Wolfenstein: The New Order - Vorschau, Shooter, 360, PC, XboxOne, PlayStation3, PlayStation4

Wolfenstein: The New Order
24.02.2014, Benjamin Schmädig

Vorschau: Wolfenstein: The New Order

Nein, so richtig korrekt war Wolfenstein noch nie - weder politisch noch historisch. Immerhin schreiben wir diesmal das Jahr 1946 und der Zweite Weltkrieg dauert an. Die Nazis, in der deutschen Version nur "das Regime", verfügen inzwischen über hoch entwickelte Maschinen. Und nicht nur das: Sie werden diesen Krieg auch gewinnen.

Gleich zu Beginn latscht ein turmhohes stählernes Ungetüm über den Strand, an dem William Blazkowicz zu sich kommt. Es schnauft und stampft über die Schützengräben, in denen sich die deutsche Armee verschanzt. Und durch deren Irrgärten Blazkowicz einen Weg sucht. Interessant: Nach frühem Feedback haben die Entwickler viele Abschnitte erweitert. Die Levels sind jetzt weitläufiger und verbergen Schätze, mit denen Sammler ihr Ego pimpen. Mir tut der kleine Auslauf zumindest insofern gut, weil der Kopf ein kleines bisschen mehr bei der Sache ist als in üblichen Einbahnstraßen.

Und niemand wehrt sich?

Blazkowicz, Serienkenner wissen das, ist der Name meines Alter Ego. Ein Veteran, schon mehrfach die Wunderwaffe der Alliierten. Diesmal ergeht es ihm allerdings ganz übel. Denn nachdem er beim Sprung aus einem Fenster das Bewusstsein verliert, lebt er 14 Jahre lang in geistiger Umnachtung. Längst hat das Regime die Weltherrschaft an sich gerissen. Vom Widerstand spricht man nicht. Dann kommt B.J. Blazkowicz wieder zu sich...

Was ich nicht erwartet hatte: Der Einstieg gelingt MachineGames, einem Studio ehemaliger Starbreeze-Entwickler, richtig gut. Da muss B.J. nicht nur zusehen, wie deutsche Soldaten aus nächster Nähe Zivilisten ermorden. Zuvor musste ich auch selbst

Grundlage unserer Vorschau ist die PS4-Version, die mit 60 Bildern pro Sekunde und einer FullHD-Auflösung von 1080p lief. Über die Xbox-One-Fassung können wir keine Angaben machen.

"Und ich geh' nach Berlin"

Einen detaillierten Vergleich, auch mit PC, PS3 und Xbox 360, heben wir uns selbstverständlich für den Test auf.entscheiden, welchem seiner Kameraden ein widerlicher Mengele-Verschnitt die Augen ausschneiden soll. Was vermutlich nur makaber klingt, sind emotionale Momente, die ich einem Wolfenstein nicht zugetraut hatte.

Großes Kino gelingt dem schwedischen Team dabei nicht. Filmszenen, in denen ich mein Alter Ego sehe, unterbrechen den Spielfluss und mitunter holpert sich die Erzählung über zu knappe Stichpunkte von einer Szene zur nächsten. Frau Engel, deren Freundlichkeit allzu offensichtlich an Christoph Waltz' Darstellung des Hans Landa erinnert, erreicht nie den feinsinnigen Zynismus ihres Vorbilds.

Von der drückenden Atmosphäre bin ich allerdings nach wie vor begeistert. Eine leise Gitarre im Menü, die knarzende Elektronik und das volle Orchester erzeugen ein düsteres, beinahe mystisches Gefühl. Getragen wird es von den leisen Kommentaren des Protagonisten: "Tja, jetzt seid ihr alle tot und ich geh' nach Berlin", flüstert er in sich hinein und pointiert das brutale Geschehen wie in einem surrealen Traum. Ich rede übrigens von der deutschen Stimme, die dem Original wie ein Ei dem anderen gleicht. Scheinbar gelingt Bethesda eine ausgesprochen gute Lokalisierung.

