Dragon's Dogma - Vorschau, Rollenspiel, 360, PlayStation3
Die mächtigen Mauern von Gran Soren erinnern aus der Ferne an Crac de Chevalier, die berühmte Burg der Kreuzritter, die im heutigen Syrien noch als Ruine beeindruckt. In Dragon’s Dogma verbirgt sich dahinter eine von vier größeren Städten, die mit ihren Wachen, Händlern und Passanten auf den ersten Blick recht lebendig wirken. Dort bekommt man Aufgaben und Ausrüstung oder streift mit seiner maximal vierköpfigen Gruppe durch eine offene Landschaft, in der man zehn Dungeons erkunden und vom Goblin über die Chimäre bis hin zur Hydra vielen mythischen Kreaturen begegnen kann.
Herz gestohlen, Held geboren
Theoretisch könnte man auch alleine losziehen, aber als „Erweckter“ kann man bis zu drei Vasallen anheuern. Diese Bezeichnung verdient sich der Held im Einstieg, der die plötzliche Rückkehr der Drachen thematisiert: Ein rotes Ungeheuer reißt dem Mann das Herz heraus, verspeist es, verschwindet und der Mensch lebt mit glühendem Loch in der Brust weiter - danach besteht eine Art telepathische Verbindung zwischen ihnen. Und der Held
Auch wenn die Rückkehr der Riesenechsen und die Geburt eines Superhelden die Story nicht gerade dramatisch in Fahrt bringen: Dragon’s Dogma macht durchaus neugierig. Ist man als Erweckter einzigartig? Welche Fähigkeiten bekommt man noch? Was will der Drache eigentlich? Wie bekommt man sein Herz zurück? Und wer regiert in diesem Reich überhaupt? Aber je näher man diesem Abenteuer kommt, desto spröder wirkt es auf den zweiten Blick – nicht in allen, aber in wichtigen Bereichen wie Kulisse, Steuerung, Figurenverhalten, Questqualität sowie Fähigkeitensystem.
Schwache Kulisse
Obwohl man eine weite Sicht genießt, offenbaren sich zu oft grafische Schwächen aus nächster Nähe sowie verschwommene Aussichten in der Distanz. Zwar nutzt das Spiel die hauseigene Engine „MT Framework“, aber die enttäuscht in diesem Abenteuer angesichts der vielen Pop-ups, der bösen Clippingfehler und vor allem niedrig aufgelöster Texturen. Aber all das wäre auf lange Sicht kein Problem, wenn die inneren Werte dagegen halten – schließlich ist das ein Rollenspiel, das dutzende Stunden unterhalten soll.
Hektische Steuerung
Zum einen hat man im Kampfgetümmel nicht die Möglichkeit, einen Feind fest zu fixieren, um sich in einem taktischen Tanz aus Block und Schlag auf ihn zu konzentrieren – gegenüber der situativen Spannung in Dark Souls wirkt das zu oft wie hektisches Gekloppe. Zum anderen kann man einzelnen Gefährten keine direkten Anweisungen im Kampf geben, wie z.B. dort hinten die Stellung zu halten oder den Feind zu umrunden oder eher Distanz zu wahren – lediglich seinem Hauptgefährten darf man allgemeine Verhaltensweisen wie eher unterstützende oder aggressive Aktionen vorschreiben. Es gibt aber abgesehen von „Hier her!“oder „Hilfe!“ nur einen direkten kriegerischen Befehl für die Gruppe im Gefecht: Vorwärts, Angriff!
Automatischer Gefechtsablauf
Das Interessanteste am Kampf ist jedenfalls das Erklettern größerer Kreaturen: Egal ob Zyklop oder Riese – man kann nah ran, um nach ihnen zu greifen und an die Stellen kraxeln, die vielleicht besonders verwundbar sind. Und genau wie in Shadow of the Colossus kann man während dessen mit der Klinge zuschlagen. Hört sich gut an, ist aber alles andere als faszinierend und sieht nur dann ansehnlich aus, wenn man gerade nicht halb im Körper der Kreatur verschwindet oder die Kamera nicht wie wild rotiert. Immerhin ist das eine effektive Methode, um auch einzelne Gliedmaßen abzutrennen – und wenn man mit dem Kopf einer Hydra auf dem Wagen durch das Land zieht, hat das einen gewissen Reiz.
