Call of Duty: Modern Warfare 2 (2009) - Vorschau, Shooter, 360, PC, XboxOne, PlayStation3, PlayStation4

Call of Duty: Modern Warfare 2 (2009)
17.09.2009, Jan Wöbbeking

Vorschau: Call of Duty: Modern Warfare 2 (2009)

Endlich geht's ans Eingemachte: Activision hat eine Meute internationaler Journalisten ins sonnige Hollywood geladen, um den Multiplayer auf der Xbox 360 zu zeigen. Wir haben Probe gezockt und die Entwickler interviewt. Fans des Vorgängers können sich freuen: Mehr Waffen, mehr Ausrüstung, mehr Bonusfähigkeiten und eine ganze Reihe personalisierbarer Kill- und Death-Streaks dürften für noch mehr Schadenfreude im hektischen Kampf sorgen!

Auf dem Event in LA ging es sofort zur Sache: Multiplayer-Action vom Feinsten - hier auf der Karte Favela.
Schon im Vorgänger Call of Duty 4: Modern Warfare war der spannende Multiplayermodus das Herzstück des Titels. Auch diesmal lässt Entwickler Infinity Ward keinen Zweifel daran, dass sie die Messlatte für Online-Shooter wie vor zwei Jahren ein gutes Stück höher legen wollen. Dank seiner Beliebtheit wurde das Grundprinzip kaum angetastet: Immer noch kämpfen zwei Teams auf kleinen bis mittelgroßen Karten in hektischen Matches gegeneinander, erobern diverse Punkte oder versuchen, eine Bombe zu platzieren bzw. das Vorhaben zu unterbinden. Neuerdings gibt es auch den Demolition-Modus, in welchem jedes Mitglied eines Teams eine Bombe platzieren kann und das komplette gegnerische Team den Versuch abwehren muss.

Operation am offenen Herzen

Gezockt wurde an 24 Xbox 360-Konsolen auf drei Karten: Die aus dem Multiplayer-Video bekannte verwinkelte Favela, ein Hochhausdach mit einem Hubschrauberlandeplatz samt zweier gegenüber liegenden Büros sowie ein verhältnismäßig weitläufiger Wüstenschauplatz in Afghanistan mit Sanddünen und hoch gelegenen Bunkern. In den ersten beiden Szenarien gibt es jede Menge kleine Wände und Häuschen, zwischen denen man sich blitzschnelle Scharmützel liefert. Die Karte in Afghanistan dagegen erinnert mit ihren weitläufigen Ebenen und wenig Deckungssicherheit beinahe an ein Schlachtfeld aus Halo.

Wo steckt der Feind? Mit der passenden Ausrüstung kann man jeden Sniper finden!
In manchen Punkten wie der Vielfalt von Waffen und Aufsätzen folgen die Entwickler einfach der Devise höher, schneller, weiter. Doch einige Neuerungen sorgen dafür, dass das Spiel nicht zum reinen Update verkommt, sondern neue taktische Möglichkeiten bietet. Eines davon sind z.B. die Deathstreaks, welche vor allem das Leben des Noobs einfacher machen: Wird man mehr als vier mal nacheinander auf die Bretter geschickt, stibitzt man z.B. seinem letzten Peiniger die Klasse und erlangt so kurzzeitig seine Klasse - inklusive der Waffen und Gimmicks, welche man vielleicht selbst noch gar nicht freigeschaltet hat. Diese Prozedur ist übrigens kein Tauschgeschäft: Der Killer behält seine vor dem Match festgelegte Ausrüstung. Einer der übrigen Deathstreaks ist ein zehn Sekunden andauernder Lebensenergie-Boost, der einen beim Wiedereinstieg einen kleinen Vorteil verschafft.

Mehr Vielfalt, mehr Gemeinheiten

Ähnlich funktionieren die aus dem Vorgänger bekannten Killstreaks: Einfach drei Gegner nacheinander über den Jordan schicken und schon zeigt die UAV-Drohne auf der Minimap an, in welchem Winkel sich die Widersacher verstecken. Erzielt einer von ihnen vier Kills, kann er die Spionage-Aktion aber schnell wieder beenden und mein Radar mit dem "Counter UAV" stören. Für noch mehr erlegte Gegenspieler gibt es z.B. einen Präzisions-Luftschlag, einen Helikopter, dessen Geschütz die andere Mannschaft aus der Luft ärgert. Die Krönung ist das AC130 Gunship, welches nach elf Kills durch die Lüfte fliegt und mit drei Waffen sowie Raketen ablenkenden Flares ausgestattet ist. Selbst ans Steuer darf man im Multiplayer von Modern Warfare 2 zwar nicht, aber man kann das andere Team immerhin gehörig aus der Luft mit Projektilen ärgern.