Das Spiel? Keine Überraschung. Wolfenstein feiert die Freude am schnellen Mündungsfeuer, an Kopftreffern und am beidhändigen Abfeuern großer Maschinengewehre. Wo er kann, montiert Blazkowicz sogar schwere Maschinengewehre einfach aus ihrem Gestell. Das ist so retro, dass es gut tut. Mehr aber auch nicht. Erledige

Schon 1946 hat das Regime mächtige Kriegsgeräte gebaut - im fiktiven 1960 werden neuartige Maschinen das Bild bestimmen.
ich verschiedene Aufgaben (soundso viele Treffer mit bestimmten Waffen oder in bestimmten Situationen) verbessere ich außerdem Werte wie die Größe des Munitionsgürtels oder die Menge des ausgeteilten Schadens. Eine automatische Regeneration gibt es übrigens nicht, nur einen sehr kleinen Teil seiner Gesundheit heilt Blazkowicz ohne Erste-Hilfe-Pakete oder die Mahlzeiten deutscher Offiziere.

Langsam oder retro

Das Salz in der Suppe ist leises Schleichen, bei dem ich feindliche Soldaten hinterrücks ersteche. Das ist in fast jeder Situation möglich, auch mitten im Schusswechsel und funktioniert auf einem sehr einfachen Niveau richtig gut. Manches zähe Feuergefecht konnte ich dadurch umgehen.

In der aktuellen Vorschauversion war der Nahkampf allerdings viel zu mächtig! Ich konnte ja nicht nur ahnungslose Wachen mit einem Schlag auszuschalten, sondern selbst starke Gegner, denen ich ganz offen in die Arme gerannt bin – ein Knopfdruck und sie waren tot.

Der Nahkampfangriff ist Blazkowicz' stärkste Waffe.
Auf einem höheren Schwierigkeitsgrad ist Blazkowicz zwar verletzlicher, die eigentliche Attacke aber unverändert wirkungsvoll. Das muss MachineGames unbedingt ändern. An einem Deutschen, der B.J. längst entdeckt hat, muss der Nahkampf verpuffen oder bedeutend weniger Schaden anrichten.

Kinderspiel!

Es ist leider nicht die einzige Schwäche der frühen Version. Eine andere sind Kommandanten, die so lange Verstärkung rufen, bis ich ihnen den Garaus mache. Eine gute Idee, weil es Taktik in die sonst gewöhnlichen Bleiwechsel bringen soll. Weil ich genau sehe, wie viele Meter ein Kommandant entfernt steht, entwickelt das System jedoch ein befremdliches Eigenleben. Ich bin jedenfalls schnell dazu übergegangen, beim ersten Anzeichen eines Kommandanten zum Nullpunkt des Entfernungsmessers zu sprinten, den Befehlshaber zu töten und erst dann das eigentliche Gefecht zu planen. Warum soll ich mich auf langwieriges Schleichen oder mühselige Arbeit am Scharfschützengewehr einlassen, wenn es einen deutlich schnelleren Weg gibt?

Ausblick

Der Drang die Kommandanten zu beseitigen sowie der starke Nahkampf sind im aktuellen Zustand eine ganz schlechte Paarung für das Spielgefühl. Denn wo heimliches Meucheln und taktisch starke Befehlshaber für Abwechslung sorgen sollen, entsteht stattdessen ein seltsames Run&Punch. Gut möglich, dass MachineGames sich noch um diese Schwachstellen kümmert. Vielleicht spielen sie im weiteren Verlauf auch gar keine Rolle – ich habe nur die ersten Stunden einer frühen Version gespielt. Und immerhin könnte  Blazkowicz' Kampf gegen das Regime ohne diese Schwächen ein richtig guter, erzählerisch interessanter Ritt werden. Wenn der ehemalige Kriegsheld leise One-liner in die verstörende Dystopie flüstert, entsteht eine eindringliche Spannung. Trotz des Dämpfers freue ich mich deshalb auf die schnelle Action in dieser befremdlichen Parallelwelt.

Einschätzung: befriedigend

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