Kämpfe hier, kämpfe da
Schön ist, dass die Gefährten ab und zu ihre Kommentare zur aktuellen Quest oder dem Land als solchem abgeben. Nervig ist, dass manchmal alle drei gleichzeitig Unsinn plappern, nicht selten mitten im Kampf, und bisher eher wie Bots als Charaktere mit Emotionen wirken – wenn sie sterben, kehren sie einfach zurück in ihre Welt und können später wieder angeheuert werden. Warum lehnen sie da nicht mal ab, wenn man sie zu oft verheizt?
Capcom verspricht, dass man das Verhältnis zu ihnen über seine moralischen Taten, spezielle Quests und individuelle Geschenke ausbauen kann. Manchmal würde man sich allerdings schon freuen, wenn man ihnen das automatische Öffnen von Kisten verbieten könnte, denn danach muss man umständlich in ihren Rucksäcken wühlen, falls etwas Relevantes dabei war. Immerhin findet man zig Items, die sich wie Gift und Pfeile kombinieren lassen. Bisher lässt sich noch nicht abschätzen, wie relevant diese Interaktion zwischen Gefährten und mit Gegenständen letztlich ist. Aber das künstliche Figurenverhalten erinnert bisher eher an die Steinzeit des Genres.
Schlagfertige Vasallen im Team
Die beiden anderen Vasallen kann man entweder direkt in der Spielwelt rekrutieren oder über blaue Steine beschwören, die wie ein Portal in eine Vasallen-Kaserne fungieren. Bevor man jemanden anheuert, kann man sich z.B. über seine Klasse und seine Stufe informieren, denn diese Nichtspielercharaktere steigen nicht auf – man wird also gezwungen zu wechseln, wenn man höher stufigen Feinden erfolgreich trotzen will.
Bei der eigenen Charaktererstellung muss man Menschen wählen und hat lediglich die Wahl zwischen den drei Grundklassen Kämpfer, Ranger und Zauberer, die sich später in je drei Unterklassen aufspalten, so dass es letztlich neun Professionen gibt – vom Mystic Knight über den Assassin bis zum Magic Archer. Allerdings kann man deren Werte bei einem Aufstieg nicht individuell anpassen, denn Lebenspunkte, Stärke, Magie und Verteidigung steigen zum einen automatisch an. Und ob jemand zusätzlich Stärke oder
Magere Charaktererstellung
Und dieses System ist natürlich eher etwas für Sammler à la Monster Hunter als für Rollenspieler, die ihren Charakter en detail formen wollen. Aber diese werden sich darüber freuen, dass sich Statur und Geschlecht auf das Spielerlebnis auswirken sollen: Ein Hüne kann mehr tragen und kommt aber mit seiner Masse nicht überall hindurch – ob die Spielwelt dafür genug Situationen anbietet? Und als Frau sorgt man für aggressivere bzw. freundlichere Reaktionen bei Monstern bzw. Bewohnern. Hinzu kommen zig primäre und sekundäre Fähigkeiten sowie Kombinationsmöglichkeiten zwischen Ausrüstung und Waffen. Ob man aus dieser Fülle die nötige Personalisierung schaffen kann? Immerhin kann man nicht einfach alles mitschleppen, denn auch die Traglast hat negative Auswirkungen – schon nach wenigen Stunden ist man damit beschäftigt, das Unnötige auszumisten.
Ausblick
Im Gefecht mit der Gruppe zu hektisch, in der Kulisse teilweise schrecklich schwach, im Figurenverhalten steril bis nervig und hinsichtlich der inneren Rollenspielwerte zu oberflächlich – das sind meine Eindrücke nach den ersten Stunden mit Dragon’s Dogma. Ich mag Fantasy in offener Welt und ich spiele gerne kampflastige Abenteuer, aber hier zeigen sich recht früh klare Schwächen, zudem geht es mir zu sehr um das Sammeln und Ausrüsten à la Monster Hunter. Ob das Abenteuer seine Reize entfaltet, wenn man es länger spielt? Was bringen Crafting, Geschenke sowie die Online-Komponente? Es gibt ja interessante Ansätze wie das Erklettern riesiger Kreaturen, die moralischen Entscheidungen und natürlich all die Fragen, die die Story noch aufwirft. Außerdem habe ich erst eine Stadt und einen Dungeon gesehen. Aber bisher war von epischer Anziehungskraft keine Spur.
Ersteindruck: befriedigend