Fussball Manager 12 - Vorschau, Sport, PC

Fussball Manager 12
15.07.2011, Mathias Oertel

Vorschau: Fussball Manager 12

Neben der Madden NFL-Serie hat EA noch ein weiteres Sportspiel im Stall, das seit Jahren kontinuierlich gute Leistungen abliefert. Nein, nicht FIFA, sondern der Fussball Manager, der im Kölner Bright Future-Studio entsteht. Zwar spukt immer irgendwo das Update-zum-Vollpreis-Gespenst im Hintergrund, doch bislang konnte das Team um Gerald Köhler diese Klippen weitgehend umschiffen. Gelingt dies auch mit dem neuen Teil der Reihe?

Langsam nimmt das Kribbeln im Bauch wieder zu. Die Vorbereitung der Mannschaften in der Fußball-Bundesliga ist in vollem Gange. Der Spielplan steht, die Anstoßzeiten für die ersten Spieltage sind festgelegt. Es werden Spieler unter Vertrag genommen und abgegeben. Trainer probieren Systeme aus oder legen sich auf eine Stammelf fest, während im Hintergrund Sportdirektion, Management und Marketing an neuen Deals basteln, um eine möglichst positive Bilanz zu erwirtschaften. Und wie jedes Jahr freuen sich viele PC-Spieler nicht nur auf den "echten" Start der Bundesliga. Denn sie wissen, dass sie um den Spätherbst herum mit der neuesten Auflage des Fussball Managers (FM) selbst die Geschicke ihres Lieblingsvereins in die Hand nehmen und Schicksal spielen dürfen.

Alles auf Anfang

Die Management-Serie von EA hat sich in den letzten Jahren eine stattliche Fangemeinde gesichert. Fans, die alle ihre Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen haben, wenn es um die Inhalte der jeweils nächsten Ausgabe geht. Doch die Erfüllung all dessen ist ein zweischneidiges Schwert. Man möchte natürlich seine eigene Vision nicht aufgeben, wohin sich der FM entwickeln soll. Doch die gerechtfertigten Einwände sowie konstruktive Kritik haben natürlich einen hohen Stellenwert. Um die eigenen sowie Fan-Vorstellungen optimal unter einen Hut zu bringen, ohne alles konzeptionell umkrempeln zu müssen und unnötig viel Arbeitszeit zu investieren, hat Bright Future "Dein Feature!" ins Leben gerufen: Hier konnten Fans in ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge für Mechaniken einbringen, über die in insgesamt sieben Community-Abstimmungen entschieden wurde.

"Du bist das Spiel"

Geschafft haben es schließlich z.B. Ansprachen vor einem Spiel (bei der einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenz von Sports Interactive längst integriert), der Laktattest zur Feststellung der Fitness-Werte, eine Überarbeitung der kritischen letzten 24 Stunden des Transferfensters oder die Möglichkeit, sich mit seinem Stadion für ein Europapokal-Endspiel zu bewerben.

Besonders gefallen hat mir in der Präsentation allerdings das Probetraining für Hobby-Spieler: Hier lädt man 100 Amateure ein, die man mit einer Hand voll Übungen aus einem ansprechend großen Pool unter die Lupe nimmt. Nach jeder Übung erhält man Statusberichte über herausragende oder weniger interessante Spieler, während zusätzlich der Pool stetig verkleinert wird, da der Co-Trainer aussortiert. Im Idealfall hat man am Ende einen oder mehrere Fußballer übrig, die man evtl. unter Vertrag nehmen sollte - und sei es auch nur, um in der zweiten Mannschaft weitere Perspektiv-Spieler zur Verfügung zu haben.

Aber natürlich hat man auch der eigene Kreativität freien Lauf gelassen und geschaut, wo man den FM 12 aufbohren und verbessern kann. Und das nicht nur in kosmetischer Hinsicht, obwohl die Menüführung abermals an Übersichtlichkeit gewonnen hat. Natürlich bleibt man gewissen Strukturen treu, die seit Jahr und Tag bei erklärten Gegnern von Fußball Management-Spielen zu der verächtlichen Frage führen, wieso man denn Spaß beim Betrachten von Excel-Tabellen habe.

