Politik Simulator - Vorschau, Simulation, PC

Politik Simulator
16.09.2008, Bodo Naser

Vorschau: Politik Simulator

Kurt Beck ist als SPD-Chef Geschichte, die CSU krebst an der selbstgesteckten 50 Prozent-Hürde herum und Präsidentschaftskandidat Obama hat an seinem Schweinevergleich zu kauen - das politische Parkett erweist sich immer wieder als Rutschpartie. Wer sich dennoch darauf wagen möchte, kann das ab diesen Oktober bei Politik Simulator (ab 22,99€ bei kaufen) tun. Welche Möglichkeiten bietet das hyperkomplexe Spiel den Hobby-Kanzlern?

Wie werde ich nur meine Frau los? Ich spiele den Bundeskanzler einer konservativen Regierung und soll die Ehefrau wechseln. Laut Mission des Politik Simulators muss ich mir eine andere suchen, die nicht von meiner Partei sein soll. Aber

Nach einigem Suchen habe ich das Menü mit meiner Ehefrau gefunden. Nur wie werde ich sie los? Tipps gibt es keine. Vielleicht kann ich ihr was andichten? 
 noch bin ich verheiratet und muss erst mal diese loswerden. Gar nicht so leicht, aber im Regierungsmenü werde ich nach einiger Zeit fündig. Sie sieht ein wenig wie "Mutter Beimer" aus. Per Klick vereinbare ich ein Gespräch, das im Kalender eingetragen wird - ohne Termin geht heutzutage selbst zwischenmenschlich gar nix, gerade in der Politik. Als der Tag gekommen ist, habe ich nur ein paar vorgefertigte Sätze zur Wahl. Ich versuche Zwist zu erzeugen, was mir nicht so recht gelingen will. Eine Schaltfläche für Scheidung gibt es leider nicht; zumindest habe ich sie noch nicht entdeckt.

Poiltikerehe vor dem Aus

Die Popularität meiner Frau ist noch schlechter als meine. Vielleicht sollte ich sie bespitzeln lassen, um mehr über sie herauszufinden. Wo war gleich noch der Geheimdienst? Zumindest leichter zu finden als die eigene Frau. Eigentlich hätte ich noch gedacht, dass ich hier so was machen muss, da das wenig mit Politik zu tun hat - schließlich spiele ich nicht Die Sims 2. Die erste Mission war viel politischer, da man ein neues Umweltgesetz machen musste. Das war schnell gemacht und man bekam seine Punkte dafür, die einen weiterkommen lassen. Aber mit der neuen Ehe fuhrwerke ich ewig rum. Da hilft einem auch keine Spielhilfe weiter, da es sie nicht gibt. Ob es einer merkt, wenn ich meine Frau von einem Spion umbringen lasse? Politische Morde sind möglich. Einen Versuch ist es wert...

Natürlich werden die wenigsten Aufträge bei Politik Simulator mit solchen persönlichen Sachen zu tun haben. Für gewöhnlich sind es schon politische Missionen, wie die Verlängerung eurer Amtszeit als russischer Präsident. Putin lässt grüßen, obwohl

Ihr könnt den Handel im In- und Ausland ankurbeln. Hier könnt ihr Äpfel exportieren, die Bauern produziert haben.
Namen und Personen frei erfunden sind. Nicht nur Deutschland wird spielbar sein, sondern über 200 andere Nationen. Wem die Szenarien zu eng sind, der kann auch im freien Modus ein Land seiner Wahl regieren. Da jedes Land seiner aktuellen demografischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Daten hat, sind es die Probleme unserer Zeit, die ihr bekämpft. Arbeitslosigkeit, Vergreisung oder Einwanderung. Ihr versucht euch an der Lösung der Energiefrage, indem ihr mit Rohstoffen handelt. Ihr handelt diplomatische Verträge aus, tretet Bündnissen bei oder führt wenn nötig sogar Krieg.

Regieren für alle

Wie werdet ihr das machen? Es gibt verschiedene Einflussmöglichkeiten: Ihr könnt eine Gesetzesinitiative starten, über die dann im Parlament abgestimmt wird. Etwa wenn ihr die Verfassung ändern wollt, was je nach Mehrheitsverhältnissen schief laufen kann. Ihr könnt direkt eingreifen, indem ihr eine Order erteilt. Eine solche ist der Einsatz von Streitkräften, wenn es eine Revolte im Land gibt. Oder ihr könnt die Politik übers Budget beeinflussen, indem ihr etwa die Sozialausgaben erhöht. Manches ist gar nicht so recht nutzbar wie das unten durchsausende Laufband, so dass man nicht den Eindruck gewinnt, bei dem in Echtzeit laufenden Spiel alles im Griff zu haben.

