XCOM: Enemy Unknown - Vorschau, Taktik & Strategie, 360, PlayStation3, Linux, PS_Vita, iPhone, Android, Mac, iPad, PC

XCOM: Enemy Unknown
01.06.2012, Benjamin Schmädig

Vorschau: XCOM: Enemy Unknown

Tage, Nächte, Wochen hat mich dieses Spiel gekostet: UFO: Enemy Unknown. Die erste Episode der X-COM-Serie kam aus dem Nichts und setzte sich als zeitraubendes, nervenzehrendes Ungetüm fest. Ich habe in finsterer Nacht gegen bedrohliche Aliens gekämpft, ich habe Stützpunkte gegen aggressive Eindringlinge verteidigt. Jetzt kehren die Außerirdischen zurück. Haben sie noch den Biss ihrer Vorfahren?

Aus X-COM, wie die als UFO: Enemy Unknown vom Stapel gelaufene Saga später hieß, wird XCOM, ohne Bindestrich. Und sonst? Wie soll aus dem Oldie ein modernes Spiel werden? Welche Elemente behalten die Entwickler bei? Welche modernisieren sie? Mit einem Batzen Vorfreude habe ich mich an die ersten Missionen des Einstiegs gesetzt...

Im Kreis der Familie

Im Kern ist es wie damals: In meinem Stützpunkt heuere ich Soldaten an, verpasse ihnen Rüstung und Waffen, forsche an neuer Technik und drücke irgendwann den Knopf zum Vorspulen. Meist dauert es nicht lange, bis irgendwo auf der Erde ein Angriff gemeldet wird. Dann schicke ich mein Team dorthin und erobere das Gebiet im Rundenkampf zurück - hoffentlich. Denn obwohl vier Schwierigkeitsgrade Taktiker jeden Rangs ansprechen sollen, lacht mich der Senior Game Designer Ananda Gupta zu "Classic" nur an: Viel Glück!

Anders als im Original blicke ich nicht von oben auf meinen Stützpunkt, sondern auf einen Querschnitt meiner Basis. So kann ich ganz modern mein Personal beobachten, während

Warum greifen die Aliens keine Stützpunkte an?

Der Hornbach-Effekt

Senior Game Designer Ananda Gupta erklärt es so: "Das war ein schweres Meeting! Im alten X-COM konnten die Außerirdischen noch angreifen, aber man besaß ja mehrere Basen. Wenn man eine verlor, verlor man also nicht das Spiel - es sei denn, es war die letzte.

Diesmal gibt es aber nur einen Stützpunkt und wir fühlten uns nicht wohl dabei, dass man das Spiel durch einen zufälligen Angriff verlieren konnte - egal, wie gut man sich ansonsten schlug.ich ähnlich wie früher neue Zellen aushebe oder bestehende ausbaue. Ich benötige etwa Forschungslabore, um Materialien zu erforschen, die ich nach einem Einsatz mitbringe. Außerdem muss Ausrüstung selbst herstellen. Laut Ananda Gupta darf ich zudem die Offiziersschule in sieben Schritten ausbauen - nicht stufenweise, sondern je nachdem, welche Mittel ich im Kampf gegen die Außerirdischen bevorzuge. Viel Basisbau konnte ich während des Tutorials noch nicht betreiben. Was ich bisher ausrüsten und forschen dürfte, fühlte sich aber vertraut an.

Einen empfindlichen Einschnitt gibt es dabei: Anders als vor knapp 20 Jahren bin ich auf einen zentralen Stützpunkt beschränkt. Es gibt zwar Außenposten, in denen ich Flugzeuge stationieren sollte, um Ufos abzufangen. Allerdings darf ich diese Außenposten nur nutzen, nicht selbst errichten. Und damit das eine Hauptquartier nicht einem zufälligen Angriff zum Opfer fällt, gibt es keine Angriffe mehr, in denen Aliens die Basis stürmen und erobern können. Schade!

Immerhin kann meine Jägerstaffel nach wie vor unbekannte Flugobjekte abfangen, falls das Radar sie entdeckt - gelingt das Manöver, fliege ich meine Soldaten ins Einsatzgebiet.

Das Zentrum des Verteidigungskampfes: Strategische Entscheidungen werden im Hauptquartier gefällt. Außenposten dienen lediglich als Flugzeugstützpunkte.
Und obwohl die Areale nicht mehr vom Zufall erstellt werden, gibt es laut Ananda Gupta so "viele!" Karten, dass man während einer Kampagne nur etwa die Hälfte davon sehen wird. Wo es damals stets die eine kommende Mission gab, habe ich diesmal zumindest in einigen Fällen die Wahl: Greife ich Nordamerika unter die Arme und erhalte dafür eine Finanzspritze oder helfe ich China im Austausch für eine Handvoll Wissenschaftler?

