Last Rebellion - Vorschau, Rollenspiel, PlayStation3

Last Rebellion
27.01.2010, Mathias Oertel

Vorschau: Last Rebellion

Was bitte ist das denn? "Last Rebellion (ab 11,00€ bei kaufen)"? Wieso ist das auf meinem Schreibtisch gelandet? Das waren die skeptischen Fragen, die mir durch den Kopf schossen, aber durch verhaltene Neugier ersetzt wurden. Denn die Recherche ergab, dass als Publisher Nippon Ichi hinter dem Titel steht. Und die Japaner mit Hang zum Außergewöhnlichen haben seit der Disgaea-Serie bei mir einen Stein im Brett. Welchen Eindruck hinterlassen die ersten Stunden mit der Mischung alter Rollenspiel-Schule und frischer Ansätze?

Die ewige Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse: Mythologie und Religionen sind gefüllt mit Erzählungen dieses Konfliktes. Auch die Videospielewelt wäre ohne diese Schwarz-Weiß-Malerei um einige interessante Geschichten ärmer. Interessant wird es aber vor allem dann, wenn die Klischees aufgebrochen, umgekehrt und am besten durch zahlreiche Grautöne ergänzt werden. Und gerade das kommt in letzter Zeit immer mehr in Mode: Dragon Age Origins nutzt ein neutrales Moralsystem, bei dem die Konsequenz vom Betrachter (bzw. dem Party-Mitglied) abhängt. Und Titel wie Bayonetta oder Darksiders spielen mit überlieferten Mythen und stellen sie auf den Kopf.

Alter Kampf 

Das Kampfsystem mit seinen taktischen Markierungsmöglichkeiten ist eines der Highlights von Last Rebellion.
Dagegen nimmt sich Last Rebellion (LR) sehr zahm, ja geradezu konservativ aus: In einer Fantasywelt namens Junovald gerät das Gleichgewicht zwischen der Göttin des Lebens sowie dem Gott des Todes ins Wanken und sorgt so für eine nahende Apokalypse.

Wie einiges in diesem Rollenspiel alter Schule wirkt die Story sehr herkömmlich. Zwar mit englischer Sprachausgabe ausgestattet (ob es eine komplett deutsche Lokalisierung geben wird, steht noch nicht fest), aber nur über die typischen statischen Bilder mit leichten Anime-Ansätzen erzählt, kommt hier zunächst wenig Atmosphäre auf. Man ist eher gewillt, die in Ansätzen interessante Geschichte wegzuklicken, als die mitunter spröden und animationslosen Standbilder mit Sprachuntermalung zu verfolgen.

Dieser scheinen sich nur die in einer Figur verschmolzenen Helden Aisha (sie folgt der Lebensgöttin) und Nine (Jünger des Todesgottes) entgegen stellen zu können. Und so ziehen sie durch die Lande und bekämpfen dämonische Abkömmlinge im Dutzend.

So kann man z.B. mit dem Einsatz von Aktionspunkten ganz gezielt bestimmte Körperpartien der Gegner angreifen. Noch besser: Findet man eine bestimmte Angriffsreihenfolge heraus, bekommt man nicht nur einen Schadensbonus, sondern die entsprechenden Körperteile bleiben länger markiert.

Neuer Kampf

Das Kampfsystem hingegen macht neugierig: Auf der einen Seite mit typischen rundenbasierten Tugenden, zahlreichen magischen Fähigkeiten sowie vernichtenden Nahangriffen ausgestattet, bietet es auf der anderen Seite einige interessante Variationen.

Zum Abschluss eines Kampfes müssen die Gegner "versiegelt" werden.
Da sich beide Figuren jedoch sowohl Lebens- als auch Magie und vor allem Aktionspunkte teilen, kommt etwas Taktik in die Kampfarenen: Nutzt man jetzt mehr Punkte, um die richtige Trefferreihenfolge herauszubekommen und geht damit das Risiko ein, das bei einem länger dauernden Gefecht irgendwann nicht mehr genügend Markierungen vorhanden sind, so dass dann auch keine Magie mehr wirken kann? Oder geht man eher sparsam damit um, hat dafür aber Nachteile, da die angewandten Zauber auf deutlich weniger gekennzeichnete Stellen treffen und dementsprechend weniger Schaden anrichten?

Diese Markierungen sind jedoch zwingend notwendig, wenn man Magie wirken möchte, da nur durch Nahkampfangriffe gekennzeichnete Stellen auf die Zauber reagieren.

