Need for Speed: Shift - Vorschau, Rennspiel, 360, PSP, iPhone, PlayStation3, PC

Need for Speed: Shift
11.03.2009, Michael Krosta

Vorschau: Need for Speed: Shift

Shift - das steht nicht nur für den Schaltvorgang im Getriebe eines Autos, sondern bedeutet in der Übersetzung auch so viel wie Veränderung oder Verlagerung. Einen treffenderen Untertitel hätte man bei Electronic Arts für den jüngsten Ableger der Need for Speed-Serie kaum finden können, nachdem es vor allem mit dem letzten Teil "Undercover" rapide bergab ging. Denn in diesem Jahr wagt man auf 360, PS3 und dem PC endlich den längst überfälligen Neuanfang und legt mit frischen Entwicklern den Schwerpunkt wieder mehr auf Simulation. Wir haben bereits erste Proberunden gedreht...

Beim Testen von Need for Speed: Undercover hatte ich meine Hoffnung in EAs Rennspiel-Serie eigentlich verloren! Die unterirdischen Framerate-Probleme auf den beiden großen Konsolen, billig wirkende Filmchen mit quasi nicht vorhandener Handlung

Neben lizenzierten Rennstrecken wie Brands Hatch rast man bei Shift auch durch Großstädte - so z.B. auch London.
und eine leblose sowie unattraktive Stadt voller Pop-Ups markierten für mich den absoluten Tiefpunkt einer Franchise, die mir vor allem in den Neunzigern noch so viel Spaß am Fahren vermittelt hatte. Nach dem letzten Flop hatte ich mir so sehr einen Entwicklerwechsel samt einem neuen Konzept herbei gesehnt - jetzt ist beides da! Zwar springen nicht EAs Burnout-Macher von Criterion ein, doch sind bei Shift Leute am Werk, die bereits beim renommierten Entwicklern SimBin (GTR, Race) Erfahrungen im virtuellen Rasen sammeln konnten, jetzt als Slightly Mad Studios firmieren und ursprünglich aus der Modder-Szene stammen. Da ist es keine große Überraschung, dass man den Fokus von der reinrassigen Arcade-Raserei der letzten Jahre für Shift mehr in die Richtung einer anspruchsvolleren Simulation verlagert. Deshalb dürfte der jüngste Ableger ein Schock für all jene sein, die auch hier wie in den Vorgängern ein Fahren wie auf Schienen erwarten, und dabei mit der gewohnten Vollgas-Mentalität ganz schnell im Kiesbett landen. Die ersten Probefahrten zeigten jedenfalls schon deutlich, dass bei Shift das Gas- und Bremspedal mit sehr viel mehr Gefühl betätigt werden muss, um sich nicht plötzlich mit einem ausbrechenden Heck oder Untersteuern auseinandersetzen zu müssen. Zwar wirkte die Fahrphysik (noch) nicht so realistisch wie bei Hardcore-Simulationen im Stil von GTR oder rFactor, doch wird der neu eingeschlagene Weg weg vom einfachen Arcade-Rasen und hin zum anspruchsvollen Fahren bereits sehr deutlich. Ich finde das klasse, doch die Arcade-Fraktion wird sicher fluchen, aber darf zumindest Fahrhilfen wie ABS und TCS dazu schalten.

Die Hoffnung kehrt zurück

Auch bei der Spielwelt wird man sich umstellen müssen: Genau wie schon bei Pro Street wird es auch bei Shift keine offene Stadt mehr geben - stattdessen heulen auf lizenzierten Pisten wie Brands Hatch oder abgesperrten Stadtkursen wie etwa in London die Motoren mit ihren herrlichen kernigen Klängen auf, an denen Sound-Fetischisten und Subwoofer ihre Freude haben werden. Ingesamt sollen etwa 16 Kurse den Weg ins Spiel finden. Auf direkte Nachfrage, ob auch die Nordschleife des Nürburgrings dazu zählen würde, bekam ich lediglich ein Grinsen und den Hinweis, dass man die traditionsreiche Strecke in der Eifel liebe und auch schon selbst durch die grüne Hölle gebrettert sei, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu dem Thema sagen könne. Wie dem auch sei: Dadurch, dass sich hier alles um das legale Austragen von Rennen

Die detaillierten Nachmodellierungen der Cockpits sind traumhaft!
dreht, werden auch die Hüter des Gesetzes und die damit verbundenen Verfolgungsjagden überflüssig. Das Tuning soll jedoch nach wie vor eine Rolle spielen, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass es in einem ähnlichen Ausmaß betrieben wird wie in den Jahren zuvor. Stattdessen werden wohl die Wageneinstellungen in den Vordergrund rücken, mit denen man seinen fahrbaren Untersatz auf die jeweiligen Streckencharakteristiken abstimmt. Den letzten Schritt in Richtung Simulation will man aber nicht gehen: Nach langen Diskussionen im Team hat man sich gegen die Integration von Reifenverschleiß und Benzinverbrauch entschieden - entsprechend wird es auch keine Boxenstopps während der Rennen geben, in denen man sich mit über zehn KI-Gegnern Positionskämpfe liefert. Diese sollen alle über eine eigene Persönlichkeit verfügen und sich darüber hinaus Kollisionen mit dem Spieler merken. Deshalb sollte man es sich mit den anderen Teilnehmern im Feld nicht verscherzen, da sie nach einer Vorgeschichte gegenüber dem Spieler ebenfalls die Brechstange auspacken und entsprechend aggressiv zu Werke gehen können. Da Shift ein volles Schadensmodell bieten soll, bei dem es nicht nur zu Dellen und Kratzern im Lack kommt, sondern auch die Fahrphysik beeinflusst wird, kann ein Unfall fatal enden. 

