Test Drive Ferrari: Racing Legends - Vorschau, Rennspiel, 360, PC, PlayStation3

Test Drive Ferrari: Racing Legends
15.03.2012, Michael Krosta

Vorschau: Test Drive Ferrari: Racing Legends

Die Geschichte von Test Drive erinnert an eine Berg- und Talfahrt: Kultig in den Achtzigern, verloren die Rennspiele nach diversen Entwicklerwechseln immer mehr an Faszination und Qualität - vor allem die Ausflüge in Offroad-Gefilde entpuppten sich als schlechte Idee. Test Drive: Unlimited leistete dagegen Pionierarbeit und begeisterte mit einer offenen Rennwelt, doch der Nachfolger enttäuschte. Beim jüngsten Ableger dreht sich alles um Ferrari, doch wird das Spiel der italienischen Nobelmarke gerecht?

Wer sagt, dass Ferraris immer rot sein müssen?
Es ist schon erstaunlich, wie wenig man im Vorfeld von Test Drive: Ferrari Racing Legends gesehen oder gehört hat. Ein paar Bilder hier, ein paar Infos zu den Strecken dort und ein Promo-Video, von dem man selbst bei der PR gar nicht so genau weiß, wo es überhaupt herkam. Überraschend zudem, dass weder Namco noch die Eden Studios in das Projekt involviert sind und der deutsche Vertrieb von Zubehörspezialist Big Ben übernommen wird, der bisher nicht unbedingt mit qualitativ hochwertigen Spielen in Verbindung gebracht wird. Ein ungutes Gefühl machte sich bei mir breit, dass man hier nur einen bekannten Namen für ein grottiges Produkt missbrauchen möchte. Erst als bekannt wurde, dass die Slightly Mad Studios die Entwicklung in die Hand nehmen, kam die Hoffnung zurück, dass die virtuellen Ferraris doch nicht dazu verdammt sein könnten, in der Schrottpresse landen. Immerhin sorgte das Team schon mit den Shift-Ablegern für frischen Wind in der Need for Speed-Serie…

Aus dem Nichts

Beim ersten Anspielen wird die Verwandtschaft deutlich: Test Drive: Ferrari Racing Legends nutzt die gleiche Grafikengine, die schon die beiden EA-Raser eindrucksvoll angetrieben hat - nur auf den Unschärfefilter bei hohen Geschwindigkeiten wird verzichtet. Ansonsten könnte der Titel aber auch als Shift: Ferrari Edition durchgehen, denn sowohl die Streckenauswahl mit berühmten Pisten wie dem Nürburgring, Mugello oder Spa Francorchamps als auch die aufwändig modellierten Sportwagen inklusive Cockpitansicht stehen dem EA-Aufgebot zusammen mit den kernigen Motorenklängen in nichts nach. Schön zudem, dass einige Kurse sowohl moderne als auch alte Layouts bieten: So bekommt man z.B. noch mal die Gelegenheit, mit Vollgas über die lange Gerade des Hockenheimrings zu preschen oder dem Monza aus dem Jahr 1958 einen Besuch abzustatten. Insgesamt umfasst das Angebot 16 Pisten aus Europa und den USA (siehe Pressemitteilung) sowie einen Fantasiekurs. Rechnet man die Variationen mit ein, steigt die Zahl auf 39.

Zweieiige Zwillinge

Ahhh, ein Klassiker...
Zeit und Wandel stehen auch im Mittelpunkt der Karriere, in der man die Geschichte des Autobauers aus Maranello von den Anfängen 1947 bis zur Gegenwart Revue passieren lässt. Der Fortschritt erfolgt dabei im Absolvieren von Missionen: Neben Standardrennen oder Zeitprüfungen bekommt man u.a. die Aufgabe, sich mit einem kaputten Reifen ins Ziel zu retten oder einen bestimmten Abstand zum Vordermann über mehrere Runden nicht zu unterschreiten. Der Modus verspricht viel Abwechslung - nicht nur was die Missionen angeht, sondern auch den Fuhrpark: So nimmt man zunächst in Oldtimern wie dem 125 S oder 330 P4 Berlinetta Platz, klemmt sich später hinter das Steuer von GT-Größen wie dem F430 und landet sogar in den Cockpits der F1-Boliden - inklusive Michael Schumachers letztem Wagen im Dienste der Scuderia. 52 Ferraris stehen zur Auswahl und werden detailgetreu modelliert - nur beim Schadensmodell scheint man Kompromisse eingehen zu müssen, da die Italiener bekannt dafür sind, ihre Babys nur ungern als Wracks in Spielen zu sehen. Während unseren Testfahrten wirkten sich selbst heftige Unfälle kaum auf die Karosserie und gar nicht auf die Fahrphysik aus.

