Street Fighter 5 - Vorschau, Prügeln & Kämpfen, PlayStation4, PC, PlayStation4Pro

Street Fighter 5
15.01.2016, Mathias Oertel

Vorschau: Street Fighter 5

Der ultimative Prügler?

"Von Street Fighter 5 (ab 5,89€ bei kaufen) wird es nur eine Version geben." Mit diesem Vorsatz wird Mitte Februar 2016 der neueste Teil der ruhmreichen Prügelserie veröffentlicht. Während abzuwarten bleibt, ob nicht doch irgendwann noch Ultra-, Super- oder sonstige Varianten auftauchen, konnten wir mit einer nahezu vollzähligen Kämpferriege bereits Offline-Duelle bestreiten. Wie sich Street Fighter 5 anfühlt und welche Pläne Capcom mit dem Beat-em-Up hat, verraten wir in der Vorschau.

Beim Vorgänger, der seit Anfang 2010 (auf 360) bis hin zur Ultra-Variante auf PS4 in zahlreichen, inhaltlich meist inkompatiblen Versionen erschien, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Welche Inhalte findet man wo? Welche Figuren sind in was für einer Variante mit welchen Tweaks spielbar? Mit welchen freispielbaren Kostümen? Mit dieser Konfusion mussten aber nicht nur Normalspieler fertig werden. Die Versionsvielfalt hat dafür gesorgt, dass Teil 4 für den eSport nur eingeschränkt tauglich war. Das soll laut Produzent Yoshinoro Ono mit Street Fighter 5 anders sein. Es werde nur eine einzige Version geben, die über den gesamten Lebenszyklus stets auf den neuesten Stand gebracht sowie mit frischen Inhalten versehen werden soll. Angesichts des neuen eSport-Fokus bei den kompetitiven Prügeleien ergibt diese Politik Sinn. Und aus Publisher-Sicht ist auch die Exklusivitäts-Vereinbarung sinnvoll, die Sony mit Capcom getroffen hat. Wer Street Fighter 5 auf Konsole spielen möchte, braucht eine PS4 - und damit hat man ein weiteres schlagkräftiges Argument für das Sony-System. Immerhin nimmt man gleich zum Start am 16. Februar auch die PC-Spieler mit ins Boot, die sich sogar auf systemübergreifende Duelle freuen können.

Einer für alles

Der aufpolierte Comic-Look sieht noch besser aus als im Vorgänger - der Wow-Effekt aus Street Fighter 4 stellt sich jedoch nur noch selten ein.
Dass die erste Beta-Phase mit überlasteten Servern und dementsprechend massiven Problemen zu langen Gesichtern auf Spielerseite geführt hat, sieht Capcom trotz der verständlichen Enttäuschung als gelungene Lernphase. Wenn zum Start Mitte Februar alles glatt läuft, wird jeder zustimmen. Und dass man daraus gelernt hat, konnte man zuletzt Mitte Dezember mit dem letzten Betatest erfahren. Das Geheimnis, um den Lag zu minimieren, soll eine neue Technologie werden, die im Wesentlichen ausgehend von der aktuell ausgeführten Animation die nächsten möglichen Bewegungsabläufe vorausschauend in den Speicher holt, so dass die Engine sich auf die wichtige akkurate Erkennung der Kollisionen konzentrieren kann. Und das geht größtenteils auf: Während des guten Dutzends Matches, die wir im Rahmen der letzten Beta veranstaltet haben, kam es nur bei zwei Duellen zu unschönen Lags – die anderen liefen sauber. Grundlage für diese Vorschau ist jedoch eine Offline-Version, in der wir mit 15 der 16 zum Start verfügbaren Kämpfer 1-gegen-1-Duelle in zahlreichen Arenen austragen konnten. Einzig der auf der PlayStation Experience angekündigte F.A.N.G. war noch nicht mit von der Partie. Dementsprechend werden wir die Online-Performance im Februar zum Start unter Live-Bedingungen nochmals genauer unter die Lupe nehmen.

