World of Speed - Vorschau, Rennspiel, PC

World of Speed
10.02.2014, Michael Krosta

Vorschau: World of Speed

Bei den Slightly Mad Studios arbeitet man derzeit nicht nur an der Rennsimulation Project Cars. Mit World of Speed will man auf Free-to-play-Basis eine andere Seite des virtuellen Rasens zeigen: Zwar dreht sich auch hier alles um PS, schicke Autos und den Geschwindigkeitsrausch, doch sollen Teamwork und Action-Racing im Mittelpunkt stehen. Wir waren bei der Enthüllung in Zandvoort dabei und durften nicht nur erste Runden am PC drehen, sondern auch in realen Sportwagen über die niederländische Piste brettern.

Gemeinsam für den Sieg? Hier steht Teamplay im Mittelpunkt.
Bei der Kombination aus Rennspiel und Free-to-play schrillen die Alarmglocken: Real Racing 3 (=> zum Test) war eine dreiste Abzocke sondergleichen und auch die Macher von Autoclub Revolution (ACR) schienen es zumindest in der Anfangsphase mit überzogenen Preise sowie aufgezwungenen Mikrotransaktionen in erster Linie auf den Geldbeute der Fahrer abgesehen zu haben. Ein ekelhafter Trend, der mittlerweile sogar in Vollpreis-Produktionen wie Gran Turismo 6 und Forza Motorsport 5 Einzug hält.  

Abzocke vorprogrammiert?

Andy Tudor, Creative Director von World of Speed, versichert dagegen, dass man sich keine Sorgen machen muss: „Du kannst das komplette Spiel durchspielen und online gegen deine Freunde fahren, ohne nur einen Cent zahlen zu müssen“. Auf meine Nachfrage, wie man denn Geld verdienen wolle, reagiert er sichtlich pampig: „Was interessiert es die Leute immer, wie und womit wir Geld verdienen wollen? Wir wollen in erster Linie, dass die Leute Spaß mit unserem Spiel haben. Darauf kommt es an!“. Man habe ein anderes Geschäftsmodell gewählt als die üblichen Mikrotransaktionen, über das man an dieser Stelle noch nicht sprechen wolle. Aha. Da sind wir aber mal gespannt, bleiben aber weiter skeptisch, ob der kostenlose Fahrspaß nicht doch noch die eine oder andere kostspielige Beule bekommt.

Die Boliden werden aufwändig modelliert - leider gibt es keine Cockpitansicht.
Bei den lizenzierten Fahrzeugen, darunter Perlen wie der McLaren MP4-12c, Mercedes SLS oder Paganis Huayra, muss man sich weniger Sorgen machen: Zwar landet nach Kollisionen der eine oder andere Kratzer im Lack der schick modellierten Boliden, doch im Gegensatz zu Simulationen muss man hier keine Auswirkungen auf die Fahrphysik oder Leistung befürchten.

Freie Fahrt voraus

Gut so, denn in den Rennen geht es hart zur Sache! Es wird nicht nur mit physikalischen Hilfsmitteln wie dem Windschatten, sondern auch mit rücksichtslosen Rempeleinlagen und automatisch regenerierenden Tuboladungen um Positionen gekämpft. Strafen? Gibt’s bewusst nicht! Im Gegenteil: Wer seine Konkurrenten mit Attacken effektiv abschießt, bekommt sogar Extrapunkte für die Driver Score, in die auch andere Fahrmanöver einfließen – das Kudos-System von Bizarre Creations lässt grüßen, weshalb ich es auch vermessen finde, dass Slightly Mad dieses Belohnungssystem als eigene Erfindung anpreist.

