnt ihr sogar Teile aus sterblichen Überresten heraus brechen und als organische Projektile missbrauchen - besonders spitze Knochen helfen euch konventionelle Munition zu sparen, die sich trotz noch intakter Shopterminals eher rar macht. Aber ihr seid ja auch kein Mitglied eines militärischen Stoßtrupps, sondern lediglich Teil eines Ingenieursteams, der für Instandsetzungsarbeiten angeheuert wurde.       

Aus den geplanten Reparaturen wird jedoch schnell ein Kampf ums nackte Überleben, den ihr nicht mit großkalibrigen Wummen, sondern mit zweckentfremdeten, aufrüstbaren Werkzeugen bestreiten müsst. So setzt ihr euch in erster Linie mit verschiedenen Plasmaschneidern zur Wehr, die eigentlich für das Zerlegen von mineralhaltigen Gesteinsbrocken gedacht sind, sich aber auch prima zum Erzeugen von Alien-Frikassee eignen.

Wenn die Necromorphs Isaac zu fassen bekommen, hilft nur noch schnelles Tastenhämmern.
Entsprechend ist ein zentraler Punkt bei den kämpferischen Auseinandersetzungen das strategisch kluge Abtrennen von Gliedmaßen. Schließlich ist ein Gegner ohne Beine wesentlich langsamer, ohne Arme schwindet seine Reichweite und ohne Kopf kann er euch nicht einmal mehr beißen.

Strategische Verstümmelung

Doch Vorsicht, aus manchen Widersachern werden bei einem vermeintlich tödlichen Durchtrennen des Torsos auch schon mal zwei Angreifer, die dank ihrer beweglichen Tentakel auch noch wesentlich flinker agieren als zuvor. Eure Gegner sind jedoch keine Aliens als solche, sondern ehemalige Besatzungsmitglieder, die durch das Bergen eines außerirdischen Artefakts während eines gigantischen Rohstoffabbaus zu kaum noch menschenähnlichen Monstern, den so genannten Necromorphs, mutiert sind, die ungemein aggressiv und widerstandfähig sind. Erst nachdem ihr ihnen genug Gliedmaßen entfernt habt, könnt ihr zum finalen Schuss ansetzen oder ihre unbeweglichen Überreste mit einem beherzten Tritt zu Brei treten.

Ein Exemplar ist jedoch besonders hartnäckig und stellt euch ähnlich wie Nemesis in Resident Evil 3 über das gesamte Spiel hinweg immer und immer wieder nach. Darüber hinaus erwarten euch aber auch eine Reihe von Bossfights gegen besondere Mutanten, die aber noch unter Verschluss gehalten werden. Duelle mit dem Nemesis sowie einem Miniboss bekamen wir allerdings schon zu sehen und diese machten bereits Lust auf mehr. Chan versprach u. a. auch taktische Bosskämpfe in der Schwerelosigkeit. Diese herrscht jedoch nicht überall, sondern nur in Bereichen, in denen die künstliche Schwerkraft außer Kraft gesetzt wurde.

Einer dieser Abschnitte ließ sich sogar schon anspielen. Allerdings schwebt ihr dabei nicht mit einem Jetpack schwerelos in der Gegend herum, sondern vertraut auf den Einsatz von Magnetstiefeln, mit denen ihr problemlos an Wänden und Decken unterwegs sein könnt. Um dort hin zu gelangen, visiert ihr einfach eine beliebige Stelle an und katapultiert euch mit einem kurzen Zielschub direkt dorthin - freie Flugmanöver sind hingegen tabu. 

Hat man einen gegner nieder gestreckt, kann man ihn mit einem Tritt endgültig den Garaus machen.
Doch auch einige Mutanten können der Schwerelosigkeit trotzen und sich mit saugkräftigen Tentakeln genau wie ihr an Wänden und Decken bewegen und gleiten wie alles andere erst nach ihrem Ableben bewegungslos durch den Raum, was mitunter ziemlich imposant aussieht, da auch jeder Bluttropfen schwerelos durch die Luft segelt.

Neues Raumgefühl

Es wird aber nicht nur gekämpft. Die spannendsten Augenblicke sind oft Momente, in denen man nur meint, dass gleich etwas passiert - und auch das gibt es in Dead Space reichlich. Gerade akustisch werden eure Nerven oft strapaziert, wenn sich z. B. über einen Lüftungsschacht trampelnde Tentakel nähern und im letzten Moment doch eine andere Richtung einschlagen. Oder in der Leichenkammer schlägt plötzlich eine Verwahrungsbox auf, die Bahre rollt heraus und es liegt aber nur ein lebloser Körper darauf. Allerdings muss ein lebloser Körper nicht immer auch tot sein. Oft ist es genau umgekehrt und ein erlegter Mutant, der die ganze Zeit regungslos am Boden lag, springt plötzlich auf und greift euch an.     

Oft könnt ihr tödlichen Umarmungen durch schnelles Tastendrücken zwar entgehen, aber seid ihr zu langsam, wird Isaac selbst in seine Einzelteile zerlegt und es heißt Game Over. Die Sterbeszenen sind teils äußerst makaber und dürften der USK sicher wie einige andere Dinge auch ein Dorn im Auge sein. 

