Code Name: S.T.E.A.M. - Vorschau, Taktik & Strategie, N3DS, 3DS

Code Name: S.T.E.A.M.
02.02.2015, Jörg Luibl

Vorschau: Code Name: S.T.E.A.M.

Rundentaktik in Steampunkwelt

Wer sich für Rundentaktik auf Nintendos Handhelds interessiert, kommt um Intelligent Systems nicht herum. Das 1986 gegründete Studio, das schon für Famicom und Game Boy entwickelte, hat mit Fire Emblem und Advance Wars zwei der beliebtesten Reihen für mobile Strategen etabliert. Und die Japaner bleiben fleißig: Im Frühling sollen sich Feldherren in Code Name: S.T.E.A.M. (ab 9,84€ bei kaufen) für 3DS beweisen. Was erwartet euch am 15. Mai?

Los, einfach alle Mann nach vorne! Dieses Alien-Kroppzeug werde ich doch mit meinem Trupp überrennen. Zumal die explosiven Gefechte selbst in voll aufgedrehtem 3D bei einer Änderung des Blickwinkels nicht wackeln. Wenn man Code Name: S.T.E.A.M. auf dem New 3DS spielt, bleibt das Bild mit räumlicher Tiefe stabil. Aber noch wichtiger ist: Man taucht auch bei abgeschalteter Funktion ein in ein farbenfrohes viktorianisches Steampunk-London. Die Präsentation punktet mit tollem Intro, schickem Comicflair, Regie-Einblendungen und sogar Sprachausgabe.

Tödliche Sturmattacke

Als Anführer eines von Abraham Lincoln zusammen gestellten Elitetrupps gilt es Außerirdische abzuwehren – in Japan trägt das Spiel übrigens den Untertitel "Lincoln vs. Aliens".
Ach so: Ich bin übrigens tot. Mein Trupp wurde komplett von diesen insektoiden Viechern aufgerieben. Die plumpe Sturmattacke ins Vorfeld war natürlich eine blöde Idee. Denn obwohl es cool ist, dass man einzelne Soldaten aus Schultersicht zunächst wie in Valkyria Chronicles in Echtzeit bewegt und gerade diese Perspektive für einen Augenblick an fulminante Action erinnert, steckt anspruchsvolle Rundentaktik dahinter. Im Gegensatz zu XCOM geht es etwas verspielter und arcadiger zur Sache, aber auch hier muss man seine Söldner abwechselnd und clever durch das Gelände führen.

Code Name: S.T.E.A.M. wird sämtliche amiibo-Figuren aus Fire Emblem unterstützen: Marth, Ike, Daraen und Lucina sind mit eigenen Fähigkeiten spielbar.
Man befehligt keine schnöden Uniformträger, sondern charismatische Figuren, die im Auftrag von Abraham Lincoln unterwegs sind. Wer sich für amerikanische Literatur interessiert, wird sich über die Hommage an einige Helden freuen: „Lion“ ist ähnlich wie in „Der Zauberer von Oz“ tatsächlich ein Löwe und kann mehrere Gegner mit seinem Gebrüll betäuben; Tiger Lily ist wie schon in „Peter Pan“ eine Indianerin, die Freunde heilen und einen Vogel einsetzen kann; Tom Sawyer sieht aus wie der Lausbube aus „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ und kann mit seiner Schleuder einen Minenteppich legen.

Der Trupp der außergewöhnlichen Helden

Auch der eigentliche Anführer Henry Fleming hat ein literarisches Vorbild, das weniger bekannt sein dürfte: In „The Red Badge of Courage“ von Stephen Crane taucht er erstmals 1895 auf, in einer Geschichte über den Amerikanischen Bürgerkrieg. Da hat sich Nintendo endlich mal etwas einfallen lassen, um frische Figuren abseits der bekannten Stars einzuführen. Wer darauf nicht verzichten will, muss in amiibo-Figuren investieren: Nur so können Marth & Co aus Fire Emblem als spielbare Charaktere mitmischen. Ob die Story um diesen Trupp der außergewöhnlichen Helden überzeugen kann, bleibt natürlich noch abzuwarten. Der Einstieg hat mich zumindest angenehm überrascht, weil Intelligent System gekonnt mit heroischem Pathos und lockerem Comicflair jongliert. Noch wichtiger als Drehbuch oder Regie ist bei diesem Entwickler natürlich die Taktik. Wie funktioniert sie?