Die Kriegskulisse wurde hinsichtlich der Feuer- & Explosions-Effekte noch verbessert - allerdings lassen manche Texturen noch zu wünschen übrig.
Besonders interessant sind die Predator Missile und das Care Package: Erstere Rakete saust aus großer Höhe gen Boden und lässt sich direkt mit dem Joystick in feindliches Gebiet lenken. Der gewaltige Todbringer hat häufig beinah meine komplette Mannschaft ausgelöscht. Dank einer Warnung kann man aber kurz vor dem Einschlag die Beine in die Hand nehmen. Ebenfalls heiß begehrt ist das Care Package, welches schon nach vier Kills herbeigerufen werden darf. Diese Neuerung ist wie ein kleines Pokerspiel: Nach dem Zünden einer Rauchgranate schwebt ein Hilfspaket herab. Darin kann sich schlicht Munition befinden, aber auch irgendeine der Killstreak-Belohnungen. Wenn man Glück hat, erwischt man z.B. die AC130 und kann dem anderen Team ordentlich aus der Luft zusetzen.

Der Tod aus der Luft

Doch auch die andere Mannschaft kann mir die Kiste vor der Nase wegschnappen - allerdings brauchen sie ein wenig länger, um das darin enthaltene Extra aufzunehmen. Oder ich benutze das Paket als Köder, verschanze mich an einer hohen Position und schalte einen Gegner nach dem anderen mittels Scharfschützengewehr aus. Wer derlei Zufalls-Faktoren nicht mag, kann in privaten Matches natürlich die Killstreak-Rewards ausschalten. Auf den Ranglisten-Servern sind sie allerdings aktiv. Die beschriebenen Belohnungen sind übrigens nicht von Anfang an verfügbar, sondern müssen, wie beinahe alles im Spiel, freigeschaltet werden. Je nach Vorliebe "kauft" man sich nach und nach die für den eigenen Spielstil sinnvolle Exemplare - bis man sie sich schließlich alle unter den Nagel gerissen hat. Vor dem Kampf werden sie im Klassen-Editor individuell in die freien Slots gepackt - ganz so, wie man auch seinen Kämpfer mit neuen Waffen und Aufsätzen ausstattet.

        

Zu den Neuheiten gehört z.B. ein Wurfmesser, eine Semtex genannte Klebegranate, welche an allen möglichen Gegenständen haftet. Außerdem gibt es jetzt einen verdammt starken Schild, mit welchem man vorzüglich voraus stürmen kann und so die Kugeln vor seinen Kameraden einfängt. Bis auf fette Raketen hält es so gut wie allem stand, was durch die

Das ganze Team von Infinity Ward war vor Ort. Wir konnten uns beim Spielen mit Joel Emslie unterhalten, dem Lead Character Artist.
Luft schwirrt. Der Nachteil daran: Selbst darf man während des Tragens nicht ballern. Da der Schild den Slot der Primärwaffe belegt, muss man erst zum sekundären Exemplar wechseln, bis man jemanden aufs Korn nehmen darf. Das kann je nach Bleispritze ein ganzes Weilchen in Anspruch nehmen. Besonders praktisch wird es übrigens beim Flaggenklau: Während man die Flagge trägt, wird der Schild übrigens auf den Rücken geschnallt und schützt so vor nervigen Verfolgern.

Mit Messer und Klebegranate

Erzielt man damit den letzten Kill des Matches, sollte man ihn ganz besonders stylisch umsetzen - der finale Schuss wird nämlich allen Spielern in einer Zeitlupe lang und breit auf die Nase gebunden. Natürlich werden nach und nach wieder Spezialfähigkeiten - so genannte Perks - freigeschaltet, mit welchen man z.B. schneller läuft. Oder man setzt sich einen taktisch günstigen Spawn-Punkt. Hat man einen idealen Punkt für den Wiedereinstieg gefunden, muss man sich trotzdem zunächst einmal dorthin vorkämpfen. Einfaches Markieren auf einer Karte ist nicht drin - stattdessen wird am Spawn-Punkt ein Gegenstand fallen gelassen.

Auch diverse Embleme und individuelle Titel gibt's zur Belohnung. Und der Spielstil wirkt sich ähnlich wie bei Metal Gear Solid 4 auf das eigene Profil aus: Weil ich recht häufig in der Hocke von Deckung zu Deckung huschte, bekam ich nach dem Match den Titel "Sneaker: Spent most time crouched" verpasst. Es gibt einen ganzen Wust von kleinen Auszeichnungen, welche direkt im Spiel eingeblendet werden. Sie funktionieren ähnlich wie 360-Erfolge - mit dem Unterschied, dass sie keinen Gamerscore einbringen. Außerdem sind sie allesamt geheim. "Die Spieler sollen alles Mögliche und unmögliche ausprobieren, damit andere Spieler vor Neid erblassen uns sagen: Wow - wie ist er nur an das verrückte Emblem gekommen. Wenn man ein Profil unter die Lupe nimmt, erkennt man genau, in welchem Stil der Spieler kämpft. Manche davon werden übrigens auch für Profis richtig knackig schwer." erzählt Lead Character Artist Joel Emslie.

