Planet Coaster - Vorschau, Taktik & Strategie, PlayStation5, PC, PlayStation4, XboxSeriesX, XboxOne

Planet Coaster
11.08.2016, Mathias Oertel

Vorschau: Planet Coaster

Aufbau in der Überholspur

Sommerzeit ist Themenparkzeit. Doch die virtuellen Bauherren unter den Achterbahnfreunden schauen seit Jahren in die Röhre. Ja: Atari ackert und rackert, um mit RollerCoaster Tycoon World die Serie adäquat in die Zukunft zu führen. Doch parallel arbeiten die Elite-Macher von Frontier rund um David Braben an Planet Coaster (ab 28,99€ bei kaufen). Wie stehen die Chancen, nach RollerCoaster Tycoon 3 ein weiteres Mal den Traum eines eigenen Vergnügungsparks wahr werden zu lassen?

Nach dem Sprung in die dritte Dimension, den Frontier mit RollerCoaster Tycoon 3 im Jahr 2004 bravourös bewältigte, schienen die Wirtschaftssimulationen um den Aufbau, die Instandhaltung und die finanzielle Optimierung eines Vergnügungspark ausgereizt. Was sollte auch noch kommen? Zumal man der Kulisse im Allgemeinen ihr Alter mittlerweile zwar ansehen kann, sie aber auch nach heutigen Maßstäben immer noch einen ordentlichen Eindruck hinterlässt. Doch die Zeit scheint reif dafür, ein weiteres Mal die Pforten zu den Themenparks zu öffnen und immer höhere, immer schnellere Achterbahnen zu bauen.

Der Himmel ist die Grenze

Dank des modularen Systems sind beim Gebäudebau und der Verlegung der Weg kaum Grenzen gesetzt - und einfach zu bedienen ist es auch.
In der Alpha, die derzeit in der Version 0.2.3 gespielt werden kann und die für die demnächst startende Early-Access-Phase auf Steam in einiger Hinsicht ausgebaut werden dürfte, liegt der Fokus auf der Präsentation der Technik sowie dem Bau von Gebäuden, Wegen und Achterbahnen. Wirtschaftliche Aspekte wie Eintrittspreise (global oder pro Fahrgeschäft), Einkauf und Verkauf von Merchandising  sowie Speisen oder Getränken spielen hier noch keine Rolle. Zwar verfügt jeder Parkbesucher bzw. jede Gruppe (wie z.B. eine Familie) über ein bestimmtes Budget, doch momentan bestimmt Planet Coaster beim Bau eines Fahrgeschäftes einen Standardpreis. Daher hat man zur Zeit noch nicht die Möglichkeit, z.B.  ältere Attraktionen über einen günstigen Preis oder gar den Gratisbetrieb wieder in den Fokus der Besucher zu rücken und so evtl. die Gäste in andere, bislang weniger frequentierte Parkbereiche zu locken.

Zufriedene Gäste geben mehr Geld aus. In der Alpha spielen wirtschaftliche Aspekte jedoch noch keine große Rolle.
Auf den ersten Blick wirken die bislang zur Verfügung stehenden Werkzeuge  des modularen Systems kompliziert. Doch ohne große Mühen gehen bereits nach kurzer Zeit auch komplexe Streckenkonstruktion einfach von der Hand. Anfänglich ist das Verbinden von normalen Gehwegen und Warteschlangen bzw. Ausgangspfaden trotz halbautomatischen Andockens etwas hakelig und führt zu unschönen Kurven und Gabelungen – doch auch hier kann man nach minimaler Eingewöhnung bessere Ergebnisse erzielen. Gleiches gilt für die Gebäude, die man aus einer enorm hohen Anzahl von Mauerversatzstücken, Fenstern, Türen, Dächern, Dekorationen und Schildern schnell zusammenklickt. Wer etwas mehr Zeit investiert, wird natürlich stimmungsvollere Umgebungen aufbauen können. Doch auch in der Schnellbauweise lassen sich passabel aussehende Häuser oder Themenbereiche errichten. Wichtig: Es gibt derzeit noch keine vorgefertigten Bauten, was insofern bedacht werden sollte, da auch die Stände für Burger, Getränke etc. in Mauerwerk eingefasst werden sollten. Mit der geplanten Anbindung  an den Steam Workshop sollte aber in kurzer Zeit eine stattliche Anzahl an Community-Kreationen zur Verfügung stehen, die Spielern mit entweder kurzer Geduldslunte oder wenig Zeit die Arbeit abnehmen.

