Assassin's Creed 3 - Vorschau, Action-Adventure, 360, XboxOneX, PlayStation3, Switch, Wii_U, PlayStation4Pro, XboxOne, PC, PlayStation4

Assassin's Creed 3
05.10.2012, Mathias Oertel

Vorschau: Assassin's Creed 3

Ein unbekannter Held, ein frischer Schauplatz: Mit Assassin’s Creed 3 wird es einige inhaltliche Änderungen geben. Doch was ist sonst noch neu? Inwieweit baut die neue Meuchelmörder-Episode die Mechanik nur aus, wo setzt man neue Akzente? Wir haben versucht, die Antworten in der Wildnis Amerikas zu finden.

... dass ich einen Blick auf Assassin's Creed 3 (ab 9,99€ bei kaufen) (AC3) geworfen habe. Genauer gesagt, war es eine Präsentation vor etwas mehr als einem halben Jahr. Der Eindruck damals: Viel versprechend, interessant. In den Monaten danach haben sich Benjamin (auf der E3) und Michael (auf der gamescom) des Meuchelmörders angenommen und ihn durch das Amerika zur Zeit der Revolution bzw. die Seeschlachten begleitet. Doch jetzt, ein paar Wochen vor Release konnte ich gespannt die PS3-Version in Augenschein nehmen und mit dem neuen Helden Connor die Landschaft erkunden.

Lange ist's her...

Ich wurde mit dem Start von Sequenz 6 in das wilde Amerika entlassen. Wieso ausgerechnet diese Sequenz? Weil diese offensichtlich einen Schlüsselmoment darstellt und man ab diesem Moment nicht nur über ein Herrenhaus als Refugium verfügt, das ausgebaut, bevölkert sowie aufgerüstet werden kann. Sondern vor allem, weil sich die Welt mit diesem Kapitel komplett öffnet. Und in diesem Fall meint Ubi es ernst. Die bisherigen Meuchelmörder-Abenteuer waren zwar großräumig angelegt, doch innerhalb der Sequenz war man dennoch vergleichsweise beschränkt - erst spät konnte man wirklich so herumstreunen, wie es einem beliebt.

Man kann viel im zur Erforschung einladenden Grenzland entdecken.
Gleich zu Beginn werde ich mit einer Storymission konfrontiert, bei der ich Jagd auf Wilderer machen muss - und dabei gleich eine kleine Einführung in meine Waffenfähigkeiten wie z.B. der Nutzung des neuen "Seilpfeils" bekomme. Gesagt, getan: Erledigt, abgehakt. Denn viel interessanter war für mich die Option, mich vollkommen frei ohne Storyzwänge zu bewegen. Ich kann mich nach eigenem Gusto ins Grenzland begeben und  dies erforschen. Ich könnte auch nach Boston gehen, mich dort umschauen oder die ansässigen Rotröcke bekämpfen. Ich könnte mich auch an Seeschlachten versuchen und so ganz nebenbei die Boston Tea Party mit initiieren. Da ich noch viel Zeit hatte, dachte ich mir, dass ich klein anfange und mir erst einmal das Grenzland anschaue. Dank des komfortablen Teleports, der über die Karte erfolgt, war dies kein Problem.

Geh wohin du willst

Am Zielpunkt angekommen, durfte ich zuerst die Aufbruchstimmung in mich aufsaugen. Wälder, Flüsse, kleine Seen, kleine Gebirgszüge im Hintergrund, dort ein Leuchtturm: Man kann viel entdecken, wenn man sich Zeit lässt. Ich habe sogar den berühmten Waldläufer Daniel Boone getroffen, eine der zahlreichen historisch verbürgten Figuren, über die man im Laufe des Abenteuers stolpert, mit denen man agieren und für sie Nebenaufträge erledigen kann. Bei einigen kann es sogar passieren, dass sie einem irgendwann im Herrenhaus bzw. dem dazugehörigen Land begegnen und fortan in der einen oder anderen Form unterstützen, sei es nun durch Waren, Rohstoffe oder sonstige Dienstleistungen. Das fühlt sich wie eine durchdachtere Variante des Wirtschaftssystems an, mit dem sich der Vorgänger-Assassine Ezio beschäftigen musste. Allerdings bleibt noch offen, ob die Auswirkungen sich letztlich wieder "nur" auf das Freischalten neuer Ausrüstung beschränken.

Das Klettern setzt weiterhin auf zahlreiche Automatismen.
Doch zurück ins Grenzland. Ein kurzer Sprint, der im Erklimmen von Bäumen und dem behänden Hüpfen oder Hangeln von Ast zu Ast endete, beantwortete eine der Fragen, die ich mit der Spielesession beantworten wollte: Hat Ubisoft das Klettern anspruchsvoller gemacht? Klare Antwort: Nein! Connor gleitet quasi mühelos durch die Botanik (es sei denn, er kommt an einen Punkt, von dem aus er nicht weiter klettern kann) und springt leichtfüßiger durch die Baumkronen als ein Weißhand-Gibbon. Einerseits fühlt man sich dadurch als Veteran, der bereits mit Altair und Ezio Hunderte von Häusern erklettert hat, wie zu Hause. Man muss sich nicht umgewöhnen, der Spielfluss ist gewohnt gut und die neuen Animationen sind zweifelsohne sehenswert. Andererseits habe ich mir offensichtlich wieder einmal vergeblich die Hoffnung gemacht, dass mit einem neuen Szenario und einem neuen Helden vielleicht noch der eine oder andere alte mechanische Zopf abgeschnitten oder zumindest neu geflochten wird. Denn immerhin hat Ubisoft selbst mit I Am Alive bewiesen, dass Klettern auch anspruchsvoller vonstattengehen kann.