Cammy ist eine alte Bekannte unter den 16 Kämpfern, die zum Start verfügbar sein werden.
Ja: Street Fighter 5 sieht mit seinem Comic-Look richtig gut aus. Die Bewegungen sind ebenso geschmeidig wie vielfältig. Die Effekte sind sehenswert, die Spezialangriffe überzeugen mit rasanten Kameraeinstellungen. Die farbenfrohen Hintergründe bieten wie die Figuren viele kleine Details, wenngleich nur wenig Interaktion mit der Umgebung geboten wird - da sind westliche Prügler aus dem Hause Netherrealms wie Injustice oder Mortal Kombat X weiter. Der Fokus ist bei Street Fighter aber traditionell ein anderer und daran hält man auch hier fest. Es kommt hier wie immer auf die Fertigkeiten am Pad sowie die Kenntnis von Bewegungen und Kombos an, damit man rechtzeitig framegenau ausweichen oder kontern kann. Ungeachtet dessen werde ich aber noch nicht so richtig warm mit der Kulisse. Vielleicht, weil ich mir einen noch höheren Qualitätssprung erhofft hatte, evtl. sogar den Schritt weg vom Comic – obwohl dieses Stilmittel Prüglern im Allgemeinen sowie Street Fighter im Besonderen zweifellos gut zu Gesicht steht. Aber der Wow-Faktor, den der Vorgänger bei seiner Premiere generieren konnte, stellte sich auch nach zwei Stunden nicht bei mir ein. Es sieht jederzeit klasse aus, aber auch nicht mehr so außergewöhnlich wie der Vorgänger vor fünf Jahren.

Wo ist der Fortschritt?

Chun-Li ist seit Street Fighter 2 eine feste Größe in der Beat-em-up-Serie und darf natürlich auch hier nicht fehlen.
Die Kampfmechanik scheint auf den ersten Blick ebenfalls nur wenig Fortschritte gemacht zu haben. Wie soll man auch etwas verbessern, was seit Jahr und Tag die Spielbarkeit von Arcade-Prüglern einerseits definiert sowie andererseits maßgeblich beeinflusst hat? Wie kann man etwas verfeinern, das jeher bei Cracks die Anschaffung eines so genannten "Fight Sticks" als Zusatzhardware nötig macht, mit der dem man nicht nur größtmögliche Kontrolle, sondern auch pures Spielhallengefühl ins Wohnzimmer holt? Nun, ich kann nur als passionierter "Normalspieler", sprich: als Pad-User sprechen, der auch bei den Duellen gegen Capcom (natürlich mit Fight Stick) auf das Gamepad der PS4 setzte. Die gewohnt saubere Kollisionsabfrage hat sich in den zahlreichen Duellen keine Blöße gegeben. Und die bekannte Mechanik mit ihren Schlägen und Tritten in drei Intensitäts-Stufen, die durch gutes Timing sowie die richtige Position zu potenten Kombinationen zusammengesetzt werden, funktioniert hier so überzeugend wie erwartet. Allerdings hatte ich im Vergleich zu den Vorgängern das Gefühl, die Figuren noch stärker unter Kontrolle zu haben. Die üblichen Sonderattacken, die z.B. über Viertelkreise mit anschließender Angriffstaste abgerufen werden, gingen leichter von der Hand. Und auch bei der Buttonmash-Probe blieb das Gefühl zurück, dass man mit diesem unehrenhaften Kampfstil etwas mehr Chancen auf Erfolg hat als noch in den älteren Ablegern. Oder aber der uns besuchende Capcom-Vetreter hat mich positiv stimmen wollen und mir daher größere Chancen gelassen!?!

Doch selbst wenn man als Knopfhämmerer dieses Mal effektiver ist als in Street Fighter 4, wird man einem Spieler, der die Figur und ihre Kombos ebenso kennt wie die Frames, während derer man beim Gegner eine Chance zum Konter hat, stets unterlegen bleiben - und das ist auch gut so. Denn während man einerseits Anfängern einen leichteren Zugang gewährt und diese sich an gleichermaßen effektiven wie gut inszenierten Schlagabfolgen erfreuen können, haben Profis wieder viel zu tun, um die Feinheiten zu studieren und zu üben. Denn natürlich gibt es auch wieder eine Trainingsarena. Fähigkeiten behalten im Zweifelsfall immer die Oberhand - auch wenn hier und da mal ein Lucky Punch mehr als üblich zu finden ist. Und es findet sich unter der Haube nicht nur Feintuning, das dafür sorgt, dass sich auch klassische Charaktere wie Ryu oder Ken ein wenig anders spielen als man es kennt. Überhaupt hinterließen die 15 zur Verfügung stehenden Figuren einen angenehm unterschiedlichen Eindruck: Von Kraftprotzen wie Zangief oder Necalli bis hin zu schnellen Figuren wie Cammy bzw. Chun-Li oder den Reichweitenmonster Dhalsim und Birdie bietet die Mischung aus bekannten, neuen sowie nach Pause wieder kehrenden Figuren eine ordentliche Bandbreite.

