LittleBigPlanet 2 - Vorschau, Logik & Kreativität, PlayStation3

LittleBigPlanet 2
10.05.2010, Michael Krosta

Vorschau: LittleBigPlanet 2

LittleBigPlanet war ein Traum für Kreative: Mit Hilfe der leistungsfähigen Editoren waren den Vorstellungen kaum Grenzen gesetzt - selbst die Entwickler von Media Molecule waren teilweise baff, welche Ideen die Community beim Levelbau erfolgreich umsetzte. Tatsächlich wurde das Spiel für einige Hobby-Designer das Sprungbrett in die Videospielindustrie - etwa zehn Prozent der Belegschaft von Media Molecule wurden auf diese Weise "rekrutiert", um ihr Talent beim Nachfolger zu entfalten. Mit welchen neuen Ideen will man den grandiosen Vorgänger übertreffen?

Im Gegensatz zu den starken Kreativ-Werkzeugen war die Hintergrundgeschichte des Hüpfabenteuers nicht der große Brüller: Wie die Entwickler auf einer Präsentation in London verrieten, hat man sich beim ersten Teil diesbezüglich kaum Gedanken gemacht und erst kurz vor Release einen Hauch von Handlung zusammengezimmert. In der Fortsetzung soll sich das nicht wiederholen, weshalb man sich von Anfang an auch auf die Story konzentriert hat, die u.a. in voll vertonten Zwischensequenzen erzählt werden soll. Die Reise führt durch sechs große Themengebiete, die auch das Kulissen-Gerüst des Editors bilden: Da wäre zum einen Techno Renaissance, wo die futuristische Welt auf die Vergangenheit trifft. Das Faible für ungewöhnliche Mischungen wird außerdem in Steam & Cake ausgelebt, wo die Steampunk-Kulissen mit sahnigen Törtchen aufgewertet werden. Das Themengebiet Neon Propaganda rückt dagegen vor allem grelle Farben und Plakate in den Mittelpunkt, während

Mehr Story? Wir sind gespannt...
bei Designer Organic die kontrollierte Natur das Bild bestimmt. Last but not least gibt noch die Spielhalle, in der diverse Nachbauten von "Pixel-Klassikern" für Retro-Flair sorgen. Zu Beginn soll das vor allem der Jump'n'Run-Aspekt im Vordergrund stehen, während man das Spieldesign zum Ende hin mehr variieren will.

Mehr Wert auf Story

Auch wenn man mehr Wert auf den Storymodus legen will, wird auch LittleBigPlanet 2 (ab 34,54€ bei kaufen) in erster Linie in einem Bereich glänzen: den Editoren. Wer glaubt, dass man die zahlreichen Möglichkeiten des Vorgängers nicht mehr überbieten kann, wird sich wundern, was man hier alles anstellen darf. Grob zusammengefasst: Statt nur einzelne Level zu bauen, darf man hier komplette Spiele erschaffen - einschließlich selbst erstellter Zwischensequenzen und sogar Dialogzeilen. Anstatt nur auf ein vorgefertigtes Set an Soundeffekten zurückzugreifen, darf man ab sofort auch eigene Geräusche und Sprache aufnehmen. Auch für Komponisten hat man scheinbar noch etwas in petto, was man aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten will. Dafür hat man allerdings schon den Sackbot enthüllt, der quasi eine KI darstellt, die man selbst "programmieren" kann. Das geht bei einfachen Routinen wie "Folge der Spielfigur" los, streckt sich über Patrouillen-Wege und sogar so weit, dass die KI andere Vehikel kontrolliert. Die Größe der Figuren lässt sich außerdem stufenlos regeln, so dass man neben SackBot-Riesen auch Winzlinge erstellen kann. Via Copy & Paste zaubert man zudem ohne großen Aufwand eine ganze

Retro-Klassiker lassen sich problemlos im Editor nachbauen.
KI-Armee auf den Bildschirm. Schwachpunkte sowie Charakteristika (wie etwa die Angst vor Wasser oder Höhen), lassen sich ebenfalls festlegen.

Kreative Freiräume

Mit den neuen Schaltplatinen macht man sich das Leben einfacher: Hier lassen sich komplexe Routinen, z.B. die Funktionsweise eines Taschenrechners, auf einem virtuellen Chip speichern, der fortan in Leveln oder Objekten eingesetzt werden kann. Ähnlich funktioniert das System bei den Vehikeln, bei denen man die Steuerung auf einer Platine speichern kann. Der Benutzer kann also entscheiden, ob man z.B. via Bewegungssensoren oder auf Knopfdruck beschleunigen will - überhaupt steht es völlig frei, wie man die Steuerung belegt. Generell bieten die Platinen, die übrigens mit anderen Benutzern geteilt werden können, enorme Möglichkeiten, komplexe Ideen umzusetzen und dabei als Spielelement kompakt zu halten. Media Molecule kann sich sogar vorstellen, dass sich einige Bastler quasi als Elektro-Ingenieure versuchen und sich auf die Erstellung der Motherboards spezialisieren. Irgendwann könnte es sogar so weit gehen, dass komplett neue Genres aus dem Editor heraus entstehen. Freunde der Retro-Unterhaltung wird es freuen, dass sich problemlos Klone von Klassikern wie Space Invaders oder Shotem Ups im Stil von R-Type erstellen lassen. Diese müssen nicht zwingend als selbstständige Spiele bestehen, sondern können auch nahtlos in die Plattform-Action eingeflochten werden. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. So hat ein Mitarbeiter von Media Molecule einen Command & Conquer-Klon mit den Möglichkeiten des Editors auf die Beine gestellt - selbst Renn- und Rollenspiele sowie Shooter können realisiert werden. Es ist der Wahnsinn, wie viele Möglichkeiten die zahlreichen Werkzeuge bieten!

