Everybody's Gone to the Rapture - Vorschau, Adventure, PlayStation4, PC

Everybody's Gone to the Rapture
18.06.2015, Benjamin Schmädig

Vorschau: Everybody's Gone to the Rapture

Im Bann des Rätselhaften

Everybody's Gone to the Rapture (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) – endlich! Der Nachfolger zu einem der wichtigsten Spiele der vergangenen Jahre ist auf der E3 erstmals spielbar. Er soll fortführen, was Dear Esther in Gang setzte: neue Möglichkeiten finden interaktiv zu erzählen. Und die E3-Demo hat mich nach wenigen Minuten schon in ihren Bann gezogen!

Ob das neue Spiel von Autor Dan Pinchbeck und Spieldesigner Andrew Crawshaw tatsächlich neue Wege der interaktiven Erzählung findet? Davon bin ich überzeugt, nachdem ich mich eine Dreiviertelstunde in ihrer Welt verloren habe. Dabei tritt Everybody's Gone to the Rapture mit dem ruhigen Entdecken eines offenen Schauplatzes durchaus in die Fußspuren seines geistigen Vorgängers und von z.B. Gone Home. Auch hier erzählen Stimmen von vergangenen Ereignissen, auch hier schaue ich mich um und ziehe Schlüsse aus dem, was ich sehe.

Das verlassene Paradies

Ich sehe das britische Dorf Yaughton, eine idyllische Gemeinde – bis vor kurzem jedenfalls. Menschen treffe ich keine, der Ort ist wie ausgestorben. Ich entdecke eine Sternenwarte, Bücher mit Titeln wie „Chaos Theory“, Koffer, die vor dem Eingang eines Hauses scheinbar plötzlich fallengelassen wurden. Natürlich geht es um die Frage, was in Yaughton geschah. Von „dem Vorfall“ ist die Rede, während geheimnisvolle Lichter noch immer nachleuchten.

Everybody's Gone to the Rapture ist ein weiteres Erzählspiel, dessen Geschichte sich durch das Entschlüsseln von Zeugnissen öffnet. Es ist aber auch ein Spiel, das nicht nur die Vergangenheit beleuchtet. Denn durch den kleinen Ort

Was geschah in Yaughton nach dem "Vorfall"?
bewegt sich eine leuchtende Erscheinung, springt von einem Haus zum nächsten, macht stets an denselben Punkten halt, bevor sie weiterzieht.

Blick in die Vergangenheit

Und sie scheint mit mir zu kommunizieren. Zumindest meine ich Stimmen zu hören, wenn die Erscheinung in der Nähe ist. Sie macht mitunter vor mir Halt, scheint mich zu leiten. Es ist auch nicht das einzige Phänomen, denn immer wieder lausche ich den Gesprächen leuchtender Silhouetten – Überbleibsel des Vorfalls, wie die Aufzeichnung einer von vielen Radioaufnahme behauptet. In diesen Gesprächen lerne ich die Einwohner Yaughtons kennen, ihre Macken und Probleme. Schon nach wenigen Minuten entspannt sich ein Netz interessanter Charakterzeichnungen, dessen Einzelheiten ich nicht vorwegnehmen will.

Es sind die klassischen Elemente des Erzählspiels nach der von Dear Esther geprägten Formel. Sie haben mein Interesse geweckt; ich will wissen, was in Yaughton passiert ist. Doch es ist nicht das, was mich an Everybody's Gone to the Rapture fasziniert. Denn das Interessante ist die Art und Weise, wie der verlassene Ort mit Leben erfüllt ist. Da sind ja nicht nur die hastig liegen gelassenen Koffer. Da sind auch Zigaretten, die halb geraucht noch in den Aschenbechern einer Bar qualmen.

Sekunden nach dem Vorfall?

Da flattert saubere Wäsche im Wind, als wäre sie gerade aufgehangen worden. Da ist nicht zuletzt ein Dorf, dass auch durch die detailversessene Gestaltung seiner Häuser, Wege oder eines kleinen Teichs lebendig wirkt. Und da ist die ständig kreisende Erscheinung, die mir das Gefühl gibt, einen Moment zu erleben, anstatt ihn zu rekonstruieren.

Ganz wichtige Elemente sind außerdem die Gestaltung des Schauplatzes sowie der Ablauf. Denn nach einer kurzen Einführung kann ich mich frei in Yaughton umsehen. Das Dorf ist ein kleines Nest – ich kann aber jederzeit an so vielen Ecken, in so vielen Höfen und in manchen der Häuser so viel entdecken, dass ich nach wenigen Minuten schon das Gefühl verlor, den Brotkrumen eines fertigen Wegs zu folgen. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als den Schauplatz wie einen realen Ort wahrzunehmen und einfach aufzunehmen, woran ich vorbei komme.

Eine echte offene Welt

Durch die idyllische Umgebung und geheimnisvolle Hinweise entsteht eine lebendige Spielwelt.

Die Erscheinung kann dabei als Führer dienen. Weil ich ihren schnellen Bewegungen aber ohnehin nicht folgen kann, ist sie keine Angel, die mich ans Ziel zieht, sondern ein Wegweiser. Ich muss keine der Geschichten aufdecken, die Yaughton versteckt! Es gibt keine Markierungen, keine Karte – es fehlt das drängelnde Gefühl Dinge erledigen zu müssen. Es ist im kleinen Sinne eine echte offene Welt.

Aber das ist sicherlich nur überhöhtes Geschwafel eines verquasten Sinnsuchers, oder? Tatsächlich spreche ich nach einer Dreiviertelstunde einen der Entwickler darauf an - und sie wollten genau diesen Eindruck erzeugen. Ich bin gespannt, was es damit auf sich hat!

Mittendrin

Und ich kann mich übrigens nicht des Gefühls erwehren, selbst Teil der Handlung zu sein – in welcher Form, kann ich nicht sagen.

Ausblick

Everybody's Gone to the Rapture will Spielern das Gefühl vermitteln, an der Geschichte teilzuhaben, anstatt nur Indizien aufzulesen. Und obwohl sich der Nachfolger zu Dear Esther stärker als z.B. Sunset auf die bekannten Versatzstücke des Erzählspiels stützt, gelingt ihm das außerordentlich gut! Bilder, Stimmen und ein famoser Soundtrack lassen Yaughton Wirklichkeit werden – das Geheimnis um ein fliegendes Licht verleiht dem Abenteuer einen mysteriösen Anstrich. Es ist vor allem die Art der Inszenierung, mit der die Entwickler um Dan Pinchbeck einen lebendigen Schauplatz entstehen lassen. Ich bin gespannt! Nicht nur auf das Geheimnis um den Vorfall, sondern auf das Erleben dieser faszinierenden Spielwelt.

Einschätzung: sehr gut