Belohnungen für alle

Noch dieses Jahr wird der Shooter von Infinty Ward auf PC, 360 und PS3 erscheinen.
Er habe einen der unterhaltsamsten Jobs im Team, verrät er. Emslie sorgt zusammen mit acht Kollegen dafür, dass Charaktere und Waffen einerseits realistisch wirken - allerdings nicht übertrieben nah an der Wirklichkeit, damit Spielfluss und Balance erhalten bleiben. Als Teil seiner Arbeit muss er natürlich Feldforschung betreiben und auf dem Schießstand jede Menge Munition verballern. "Auch wenn es dank der momentanen Munitionsknappheit in den USA nicht mehr so viel ist wie früher", sagt er und lacht. Ob wir im strengen Deutschland eine geschnittene Fassung bekommen, konnte er leider nicht beantworten. "Wir konzentrieren uns aber mehr darauf, die Bewegungen realistisch aussehen zu lassen und nicht auf irgendwelche brutalen Gore-Effekte" fügt er hinzu.

An anderen Grafik-Effekten werde aber nicht gespart, erklärt Environment Artist Todd Sue. Um die Kulissen lebendiger zu gestalten, liegt vor allem in der Favela noch mehr Gerümpel herum als früher. Wasserflächen bewegen sich dank scrollender Texturen und auch der Nebel wirkt nun richtig schön fein und dicht. "Außerdem benutzen wir eine Kombination aus einer gewöhnlichen Bumpmap und Reflektionen." Die vermehrten Spiegelungen stechen tatsächlich sofort ins Auge.

Verbesserte Kriegskulisse

Das exklusive Xbox 360-Bundle soll Shooterfans ködern.
Weniger schön ist der Umstand, dass die Texturen immer noch sehr unscharf werden, wenn man nah vor einer Deckung verweilt. "Die Leute haben sich beim Vorgänger oft darüber beschwert, daher sieht man jetzt mehr Strukturen und Details auf Steinen und anderen Objekten", sagt Sue. Viel war davon bei den Probespielen allerdings nicht zu sehen. Auch die unscharfen Bitmaps im fernen Hintergrund wirken wieder unschön. Andererseits liefen alle Matches in konstant flüssigen 60 Bildern pro Sekunde ab. "Wir dekorieren die Levels zunächst mit jeder Menge hübscher Gegenstände. Wenn dadurch die Bildwiederholrate in die Knie geht, wird überlegt, welche Dinge durch andere ausgetauscht werden, die schon im Level vorhanden sind und dadurch keinen zusätzlichen Speicher belegen", berichtet der Designer. "Auch durch das neue Texture Streaming wird eine Menge Grafikspeicher eingespart. Jede Textur existiert in rund sechs Detailstufen. Ist ein Objekt weit entfernt, wird eine ganz Ressourcen schonende Variante geladen. Geht man näher heran, wird zur nächsten übergeblendet."

Mit weiteren Infos zur Einzelspieler-Kampagne sowie dem neuen arcadelastigen Spec-Ops-Modus wollten die Entwickler leider nicht herausrücken. Schade, denn besonders Letzterer könnte äußerst spannend werden. Ein oder zwei Spieler (im Koop über das Netz) versuchen in blitzschnellen Herausforderungen neue Highscores aufzustellen. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, solltet ihr einen Blick auf unseren gamescom-Eindruck werfen.

     

Ausblick

Das Chaos regiert, wenn 24 Journalisten in 25 Sprachen durcheinander brüllen. "What the...He's in the Bunker! Go, go, go! Quest-ce que c'est?? Mince Alors! Mist!" Die ersten Matches auf den drei spielbaren Karten liefen mindestens genauso turbulent ab wie im Vorgänger. Kein Wunder: Die Entwickler haben das grundlegende Konzept des erfolgreichen Shooters nicht angetastet. Eine ganze Menge neuer Upgrade- und Personalisierungs-Möglichkeiten sorgt jedoch für frische taktische Finessen: Lässt man sich auf ein Poker-Spiel mit der Nachschub-Kiste ein, benutzt man sie als Köder für einen Sniper-Ausflug oder geht lieber auf Nummer sicher und wählt vor dem Spiel eine andere Killstreak-Belohnung aus? Es ist natürlich verdammt hart für die Entwickler, diesen Wust an Konstellationen sinnvoll auszubalancieren. Trotzdem: Ich bin zuversichtlich, dass Infinity Ward die Aufgabe auch diesmal vorzüglich stemmen wird. Ich kann es jedenfalls kaum erwarten, weiter zu zocken und meine Klasse ganz nach meinem Gusto einzurichten.

Ersteindruck: sehr gut