Kingdom Come: Deliverance - Vorschau, Rollenspiel, PC, Switch, XboxOne, PlayStation4, XboxOneX, PlayStation4Pro

Kingdom Come: Deliverance
19.06.2015, Benjamin Schmädig

Vorschau: Kingdom Come: Deliverance

Alltag im Mittelalter als Abenteuer

Wer die Entwickler auf Kickstarter mit einer hohen Summe unterstützt, darf die Alphaversion des Rollenspiels Kingdom Come: Deliverance (ab 7,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) schon spielen – und in vielleicht zwei bis drei Wochen wird die frühe Fassung um ein großes Update erweitert. Warhorse Studios präsentiert dessen kommende Neuerungen auf der E3.

Kingdom Come: Deliverance ist kein normales Rollenspiel: Magie und Heldentum gibt es hier nicht, denn die Geschichte spielt auf 16 Quadratkilometern des tschechischen Böhmens. Dieses Gebiet haben die Entwickler nicht nur originalgetreu wiederhergestellt, einschließlich der damals existierenden Pflanzen und Tiere sowie des Verzichts auf nach dieser Zeit hinzugekommene Arten. Ihre Geschichte spielt auch vor einem historischen Streit um die Königskrone, der später zu den Hussitenkriegen führte. Aus den Augen eines gewöhnlichen Schmieds wird man diesen Moment der Zeitgeschichte erleben.

Boten des Krieges

Seine Familie verlor er während eines Überfalls auf sein Dorf, jetzt dient er einem Edelmann. Heldentaten führt er keine aus. Nur durch das Erledigen simpler Aufgaben wie das Untersuchen gebrandschatzter Häuser wird er in die Geschichte aus Verschwörung und Mord gezogen. Eine Mission in der kommenden Alpha führt ihn jedenfalls an einen Ort am Horizont, an dem dunkler Rauch aufsteigt...

Natürlich wird der Schmied kämpfen, reiten, Tränke brauen – nur nicht so, wie man es von vielen Abenteuern kennt. Denn die Simulation einer realitätsnahen Welt zieht sich durch alle Spielelemente. In den Kämpfen entscheiden deshalb Winkel und Art des Angriffs (Hieb oder Stich) über den eventuellen Schaden. Und trifft das Schwert auf den

Mit dem kommenden Update der Alpha-Fassung wird das Gebiet erweitert. Gut, dass man ferne Orte dann per Pferd erreichen kann!
Gegner, wird es vom Aufprall gestoppt. Die Kamera bleibt dabei so lange auf einen Feind fixiert, bis man aktiv wegschaut. Der Vorteil: Über ein Kreismenü entscheidet man in relativer Ruhe, welche Aktion der Schmied ausführen, ob er angreifen oder sich verteidigen soll. Taktik steht im Vordergrund.

Physik und Taktik

Es ist ja trotzdem möglich, ankommenden Attacken auszuweichen. Finten darf man ebenfalls setzen. Und während man sich jederzeit hinter seinem Schild verstecken kann, eröffnen nur im richtigen Augenblick ausgeführte Konter starke Gegenangriffe. Warhorse ahmt auf diesem Weg nach, wie z.B. ein Schwertkämpfer eine Attacke nicht nur pariert, sondern zur Seite führt und sich dadurch in Position für einen Gegenschlag bringt. Andere Waffen lassen sich ebenfalls nutzen und jede ermöglicht verschieden lange Angriffskombinationen. Jede Aktion, auch das ständige Hochhalten des Schildes kostet übrigens Ausdauer – es kann also sinnvoll sein, einen Gegner so lange hinzuhalten, bis er müde ist.

Apropos: Um ein Schlafdefizit und das damit verbundene Torkeln zu vermeiden, muss man schlafen - nicht lange, aber regelmäßig. Auch um Verwundungen zu heilen, sind Schlaf und Nahrung notwendig, während Binden Blutungen stillen. Eine Überlebenssimulation wie Rust oder The Forest will Warhorse aber nicht erschaffen. Ich frage nach dem Hacken von Holz zum Entfachen eines Feuers, doch das ist nicht notwendig.