Architekt ohne Einstiegshürde

Bei den Standard-Fahrgeschäften geht es noch einfacher: Platzieren, Ein- und Ausgang festlegen, mit den Hauptwegen verbinden - fertig. Und natürlich geht auch der Bau der Achterbahnen vergleichsweise leicht von der Hand. Um aufwändigere Konstruktionen wie unterirdische Tunnels, Überlappungen mit anderen Attraktionen oder das Durchqueren von Gebäuden zu ermöglichen, benötigt man zwar etwas mehr Zeit. Aber da auch hier das Feintuning intuitiv vonstatten geht, stellt man gleichermaßen überrascht wie entsetzt fest, dass man schon wieder die letzten drei  bis vier Stunden damit verbracht hat, entweder das Fahrgeschäft oder das Umfeld zu optimieren - wenn es sein muss auch durch tiefergehende Eingriffe in die Umgebung wie Landschaftsarchitektur. Wie soll das erst werden, wenn in der finalen Version auch Fahrgeschäft-Telemetrie, das Park-Management inkl. Angestellter, das gesamte Wirtschaftskonzept, die Blaupausen etc. integriert sind? Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie viele Stunden ich in die Themenparks versenken oder einfach nur die Fahrten in meinen Achterbahnen genießen werde. Denn selbstverständlich kann man auch hier wieder direkt im Fahrgeschäft Platz nehmen und das Erlebnis aus erster Hand testen und erfahren - und wer weiß, vielleicht baut Frontier ja auch noch einen VR-Modus ein? Erfahrung mit der Hardware hat man dank Elite: Dangerous ja bereits gesammelt.

Jeder Gast im Park wird akkurat abgebildet und bewegt sich gemäß seiner Wünsche, Bedürfnisse und der Kapazität seines Geldbeutels.
Die Zeiten, in denen Besucherzahlen der virtuellen Parks im Rahmen der Berechnungen stilisiert wurden, sind vorbei. Wenn Planet Coaster sagt, dass 400 Besucher im Park sind, dann könnte man sich die Mühe machen und sie alle zählen - man würde auf das richtige Ergebnis kommen. Trotz des dadurch entstehenden Wuselfaktors, immerhin hat jeder Gast oder jede Gruppe ihre Bedürfnisse, denen sie nachkommen möchte, konnten wir bislang keinerlei technische Einschränkungen feststellen. Beim Einzelklick auf die Figuren, wenn man z.B. feststellen möchte, wie sie über den Park denken oder wie es mit ihren Finanzen aussieht, stoppt das Geschehen zwar für einen unschönen Sekundenbruchteil. Doch bis zum geplanten Release im vierten Quartal - und damit annähernd zeitgleich zu dem von RollerCoaster Tycoon World - ist noch genug Zeit, um hier zu optimieren. Denn der Rest läuft schon jetzt erstaunlich flüssig und stabil.

Jeder Besucher ein Gast

Dabei hat Frontier für das bislang gezeigte glaubwürdige Figurenverhalten der Besucher eine KI-Routine entwickelt, die versucht, das über die Wegführung vorgegebene Parkdesign ebenso einzubeziehen wie die Art der Person bzw. Gruppe, ihre finanziellen Mittel und ihre individuellen Wünsche. Eine Familie wird sich mit anderen Schwerpunkten durch das Gelände bewegen als ein Pärchen oder ein Gast, der solo unterwegs ist. Das alles sollte man bei der Planung seines Traumparks bedenken. Denn sobald die Wirtschaftsaspekte integriert sind, die hoffentlich im Rahmen einer Kampagne aufeinander aufbauend erläutert werden, geht es nicht nur um die Ästhetik.

Ausblick

Planet Coaster ist eine wahrhaft mächtige Sammlung von Bau-Werkzeugen. Wege, Achterbahnen, Gebäude: Den Möglichkeiten scheint nur durch die eigene Fantasie und in gewissem Maße auch die eigene Geduld eine Grenze gesetzt. Und das alles ist trotz der komplexen Möglichkeiten erstaunlich intuitiv, technisch weitgehend sauber und angetrieben von einer bereits in der Alpha einen guten Eindruck hinterlassenden KI, die ihren Bedürfnissen ebenso folgt wie ihrem Geldbeutel. Mit nur wenigen Klicks kann man seine Park-Basis errichten und dann Stunden damit verbringen, das Areal zu verschönern und zu optimieren, um den Besuchern das Geld so beiläufig wie möglich aus der Tasche zu ziehen. Die Wirtschaftsaspekte sind in der vor allem auf Bedienung und Technik ausgerichteten Alpha allerdings nur rudimentär integriert, so dass abzuwarten bleibt, inwieweit man in die Finanz-Strukturen der Shops, Fahrgeschäfte usw. eingreifen kann. Doch ausgehend von den enormen Optionen, die man beim Bau zur Verfügung hat, dürfte man auch hier zum Release oder vielleicht sogar schon zum Start der Early-Access-Phase  mehr als genug Möglichkeiten vorfinden, um auch finanziell an allen Ecken und Enden schrauben zu können. Und wer keine Lust oder Zeit hat, sich haarklein mit dem Gebäudebau zu beschäftigen, wird mit der Anbindung an den Steam Workshop und der Unterstützung der schon jetzt rege bauenden Community genug Material finden. Dem unausweichlich scheinenden Kampf mit RollerCoaster Tycoon World kann Planet Coaster gelassen entgegen blicken. Die Aufbau-Strategie soll im vierten Quartal für PC erscheinen. Die dritte Alpha-Phase beginnt am 23. August.

Einschätzung: sehr gut