Vom EX zum V

Nein, dies ist nicht Dead or Alive. Doch die Brasilianerin Laura geizt nicht mit tiefen Einblicken...
Und dann gibt es ja auch noch die neue "V-Leiste", die die EX-Leiste ergänzt. Während die eine (EX) sich dadurch auflädt, dass man erfolgreich Angriffe durchbringt, wird V bei Treffern gefüllt, die man einstecken muss. Und während man EX für die Verstärkung von Spezialangriffen bis hin zu den als "Critical Arts" nutzen kann, wird V-Energie für drei neue Techniken genutzt: V-Fähigkeiten, V-Konter und V-Trigger. Vor allem die individuellen V-Fähigkeiten, die häufig defensive Funktion haben, bringen eine neue Ebene in die dynamischen Auseinandersetzungen. Ganz zu schweigen von den V-Triggern, die u.a. (charakterabhängig)  mit Kraftverstärkern usw. die Gegner unter Druck setzen und ebenso wie die EX-Bewegungen leicht abzurufen sind. Für den V-Trigger muss man nur den schweren Tritt zusammen mit dem schweren Schlag aktivieren. Die Critical Arts erreicht man über "Doppel-Hadoken" (also zweifachen Viertelkreis) plus Schlag bzw. Tritt. Das Ergebnis sind potente, coole sowie häufig witzig inszenierte Attacken, die im richtigen Moment über Sieg und Niederlage entscheiden können.

Die Mimik bei Treffern ist vielsagend.
Mit der Rückkehr der "Stun"-Anzeige wird ebenfalls gezeigt, dass Street Fighter 5 auf eine kontrollierte Offensive wert legt: Hat man den Gegner kurz vor dem "Betäubungszustand" geht man vielleicht das bisschen Extra-Risiko ein, um ihn dorthin zu prügeln und wird dabei vielleicht etwas unvorsichtig. In jedem Fall wirken die Mechaniken in sich sehr rund. Die Gefechte machen offline einen Heidenspaß und man kommt schnell in die verheerende "Ach-einen-Kampf-noch"-Schleife. So wird aus einem Best-of-5 schnell ein Best-of-99! Ob sich das auch online fortsetzt, muss die fertige Version zeigen, die auch beweisen muss, dass sie nicht nur einen kompetitiven eSport-Fokus setzt, sondern auch Solisten mit Inhalten fesseln kann.

Alles auf Angriff

Auch das Thema Season Pass bzw. die Frage der Zeit-vs-Geld-Investition muss nach Veröffentlichung geklärt werden. 30 Dollar für (vorerst) sechs Figuren hört sich nach einer Menge Zeit an, die man im Gegenzug investieren muss, wenn man Guile, Balrog, Urien, Alex, Ibuki und Yuri nur über den Einsatz von "Fight Money" freischalten möchte.

Ausblick

Auf die Qualität des Netzcodes werden wir trotz des letzten Betatests erst in der ausgiebigen Testphase nach der Veröffentlichung Mitte Februar eingehen. Ebenso auf die verschiedenen Modi, die Solisten und Duellanten zur Verfügung stehen oder die Freischaltfrage, die Zeit und Geld gegenüberstellt. Was sich jedoch jetzt schon abzeichnet, ist die technische Qualität und die enorm hohe Spielbarkeit. Die Einstiegsschwelle ist so gering wie nie zuvor bei einem Street Fighter. Anfänger kommen zu schnellen Erfolgen, während Profis sich in die framegenaue Steuerung einarbeiten und auf die Suche nach den besten Kombos machen. Die Figuren spielen sich in den ersten Stunden angenehm unterschiedlich, was auch durch die Ergänzung der Mechaniken durch die neuen V-Angriffe begünstigt wird, die sehr leicht zu erreichen sind und den Kämpfen eine weitere Komponente hinzufügt. Einzig die Kulisse enttäuscht mich auf sehr hohem Niveau. Der Comicstil passt zwar ebenso gut wie beim Vorgänger und sieht besser und detailliert aus als je zuvor. Doch der Wow-Effekt wie seinerzeit bei Street Fighter 4 mag sich nicht einstellen. Doch ungeachtet dessen ist Street Fighter 5 spielmechanisch auf dem besten Wege, erfolgreich das schwere Erbe anzutreten, das Ryu & Co bis hin zur Ultra-Version auf PlayStation 4 hinterlassen haben.