Man gibt Aktionspunkte in Form von Dampfwölkchen aus: Je nach Soldat kann das Bewegen oder Feuern unterschiedlich teuer sein. Während Henry z.B. nur drei für seinen Gewehrschuss benötigt, sind es bei Johns Granatwerfer schon vier Wölkchen – der sorgt aber auch für einen fetten Bereichsschaden in drei Reichweiten. Lediglich die Spezialfähigkeiten der Helden kosten keinen Dampf. Ist dieser aufgebraucht, muss man zur nächsten Figur wechseln oder die Runde beenden.

Manöver kosten Dampfwolken

Wie in Valkyrja Chronicles kann man sich in Echtzeit aus Schultersicht bewegen, bevor man einen Befehl gibt: Hier der Granatwerfer aus der Höhe.
Das Wichtigste im eigenen Zug ist die clevere Positionierung. Man kann nicht nur Deckung hinter Kisten finden, sondern aus erhöhter Stellung auch weiter blicken. So lassen sich Schätze sowie Feinde viel eher identifizieren und Letztere natürlich besser unter Beschuss nehmen. Da es keine Vogelperspektive und keine Draufsicht der kompletten Karte auf Knopfdruck gibt, ist das aktive Erkunden der zweiten Etage sehr wichtig. Da ist eine Treppe? Dann sollte man sie nutzen! Schade ist, dass die Abschnitte bisher recht überschaubar und eng designt sind. Wird es noch größere Areale mit alternativen Routen zum Ziel geben?

Schön ist wiederum nicht nur, dass man fragile Deckung per Schuss oder Stoß zerstören kann, um sich freie Sicht zu verschaffen - oder auch mal einen Schatz zu finden. Sehr schön ist zudem, dass man über den „Wache-Konter“ defensiv erkunden sowie absichern kann: Wenn man sich ein paar Wölkchen spart, schießt der Soldat auf Wache automatisch, sobald sich ein Feind in sein Sichtfeld begibt. Diese Schussreaktion kennt man vom "Feldposten" aus XCOM und sie lässt sich hier noch effizienter einsetzen. Die Treffer aus dem Hinterhalt sind meist wesentlich stärker als die normalen Schüsse und man kann Feinde gezielt in Fallen locken.

Die Präsentation ist klasse.
Auch die Aliens können mit ihren Schusslinien absichern: Wer sich in so ein Feld begibt, wird sofort empfindlichen Schaden hinnehmen müssen. Ärgerlich ist, dass die Feinde nach den seltsam langen Ladezeiten in ihrem Zug teilweise schlecht vorrücken. Hoffentlich wird es auf lange Sicht auch noch interessantere Typen und Verhaltensweisen geben, denn bisher sehen die Außerirdischen nicht nur  unspektakulär aus, sondern agieren auch recht ähnlich. Da muss mehr Vielfalt her! Außerdem finde ich es schade, dass man Missionen beenden kann, indem man einfach in den grünen Zielbereich rennt – obwohl noch genug Feinde da sind.

Leben rettende Speichersäulen

Die komplette Säuberung der Gebiete will hingegen gut koordiniert sein, zumal Feinde immer wieder an bestimmten Punkten auftauchen: Vor allem, wenn man wirklich alles an Boni abstauben will, muss man auf der Hut sein und die Speichersäulen optimal ausnutzen, den denn sie verleihen quasi Zusatzaktionen. Hat man genug Geldmünzen gesammelt, kann man sie dort einsetzen: Wer speichern und die Wölkchen eines Soldaten aufladen will, zahlt nur zehn; wer speichern, alle Wölkchen aufladen und vielleicht sogar Tote wiederbeleben will, zahlt hundert Gold. Aber Vorsicht, denn diese Säulen sind nur einmal aktivierbar - und wenn der ganze Trupp am Boden liegt, ist das Spiel vorbei. Aber dann kann man sich vielleicht gegen einen Kumpel beweisen: Im Multiplayer wird man lokal oder online loslegen können.

Ausblick

Code Name: S.T.E.A.M. macht bereits richtig Laune! Mal abgesehen vom tollen Artdesign, das eine viktorianische Steampunkwelt im Comicstil inszeniert, verspricht die Rundentaktik spannende Gefechte am 3DS. Man kann nicht einfach losstürmen, sondern muss das Schlachtfeld clever erkunden, Fähigkeiten im Teamplay koordinieren und defensiv absichern. Allerdings zehren die Ladezeiten in der Gegnerphase an der Geduld und ich bin angesichts der etwas gleichförmigen Aliens noch skeptisch, ob sie für den spezialisierten Heldentrupp auf lange Sicht auch ein überraschender Gegner bleiben. Außerdem könnte der Story im Vergleich zu Valkyria Chronicles oder Fire Emblem etwas schneller der heroische Dampf ausgehen. Aber bis jetzt verspricht der Club der amerikanischen Helden gute Unterhaltung.

Einschätzung: gut