Auf der Goldwaage

Ich muss gut abwägen, wie wichtig meine eigenen Interessen sind, denn fühlt sich ein Staat vernachlässigt, kürzt er seine finanzielle Unterstützung des XCOM-Projekts. 16 Länder beteiligen sich an dem Unterfangen und sollte die Hälfte aussteigen, gehen dem Projekt die Lichter aus: Game Over. Ich kann also nach wie vor scheitern: "Auf 'Normal' muss man schon mächtiges Missmanagement betreiben, damit das passiert", beschreibt der Senior Game Designer, "Auf 'Classic' reicht schon etwas weniger Missmanagement."

Nach manchen Einsätzen erhalte ich sogar frische Rekruten - und selbstverständlich kann ich auch Frischlinge anheuern. Seltsam, dass ich deren Äußeres und Namen später jederzeit ändern darf. Warum das Zugeständnis an die Glaubwürdigkeit? Weil mich Firaxis

Alte Kreise schließen sich

Die Kraft der Gedanken

Und wie es der Zufall will, ist inzwischen nicht nur die Geschichte der Zivilisationen bei einem Entwickler namens Firaxis untergekommen – auch die Neuauflage der Aliensaga liegt in den Händen des Studios. Kein Wunder: Firaxis wurde von ehemaligen MicroProse-Leuten, darunter Civilization-Vater Sid Meier, gegründet.nicht dazu zwingen will, in einem bestimmten Moment einem Dutzend Neulingen einen Namen zu geben. Vielleicht möchte ich sie ja auf eine oder zwei Missionen schicken, bevor ich mich um die Kleinigkeiten kümmere. Natürlich kann ich die ursprünglichen Namen einfach behalten, dennoch mutet der Kompromiss merkwürdig an. Bedauerlich auch, dass ich meinen Kämpfern keine Medaille an die Brust heften darf - wie oft hatte ich mir gewünscht, den tapferen Retter einer verloren geglaubten Mission für seine Leistung auszuzeichnen!

Dar ehemalige Publisher MicroProse hatte Klassiker wie Formula One Grand Prix, Civilization oder eben UFO: Enemy Unknown im Programm.

Genau wie früher entwickeln sich die Rekruten nach Einsätzen weiter: Sie werden nach und nach stärker, zielen genauer, widerstehen dem Versuch der Gedankenkontrolle. Zusätzlich verdienen sie Beförderungen, etwa durch Abschüsse oder wenn ihr gesamtes Team einen erfolgreichen Einsatz überlebt. Mit jeder Beförderung verleihe ich dem Soldat dabei eine neue Fähigkeit und entwickle so Spezialisten, die z.B. gut mit schweren Waffen gut umgehen können. Erst nach ihrer ersten Mission stellt sich dabei heraus, welcher Klasse die Frischlinge angehören und welche Fähigkeiten sie entsprechend entwickeln können.

Vielleicht finde ich sogar heraus, dass einige meiner Kämpfer großes geistiges Potential besitzen. Solche  Einheiten kann ich, muss ich aber nicht, zu Psi-Kriegern entwickeln, die ganz spezielle Ausrüstung tragen dürfen. Mit der Ghost-Rüstung sind sie etwa unsichtbar,

Psi-Soldaten können als eine Art Elite-Einheit besonders mächtige Ausrüstung nutzen.
mit einem Greifhaken ziehen sie sich an hohe Vorsprünge und mit einem Jet-Pack können sie sogar fliegen. Psi-Soldaten drehen den Spieß außerdem um und bringen Außerirdische unter ihre Kontrolle. Gott sei Dank muss ich meine Männer und Frauen übrigens nicht vor jedem Einsatz neu bestücken: Die Soldaten merken sich die Ausrüstung, die ihnen einmal zugeteilt wurde.

Grundsätzlich geht es in den Missionen natürlich um das Ausschalten aller Feinde. Ich habe meine XCOM-Truppe allerdings auch zu einem Einsatz geflogen, in dem sie einen Gefangenen befreien musste. Ob ich später auch auf mindestens einem anderen Planeten unterwegs sein werde? Das durfte Ananda Gupta nicht verraten. Erfahrungsgemäß steckt hinter einem nonchalanten "Dazu kann ich noch nichts sagen" allerdings meist ein klares "Na, aber hallo!"

Cydonia

Und endlich geht es aufs Schlachtfeld, wo ich meine Kämpfer nacheinander setze. Gerät ein Soldat ins Sichtfeld eines Außerirdischen, reagiert der sofort und nimmt meinen Angreifer unter Beschuss. Weil ich zunächst nicht sehe, wo sich wie viele Feinde verstecken, ist das

Dynamisch aufs Ohr

Eine Runde-Sache

Der Soundtrack soll sich der Situation im Einsatz anpassen und je nach Lage ruhig, bedrohlich oder kämpferisch klingen.umsichtige Vortasten nach wie vor mein zentrales taktisches Mittel. Und wie gehabt gilt: Jeder Schuss kann tödlich sein. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!

