Lego Harry Potter: Die Jahre 1-4 - Vorschau, Action-Adventure, 360, NDS, PC, PlayStation3, PSP, Wii

Lego Harry Potter: Die Jahre 1-4
17.05.2010, Paul Kautz

Vorschau: Lego Harry Potter: Die Jahre 1-4

Er kam, sah und blitzte: Harry Potter ist der nächste große Name, der nach Star Wars, Indiana Jones und Batman in Form von klotzartigen Action-Adventures auf die Konsolen dieser Welt losgelassen wird. Bis zur Veröffentlichung des ersten Potter-Abenteuers »Die Jahre 1-4«vergeht noch mehr als ein Monat - genau der richtige Zeitpunkt, ausführlich Hand für einen letzten Vorabeindruck anzulegen.

Video: Das erste Lego Harry Potter-Spiel dreht sich um die ersten vier Jahre - die wichtigsten Szenen aus Buch und Film dürfen gespielt werden.Das Klotzrad wird mit Lego Harry Potter nicht neu erfunden: Wer schon mal etwas Zeit mit Lego Star Wars, Batman oder Indiana Jones verbracht hat, der weiß, was ihn im Reich des Zauberlehrlings erwartet. Nur geht es jetzt thematisch in eine brandneue Richtung, was Auswirkungen auf das Spielprinzip hat: Waren die erste Lego-Teile stark auf die Action fokussiert, wurde dieser Aspekt gerade bei den Indy-Teilen kontinuierlich zugunsten eines erhöhten Rätsel-Anteils abgesenkt. Diese Tendenz findet in Lego Harry Potter (LHP) ihren vorläufigen Höhepunkt, denn gekämpft wird hier so wenig wie möglich - dafür wird umso mehr geknobelt, zusammengesetzt und gesprungen.

Möge der Zauberstab mit dir sein!

Das geht damit los, dass man anfangs, in Lego London, als Harry noch gar nichts machen kann, außer herumzulaufen, Purzelbäume zu schlagen und Leuten zuzuwinken (bzw. im Falle der Slytherines: die Zunge rauszustrecken) - für die harte Arbeit ist zunächst Rauschebart Hagrid zuständig. Das bekannte Lego-Prinzip, nach dem man bestehende Gegenstände kaputt haut und aus den herumliegenden Teilen etwas ganz Neues baut, ist auch hier wieder vorhanden, mit zwei kleinen, aber stylischen Neuerungen: Zum einen profitieren die Klötzchen von einer rudimentäre Physik-Engine, so dass man nicht mehr durch die Steine hindurch läuft, sondern sie zur Seite kullern. Zweitens macht sich ein echter Magier nicht die Hände schmutzig, sondern lässt seine Zauberkraft arbeiten: Hat Harry endlich seinen Zauberstab, kann er selbst drauflos hexen - die Objekte werden dann per Magie zusammengesetzt, ähnlich der Macht in Lego Star Wars.

Im Laufe des Spiels erlernt man acht Zaubersprüche, von Alohomora bis Wingardium Leviosa, zwischen denen man jederzeit über die Schultertasten wechseln darf. Das Erlernen derselben ist aber keine Sache von Reaktionstests oder Multiple Choice-Fragen, sondern immer ein Level, den man zu meistern hat. Der

Neue Zaubersprüche werden durch das Meistern eines speziellen Levels gelernt. Danach darf man sie nach Belieben einsetzen.
neue Spruch ist dann nicht nur im normalen-Zauberer-Alltag nützlich, sondern eröffnet auch ganz im Stil von Metroid neue Bereiche in Hogwarts - das übrigens laut Aussage der Entwickler das bislang größte virtuelle Zauberschloss aller bisherigen HP-Spiele sein soll.

Zauberer und Sammler

Hin und wieder muss man auch selbst aktiv werden, wenn es z.B. darum geht, eine Treppe oder eine Brücke aus vorhandenen Lego-Steinen zusammenzusetzen, ohne dass die Automatik einem dabei unter die Arme greift. Keine Bange, hier wird keiner zur Lektüre von Architekturbüchern gezwungen - die Bauten sind durchweg simpel, das Spiel richtet sich ja in erster Linie an jüngere Potter-Fans. Und idealerweise auch an Pfadfinder, denn es gibt wahnsinnig viel Krimskrams zu finden und zu sammeln: 50 Mitschüler, denen man aus einer Notlage helfen muss, 170 freispielbare Figuren, 24 Wappen pro Schule und 200 teils sehr schwer zu findende Goldklötze dürften die Spielzeit über den Hauptmodus hinaus wie üblich weit strecken. Außerdem darf man alles auch wieder gemeinsam angehen: Ein zweiter Spieler darf jederzeit ein- und aussteigen, entweder lokal (wobei dann der aus Lego Indy 2 bekannte dynamische Splitscreen  in Aktion springt) oder auf 360 und PS3 auch online. Ist man gemeinsam unterwegs, gibt es gelegentlich sogar spezielle Koop-Aufgaben, die nur gemeinsam machbar sind - wer auf all die Harmonie aber keinen Bock hat, kann seinen Kumpel auch ärgern, indem er ihn per Zauberspruch entweder kurzzeitig einfriert oder in einen Frosch verwandelt.

