Multiwinia: Survival of the Flattest - Vorschau, Taktik & Strategie, PC

Multiwinia: Survival of the Flattest
26.08.2008, Benjamin Schmädig

Vorschau: Multiwinia: Survival of the Flattest

Drahtgitter-Landschaft, zweidimensionale Soldaten - der Pixelbrei als Kunstform: Dreieinhalb Jahre ist es schon her, dass Echtzeit-Feldherren im Inneren eines Computerkerns gegen die cleveren Taktiken eines Virus' bestehen mussten. Nur eins durften sie damals nicht tun: Ihre Fähigkeiten online unter Beweis stellen. Genau diesen Misstand will Introversion mit Multiwinia - der Name sagt es ja - in Kürze ausmerzen.

Obwohl sie sich so konsequent vom Mainstream distanzieren, sind Introversion längst zu Stars der Independent-Szene avanciert. Immerhin hat von Uplink über Darwinia bis hin zu Defcon ihr gesamtes Portfolio treue Anhänger gefunden und seit Darwinia zudem einen bemerkenswerten Medienrummel ausgelöst. Die Bekanntheit der Briten rührt selbstverständlich nicht nur von ihrer sympathischen Attitüde; es sind vor allem die faszinierenden Spielwiesen. Beim ersten Blickkontakt machen sie neugierig und nach genauem Hinsehen süchtig. Dabei hat sich Introversion mit langsamen Schritten weiterentwickelt: Dem grafisch anspruchslosen Uplink folgte die Tron-ähnliche 3



Ab in die Digi-Hölle!

Introversion erklärt "King of the Hill", sowie die anderen Spielvarianten in witzigen Comicbildern.D-Welt in Darwinia, bevor Defcon seine introvertierten Fans erstmals online vernetzte. Doch den Ruf nach Mehrspieler-Gefechten hörten die Entwickler nicht erst seit Defcon - auch Darwinia-Taktiker wollten gegeneinander antreten. Auftritt Multiwinia, das weder als Patch noch als Erweiterung, sondern als eigenständiges Spiel veröffentlicht wird.

Deshalb spendiert ihm Introversion nicht nur sechs Mehrspieler-Varianten, in denen darwinistische Feldherren ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen; die Entwickler haben zudem die Steuerung an das veränderte Spielprinzip angepasst. Schließlich könnt ihr euch im Gegensatz zum Solo-Vorgänger nicht unendlich viel Zeit lassen, um euer Vorgehen zu planen, Truppen vorsichtig durch Feindesland zu manövrieren oder besonders dicke Pixelfeinde gen Digi-Hölle zu schicken. Stattdessen geht es für jeden der höchstens vier, wahlweise in zwei Teams aufgeteilten Kontrahenten, um die schnelle Eroberung der Vorherrschaft in relativ kleinen Arealen. Ähnlich wie bei Defcon geht es den Entwicklern wohl nicht um ausdauernde Kriege in riesigen Welten. Tatsächlich verschleiert in Multiwinia nicht einmal der Nebel des Krieges die Sicht, so dass ihr euer Tun stets dem Treiben eurer Gegenspieler anpassen könnt. Nicht zuletzt suggeriert auch das von Karte und Modus abhängige Zeitlimit von fünf oder zehn Minuten: Hier geht es um kurze, knackige Echtzeitaction im coolen Retro-Look. Ihr dürft die zeitliche Begrenzung zwar beliebig verändern, doch ausdauernde Gefechte stehen nicht im Vordergrund.

Das alles gilt übrigens für die zwei in der Vorschau-Version enthaltenen Spielvarianten "King of the Hill" sowie "Capture the Statue". Inwiefern einzelne Parameter in "Domination", "Assault", "Rocket Riot" oder "Blitzkrieg" das bisher vorgestellte Regelwerk 



Einfach - auch genial?

- Blitzkrieg: Ihr müsst möglichst viele der gekennzeichneten Gebiete erobern.ausbauen, muss die Testfassung zeigen. Die grundlegenden Regeln bleiben allerdings stets dieselben: An zahlreichen Spawn-Punkten (nur einer befindet sich zu Beginn in eurem Besitz) entstehen automatisch neue Krieger, von denen es wiederum nur einen Typus gibt und die stets von sich aus das Feuer eröffnen. Gelegentlich fallen auch Kisten vom Himmel: Wer die einsammelt, erhält mächtige Extras, z.B. überdimensionierte Geschütztürme, Luftschläge oder einen Transporter, der die Truppen schneller hinter feindliche Linien befördert als der Gegner den Rückzug anordnen kann - tückisch! Per Rechtsklick befördert ihr zudem einen ausgewählten Soldaten zum Offizier. Als solcher kann er 90 seiner zweidimensionalen, steifen und furchtbar sympathischen Pappkameraden zu einem kampfkräftigen Bund formieren oder alle an seiner Position ankommenden Soldaten zu einem bestimmten Ziel weiterleiten.