Noch ein Beispiel gefällig? Meine Umfragewerte sinken und ich muss was für meine Popularität tun.

Der Afghanistaneinsatz ist unbeliebt. Der Verteidungsminister muss lernen, dass Deutschlands Schicksal nicht am Hindukusch hängt.  
Mein Wert ist unter 45 gesunken, was für einen Regierungschef einfach zu wenig ist, dadas "Klassenziel" Wiederwahl gefährdet ist. Um die Meinung der Leute über mich zu ändern, muss ich einfach eine unpopuläre Entscheidung rückgängig machen. Nur welche? Die Bundesrepublik hat immer noch 3.000 Soldaten in Afghanistan stehen, was die Menschen gar nicht gern sehen. Was interessiert mich die Bündnissolidarität innerhalb der NATO, wenn es um Wählerstimmen geht. Die Soldaten kommen heim und zwar sofort! Eine Anweisung an den Generalstabschef und schon haben wir ein Problem weniger.

Ende des "Hindukusch-Feldzugs"

Allerdings scheint das Militär weniger Gefallen daran zu finden, nicht mehr gebraucht zu werden. Um das zu lösen, könnte man den Wehretat erhöhen, ein paar neue Stützpunkte errichten oder den Stabschef feuern. Leider sind einige Aufgaben viel zu leicht geraten, da sie sich mit einigen Handgriffen leicht lösen lassen. Oft ist das Hauptproblem, in all den Ministerien die richtige Hausnummer zu finden, um dann eine Lösung anzugehen. Inwiefern sie im Spielverlauf noch schwerer werden und ob der dreifache Schwierigkeitsgrad daran etwas ändert, muss die Testversion zeigen.

Der Politik Simulator präsentiert sich nüchtern, wie man es von einem solchen Spiel fast erwartet. Obwohl nüchtern vielleicht

Was ein wenig nach Diercke-Atlas aussieht, ist eine der Statistiken. Die verwendeten Daten sind aktuell.
ein wenig irreführend klingt, zumindest was die Farben angeht, die reichlich aber nicht immer stimmig ins Auge springen. Von Zweckgrafik kann ebenfalls kaum die Rede sein, denn diese erfüllt ihren Zweck nicht immer. Ganz im Gegenteil führt die Überfrachtung mit Schaltflächen, Statistiken und bunten Lichtern zu mehr Unübersichtlichkeit. Das gipfelt darin, dass man Themen, Personen und Ministerien länger sucht, als es eigentlich nötig wäre, wozu such das Spiel immerhin pausieren lässt.

Bunt und unübersichtlich

Trotz zoombarer 3D-Erde wirkt vieles eher billig wie auch die virtuelle Zeitung, die ihr aufblättern könnt, deren Inhalt aber nicht sonderlich lesenwert ist, obwohl neue Ereignisse wie die Vereidigung eines Ministers drinstehen. Seltsam sehen auch die Bildchen der Politiker aus, die selbst ein Dreijähriger besser verfremden könnte. Dennoch ist zu begrüßen, dass die französischen Entwickler auf den kindischen Look mancher Konkurrenzspiele verzichtet haben.

             

Ausblick

Politik Simulator ist zwar schön komplex, wie man das erwartet und wird viele Handlungsmöglichkeiten bieten, aber es ist leider auch völlig überfrachtet. Ich habe noch nie ein Strategiespiel gesehen, bei dem die Aufgaben derart leicht sind aber man sie dennoch nicht schafft, weil man die eine richtige Schaltfläche nicht findet. Die billig wirkenden Menüs sind mit Knöpfen, Schaltflächen, Statistiken und bunten Lämpchen überladen, die keinesfalls für den wohligen Eindruck sorgen, alles im Griff zu haben. Schon eher stellt sich Frust ein, da man angesichts des Wusts aus Infohäppchen irgendwann kapituliert. Das Band mit den wichtigen Informationen etwa ist recht sinnlos, da es unten durchsaust, ohne dass man davon Notiz nimmt. Innovatives sucht man ohnehin vergebens, da es nur das gibt, was andere Spiele auch boten. Auch der 3D-Globus überzeugt trotz mannigfaltiger Einfärbungsmöglichkeiten letztlich nicht, da er viel zu grob aussieht. Bleibt zu hoffen, dass die Macher noch am Erscheinungsbild feilen, den Durchblick verbessern und dass die Herausforderung sich erhöht.

Ersteindruck: befriedigend