Noch interessanter wäre es allerdings gewesen, wenn zusätzlich zu den Trefferzonen auch Konsequenzen hinsichtlich der Wirkung spürbar wären: Man malträtiert den Arm wie ein Wahnsinniger, aber der Feind nutzt ihn immer noch, als ob nichts geschehen wäre! Das ist schade, der hier viel taktisches Potenzial verschenkt wird.

Weiterhin ist zu beachten, dass das Ableben des Gegners noch lange nicht sein Ende darstellt - wenn man zu lange wartet, wird der Feind wieder belebt. Erst, wenn Aisha die Leichen "versiegelt" hat, verschwinden sie endgültig - und geben sogar noch Lebensenergie zurück. Nine im Gegenzug kann Teile ihrer Seele absorbieren und so Mana regenerieren.

 

Erst vor kurzem habe ich in Final Fantasy XIII reingeschaut und konnte mich an einer glanzvollen Kulisse erfreuen. Daneben nimmt sich LR wie ein PS2-Spiel aus: Die Umgebungstexturen der großräumigen, aber nicht wirklich offenen Abschnitte, sind häufig sehr verwaschen und die Effekte bei Zaubern oder Nahkampfangriffen erreichen nur selten das Niveau, das man von der PlayStation 3 gut drei Jahre nach ihrer Premiere erwarten dürfte.

Alte Kulisse

Das Figurendesign mit einem leichten Comic-Shading wirkt mittlerweile ebenfalls anachronistisch und hinterlässt den Eindruck, als ob die Entwickler von Hitmaker (Crazy Taxi-Serie, Dragoneer's Aria, Blade Dancer/ beide PSP) lieber in der Vergangenheit schwelgen, als mit frischem Artdesign einen Blick in die Zukunft zu wagen.

Die Kulisse ist ähnlich konventionell und spartanisch wie die Zwischensequenzen, die sich trotz passabler Sprachausgabe vergeblich um Atmosphäre bemühen.
Und auch wenn bei einem Rollenspiel die Kulisse durchaus als zweitrangig gesehen werden kann, wird sich LR doch mit Vertreten wie dem angesprochenen FF XIII, aber auch White Knight Chronicles oder betagteren Titeln wie Blue Dragon sowie Star Ocean The Last Hope messen lassen müssen. Und es wird in allen Fällen den Kürzeren ziehen.

Im Gegenzug hat man sich aber einer alt bekannten Variation entledigt, die man mit J-RPGs verbindet: Der Zufallskämpfe. Wie in Final Fantasy XII kann man seine Gegner in den großräumig angelegten, allerdings nicht offenen Gebieten bereits im Vorfeld sehen und sogar versuchen, ihnen auszuweichen - wobei das Wesen auch für eine Gruppe stehen kann.

In einem Fall hat dieses System während der Vorschau-Sessions sogar für enormen Frust gesorgt: Gerade aus einem schweren und lang andauernden Kampf kommend, kam ein Respawn genau neben mir und hat mir nicht einmal den Hauch einer Fluchtmöglichkeit gegeben.

Doch so ganz mag das System nicht überzeugen. Denn während das Ausweichen durchaus Erfolg verspricht, wird der Wegfall der Zufallskämpfe durch wiederkehrende Feinde (so genannte Respawns) stark relativiert.

Ausblick

Die Stärke von Last Rebellion dürfte im Kampfsystem liegen. Einerseits ruft es mit dem Rundenprinzip bekannte Tugenden ab. Andererseits bringt es durch die von den Protagonisten geteilten Lebens- oder Aktionspunkte sowie der Abhängigkeit von magischen Angriffen und Nahkampf-Attacken als "Markierungslieferant" einige interessante Elemente mit, die auch taktisches Vorgehen verlangen. Dennoch scheint es vor allem hinsichtlich des Trefferzonen-Potenzials nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Die Kulisse hingegen dürfte es schwer haben: Die eher an die glorreiche PS2-Ära erinnernde Grafik ist wenig zeitgemäß und könnte sich ebenso zum Fallstrick entwickeln wie das unbalanciert scheinende Wiederbeleben der Gegner, das klassische Zufallskämpfe ersetzt. Denn sowohl die grundsätzlich interessante, aber unspektakulär umgesetzte Geschichte als auch die in der Anfangsphase nur rudimentär stattfindende Charakter-Entwicklung sind nicht in der Lage, in den ersten Stunden richtig gute Akzente zu setzen. Ob dies auch längerfristig zu einem Stolperstein werden könnte, wird die finale Version zeigen.

Ersteindruck:  befriedigend