           

Wie von den Lego-Spielen gewohnt ist man nie allein unterwegs - die Spezialfähigkeiten aller Figuren müssen genutzt werden, um weiter zu kommen.
 Wie in den Lego-Spielen üblich, ist man auch in LHP nie allein unterwegs: Anfangs tummelt sich Hagrid an Harrys Seite, später gesellen sich Ron, Hermine, ein Goblins aus der Gringotts-Bank oder sogar Hadrigs Hund Fang dazu. Jede Figur hat Eigenschaften, die sie einzigartig machen - so kann nur Hagrid schwere Ketten ziehen, nur Harry wirklich gut mit dem Flugbesen umgehen, nur der Goblin die Gringotts-Schlösser öffnen. Und Fang? Nun, der kann buddeln und sich tot stellen. Hin und wieder steuert man auch die Haustiere des Trios, wie z.B. Rons Ratte Krätze, die durch enge Schläuche krabbeln und kleine Schalter bedienen muss. Nach und nach gesellen sich immer mehr Figuren in die verfügbare Party, wobei natürlich nicht alle gleichzeitig unterwegs sind - das Programm legt für jeden Level fest, welche Figuren gebraucht werden. Apropos Level: Die Entwickler sind für dieses Spiel einen Schritt nach hinten gegangen und haben sich vom so viel versprechenden »Oberwelt-System« aus Lego Indy 2 verabschiedet. Wie mir Associate Producer Matthew Elison von Telltale in einem Gespräch anvertraute, fiel es auch den Entwicklern schwer, davon loszulassen - aber im Gegensatz zu den an unterschiedlichen Orten spielenden Indy-Abenteuern drehen sich die Harry-Bücher in erster Linie um Hogwarts. Vier Mal das gleiche Schloss zu designen hätte also wenig Sinn ergeben.

Der tanzende Goblin

Das erste LHP-Spiel dreht sich um die ersten vier Jahre, entsprechend sind alle wichtigen Szenen der ersten vier Werke enthalten: Der Kampf gegen den Troll aus dem ersten Buch ist ein langer Level, in dem sich Harry und Ron erstmal zur Mädchentoilette durchpuzzeln müssen (was u.a. einen rosa gewandeten Zauberer sowie eine Mädchen-Perücke beinhaltet), bevor dem Lego-Monster, das die Klos dramatisch zerlegt, der Garaus

Quidditch wird zwar nicht spielbar sein, auf dem Besen findet man sich trotzdem des Öfteren wieder. Je nach gewählter Figur auch mehr oder weniger stabil.
gemacht wird. Aus dem zweiten Teil wartet ein Ausflug in die Vergangenheit von Tom Riddle - stilecht in vergrieselter Schwarz-Weiß-Grafik präsentiert, in der nur Harry Farbe hat. In Hogsmeade darf ein kunterbunter Süßwarenladen besucht werden, gelegentlich geht es auch auf dem Besen in die Luft - allerdings nur für Flugaufgaben, nicht für den Zauberersport Quidditch, der im Spiel nur in Zwischensequenzen vorkommen soll. Das Fliegen gestaltet sich je nach Figur unterschiedlich: Harry ist ein junger Gott auf dem Besen, Ron torkelt ein wenig und fällt immer wieder mal runter - ist aber lange nicht so hoffnungslos wie Hermine, die wie ein Butterbier-Opfer durch die Lüfte schlingert. Aus dem vierten Buch wurde auch ein Unterwasser-Abschnitt eingebaut, in dem man als Harry Schüler aus den Tiefen des Schwarzen Sees befreit. Dieser Level ist aller Dreidimensionalität zum Trotz ein 2D-Abschnitt, in dem man nur an speziellen Stationen die Ebenen wechseln darf - u.a. bekommt man es hier mit den Bildschirm verdunkelnden Riesenkraken zu tun.

Wenn man ein Merkmal der Lego-Spiele von Traveller's Tales picken müsste, an das man sich am liebsten erinnert, dann dürfte das wohl der teilweise wunderbar alberne Humor sein. Litt dieser in Lego Batman etwas an Schluckauf, fand er in den Indy-Teilen wieder zu alter Größe zurück - und dürfte, nach all dem was ich bislang gesehen und gespielt habe, mit einer Extraportion Beklopptheit wieder für sehr breites Grinsen sorgen. Einige meiner Highlights waren bislang der gescheiterte Überfall auf die Gringotts-Bank, die Goblin-Disco, die verfressene Couch, die abfackelbaren Lego-Schneemänner oder die gelangweilt im Schnee herumzappelnden Schüler - freut euch drauf!

     

Ausblick

Das weinende und das lachende Auge liegen bei mir gerade sehr nahe beieinander: Zum einen bedauere ich den Verlust der tollen Lego Indy 2-Oberwelt sehr - das lineare Leveldesign von Harry Potter fühlt sich wie ein Schritt zurück an. Aber okay, ich verstehe ja, dass das Hub-Design in Hogwarts nicht wahnsinnig viel Sinn ergeben hätte. Also weg mit der Träne und her mit dem Zwerchfellmittel, denn beim potterschen Humor ist Traveller's Tales in Hochform: Allein der grandios inszenierte »Überfall« auf die Gringotts-Bank ist ein Garant für wund geschlagene Oberschenkel, knapp gefolgt von der wunderbaren Goblin-Disco. Außerdem finde ich es gut, dass der Fokus dieses Mal so klar auf den Knobeleien liegt - klar gibt es immer noch genug Action, aber in einem Schloss voller Rätsel bieten sich die nun mal eher an als ständiges Zauberstab-Geschwinge. Es ist zwar noch einige Arbeit zu leisten, gerade das fiese Tearing sollte ganz oben auf der »Muss noch weg!«-Liste stehen, außerdem ist die Langzeitqualität nach einer Stunde Anspielen natürlich noch nicht abschätzbar. Aber das, was ich bislang spielen konnte, lässt mich an das Gute im Designer glauben: Man hat die Grundzutaten zwar schon gefühlte tausend Mal durchgekaut, aber es schmeckt hier ganz zauberhaft.

Ersteindruck: gut