Wer Deus Ex gespielt hat, der wird die Ohren spitzen: Human Revolution-Komponist Michael McCann schrieb auch die Musik zu XCOM - Ähnlichkeiten sind unüberhörbar.

Entweder ziehe ich meine Einheiten dabei an eine beliebige Position oder ich lasse sie hinter den markierten Ecken, Kisten, Türen, Fässern, Rohren und mehr in Deckung gehen. Schön, dass Firaxis die freie Bewegung so nahtlos mit dem modernen intuitiven System verbindet. Zumal verschiedene Deckungen unterschiedlich viel Schutz bieten: Als ich mich etwa hinter einem Geländer in weiter Ferne sicher fühlte, steckte mein Soldat plötzlich schwere Treffer ein. Das Deckungssystem ist eine Hilfe - das überlegte Taktieren nimmt es mir nicht ab. Nicht zuletzt spielen Höhenunterschiede bei der Berechnung der Trefferwahrscheinlichkeit eine wichtige Rolle .

Aktionspunkte gibt es nicht mehr. Faktisch existieren sie zwar, werden aber nur indirekt verdeutlicht, da verschiedene Kämpfer unterschiedlich weit vorrücken können. Anders als im Original darf ich die Aktionen der Soldaten aber nicht beliebig kombinieren, so lange

Zum Zuckerschlecken gerät die Rettung der Erde nicht: Zum härtesten Schwierigkeitsgrad meint der Senior Game Designer jedenfalls nur: "Viel Glück!"
ausreichend Punkte vorhanden sind. Stattdessen bewege ich einen Soldaten und führe anschließend eine Aktion aus. Sollte ich gleich zu Beginn eine Aktion ausführen, muss die Einheit anschließend die Stellung halten. Er oder sie kann auch doppelt so weit vorrücken, darf dann aber nicht mehr agieren.

Banges Hoffen

Zu den möglichen Aktionen zählt neben dem Feuern oder dem Werfen von Granaten auch das besonders tiefe Abtauchen in die Deckung. So ist ein Kämpfer besser geschützt, nimmt aber ein eingeschränktes Sichtfeld in Kauf. Außerdem ist es möglich, einen Gegner mit Sperrfeuer an einer Position festzunageln. Sind alle Aktionen getätigt, ist schließlich der Gegner am Zug - hoffentlich steht meine Truppe dann gut genug, um die vorrückenden Aliens aufzuhalten oder zumindest keinen Schaden zu nehmen!

Der bange Blick auf die "verstecke Bewegung" und das Hoffen auf schwaches Zielwasser in den Adern der Feinde sorgt auch diesmal für fesselnde Spannung während des gegnerischen Zugs! Vom Daumendrücken beim entscheidenden Schuss des eigenen, behutsam in Position gebrachten Top-Schützen ganz zu schweigen. Richtig gut gefällt mir auch die Art und Weise, mit der meine Kämpfer in ein besetztes Gebäude eindringen: Entweder stürzen sie durch ein splitterndes Fenster oder sie poltern durch den berstenden Vordereingang. Oder aber ich bewege einen Soldaten neben den Eingang und öffne die Tür dann behutsam und leise. Vielleicht gelingt es mir ja, die Außerirdischen klammheimlich zu überraschen...

Ausblick

Kann es sein, dass Firaxis tatsächlich den taktischen Nervenkitzel in die Moderne trägt? So scheint es jedenfalls. Denn bei allen Neuerungen: In dem Wenigen, das ich bislang spielen durfte, steckt verdammt viel der vertrauten Faszination! Vor allem das Taktieren auf dem Schlachtfeld hat es mir angetan. Natürlich erleichtert das moderne Spiel die Handhabung und vereinfacht Einzelnes. So müssen Aktion und Bewegung in strikter Reihenfolge ausgeführt werden und das Deckungssystem nimmt mir das manuelle Hinknien ab. Im Kern besinnt sich das bedächtige Vorgehen aber auf die große Stärke des Originals: packende Gefechte vor einer klaustrophobischen Kulisse gegen einen scheinbar übermächtigen Feind. Und obwohl ich diesmal nur einen zentralen Stützpunkt verwalte, führt auch der strategische Basisbau das komplexe System aus Forschung und Wettrüsten fort. Wie vielfältig und tiefgründig Taktik und Strategie auf lange Sicht sind, muss gerade dieses Spiel natürlich erst zeigen. Mein erster Eindruck lässt mich aber endlich wieder auf viele verzockte Tage, Nächte und Wochen hoffen!

Ersteindruck: sehr gut