Vieles neu, alles anders

Sprich: Auch hier gibt es wieder haufenweise Statistiken einzusehen, Werte zu beachten und in Relation zu setzen, damit man ein möglichst schlagkräftiges Team auf den Platz schicken kann. Aber alles ist übersichtlich und auch Neulinge sollten nach kurzer Eingewöhnung keine Probleme mehr haben - zumal ihnen die neue In-Game-"App" als Tutorial bzw. Hinweisgeber auf die Sprünge hilft.

Alten Hasen werden hingegen zahlreiche kleine Änderungen und Verfeinerungen auffallen wie z.B. die neuen Budget-

Die Kaderanalyse soll helfen, die richtigen Entscheidungen auf dem Transfermarkt zu treffen und wird auch von der Computer-Konkurrenz regelmäßig angewendet.
Verhandlungen, die Sponsoren-Pyramide oder auch die Kader-Analyse, die hilft, auf dem Transfermarkt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hier wählt man zwei favorisierte Spielsystem aus (z.B. 4-3-3 und 4-4-2) und das interne Analyse-Teil schaut sich den Kader an, um zu sehen, auf welchen Positionen man gut aufgestellt ist und wo man evtl. noch nachbessern sollte. Auf die Probe gestellt haben wir das System mit der aktuellen Lage des HSV, wobei die Ergebnisse unter dem Strich zwar einen deutlichen Realitätsbezug hatten, aber sich auch noch analytische Lücken offenbarten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass diese Probleme mit den Werten der Datenbank zu tun hatten, die natürlich weiterhin beständig aktualisiert wird.

Sobald hier alles passt, könnte die Kaderanalyse zu einem hoch interessanten Werkzeug werden - zumal uns versichert wurde, dass auch die KI immer wieder in regelmäßigen Abständen diese Analyse durchführt und entsprechend ihr Verhalten auf dem Transfermarkt anpasst.

Große Änderungen wird es auch im Bereich des Vereinsgeländes sowie dem Ausbau desselben geben. Es wird zusätzlich zu drei möglichen Stadien 25 Gebäude mit insgesamt beinahe 300 Ausbaustufen geben, die allerdings auch altern und renoviert werden müssen. Der Aus- bzw. Neubau entfernt sich etwas von realen Werten, so dass im Zweifelsfall nicht mehr Jahre gewartet werden muss, bis ein wichtiges Gebäude errichtet wurde. Da viele der Gebäude voneinander abhängen und jede Ausbaustufe auch Auswirkungen auf die Mannschaft haben kann, kommt dem vernünftigen Ausbau des Geländes eine wichtige Rolle zu – vor allem auch im Hinblick auf die eigene Vereinsgründung.

Im Sinne der Spielbarkeit

Über Kreismenüs lassen sich während der 3D-Matches Informationen einholen und taktische Anweisungen geben.
Desweiteren wird es die "Oldschool"-Fans freuen, dass man sich in zwei Bereichen wieder auf alte Tugenden besinnt: Zum einen kann man beim Training wieder Tagesprogramme erstellen, zum anderen feiert bei der Matchberechnung/-Darstellung der klassische Textmodus sein Comeback. Der wird im Dauerbetrieb allerdings erst noch beweisen müssen, dass er nichts verlernt hat und dem schlankeren, mittlerweile etablierten Ticker die Stirn bieten kann, wenn es um die Gunst der Nachwuchs-Manager geht.

