WET - Vorschau, Action-Adventure, 360, PlayStation3

WET
27.07.2009, Benjamin Schmädig

Vorschau: WET

Mit gebrochenen Beinen liegt der asiatische Drahtzieher vor seinem Wagen, Benzin fließt aus dem zerstörten Tank. "Meine Beine tun weh", beschwert sich der Fiesling. Dann kommt er erst so richtig in Fahrt: "You bitch! You fucking bitch!" - nach einem Dutzend solcher Beleidigungen beruhigt sich der Mistkerl endlich wieder. Die Lady im schnittigen Leder-Jackett bleibt ruhig: Rubi hat sich längst sein Feuerzeug geschnappt und lässt die Flamme aufgehen. "Du hättest bei 'Meine Beine tun weh' aufhören sollen." Dann wirft sie das Zippo hinter sich... Nein, WET (ab 17,52€ bei kaufen) ist kein großes Kino - WET ist ganz einfach nur cool!

Eine cineastische Zeitreise in die Ära billiger B-Movies : Sex und Gewalt bestimmten damals den Alltag abgewrackter Leinwände, und das ist heute nicht nur bei Tarantino und Rodriguez wieder in. Es ist auch bei A2M wieder in, die



Billig, trashig, gut

Krisselfilter, verwackeltes Bild, platte Charaktere: Das 70er-Jahre-Revival kann losgehen!zuletzt schon den Abenteurer aller Abenteurer wiederauferstehen ließen. Auf jeden Fall kramen die Kanadier mit WET ganz tief in der Klischeekiste des Grindhouse, um dabei nicht nur Krisselfilter oder verwackelte Bilder aufzuspüren - sondern um vor allem maßlos übertriebene Action zu zelebrieren! Die wiederholt sich zwar schnell und kann in Sachen Technik, Explosionen und Animationen mit modernen Blockbustern nicht ganz mithalten. Das war mir aber egal, so lange ich bei einem Besuch des Creative Directors Patrick Fortier das Gamepad in der Hand halten durfte.

Denn ich  hatte einen Heidenspaß mit der schnittigen Macho-Dame! Die übrigens mehr mit ihrem akrobatischen Können überzeugt als die olle Croft möchtegern-erotische Outfits besitzt. Rubi Malone ist eine Auftragskillerin - viel mehr weiß man nicht, viel mehr muss man nicht wissen. Sie ist eine schnittige junge Dame, die an einer Mischung aus unendlicher Cowboy-Freiheit und lässigem 70er-Jahre-Outfit bis zu vier Bleispritzen spazieren trägt, im Nahkampf mit dem Schwert zulangt und sich das gesamte Spiel über durch drei verschiedene Level-Typen schlägt, um diverse Kopfgelder einzustreichen.

Typ Nummer eins ist das neue "Max Payne trifft Stranglehold trifft unendlich viel Zeitlupe". Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen muss Rubi ihre "Bullet Time" allerdings nicht erst aufladen. Stattdessen wird der Ablauf immer dann verlangsamt, sobald sie den Abzug drückt. Das gilt allerdings nur für Sprünge, während sie auf den Knien rutscht, wenn sie in großer Höhe turnt, kopfüber Leitern runterrutscht oder für andere Kunststückchen; im normalen Lauf richten ihre Schüsse nämlich bedeutend weniger Schaden an. Abgesehen davon zielt Rubi bei aktivierter Zeitlupe mit der zweiten Hand automatisch,

Wenn Rubi rutscht, klettert oder springt, kommt die Killerlady erst in Fahrt.
so dass ich gleich zwei Gegner aufs Korn nehmen kann. Das ist besonders für das Punktesammeln wichtig! Mehr noch: Wenn ich unterschiedliche Stunts abwechslungsreich kombiniere, treibe ich einen Multiplikator in die Höhe. Und von dem hängt in entscheidenden Momenten immerhin das Aufladen der Gesundheit ab! Denn während sich Rubi im Normfall an einer nahrhaften Flasche Whiskey stärkt, wirkt in speziellen Arenen nur ihr Multiplikator als Schmerzmittel.

Rubi kann immer!

Nicht zuletzt werden die Punkte am Ende jedes Abschnitts zusammengerechnet - das Ergebnis darf ich in bessere Waffen und neue Fähigkeiten investieren. So kann Rubi später nicht nur gerade an Wänden hoch laufen, um sich am höchsten Punkt in eine Rückwärtsrolle abzustoßen, sondern denselben Stunt auch direkt auf Gegnern ausführen. Wer einmal einen Gangster im anschließenden Zeitlupensprung erledigt, findet seine Mundwinkel an den Ohrläppchen wieder! Das schnelle Ausschalten der zähen Feinde steht also nicht im Vordergrund; wichtiger ist das geschickte Erkennen von Wänden, Rampen, Kletterhaken oder niedrigen Barrieren, unter denen Rubi hindurch rutschen kann. Besonders in den abgeschlossenen Arenen soll die Akrobatik im Vordergrund stehen - in dem gezeigten Abschnitt spielte sie jedenfalls eine entscheidende Rolle.     