Mit genügend Sauerstoff können auch lädierte Außenareale der ISS Ishimura erkundet werden.
An Kürzungen denken die Entwickler jedoch nicht, die kompromisslose Gewaltdarstellung sei ein fester Bestandteil des Spielerlebnisses und der Absicht, dem Spieler das Fürchten zu lehren. Atmosphärisch passt das auch alles gut zusammen, auch wenn die gravierenden Schockmomente wie anderswo meist auch völlig ohne Blut auskommen.

Trotz exzessiver Gore- und Splattereffekte, ist Dead Space aber kein hirnloses Ballerfest. Munitionsvorräte sind begrenzt, gezielte Schüsse oder die Nutzung der Spielumgebung oft der Schlüssel zum Erfolg. Auch kleinere Rätsel gilt es in Folge eurer Erkundungen zu lösen. Meistens sind dies zwar nur simple Objekträtsel, aber dank gelegentlicher Schwerelosigkeit und spezieller Werkzeuge ist auch hier Potential vorhanden, das wir bisher leider nur in einem begrenzten Rahmen ausloten konnten.

Gewusst wie

Neben dem Telekinese-Utensil, mit dem ihr entfernte Objekte greifen und gezielt durch die Gegend katapultieren könnt, um z. B. nicht erreichbare Strommodule zu wechseln, gibt es auch ein Werkzeug, das Bewegungen verlangsamt. Das kann nicht nur auf besonders flinke oder gefährlich nah gekommene Gegner angewendet werden, um diese trotz akuter Bedrohung gezielt aufs Korn zu nehmen, sondern lässt sich auch mit beweglichen Objekten in der Spielwelt kombinieren. So gab es z. B. eine Stelle, an der ein defekter Mechanismus dafür sorgte, dass sich eine zu passierende Schleuse nicht ganz öffnen ließ und immer wieder zuschnellte. Selbst mit einem Spurt war es nicht möglich, unverletzt hindurch zu kommen. Mit einem gut getimten Einsatz eures Verlangsamungsapparates hingegen hatte man genug Zeit die gefährliche Luke in halb geöffnetem Zustand heil zu passieren.

Die Handhabung der verschiedenen Waffen und Werkzeuge, die auch über Alternativfunktionen verfügen, war dabei angenehm handlich, auch wenn die Kamera teils etwas zu nah an Isaac haftete und somit teils für Übersichtsprobleme sorgte.

Makaber: Eine verstörte Krankenschwester führt hinter Panzerglas fragwürdige Operationen durch.
Auch Isaacs äußerst gemächliches Bewegungstempo war etwas gewöhnungsbedürftig. Für Sprints muss man sogar einen zusätzlichen Knopf gedrückt halten, was das Tempo aber auch nur unwesentlich anhob. Vielleicht ist das aber auch gut so, da Flucht nur selten eine Option ist.

Fest für die Sinne

Nichts zu kritteln gibt es hingegen an der imposanten Präsentation. Vor allem die clever eingesetzten und ungemein realistischen Lichteffekte konnten begeistern, aber auch Physik, Texturen und Animationen machten bereits eine sehr gute Figur. Zudem glänzten die meist stark lädierten Spielumgebungen mit vielen Details. Auch die Soundkulisse war grandios: Von beklemmender Stille, über befremdlich dumpfe Töne in den Außenarealen des Schiffes, wo ihr euch nur mit entsprechendem Sauerstoffvorrat aufhalten könnt, bis hin zu nervenaufreibenden Feindgeräuschen und Industrialklängen, die auch von Akira Yamaoka (Silent Hill) hätten stammen können. Die musikalische Untermalung passt sich dem Geschehen sogar dynamisch an; schwillt an, wenn die Bedrohung steigt, flacht ab, wenn sie wieder sinkt. Die Atmosphäre war jedenfalls unheimlich dicht und ich kann es kaum erwarten, weiter in die morbiden Tiefen der ISS Ishimura vorzudringen.   

Ausblick

Das, was wir bisher von Dead Space sehen und spielen konnten, war ungemein packend. Ob es tatsächlich das furchterregendste Spiel aller Zeiten wird, lässt sich erst anhand der Testfassung beantworten. Trotz extrem blutiger Inszenierung erwartet euch hier kein hirnloser Ballermarathon. Psychologischer Terror ist den Entwicklern mindestens genauso wichtig wie Ekel und Schockmomente. Auch in ruhigeren Phasen ist die Bedrohung allgegenwärtig - nicht sicht-, aber hörbar. Verschnaufpausen gibt es kaum, der Spielfluss wird nicht einmal von Sequenzeinspielungen unterbrochen. Alles geschieht direkt an Ort und Stelle über zum Teil gescriptete Events, Funksprüche sowie atmosphärische Text-, Audio- und Videologs, in denen u. a. die grausamen Ereignisse auf der ISS Ishimura vor eurer Ankunft geschildert werden. Zwar gibt es noch immer Überlebende, aber als notdürftig ausgerüsteter Ingenieur habt ihr schon genug Probleme damit, eure eigene Haut zu retten. Kameraden werden zu Gegnern, Werkzeuge zu Waffen, Gejagte zu Jägern und die USK wird vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn EA Dead Space zur Prüfung vorlegt - eine Zensurschere wollen die Entwickler jedenfalls nicht auspacken...

Ersteindruck: sehr gut