Lost Planet 2 - Vorschau, Action-Adventure, 360, PC, PlayStation3
Schnee von gestern |
Video: Die große Stärke von Lost Planet 2 sind fulminante Bosskämpfe - wie gegen diesen Riesenmulch.Vier Rechner schnurren, vier Mäuse scharren und vier Japaner ballern, springen und klettern, was das Zeug hält - vor fantastischer Kulisse: Ein riesiger sechsbeiniger Mulch mit Schultern hoch wie Häuser zerschmettert mit seinem Schwanz gerade alles, was sich bewegt. Capcom geht gleich in die Vollen und zeigt einen Bosskampf, der grafisch beeindruckt. Auch wenn ich den Schnee vermisse, der ja bekanntlich von gestern ist, muss ich anerkennend nicken: Der Dschungel wirkt unheimlich lebendig, weil sich alles bewegt und vieles durch die Luft schwirrt, der Wind weht das Gras beim Aufprall zur Seite und Staub wirbelt feinkörnig auf.
Das Spiel dürfte in diesem Jahr zur Garde der klassischen Vorzeige-Action gehören, zumal die Technik auf der MT Framework 2.0-Engine beruht, die bereits Resident Evil 5 stemmte - und sie wurde erweitert. Momentan konzentrieren sich die Japaner voll auf die Version für Xbox 360, gespielt wurde aber auf PCs. Und obwohl sich Capcom hinsichtlich der PS3-Fassung entgegen seiner eigenen Strategie, die ja alle Plattformen bedienen will, zurückhält, dürfte die Umsetzung hoffentlich auch nicht all zu lange auf sich warten lassen - allerdings hat sie keine Priorität und Jun Takeuchi wollte sich nicht auf ein klares Ja festlegen lassen.
Explosives Vorspielquartett
Es erinnert ein wenig an Shadow of the Colossus, wenn die schwer bewaffneten Söldner auf dem Monster unterwegs sind, während sich der Mulch weiter bewegt und sein Rücken wie ein Boot auf hoher See schwankt. Und es erinnert ein wenig an Gears of War II, als einer der Söldner tatsächlich die wahnwitzige Idee hat, in das Maul zu springen - okay, beim ersten Versuch wird er zermalmt, aber beim zweiten klappt es. Dort angekommen, wird er in den Rachen gespült, kann sich auf einem Speichelfluss treiben lassen und schließlich Galle und Eingeweide ins Visier nehmen; sieht eklig und faszinierend zugleich aus. Hat man das Monster besiegt, löst sich die Haut blubbernd auf und ein Skelett bleibt zurück - sehr cool.
Näher dran und schneller dabei
Außerdem konnten wir die explosiven Shurikens schon in Aktion sehen: Die kleinen Wurfgeschosse bleiben an der Haut des Feindes haften und gehen dann irgendwann hoch. Eine der neuen Waffen ist neben einem schweren Revolver auch der Flammenwerfer, der in Aktion sengende Hitzeschwaden hinterlässt und das Gras frisst. Auch der Schild kann sich sehen lassen: Einmal in den Boden gerammt, agiert er als stabile Schutzwand. Ansonsten bleibt das Spielprinzip gleich - man ballert sich durch, meistert Bosskämpfe und aktiviert zwischendurch die Sonden, um Energie zu tanken.
Mach deinen Helden!
Offen bleibt, wie sich die Story ohne einen Helden mit Vita entfaltet, denn die soll ja aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden. Jun Takeuchi verriet so viel, dass die sechs Erzählstränge erst im letzten Kapitel zusammen geführt würden, so dass der Plot bis zum Schluss erzählerische Rätsel aufgeben wird - wir sind gespannt. Das Ganze spielt zehn Jahre nach den Ereignissen aus Lost Planet: Eine drastische Erderwärmung hat den Schnee auf dem Planeten E.D.N. III schmelzen und die Vegetation wuchern lassen, zudem hat Terraforming deutliche Spuren in der Landschaft hinterlassen: Üppige Vegetation sorgt jetzt für eine Dschungelkulisse inklusive rauschender Wildwasser und wuchernder Pflanzen. Auch die Bevölkerungszahl ist explosionsartig gestiegen, so dass es erbitterte Kämpfe zwischen den Fraktionen der Schneepiraten um die kostbare Energie gibt.
Neben der Kampagne, die vier Spieler kooperativ bestreiten, können sich bis zu sechzehn im Multiplayer bekämpfen - inklusive weltweiter Ranglisten, Statistiken, Teambildung und Auszeichnungen; außerdem hat Capcom die Benutzeroberfläche so gestaltet, dass sie jetzt einer Communityseite inkl. Newslaufband gleicht. Wenn man "MyPage" betrachtet, denkt man unweigerlich an die Sportspielmenüs von EA. Es fehlen nur noch lizenzierte Soundtracks.
Ausblick
Das kann sich sehen lassen! Lost Planet 2 ist in diesem Jahr Capcoms hochwertiger Grafikjoker. Das Actionspiel wechselt zwar seine markanten Kleider und trägt jetzt Sommer statt Winter, aber auch das steht dem rasanten Kampf aus Schulterperspektive richtig gut. Vor allem die explosiven Bosskämpfe, die taktische Zusammenarbeit verlangen und mehrere Möglichkeiten zum Sieg anbieten, sind das Highlight: Wenn man sich an einem Ungetüm hochzieht und auf seinem Rücken kämpft, weht sogar fast ein Hauch von Shadow of the Colossus. Und ansonsten riecht es stark nach Action, Action und Gears of War, denn ab sofort darf man auch in den Eingeweiden der Riesenmonster wüten. Ansonsten hat man behutsam an der Spielmechanik gefeilt: Kamera tiefer, mehr Waffen, mehr Kletterhakeneinsatz und kleine Zusätze wie die transportablen Schilde dürften das Shootererlebnis ebenso bereichern wie die kooperative Kampagne für vier Spieler. Abzuwarten bleibt, ob Capcom die beiden Schwachpunkte des Vorgängers angeht: Story und künstliche Intelligenz. Ich bin noch skeptisch, ob die totale Personalisierung samt Perspektivwechsel tatsächlich eine Bereicherung ist. Und die Frage, ob die KI überarbeitet wurde, wird erst eine spielbare Fassung beantworten können. Unterm Strich freue ich mich jedenfalls auf den Dschungelausflug der restlichen Schneepiraten!
Ersteindruck: sehr gut