Platinen-Magie

  

Und was ist mit den etwa 2,3 Millionen Levels, die bereits im ersten Teil erstellt wurden? Muss man jetzt wieder von vorne anfangen? Nein, denn die gute Nachricht für alle fleißigen Levelbauer: LittleBigPlanet 2 wird abwärtskompatibel zum Vorgänger und alle Eigenkreationen sowie die erworbenen Downloadinhalte können problemlos weiterverwendet werden. Und nicht nur das, denn sie sehen auch besser aus! Die verbesserte Grafikengine liefert nicht nur feinere Texturen, sondern legt vor allem bei der Beleuchtung nach, so dass die Kulissen einen Tick plastischer wirken. Inhaltlich ist eigentlich alles beim Alten geblieben: Wie gewohnt bestehen die Level aus verschiedenen Ebenen, zwischen denen man etwas umständlich hin und her wechseln muss.

Der Editor bietet unzählige Möglichkeiten, sich kreativ auszutoben.
Eine sinnvolle Neuerung ist allerdings der Greifhaken, mit denen die Sackboys Spiderman, Bionic Commando & Co Konkurrent machen. Schon beim Anspielen war es amüsant, seine Mitspieler immer wieder festzuhalten und sich gegenseitig durch die Luft zu schleudern.

Abwärtskompatibel

Momentan wird die LittleBigPlanet-Community wöchentlich um etwa 56.000 neue Level bereichert. Wie behält man da den Überblick und was kann man tun, um seine eigenen Kreationen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Genau diesem Problem hat man sich auch bei Media Molecule angenommen und gibt dem Benutzer einige Promotion-Tools zur Hand, mit denen er seine Inhalte quasi bewerben kann. Da wäre zum einen die Webpräsenz lbp.me, auf der jedes User sein eigenes Profil erhält. Dieses beinhaltet u.a. alle selbst erstellten Inhalte - zudem lassen sich mit wenigen Klicks ausgesuchte Level beim Stöbern in eine Art Playlist aufnehmen. Selbst erstellbare Thumbnails der Eigenkreation sollen zudem Lust auf den Inhalt machen. Applikationen für Mobiltelefone sind ebenfalls geplant, zudem sollen sich Links zu den LBP-Inhalten einfach in soziale Netzwerke wie Facebook einbinden lassen. Ähnlich den "Sammelkarten" zu Viva Pinata können auch Strichcodes generiert werden, die man z.B. auf Visitenkarten oder Werbungen drucken lassen kann. Lässt man diese dann vom PlayStation-Eye einscannen und befindet sich gerade im Spiel, gelangt man umgehend zum entsprechenden Level. Zudem wird es innerhalb von LittleBigPlanet 2 die Aktivitätsstreams geben, die zeigen, welche Inhalte bei den Usern gerade hoch im Kurs liegen. Qualität setzt sich irgendwie immer durch.   

Promotion ist alles!

Ausblick

Wow, es ist einfach unglaublich, wie viele Möglichkeiten das Team von Media Molecule den Hobby-Designern in die Hand gibt, um nicht nur eigene Levels, sondern tatsächlich komplett eigene Spiele zu bauen! Aber ich bin nicht nur aufgrund der Masse an Werkzeugen tief beeindruckt von LittleBigPlanet 2: Viel mehr finde ich es bemerkenswert, wie viele Gedanken sich die Entwickler gemacht haben, um das Basteln auf der einen Seite leichter und zugänglicher zu machen, auf der anderen Seite aber noch komplexere Designideen zu ermöglichen. Alleine mit dem Film-Editor werden sich Nachwuchs-Regisseure austoben und mit Sicherheit für viele lustige Clips sorgen, die nicht nur die PS3, sondern auch Youtube bevölkern werden. Das Herz wird ohne Zweifel erneut im Editor liegen, aber trotzdem bin ich gespannt, ob Media Molecule auch für Jump'n'Run-Fan ohne Design-Ambitionen ein Abenteuer mit ansprechender Story basteln wird. Und falls nicht, wird diese Lücke mit Sicherheit von der kreativen Community gefüllt...

Ersteindruck: sehr gut / Fit 4 Hit