Beyond: Two Souls - Vorschau, Adventure, PlayStation4, PlayStation3, PC

Beyond: Two Souls
14.06.2013, Mathias Oertel

Vorschau: Beyond: Two Souls

Titel von Quantic Dream sind traditionell schwer auf einer kurzlebigen Messe wie der E3 einzuschätzen. Erzählerische Zusammenhänge fehlen, Charakteraufbau. Spannungsbögen und Auswirkungen von Entscheidungen sucht man in den herausgerissen wirkenden Szenen ebenfalls vergebens. Doch genau dies sind die Elemente, die z.B. aus einem Heavy Rain ein Erlebnis machen. Abgesehen davon hat man auf der lauten Messe nur selten ruhige Momente, die für ein Spiel dieser Art eigentlich nötig sind.

Auch die E3-Demo von Beyond: Two Souls (ab 6,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) lässt sich ohne erzählerische Grundlagen nur hinsichtlich Technik, Mechanik und den emotionalen Grundlagen beurteilen. Wieso istJodie in Somalia in den Bürgerkrieg verwickelt? Wieso ist der kleine bewaffnete Junge Salim an ihrer Seite? Wo hat sie ihn kennen gelernt? Wieso muss sie unbedingt zu dem Turm der Moschee? Und warum will die geisterhafte Seele Aiden den Anführer der örtlichen Rebellen tot sehen? Dies sind alles Fragen, die maximal rudimentär innerhalb der etwa 20 bis 30 Minuten langen Szene beantwortet werden. Dafür jedoch gab es mehr als zufrieden stellende Rückschlüsse auf die Mechanik. Wie in David Cages letztem Titel Heavy Rain setzt Beyond auf freie Bewegung durch die Abschnitte, bis eine Sequenz getriggert wird, in der man nur mit bestimmten Tastenkombinationen oder Reaktionstests (Quick Time

Die Geschichte führt u.a. in den Bürgerkrieg nach Somalia.
Events) weiter kommt.

Die Inszenierung steht wieder im Vordergrund. Den Emotionen, die die Schauspieler im Spieler/Zuschauer auslösen sollen, wird alles untergeordnet. Eine große Rolle spielt dabei auch der Wechsel in die Aiden-Seele, mit der man in einem bestimmten Umkreis von Jodie frei umherschweben und entweder die Umgebung oder Personen manipulieren kann. Allerdings legt das Spiel fest, an welchen Stellen man mit Aiden z.B. Türen durch die Seelenkraft (eine weitere Frage: woher rührt diese Fähigkeit?) aufsprengt oder Mauern zum Einsturz bringt, hinter denen Gegner kauern und mit Sperrfeuer verhindern, dass Jodie die nächste Deckung erreichen kann. Bei den Interaktionsmöglichkeiten, die einem direkt mit Menschen zur Verfügung stehen, wird ebenfalls alles der intensiven Inszenierung untergeordnet. Man kann z.B. die Gegner durch Geisteskraft schonungslos strangulieren oder sogar in ihre Haut schlüpfen und sie für eigene Zwecke missbrauchen. Doch wen man sich schnappen kann und was man schließlich mit ihnen macht, bleibt vorbestimmt. Zudem kann man auch nicht immer frei zwischen Aiden und Jodie wechseln, sondern wird hier ebenfalls von der Dramaturgie als Regisseur geleitet.

Die Kulisse ist exzellent, die Emotionen der virtuellen Darsteller wirken authentisch.
Abgesehen von etwas mehr Freiheit bzw. einer gestiegenem Aufmerksamkeits-Anforderung, wenn man in bestimmten Actionszenen nicht genau gesagt bekommt, was zu tun ist, sondern statt dessen die verlangsamte Bewegung Jodies studieren muss, um sie entsprechend mit dem Stick fortzuführen, bleibt Cage den Prinzipien treu, die er in Heavy Rain eingeführt hat: Einfache Reaktionstests, deren Ergebnis sofort dargestellt wird. Doch die Art der Darstellung zieht einen wie bei dem stimmungsvollen Drama in ihren Bann. Abgesehen von gelegentlich auftretendem Texturploppen ist die Kulisse fantastisch. Die glaubhaft realistisch wirkende Szenerie wird optimal von der Kamera eingefangen und dank der grandiosen Schauspieler, deren virtuelle Gegenstücke nochmals besser als in Heavy Rain aussehen, ist die Illusion fast perfekt, hier einen interaktiven Kino-Thriller zu spielen.

Mich zumindest hat Ellen Page komplett überzeugt. Ihre Darstellung von Jodie hat mich in dieser einen Szene durch ein Wechselbad der Gefühle gelotst. Ich fühlte mit ihr, wenn sie den in Kriegswirren aufwachsenden Salim tröstet. Man spürt ihre Panik, wenn ihr Leben bedroht ist. Die Verzweiflung in ihrem Gesicht in der einen Situation ist ebenso greifbar wie eine gewisse Unsicherheit in einer anderen. Mit Nuancen in Gestik und Mimik schlägt David Cage immer wieder ruhige Töne an, nur um schließlich in einer der (zumindest in dieser Szene) zahlreichen Sequenzen die Zügel in die Hand und dem Actiongaul die Sporen

Noch bleiben viele inhaltliche Fragen offen, aber das Spielkonzept von Heavy Rain wird fortgeführt.
zu geben.

Eine Szene oder gut 20 bis 30 Minuten reichen einfach nicht aus, um die Vision von Cage greifbar zu machen. Doch das, was mir hier aufgetischt wurde, war für mich aussagekräftiger und mitreißender als das, was ich vor einigen Jahren erstmals zu Heavy Rain zu sehen bekam. Und da ich weiß, wo jenes Meisterwerk später gelandet ist bzw. was es geleistet hat und die E3-Demo all zu deutlich macht, dass Beyond mit verfeinerten Mechaniken und überzeugenden Schauspieler-Leistungen genau dort anknüpfen wird, steht für mich fest: Beyond wird zumindest in künstlerischer Hinsicht einer der letzten großen Titel dieser Generation.

Ausblick