Gefahr und Idylle liegen eng beinander

Doch letztlich währte diese Enttäuschung nur kurz. Ob dies jetzt durch die vereinfachte Klettermechanik begünstigt wurde oder nicht, kann ich noch nicht genau sagen – in jedem Fall habe ich mich schnell im Grenzland verloren. Dort habe ich Spuren eines Bären gefunden, den ich wenig später auch beim Lachsangeln beobachten konnte. Dort ästen ein Hirsch und seine Kuh, kurz bevor eine kleine Gruppe Wölfe sie aufschreckte; alles sehr idyllisch.

Mit dem Bogen ist der zu erwartende Schaden bei erbeuteten Tierfellen geringer als bei der Jagd mit dem Messer.
Doch diese Idylle wurde sehr schnell gefährlich: Spätestens in dem Moment, als ich herausfinden wollte, wie Isegrim nach erfolgreicher Jagd auf menschlichen Kontakt reagiert, ist mir meine Neugier fast zum Verhängnis geworden. Denn auf einmal griff die kleine Jagdgruppe des Wolfsrudels mich an. Ich musste mich in kurzen Reaktionstests meiner Haut erwehren und habe dies angesichts des kurzen Zeitfensters, das mir zur Verfügung stand, im ersten Versuch nicht geschafft. Aber es hatte auch etwas Positives: Als ich das nächste Mal in eine Wolfsrotte stolperte und gegen sie kämpfen musste, konnte ich danach zur Belohnung ein paar ruinierte Felle an mich nehmen. Was man später mit seiner Beute machen kann (der Beschädigungsgrad wird von der Waffe abhängen, die man verwendet), werde ich allerdings erst im Test beantworten können. Ein ähnliches Erlebnis  widerfuhr mir übrigens auch mit einem Bären - ob dies jetzt der gleiche Meister Petz war, den ich beim Lachsfischen gesehen habe, kann ich nicht sagen.

Den größten Schockmoment erlebte ich jedoch nicht, als ich nichtsahnend durch ein Gebüsch huschte und sich besagter Bär vor mir brüllend aufbaute. Als ich auf die Uhr blickte, war bereits ein großer Teil meiner möglichen Spielzeit verstrichen. Das kann doch nicht sein... War es aber. Ich habe mich tatsächlich in der Welt von Connor verloren. Sicher, die eine oder andere Mission war auch dabei, doch die meiste Zeit habe ich tatsächlich mit dem Erforschen der Umgebung verbracht. Daher zweifle ich die Entwickleraussage nicht an, dass man insgesamt gut 40 Stunden im revolutionären Amerika verbringen kann, wobei nur etwa die Hälfte auf die Story ausfallen soll.

So viel zu tun

Diese stellt ohnehin noch das größte Fragezeichen. Wie wird Connor eingeführt? Und vor allem: Wie wird er mit Desmond in der Realität in Verbindung gebracht? Ubisoft macht ähnlich wie bei AC1 ein großes Geheimnis aus der Geschichte. Doch letztlich wird sie es wieder einmal sein, die das Zünglein an der Award-Waage ausmachen dürfte. Denn so interessant sich die das neue Szenario anlässt und so sehr ich mich auch in der Wildnis unterhalten gefühlt habe, so klassisch bleibt auch Connor den Wurzeln der Serie erhalten - was sich nicht nur im Klettern äußert. Denn den Rest der verbliebenen Zeit habe ich in Boston verbracht, wo ich die britischen Soldaten wiederholt herausgefordert hatte, um ihr

Wenn man sich in der Wildnis herumtreibt, kann man auch über Situationen wie diese stolpern.
Verhalten im Kampf und bei der Suche zu studieren - beides Punkte, die in den Vorgängern nicht immer optimal gelöst wurden. Doch auch hier scheint Ubisoft einen Schritt nach vorne gemacht zu haben, der Kampf z.B. wirkt fordernder. Ob dies an den Schusswaffen liegt, die nahezu jeder menschliche Gegner mit sich herumträgt und die eine andere Bedrohung darstellen als Schwert oder Armbrust der Renaissance (und somit eine andere Herangehensweise erfordern) oder daran, dass ich feinmotorisch noch zu sehr in den Mechaniken des Vorgängers verhaftet war, kann ich an dieser Stelle nicht sagen. In jedem Fall hatte ich mehr Schwierigkeiten, die mich auch über einen längeren Zeitraum clever verfolgenden Rotröcke vom Leib zu halten-  erst die Flucht aus der Stadt hat mir eine Atempause verschafft. Allerdings muss Connors Abenteuer noch beweisen, dass die Auseinandersetzungen auch nach längerem Spiel nicht zur Routine werden.