Die gewählte Bezeichnung als „Action Racing“ für World of Speed kommt also nicht von ungefähr und so erinnern die Rangeleien eher an eine Mischung aus Burnout und PGR, ohne aber die Klasse der beiden Vorbilder zu erreichen. Dafür fehlen zum einen die cool inszenierten Takedowns und zum anderen erscheinen mir die Rennen einen Tick zu chaotisch, wenn man ständig in Häuserwände oder andere Hindernisse geschubst wird und Massenkarambolagen auf der Tagesordnung stehen. Auch hinsichtlich der Fahrphysik kommt man nicht an PGR heran, obwohl die Entwickler eine ähnliche Balance aus Fahrspaß und Anspruch anpeilen. Neben Controller und Lenkrad kann man die Karossen selbst mit Tastatur noch ordentlich auf der Strecke halten. Zwar tendiert man insgesamt stärker zum Arcade-Modell und wird den Anspruch durch Zuschalten von Fahrhilfen sogar noch weiter senken dürfen, doch mit reiner Vollgas-Mentalität kommt man trotzdem nicht weit.

Neben realen Rennpisten warten auch Ausflüge in Metropolen wie Moskau.
Die Streckenauswahl trägt ihren Teil dazu bei: Anstatt wie Burnout auf fiktive Pisten zu setzen, findet man hier eine interessante Mischung aus realen Kursen und Schauplätzen. Dabei finde ich es gut, dass man sich nicht nur auf waschechte Renn-Locations wie Brands Hatch oder Laguna Seca beschränkt, sondern auch Ausflüge in Städte wie London oder Moskau anbietet. Auch die Vorzeige-Kombination aus Stadt- und Rennstrecke wird mit an Bord sein: Monaco, mit seinen engen Straßen, die auch jedes Fahr Formel-Eins-Piloten an ihre Grenzen treibt. Hinzu kommt, dass die Entwickler auf Teile der Technologie zurückgreifen, die auch in Project Cars zum Einsatz kommen. Entsprechend sehen nicht nur die Wagen trotz fehlender Cockpitansicht klasse aus, sondern vor allem in den Metropolen wird viel fürs Auge geboten – mal abgesehen von dem teils heftigen Tearing, das in dieser frühen Version noch häufig auftritt. Erfreulich auch, dass die Engine bereits eine flüssige Darstellung erlaubt und die wenigen Lags auf einen guten Netzcode hoffen lassen. Die ersten Bilder legen zudem nahe, dass man auch mit wechselnden Tageszeiten rechnen darf. Genau wie bei den Fahrzeugen will Slightly Mad auch in regelmäßigen Abständen neue Pisten sowie weitere Spielmodi wie Destruction Derby und „Katz & Maus“ hinzufügen. Für sie ist World of Speed ein Racing-MMO, das sich mit der Zeit konstant weiterentwickeln soll. Laut Tudor hat das Studio bereits einen festen Plan, um Spieler mit Updates bei der Stange zu halten. Über angepeilte zeitliche Abstände zwischen den Erweiterungen wollte er sich trotzdem nicht äußern.

Eine Reise um die Welt

Nachtrennen stehen wahrscheinlich auch auf dem Plan.
Die Wahrscheinlichkeit, sich als Rempel-Opfer am Ende des Feldes einsortieren zu müssen ist groß, wenn man sich nach dem Start nicht schnell von seinen Verfolgern absetzen kann. Einziger Trost: Selbst wenn man als Letzter die Ziellinie überquert, geht man nicht leer aus, denn dank der Driver Scrore, diversen Abzeichen und Preisen will man Fahrer ähnlich oft und reichlich belohnen wie in Call of Duty oder Battlefield. Hinzu kommt der Teamaspekt, den man hier bewusst in den Vordergrund rückt: Zwar sind Rennfahrer in der Regel das Paradebeispiel von Egomanen, doch hier wird gemeinsam für den Sieg gekämpft und quasi erwartet, dass Mitspieler bestimmte Rollen einnehmen. So sorgt man als „Blocker“ vor allem dafür, sich breit zu machen und gegnerische Piloten mit der Brechstange zwischen den Zähnen am Überholen zu hindern oder einfach abzuschießen. Der „Wingman“ versteht sich dagegen mehr als Geleitschutz, um das Heck des Führenden vor Attacken zu schützen. Zusätzlich kann man sich auch als „Drifter“ oder „Drafter“ (Windschattenfahrer) spezialisieren, um Punkte fürs Team zu sammeln, denn am Ende ist es nur zweitrangig, wer als Erster im Ziel ist. Es sind die Team-Aktionen, die über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Jeder gewinnt