Heute back' ich, morgen schmied' ich...

Wie ich überhaupt darauf komme? Weil man Rüstungen und Waffen schmieden wird, indem man Eisen tatsächlich bearbeitet. Und man wird Tränke brauen, indem man Rezepte aufs Wort befolgt: Die Zutaten müssen unterschiedlich lange gekocht werden (gemessen wird in Sanduhr-Einheiten), dann erst sollte man die nächste Zutat hinzugeben. Diese zwei Elemente werden im kommenden Update allerdings noch nicht enthalten sein.

Der Schmied kann zudem nicht nur reiten, er lernt auch neue Fähigkeiten: Kämpft er viel mit dem Schwert, wird er mit dieser Art Waffe besser und lernt z.B. weitere Angriffskombinationen. Wenige Grundwerte steigern dabei im Verlauf des Abenteuers seine Kondition sowie andere Eigenschaften. Die Anzahl seiner Gesundheitspunkte wird sich allerdings nie ändern, weil das nicht logisch wäre. Ähnlich wie in den ersten beiden Fallout-Spielen gewinnt er dafür Eigenschaften, die ihm ganz bestimmte Eigenheiten verleihen.

Learning-by-doing

Selbst die Kleidung ist nicht die eines gewöhnlichen Abenteurers, denn seinen Oberkörper schützen bis zu vier Schichten Kleidung. Während ihn ein Kettenhemd etwa vor Stichen schützt, dämpft weiche Kleidung die Erschütterung

Landschaften und Orte wurden dem damaligen Böhmen nachempfunden und sollen heute noch, soweit möglich, erkennbar sein.
nach Treffern von Hiebwaffen.

Untypisch ist auch das Bogenschießen, bei dem man sich allein auf Augenmaß und Erfahrung verlassen muss. Es gibt ja weder ein Fadenkreuz noch einen festen Punkt auf dem Bildschirm, an den die Pfeile fliegen. Die Geschosse fliegen vielmehr in Abhängigkeit von Flugdauer und Abschusswinkel. Und auch hier spielt Ausdauer eine wichtige Rolle, denn verlässt den Schmied die Kraft, kann er seine Waffe nicht mehr gerade halten. Geübte Bogenschützen sollen Gegner sehr schnell mindestens schwer verwunden können – bis dies zu sicher gelingt, sollen allerdings viele Schüsse ins Land ziehen.

“Mörder!”

Und noch eine Besonderheit: die Reaktionen der Mitmenschen. Zieht man in ihrer Gegenwart eine Waffe, reagieren sie darauf und bitten vielleicht darum, sie wegzustecken. Tötet man einen von ihnen, melden sie den Vorfall hingegen der Justiz, woraufhin die ganz offiziell nach dem Übeltäter fanden wird. Man kann wohl auch hier ganze Dörfer auslöschen. Ungeschoren kommt man nach einer solchen Tat aber nicht davon, denn die Umwelt wird nicht nach dem Verstreichen einer Frist auf Null zurückgesetzt.

Ausblick

Es ist derzeit zwar nur eine Aufführung von Stichpunkten, doch wenn Warhorse die Versatzstücke des Rollenspiels auf der E3 vorführt, unterstreicht das Studio tatsächlich eins: Kingdom Come: Deliverance könnte ein ganz besonderes Rollenspiel werden, das ganz normale Helden in ein glaubwürdiges Abenteuer versetzt. Die mittelalterliche Welt wird detailgetreu nachgestellt, ohne eine unhandliche Simulation zu sein, und sowohl im Kampf als auch dem Ablauf täglicher Dinge zählt vieles, worauf es in der Realität ankommt. Selbst die Missionen verzichten auf „Du bist neu hier und hattest nie ein Schwert in der Hand, aber töte bitte den König“ - stattdessen ist man als gewöhnlicher Schmied einfach nur im „richtigen“ Moment an den „richtigen“ Orten, um ein Stück Geschichte zu erleben. Warhorse Studios hat noch viel Arbeit vor sich. Dem bisher Gezeigten nach können sie ihre auf Kickstarter gegebenen Versprechen aber einlösen!

Einschätzung: sehr gut