Das sind die Spielvarianten, in denen ihr eure taktischen Kräfte messt:

- Domination: Wer alle gegnerischen Truppen auslöscht, gewinnt.

- King of the Hill: Wer eine der drei bis vier Zonen pro Karte kontrolliert, erhält einen Punkt pro Sekunde und Zone.

- Capture the Statue: In regelmäßigen Abständen tauchen an bestimmten Punkten Statuen auf. Wer eine Statue in die eigene Zone schleppt, erhält einen Punkt.

- Assault: In Runde eins muss eine Partei eine Basis so lange wie möglich halten - in Runde zwei wechseln die Rollen.

- Rocker Riot: Erobert Solarstationen, um euren Raketenabschuss vorzubereiten und verteidigt die Rakete. Es gewinnt, wessen Rakete zuerst startet.

Das ist schon alles, was ihr wissen müsst - auch wenn der theoretischen Einfachheit schon bald die Erkenntnis folgen dürfte, dass euer Gegenüber garantiert den einen oder anderen Kniff kennt, um zehn Sekunden eher an den wichtigen zweiten Spawnpunkt zu kommen... Ich vertraue darauf, dass die überschaubaren Mittel nur die Tür aufstoßen, um zahlreiche taktische Finessen zu ermöglichen - so war es immerhin bei Defcon der Fall. Schon die Duelle mit dem ausreichend smarten Computergegner haben mich jedenfalls angenehm gefordert. Schade, dass die Vorschau-Version noch keine Online-Gefechte zuließ.

Skeptisch bin ich allerdings in Bezug auf die Steuerung, denn die lässt zu viele Finessen vermissen, mit denen Echtzeitstrategen heute aufwachsen. So funktioniert die Gruppenbildung ausschließlich über das erwähnte Befördern. Wer keine Squads mit festgelegter Maximalgröße bilden will, ist hingegen auf das stets neue manuelle Auswählen angewiesen. Und das geht in Multiwinia ebenso innovativ (haltet die Maustaste gedrückt, um alle Soldaten innerhalb eines bestimmten 

Den grandiosen Retro-Stil hat Introversion zum Glück nur vorsichtig aufpoliert.
Umkreises zu selektieren) wie unhandlich vonstatten. Im Klartext: Das Ziehen von Kästchen wäre bedeutend komfortabler und vor allem präziser gewesen als Introversions Lösung. Dass man angewählte Verbände nicht einmal per Nummerntaste zusammenfassen kann, kommt erschwerend hinzu. Auch wenn die optionale Steuerung mit dem 360-Gamepad (Multiwinia und Darwinia erscheinen unter dem Titel Darwinia+ auch für Xbox 360) kinderleicht von der Hand geht: Was in den gemächlichen Solo-Gefechten vor drei Jahren mitunter knifflig war, kann in der flotten Mehrspieler-Hatz richtig hakelig werden. Ständig ist man am Befördern, Auswählen, Laufbefehle erteilen, Befördern, Auswählen, Laufbefehle erteilen usw. beschäftigt.

Darwinia+Multiwinia=Darinwia+, oder?

Hinzu kommt, dass die Übersicht in der grandiosen Retro-Kulisse mitunter leidet, wenn mehrere hundert in Primärfarben "gekleidete" Soldaten-Sprites an einem mit fast denselben Farbtönen geschmückten Schauplatz aufeinandertreffen - und zwar an mehreren Fronten. Das sieht cool aus, sorgt meist für gesundes Taktiker-Herzrasen - hin und wieder aber eben auch für ungesunde Panikattacken. Steht die unhandliche Bedienung etwa der unkomplizierten Action im Weg oder spielt sie als Kleinigkeit im Gesamtbild letztlich keine Rolle mehr?    

Ausblick

In Sachen Steuerung kamen schon Darwinia und Defcon gelegentlich ins Stolpern - was weder in der relativ ruhigen Virusvernichtung noch in dem größtenteils behäbigen Atomkrieg störend auffiel. In Anbetracht der flotten Multiwinia-Action bin ich allerdings skeptisch, denn gerade hier wäre eine schnelle Befehlseingabe wichtig... Die mit einigen Lichteffekten aufgepeppte Pixelwelt zieht mich hingegen noch immer in ihren Bann: Wer Tron mag, wird Multiwinia lieben! Es enthält mit Domination, Capture the Fl... Statue sowie King of the Hill zudem nicht nur einige der populärsten Mehrspieler-Varianten, sondern erweckt binnen weniger Minuten große Massenschlachten zum Leben. Und gerade, weil das Regelwerk aufs Nötigste beschränkt wurde (Multiwinia erinnert an ein vereinfachtes "Z"), fordert es euer taktisches Verständnis. Wo soll man mit wie vielen Truppen wann vorrücken? Die Entscheidung müsst ihr immer wieder innerhalb weniger Sekunden treffen. Und wer diese Frage am cleversten beantwortet, geht als Sieger vom Platz. Bleibt die Frage, ob auch Introversion diesmal ein Gewinner ist oder sich mit Silber begnügen muss.

Ersteindruck: gut