What Remains of Edith Finch - Vorschau, Adventure, XboxOne, PC, PlayStation4

What Remains of Edith Finch
19.06.2015, Benjamin Schmädig

Vorschau: What Remains of Edith Finch

"Ich war eine Katze"

Die wortwörtliche Übersetzung „Was von Edith Finch übrig bleibt“ wird dem Spiel nicht gerecht, denn „Remains“ steht auch für „Überreste“ oder „Hinterlassenschaften“. Und das passt schon eher. Das neue Werk des Entwicklers von The Unfinished Swan ist nämlich kein gewöhnliches Erzählspiel. Es ist eine Sammlung poetischer Kurzgeschichten über die Mitglieder einer recht verschrobenen Familie. Und jede dieser Geschichten endet mit dem Tod ihrer Hauptfigur.

Die Reise beginnt wie so viele nach Dear Esther und Gone Home: Edith Finch kehrt nach langer Zeit in ihr Elternhaus zurück. In der Garage hört sie zwar Geräusche, doch das Haus scheint verlassen. An einer samtgrünen Wand hängen Bilder in wertvollen Rahmen, Bücher stapeln sich auf knorrigen Regalen. Es ist ein edler, irgendwie fantastischer Eindruck.

Irgendwie schräg

Wände gehen nicht immer gerade, sondern versetzt wie Mosaiksteine ineinander über und überhaupt: Schon der erste Blick auf das Gebäude von weit außen machte klar, dass hier nicht alles so sein wird wie anderswo. Inmitten eines dichten Waldes steht das Haus. Rauch steigt aus einem Kamin, der nicht über dem Giebel ragt, sondern einer wagemutigen Konstruktion versetzt gestapelter Stockwerke. Wie verrutschte Tetrisreihen mutet das an.

Man sieht die Welt jetzt aus den Augen des jungen Mädchens. Und das Mädchen hat Hunger. Aus ihrem Zimmer kann sie nicht heraus, weil die Tür verschlossen und das Fenster mit einer starken Kette verriegelt wurde. Unheimlich ist das

Geheimnisvoll und schräg: Das Haus der Familie Finch.
und geheimnisvoll. Aber auf liebenswerte Art auch skurril und sonderbar, wenn das Mädchen deshalb eine sechs Wochen alte Mohrrübe verschlingt, ihren Goldfisch allerdings verschont.

Alte Möhre statt Fisch

Edith sucht sich einen Weg an der Küche vorbei und gelangt schließlich in das Zimmer eines Mädchens. Auch hier: keine Menschenseele. Aber ein Tagebuch. Edith legt es auf die Fensterbank, öffnet es und versetzt sich in die Rolle der Autorin.

Und dann flieht sie aus ihrem Raum. Weil sie sich vorstellt, dass sie eine Katze ist auf dem Baum vor ihrem Fenster. Hunger hat sie noch immer, also jagt sie einen Vogel, später stürzt sie sich in Form einer Eule auf Kaninchen, jagt als Hai im Meer und gelangt schließlich als Tentakelmonster auf ein Schiff, dessen Besatzung ebenfalls ihrem leeren Magen zum Opfer fällt. Man bewegt die Tiere immer selbst, greift per Knopfdruck an – die Handlungsmöglichkeiten sind einfach, aber abwechslungsreich.

"Und ich war eine Katze"

Als Tentakel kehrt sie schließlich nach Hause zurück: Durch die Toilette kriecht sie hinein, in ihr Zimmer und versteckt sich unter ihrem eigenen Bett. Dann wacht sie auf und weiß, dass sie sehr lecker sein wird.

Ausblick

Könnte Ian Dallas ein Tim Burton der Spielewelt sein? Der junge Entwickler hat an gewöhnlichen Geschichten kein Interesse. Er sucht das Besondere, das Fantastische, will Horror und Fantasie in einem Spiel vereinen, das vom Schicksal einer ganzen Familie erzählt – den Einstieg meistert er mit Bravour! Nicht alle Kurzgeschichten werden so absonderlich sein, doch auf der E3 machte What Remains of Edith Finch neugierig, war spannend und spielerisch unterhaltsam. Wer A Nightmare Before Christmas liebt, wird What Remains of Edith Finch vielleicht mit einem großen Lächeln spielen.

Einschätzung: sehr gut