Im Windschatten kann man sich an den Vordermann heransaugen.
Dynamische Aufgaben, wie man sie z.B. auch bei Sonys DriveClub vorfindet, unterstreichen den Ansatz: So muss man z.B. innerhalb eines knappen Zeitlimits spektakulär durch die nächste Kurve schlittern oder einen Fahrer abschießen. Allerdings hatte ich Probleme damit, die Zusatzaufgaben überhaupt mitzubekommen, weil mir die entsprechende Einblendung beim Rasen gar nicht aufgefallen ist, weil ich mich zu sehr auf das eigentliche Fahren konzentriert habe. Hier sollte Slightly Mad noch für eine bessere Kennzeichnung oder Darstellung sorgen. Genau wie beim PS4-Racer der Evolution Studios muss sich zudem auch hier erst noch zeigen, ob die Kombination aus Rennspiel und Teamwork tatsächlich motivierend genug funktioniert. Beim Probespielen hielt sich die Zusammenarbeit noch in Grenzen, doch mit einer eingespielten Truppe könnte das Konzept durchaus Potenzial haben. Trotzdem bleibe ich dabei, dass man als Rennfahrer eigentlich nur ein Ziel verfolgt: Man möchte gewinnen! Wer will da schon freiwillig die Rolle des Blockers übernehmen? Aber ich lasse mich gerne überraschen bzw. überzeugen, dass die Rechnung aufgehen kann…

Zumindest wird versucht, durch Auto-Clubs ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen: Es gibt mit dem Airfield Playground nicht nur eine Art Skate-Park, in dem man gemeinsam abhängen und Fahrmanöver üben kann. Auch eigene Logos und Brandings sollen die Identifikation mit dem Club fördern. Hinzu kommt der Spielmodus Territory Wars, in dem man in gewerteten Online-Rennen um die Kontrolle über Schauplätze kämpft, denn nur welches Team gerade die Oberhand hat, darf ins dortige Club-Haus einziehen. Übrigens ist man nicht nur auf eine feste Gemeinschaft beschränkt: Als Gast-Fahrer darf man auch in anderen Clubs aufs Gaspedal drücken.

Mein Auto, meine Garage, mein Block

Ausblick

Ich bin immer noch nicht sicher, ob Teamwork in Rennspielen tatsächlich ein Konzept ist, das funktionieren kann. Die typische Racer-DNA hat eigentlich eher darwinistische Züge: Nur der Schnellste gewinnt – und jeder will dieser Schnellste sein! Auch bei unseren ersten Proberunden wollte sich die Zusammenarbeit noch nicht so recht entfalten: Kann ein Rennspiel tatsächlich ein ähnliches Erlebnis bieten wie ein Team-Shooter, bei dem jeder Fahrer bestimmte Rollen übernimmt? Das wird sich erst zeigen, sobald ich mit einer eingespielten Truppe den Asphalt unsicher machen darf. Bis dahin bleibt World of Speed für mich „nur“ ein Rennspiel, das einen durchaus interessanten Ansatz verfolgt, sich gut fährt, mir aber derzeit noch zu chaotisch abläuft. Schön hingegen, dass man neben lizenzierten Boliden auch reale Stadt- und Rennkurse geboten bekommt, die durchaus ansprechend aussehen – vor allem im Hinblick darauf, dass man all dies angeblich kostenlos genießen darf. Trotzdem kann und will ich dem PS-Braten nicht ganz trauen: So sehr Creative Director Andy Tudor auch den Spielspaß über das Geld verdienen stellt, wissen wir alle, dass auch Slighty Mad nicht nur aus reiner Großzügigkeit ein World of Speed entwickelt. Es bleibt also die Frage, wie sie für ihren Aufwand entschädigt werden wollen…und ob man sich als Spieler mehr als Gewinner oder Verlierer fühlen wird.

Einschätzung: befriedigend