The Tomorrow Children - Vorschau, Action-Adventure, PlayStation4

The Tomorrow Children
06.01.2015, Benjamin Schmädig

Vorschau: The Tomorrow Children

Gemeinsam einsam

Ein bisschen ist es wie Minecraft: Man sammelt Rohstoffe, errichtet Gebäude, wehrt sich gegen Monster. Es ist aber auch ganz anders – nicht nur, weil Würfelgrafik fehlt. Denn in The Tomorrow Children sammelt man nicht für sich. Man stapelt auf dem öffentlichen Rohstofflager des Onlinespiels, damit eine von vielen erbaute Stadt gedeihen kann.

Wer bin ich? Oder vielmehr: Was will ich sein? Bergarbeiter, Soldat, Techniker, Funker oder ganz normaler Durchschnittsbürger? Die Wahl entschiedet darüber, ob ich schneller Rohstoffe abbaue oder flinker laufen kann. Es sind Fähigkeiten, die ich später wie in einem Rollenspiel aufwerten kann.

Spezialisten unterwegs

Eines ist allen Figuren gleich: Sie sollen gemeinsam das Bestehen ihrer kleinen Stadt sichern und für Wachstum sorgen. Wie? Indem die einen Material zum Bau neuer Gebäude schürfen, andere Gerüste zum Erreichen höherer Ebenen bauen und wieder andere den Ort gegen turmhohe Monster verteidigen. Alleskönner leihen mal hier, mal da eine Hand und erhalten auch auf diesem Weg Erfahrung und Marken.

Rationsmarken, das ist die Währung in einer Welt, die nach einer Apokalypse aus dem Nichts entstand und sich neu bilden muss. Ihre Bewohner sind nicht einmal richtige Menschen, sondern eine Art Klone. Ihre Aufgabe: Sie sollen in den wenigen Felsformationen des allgegenwärtigen Nichts Matroschkas finden und ihnen ein Zuhause

Die schwebenden Busse bringen Spieler zu Felsformationen, in denen sie Rohstoffe schürfen.
geben – deshalb die Stadt. Deshalb die Apfelbäume, die sie schütteln, um die in den Matroschkas versteckten Überlebenden der Apokalypse mit Nahrung zu versorgen.

Darum geht's

Matroschkas sind russische Holzfiguren, in denen sich weitere, immer kleinere Figuren befinden. Nicht nur das erinnert an den real existierenden Kommunismus, den Q-Games liebevoll augenzwinkernd abbildet. Auch die Tatsache, dass meine Spielfigur statt der Früchte ihrer Arbeit nur wenige Rationsmarken erntet, gehört dazu. Das Anstehen vor Geschäften des täglichen Bedarfs und dem Rathaus ebenso, wo die Marken verteilt werden.

Marken, Massen und Matroschkas

Was ich in der Alpha, an der ich Ende letzten Jahres einige Tage lang teilnehmen durfte, noch nicht erlebt habe: Jeder Spieler hat eine Stimme bei der Wahl des Bürgermeisters. Ein Kandidat könnte etwa das kostengünstige Bauen neuer Häuser versprechen, während der andere die Verteidigung stärken will. Auch über den Bau neuer Häuser wird abgestimmt, sobald sich ausreichend Materialien im Lager befinden. Interessant werden solche Wahlen spätestens dann, wenn man zusätzliche Stimmen durch Bestechung erkaufen kann...

Diese tausche ich gegen Spitzhacken, Leitern, Raketenrucksack, Waffen und andere Hilfsmittel – zu viel Gewicht macht mich langsam wie eine Schnecke. Manche Gegenstände kaufe ich auch mit gefundenen Dollarnoten.

Als Arbeit wird alles angerechnet, was irgendwie zum Erhalt und Ausbau der Stadt beiträgt: Das Schürfen von Metallen zählt ebenso dazu wie das Pflücken der Äpfel, das Herstellen kleiner Brücken, das Reparieren beschädigter Gebäude und das Tragen der Rohstoffe vom Felsen zum Transporter oder von dort zum Lagerplatz, sobald das schwebende Vehikel die Stadt erreicht.

Monster Hunter Tomorrow?

Auch das Herstellen neuer Gegenstände sowie das Liefern von Energie zählen dazu. Beides geschieht durch Minispiele: An der Werkbank löse ich ein Schiebepuzzle, während ich auf dem Laufband die rechte Schultertaste mit der richtigen Stärke ziehe. Nicht zuletzt wird auch belohnt, wenn man sich in einen Geschützturm setzt und auf die Kreaturen schießt.

Immer wieder kommen riesige Monster auf die Stadt zu.


Und liegt mal wieder eins der Monster am Boden, schwärmen etliche Spieler dorthin, um das versteinerte Wesen wie einen Felsen abzutragen und wertvolle Edelsteine einzusacken – ein irgendwie seltsamer, aber motivierender Kreislauf.

Verdammt schade nur, dass meine Mitbürger gar nicht sichtbar sind! Jedenfalls so lange nicht, wie sie frei in diesem Nichts herumlaufen. Nur so lange sie eine Arbeit verrichten, können andere Spieler sie sehen. Das mag erzählerische oder solche Gründe haben, die einer schnellen Onlineanbindung dienen – dem zentralen sozialen Gedanken kommt es mächtig in die Quere.

Gemeinsam einsam

Dabei war das Gefühl an einem gemeinsamen Projekt zu wirken schon in der Alpha die große Stärke dieser „Kinder von morgen“. Immerhin bringt mich das Spiel nach einem Neustart immer in dieselbe Stadt zurück (online wird es je nach Spielerzahl entsprechend viele Orte geben) und was ich besonders mochte: Bin ich mit der Arbeit eines Genossen zufrieden, lobe ich ihn oder sie. Wenn nicht, teile ich einen Rüffel aus. Das kostet wenige, aber doch Punkte in der Rationsmarkenrechnung.

Und weil es so unverschämt viel Spaß macht, habe ich alle paar Meter lang in meine laute Trillerpfeife gepustet – köstlich!

Ausblick

Toll, dass diese Onlinewelt alle Spieler ins selbe Boot setzt! In The Tomorrow Children fehlt der Druck des ständigen Wettstreits – alle verfolgen ein gemeinsames Ziel. Wir bauen dieselbe Stadt und retten dieselben Überlebenden. Dass ich mich hinter meinen Kameraden in Warteschlangen einreihe und von ihnen bewertet werde, dass wir nebeneinander im Bus zur Arbeit stehen und um Stimmen bei der Wahl des Bürgermeisters schummeln, verstärkt nur den Eindruck, Teil einer gewissermaßen realen Gesellschaft zu sein. Umso schwerer wiegt jedoch, was in meinen Augen ein großer Fehler im Spieldesign ist: dass sich andere Spieler nur so lange sehen, wie sie eine Aktion ausführen. So weiß ich nie, ob eine eben aufgetauchte Figur dieselbe ist, die sich vor wenigen Sekunden ungefähr am gleichen Fleck befand. Und ob es sich lohnt, in Gefahr um Hilfe zu rufen, kann ich kaum sagen – es ist ja fast nie jemand zu sehen. Das schadet dem sozialen Zusammenhalt, um den sich alles dreht. Ich hoffe, dieser Eindruck ändert sich im fertigen Spiel und freue mich so oder so auf sein Erscheinen. Denn The Tomorrow Children ist derzeit eins der interessantesten Konzepte, das Sony im Ärmel hat.

Einschätzung: gut