Kurz darauf machte die kurze Demo des Creative Directors einen zeitlichen und spielerischen Sprung. Die stylische Killerlady poltert durch eine Tür, erschießt einen Gegner und hat plötzlich eine Ladung Blut im Gesicht: Rage-Modus heißt der zweite Level-Typ! Die Farben gehen in einen schwarz-roten Comic über, die Akrobatik ist plötzlich egal - jetzt geht es nur noch um die Anzahl der Abschüsse pro Minute. Genauer gesagt schraube ich weiterhin einen Multiplikator in die Höhe, doch diesmal berücksichtigt der Zähler ausschließlich die erledigten Bösewichter. Bin ich zu langsam, zählt er dabei rückwärts; bin ich schnell genug, darf ich im Anschluss erneut Waffen und Fähigkeiten shoppen.

Die Highway-Heroine

Und dann geht es endlich auf den Highway! Ich weiß leider nicht wieso, denn mit Filmszenen geizt die kurze Demo noch, aber plötzlich ist Rubi nicht mehr zu Fuß unterwegs, sondern surft auf Autodächern. Traditionell muss sie sich auch hier noch diverser "Heckenschützen" entledigen, die sich buchstäblich zu weit aus dem Fenster lehnen - etwas neumodischer geht es zwischendurch mit dem rechtzeitigen Drücken der angezeigten

Coolness at its best: Die maßlos überzogene Highway-Action unterstreicht eindrucksvoll den gewollten B-Movie-Charme!
Tasten von einem Autodach zum nächsten. Während ich mich also Fahrzeug für Fahrzeug zu dem anfangs erwähnten asiatischen Drahtzieher vorarbeite, fliegen mir leinwandreif die Karosserien zerdepperter Autowracks um die Ohren. Gegen Ende rennt Rubi sogar an der Seite (!) eines Trucks einem heransegelnden Vehikel davon. Es ist vielleicht nicht die ausgefeilte Choreografie eines Ninja Blade, aber auch der dritte Level-Typ macht einfach höllisch viel Spaß!

Finden diese "Verfolgungsjagden" denn stets auf der Straße statt? Ähnlich abgedrehte Action könnte ich mir z.B. auf einem Flugzeug vorstellen. "Ein Flugzeug? Puh, mal sehen, ob wir das noch ins Spiel quetschen können...", drückt sich Fortier grinsend um eine Antwort, die er nicht geben darf. Er betont aber, dass dem akrobatischen Aneinanderreihen unterschiedlicher Moves spätestens auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad eine spürbar höhere Bedeutung zukommen wird. Dann ist das ständige Aufladen der Gesundheit nämlich das A und O - das so genannte "acrobatic gunplay" soll dann erst so richtig zur Geltung kommen. Nicht zuletzt kann Rubi ihre Fähigkeiten zudem in ihrem Zuhause bei diversen Checkpunkt-Rennen auf die Probe stellen. Der Weg zu ihrem heimischen Flugzeug-Friedhof blieb uns bislang allerdings verschlossen.

Festgefahren?

Als ich mich schließlich noch in einem späteren Level mit sämtlichen Waffen und weiteren Fähigkeiten austoben darf, wird zwar deutlich, dass die spielerischen Möglichkeiten dieses Grindhouse-Revivals recht schnell erschöpft sein dürften. Dass sich die vier Waffen (Pistolen, MG, Schrotflinte) dabei abgesehen von der "Granatwerfer-Armbrust" kaum unterscheiden und dass die Killerlady mit dem Schwert lediglich gewöhnliche Hiebe aus allen möglichen Positionen austeilt, anstatt in Zeitlupe inszenierte Finisher aufs Parkett zu legen, könnte auf Dauer einfach eine Idee zu wenig sein. Auch die Steuerung erschien mir bei dem kurzen Probespiel mitunter hakelig. Aber von mir aus kann WET kommen! Gut, dass Bethesda die Killerlady aus dem Vivendi-Nachlass gefischt hat - Rubi dürfte sehr vielen Actionfans sehr viel Spaß machen!  

Ausblick

WET will ganz hochoffiziell unkomplizierte Action der Alten Schule sein, während es sich ebenso offiziell ohnehin nicht ganz ernst nimmt - und das gelingt dem auf "altes Zelluloid" getrimmten Spektakel ganz hervorragend! So hervorragend, tatsächlich, dass Rubis Bewegungen nicht ganz so grazil wirken, wie es die moderne Technik vorsieht und so hervorragend auch, dass das coole, aber immer gleiche "In Zeitlupe ballern" auf Dauer wohl etwas an Reiz verliert. Sei's drum: Das Aneinanderreihen von Wandläufen, Kopfüber-Leiterklettern, Highway-Stunts, Comic-Action und, und, und darf man sich einfach nicht entgehen lassen! Je häufiger man sich dabei "Wie albern ist das denn!" wundert, umso größer die Freude an dem B-Movie. Die drei Level-Arten könnten für etwas Abwechslung sowie wunderbar überdrehte Höhepunkte sorgen, während Punktejäger ihr Können in Geschicklichkeitstests auf die Probe stellen. WET dürfte ein ausgesprochen vergnügliches Synonym für "Actionreiches Austoben" werden - ich hol' jedenfalls schon mal meine alte Schwarz/Weiß-Röhre aus dem Keller!

Ersteindruck: gut