Lizenzierte Pisten

    

Während andere Spiele wie Gran Turismo oder Forza Motorsport hauptsächlich das Sammeln möglichst vieler Fahrzeuge in den Mittelpunkt rücken, will man sich bei Shift vor allem auf den Fahrer konzentrieren und wie er das Renngeschehen wahrnimmt. Fährtman z.B. eine gewisse Zeit lang mit hoher Geschwindigkeit, stellt sich irgendwann ein Tunnelblick ein, bei dem in der exzellenten

Nicht das Sammeln von Autos, sondern der Fahrer steht bei Shift im Mittelpunkt.
und herrlich detaillierten Cockpitansicht sogar die Armaturen verschwimmen. Auch die Kräfte, die beim Beschleunigen, Bremsen und Lenken auf den Fahrer einwirken, werden durch entsprechende Kopf- und Körperbewegungen simuliert, indem die Kamera beim Bremsen z.B. ins Bild hinein und beim Beschleunigen heraus zoomt. Selbst wenn man nicht in der Cockpit-Perspektive unterwegs ist, wird versucht, das Gefühl einzufangen, indem die Kopfbewegungen und Unschärfe-Filter auf das HUD übertragen werden. Besonders intensiv werden Unfälle inszeniert: Während es in anderen Spielen höchstens gewaltig scheppert, fühlt man sich hier wirklich in die Rolle des Fahrers versetzt, wenn das Bild beim Einschlag chaotisch wackelt und dabei das heftige Atmen sowie pulsierendes Herzklopfen aus den Lautsprechern tönt. Ich habe bisher noch kein anderes Rennspiel erlebt, in dem Unfälle dermaßen packend dargestellt werden wie hier.

Fokus auf den Fahrer

Nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch wagt man mit Shift einen Neuanfang. Deshalb haben die Slightly Mad Studios in den letzten Jahren eine komplett neue Grafikengine aus dem Boden gestampft, die sich sehen lassen kann. Bereits in der vorgeführten Pre-Alpha-Version hinterließ das Gezeigte mit einer durchweg flüssigen Darstellung, lebendigen Kulissen und herrlich detaillierten Boliden samt gelungenen Echtzeit-Spiegelungen

Die Boliden fahren qualitativ etwa in der gleichen Liga wie GT5 Prologue, verfügen aber im Gegensatz zur Polyphony-Simulation über ein vollwertiges Schadensmodell. 
sowie einer fantastischen Cockpitansicht einen deutlich besseren Eindruck als alles, was man in den letzten Jahren von Need for Speed zu sehen bekam. Damit ist Shift gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht der bisherigen Entwicklers von Black Box, die es zumindest auf der aktuellen Generation nie geschafft haben, eine konstante Framerate auf die Beine zu stellen. Technisch verspricht die neue Engine mit unterstützten Funktionen wie High Dynamik Rendering (HDR), Anti Aliasing, Soft-Shadowing sowie der Handhabung von physikalischen Objekten eine enorme Grafik-Power unter der Haube zu haben. Am besten stellt man sich eine Mischung aus Project Gotham Racing und Race Driver: GRID vor - allerdings mit der wesentlich anspruchsvolleren Fahrphysik eines Race Pro und einem noch intensiveren Fahrgefühl als alle drei zusammen. Großen Wert legt man darauf, dass das Verhalten der PS-starken Flitzern von Porsche, Corvette & Co völlig unabhängig vom Bildaufbau berechnet wird, damit sich beide nicht gegenseitig die vorhandenen Ressourcen streitig machen. Sollte es also wider Erwarten zu Problemen bei der Bildberechnung kommen, bleibt die Fahrphysik davon unberührt - das Gleiche gilt selbstverständlich auch umgekehrt.   

Technik, die begeistert

Ausblick

Nach dem miserablen Undercover hätte ich niemals gedacht, schon ein paar Monate später schreiben zu können, dass der Nachfolger für mich nach einer ersten Präsentation samt Probefahrt mit Vollgas zu den Titeln vorgefahren ist, auf die ich mich in diesem Jahr am meisten freue. Endlich rückt wieder das Fahren in den Mittelpunkt, anstatt Spieler mit billigen Filmchen, den immer gleichen Tuning-Optionen und öden Geschichten zu langweilen. Endlich zeigt man, was technisch möglich ist, anstatt die nächste Ruckel-Orgie und Pop-Ups im Stakkato abzuliefern. Und endlich kehrt der Anspruch für den Fahrer hinter dem Steuer zurück, anstatt weiterhin wie auf Schienen um die Kurven gurken zu müssen. Zum ersten Mal habe ich nach langer Zeit wieder das Gefühl, dass aus Need for Speed wieder ein sehr gutes Rennspiel werden kann! Bedauerlich ist nur, dass man den Weg zur Simulation nicht konsequent gehen will und auf Boxenstopps, Reifenverschleiß und Benzinverbrauch verzichtet, die dem Renngeschehen auch eine zusätzliche taktische Komponente verleihen würden. Trotzdem kann ich es kaum erwarten, bis eine fortgeschrittenere Version bei uns in der Redaktion eintrifft, in der man auch die Spielmodi und Setup-Möglichkeiten genauer unter die Lupe nehmen kann. Dann würde ich vielleicht sogar unseren Fit 4 Hit zücken, den ich jetzt aufgrund der geringen Spielzeit aber noch in meinem Ärmel verstecke...

Ersteindruck: sehr gut