Über die Möglichkeit, Gefechte an Bord eines schmucken Seglers durchführen zu können, hat Kollege Michael bereits während der gamescom berichtet. Intensität und visuelle Umsetzung der Dramatik, wenn rechts und links von einem Kanonenkugeln einschlagen und die Gischt einem beinahe spürbar ins Gesicht weht, können sich sehen lassen - zumindest ausgehend von der kleinen Sequenz, die ich kurz vor Ende der Spielschicht zu Gesicht bekam. Allerdings müssen diese Schlachten trotz eindrucksvoller Inszenierung noch beweisen, dass sie auch mittelfristig als gelungene Ergänzung der Assassin’s Creed-Welt bestehen können.

Seekampf und andere Kleinigkeiten

Die Kulisse kann sich sehen lassen, hat aber hinsichtlich Bildrate und Sichtweite (noch) zu kämpfen.
Dass der Ausflug ins wilde Amerika mit der hauseigenen Anvil 2.0-Engine gebastelt wurde und dementsprechend unter dem Strich einen klar besseren Eindruck hinterlässt, überrascht nicht. Die Details in den Städten und der Landschaft sind beachtlich - auch wenn die epische Weite eines Red Dead Redemption nicht erreicht wird. Im Gegenzug punktet AC3 mit seinen Kletterausflügen, die das Spielgeschehen wie gehabt in die Vertikale verlagern und dabei die von der Serie bekannten Schwindelgefühle hervorrufen.

Überraschend ist allerdings, dass die Weitsicht in der zur Verfügung stehenden PS3-Version nicht ganz die Standards erreicht, die man von der Reihe kennt. Texturen ploppen früher als gewöhnlich ins Bild, die Bildrate schrammt auch immer wieder knapp ins Grenzwertige. Besonders enttäuscht bin ich allerdings von den Gesichtern. Hatte ich in einer frühen Präsentation noch den Eindruck, dass die Mimik mühelos mit Titeln wie Uncharted oder Mass Effect mithalten könnte, bin ich mittlerweile ernüchtert. Ja: Sie ist besser als in jedem anderen Assassin’s Creed. Dennoch wirken die Gesichter auf mich immer noch zu ölig, zu teigig und in der letzten Instanz zu hölzern, als dass sie eine wichtige Rolle in der Eliteliga der genannten Spiele einnehmen zu können. Zudem wirkte bei den Seeschlachten die WiiU-Version insgesamt einen Tick hübscher als die PS3-Variante, an der ich mich vorrangig versucht habe. Doch dies sind alles Punkte, die im Test und seiner eingehenden Analyse der unterschiedlichen Versionen besser aufgehoben sind als hier.

Ausblick

Einige Fragen, die mich im Hinblick auf Assassin's Creed 3 beschäftigten, wurden bei meinem Ausflug nach Boston und in das amerikanische Grenzland beantwortet - größtenteils positiv. Die Ausnahme dabei markiert wieder einmal das Klettern auf Schienen, an dem Ubisoft auch einige Monate nach I Am Alive immer noch festhält und nach wie vor keine anspruchsvollere Alternative anbietet. Dabei darf natürlich nicht unterschlagen werden, dass diese Art der unterstützen Fortbewegung den bekannten Spielfluss unterstützt. Die Kämpfe gestalten sich variantenreicher als bislang und wirken nicht nur bedingt durch die neuen Waffen, die sowohl Gegnern als auch Connor zur Verfügung stehen, anspruchsvoller. Die Zeiten, in denen man eine Übermacht nahezu mühelos überwältigen kann, scheinen vorbei zu sein. Was mich aber in der vorliegenden Version besonders positiv überraschte, war die Freiheit, die man ab einem Punkt zu genießen scheint. Fernab der Story-Missionen habe ich mich in der Wildnis verloren, die Gegend erforscht, die Natur beobachtet und die Atmosphäre genossen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob all die Nebenaufgaben und Figuren, die man hier antrifft und die nicht direkt mit der Hauptgeschichte zu tun haben, mehr als die üblichen "Open-World-Statisten" sind. Natürlich wird die Qualität der Story sowohl in der Vergangenheit (Connor) als auch in der Gegenwart (Desmond) ein gewichtiges Wort mitreden, vielleicht sogar über den Award entscheiden. Ganz zu schweigen von der Kulisse, die in der angespielten PS3-Version einen zwiespältigen Eindruck hinterließ: Stimmungsvoll? Ja! Detailliert? Durchaus! Aufwändiger als im Italien der Renaissance? Selbstverständlich! Aber hinsichtlich der Mimik wirkten die Figuren häufig wächsern und die Sichtweite erreichte nicht immer die Messlatte, die von den bisherigen Serienablegern gesetzt wurde. Dennoch: Ich freue mich auf Assassin's Creed 3!

Eindruck: gut!