Traumhafter Fuhrpark

Ausflug nach Monaco gefällig?
Trotzdem verkommen die Fahrten nicht zu einer Arcade-Raserei: Slightly Mad scheint noch mehr Wert auf Realismus zu legen als zuletzt Shift 2, das eigentlich als Konkurrenz für Forza Motorsport und Gran Turismo ins Rennen geschickt wurde, aber in dieser Hinsicht versagte. Auch die Ferrari Racing Legends kommen hinsichtlich der Fahrphysik nicht an die beiden Vorzeigesimulationen auf Konsolen oder gar PC-Größen wie GTR heran, doch ohne Fahrhilfen steuern sich die PS-Biester durchaus anspruchsvoll. Leider wird man das Fahrverhalten wohl nicht detailliert an seine eigenen Wünsche anpassen können, sondern muss auf drei vorgefertigte Fahrmodelle zurückgreifen, in denen Hilfen wie Traktions- und Stabilitätskontrolle, Automatikgetriebe sowie Lenk- und Bremsunterstützung inklusive ABS automatisch festgelegt werden. Anspruchsvolle Fahrer werden dagegen mit einem Pro-Modus bedient.

Schwerpunkt Simulation

Die Boliden aus Maranello werden aufwändig modelliert.
Am Setup darf ebenfalls nicht herumgeschraubt werden - angeblich deshalb, weil man bei Ferrari großen Wert darauf legt, dass die Abstimmung auch in der Realität von Beginn an bei jedem Modell perfekt ausbalanciert wird. Seltsam nur, dass man vor ein paar Jahren auf der PS3 beim artverwandten Ferrari Challenge noch fleißig das Fahrwerk bearbeiten durfte. Schön dagegen, dass der Benzinverbrauch berücksichtigt wird und sich auf das Fahrverhalten auswirken soll. Allerdings hat man weder die Möglichkeit, die Füllmenge manuell zu bestimmen, noch wird es Boxenstopps geben. Schade, denn damit fallen auch Reifenwechsel unter den Tisch - immerhin wird sich der Gummi unter Profieinstellungen zunehmend abnutzen und die Bodenhaftung der Fahrzeugs beeinflussen. Die KI agiert ähnlich wie in Shift und damit eine Spur zu aggressiv, so dass es immer wieder zu unangenehmen Abschüssen kommt. Entgegen dem Trend wird hier übrigens auf eine Rückspulfunktion verzichtet.

Arbeitslose Mechaniker

Ausblick

Entgegen meinen ersten Befürchtungen präsentiert sich Test Drive: Ferrari Racing Legends nach der Probefahrt als richtig gutes Rennenspiel! Es sieht ansehnlich aus, klingt abgesehen von den schwachen Kollisionsgeräuschen fantastisch und fährt sich prima - auch wenn die Klasse eine Gran Turismo oder Forza Motorsport nicht erreicht wird. Dafür verspricht die missionsbasierte Karriere mit ihren abwechslungsreichen Aufgaben mehr Pepp und auch die kleine Zeitreise bei Strecken sowie Autos gefällt mir. Schade nur, dass sowohl Schadensmodell als auch Setup zu kurz kommen und ein Modus wie Autovista fehlt - einige der 52 Ferraris würde ich gerne so intensiv begutachten dürfen wie in Forza Motorsport 4! Immerhin soll es im fertigen Spiel zumindest eine Fülle an Informationen zu jedem Modell geben. Ein großes Fragezeichen steht noch hinter dem Mehrspielermodus, bei dem bis zu acht Piloten gegeneinander antreten. Bleibt es bei Einzelrennen oder dürfen ganze Meisterschaften inklusive Qualifikationsläufen ausgetragen werden? Nur eines steht schon fest: Duelle im Splitscreen werden nicht erlaubt. Test Drive: Ferrari Racing Legends mag nicht die Klasse und den Umfang der großen Rennserien bieten. Aber als nette Alternative für zwischendurch scheint der Titel genug PS mitzubringen, um nicht nur Tifosi zufriedenzustellen.

Ersteindruck: gut