Andererseits besteht dieses Jahr durchaus die Möglichkeit, dass sämtliche "Trockenberechnungen" wie Textmodus, Ticker oder Videotext ein Schattendasein fristen. Denn der 3D-Modus wurde einer Generalüberholung unterzogen, die vor allem die Dynamik und die Spielintelligenz betrifft. Ich kann mich noch gut an letztes Jahr erinnern, als sich dieser Modus als Problemkind erwiesen hat: Die Mannschaft schiebt sich im Mittelfeld den Ball zu, anstatt mal den Versuch zu wagen, in die Spitze zu spielen. Das Rumgedaddel am Mittelkreis, das häufig noch mit einem Rückpass garniert wurde, hat zwar gegen Ende der Saison zur Spielweise des HSV gepasst und damit ungewollt ein halbwegs realistisches Bild abgegeben, doch es hat bei mir dazu geführt, dass ich diesen Modus nur in absoluten Ausnahmefällen genutzt habe. Und dass, obwohl ich die 3D-Ansicht in der Theorie für die konzeptionell interessanteste Form der Matchdarstellung halte.

"In die Spitze"

Dieses Jahr gelobt man starke Verbesserung. Und man scheint Wort halten zu können. Zwar durfte ich den Blick nur auf einen Zusammenschnitt einer Spielsimulation der Partie Borussia Dortmund gegen Bayern sowie ein Live-Freundschaftsspiel zwischen dem HSV und dem FC Barcelona werfen, doch was sich dort zeigte, macht Lust auf mehr.

Sowohl die Animationen als auch vor allem das Verhalten der Kicker haben einen deutlichen Schritt nach vornegemacht. Es wird früher in die Zweikämpfe gegangen, offensive Verteidiger oder Außenstürmer stoßen häufiger an der Linie nach

Der Probetrainingstag ist einer der Punkte, die im Rahmen der Community-Aktion "Dein Feature" ausgewählt wurden.
vorne und überhaupt werden sowohl offensive als auch defensive Situationen deutlich dynamischer dargestellt. Ja: Es macht richtig Spaß, seine Mannschaft im 3D-Modus zu coachen. Natürlich bleiben hier noch einige Fragen offen, die mit einem Anschauungsspiel nicht geklärt werden: Kann die 3D-Engine auch unterschiedliche Spielertypen und deren Interpretation von Positionen wie z.B. dem Spielmacher überzeugend darstellen? Wie ist es mit Standards? Sprich: Schafft es dieser Modus, die Mannschaft mit all ihren Typen zum Leben zu erwecken?

Auch die Nutzung des neuen Kreismenüs, um Spielern oder der Mannschaft taktische Änderungen mit auf den Weg zu geben, muss sich noch im Langzeitbetrieb beweisen. Doch der Ansatz, ohne große Umwege und komplexe Menüstrukturen direkt auf dem Spielfeld Anweisungen geben zu können, ist zweifellos viel versprechend.

Ausblick

Ich konnte mit etwa zweieinhalb Stunden zwar nur einen vergleichsweise kurzen Blick auf den FM 12 werfen und auch nicht selber eingreifen oder mich durch den aufgeräumt wirkenden Statistikwust klicken. Aber dennoch hat mich die diesjährige Auflage verdammt neugierig gemacht, was in erster Linie dem komplett überarbeiteten 3D-Match zuzuschreiben ist. Natürlich freue ich mich über die zahlreichen Änderungen oder Ergänzungen wie das neue Vereinsgelände oder die Kaderanalyse, die ein verdammt starkes und intelligentes Werkzeug zu werden verspricht. Und ich begrüße auch die Rückkehr des klassischen Textmodus. Doch letztlich war es die dreidimensionale Matchdarstellung, die meine Euphorie letztes Jahr immer wieder auf den Boden der Tatsachen geholt und meine Motivation geerdet hat und die in dieser Ausgabe einen richtig guten Eindruck hinterlässt. Das Match wirkt dynamischer, statt virtuellem Gurkenkick mit Ballgeschiebe und Rückpässen gibt es jetzt schnelle, intelligente Spielzüge mit viel Zug zum Tor. Natürlich gibt es noch viele offene Fragen, die erst eine länger spielbare Version beantworten kann. Doch Bright Future ist mit dem FM 12 auf dem richtigen Weg und scheint der hellwachen Konkurrenz aus England Paroli bieten zu können.

Eindruck: sehr gut