Star Citizen - Vorschau, Simulation, VirtualReality, PC
Bei der gamescom 2016 präsentierte Chris Roberts hinter verschlossenen Türen die nächsten großen Schritte bei der Dauerbaustelle Star Citizen - quasi als Vorgriff auf die Vorstellung bei der kürzlichen Live-Demonstration. Die eineinhalbstündige Präsentation, die ihr hier komplett im Video ansehen könnt, drehte sich hauptsächlich um die Alpha-Version 3.0, die, wenn alles nach Plan läuft, Ende des Jahres zur Verfügung stehen soll - wobei sich Roberts generell von festen Terminplänen verabschiedet hat und neue Bestandteile erst veröffentlicht werden sollen, wenn sie technisch und spielerisch ordentlich sind.
Mit Alpha-Version 3.0 wird alles größer
Die spielbaren Elemente in der Alpha-Version werden somit sukzessive erweitert. Darüber hinaus darf man weitere Aktionen mit Nicht-Spieler-Charakteren (NPCs) z.B. auf Raumstationen, einen Tag- und Nachtzyklus bei den NPCs, komplexere Missionen sowie Begegnungen mit Gegnern und Einsätze, die sich um wirtschaftliche Belange drehen, erwarten. Doch all dies stand nicht im Mittelpunkt der Präsentation. Der Fokus in der Live-Demo richtete sich auf die prozedurale Erstellung von Planten, das Landen auf Himmelskörpern und vor allem die Größe bzw. das Ausmaß des Universums. No Man's Sky verblasst natürlich in
technischer Hinsicht gegen das von Cloud Imperium Games geschaffene Spiel.Die Alpha-Voersion 3.0 wurde mit einer von den Entwicklern erstellten und damit nicht zufällig generierten Mission vorgestellt. Alles beginnt auf der Raumstation "Port Olisar", im Orbit des Gasgiganten Crusader (in der aktuellen Version enthalten). Auf der Raumstation erhält man eine Mission, beginnend mit einem Eintrag im Video-Tagebuch als holographische Projektion. Miles Eckart, ein glatzköpfiger Mann, spricht von einer interessanten Job-Möglichkeit für aufstrebende Persönlichkeiten. Doch dazu müsse man ihn persönlich besuchen, und zwar nicht auf einer Raumstation, sondern in einer Bergbaustation auf der Oberfläche eines Planeten. Also nichts wie hin. Der Spieler läuft zu seinem Raumschiff (Freelancer) auf dem Landedeck einer Raumstation. Dort wartet schon ein zweiter Spieler. Dieser nimmt die Position des Piloten ein, während der gespielte Hauptcharakter sich bequem zum Planeten chauffieren lässt - später übernimmt der Chauffierte auch die Kontrolle über eine Bordkanone bzw. einen Geschützturm.
Vom Weltraum bis auf den Planeten
Auf der Sternenkarte im Cockpit wird der Zielplanet ausgesucht, der Kurs festgelegt und der Hyperraumantrieb aktiviert. Die Distanz von einer Million Kilometer soll man laut Roberts in vier bis fünf Minuten überwinden können. Zu Demozwecken wurde die Flugzeit jedoch verkürzt. Kurz vor dem Planeten verlässt die Freelancer den Hyperraum. Der Anflug auf den Planeten beginnt. Das Schiff dringt in die Atmosphäre ein, Flammen umschließen das Cockpit und der Planet kommt näher und näher. Erst jetzt erkennt man die wahren Ausmaße des Planeten.
Die Sichtweite ist dabei nicht limitiert (z.B. mit Nebel), versichert uns Roberts. Diese Aufgabe übernimmt vielmehr die Krümmung des Planeten - und gerade im Vergleich zu No Man's Sky ist alles viel größer. Zwischendurch, beim Eintritt in den Planetenatmosphäre, war kurz ein Ruckler zu sehen, aber Roberts stellte mir gegenüber klar, dass dies kein versteckter Ladebildschirm oder so etwas sei. Neben diesem Problem waren noch viele weitere Bugs und Macken erkennbar, wie flackernde Texturen, seltsame Schattendarstellungen und Synchronisation-Schwierigkeiten - es ist halt eine Alpha-Version.
Die Planetenoberfläche wird prozedural generiert, um Speicherplatz zu sparen. Komplett dem "Zufall" überlassen ist Erstellung nicht. Die Entwickler legen Rahmenwerte wie "felsig" oder "unbelebt" fest, setzen mögliche Klimazonenübergänge und geben die Plätze für manuell erstellte Objekte, wie z.B. die Minenstation, auf der Oberfläche, vor. Auch andere Dinge wie herrenlose Frachtkisten wird man wohl finden können.
Ein generierter Steinhaufen
Die Oberfläche des Planeten kommt immer näher und näher. Langsam werden hohe Berge, riesige Täler und eine zunächst mickrig wirkende Bergbaustation sichtbar. Pflanzen, Tiere und Co. sind auf der Oberfläche des kargen Gesteinsbrockens nicht zu sehen - soll es aber später auf anderen Planeten geben. Der Landeanflug auf die Station erfolgt frei und man könnte prinzipiell überall landen. Der Spieler steigt aus der Freelancer aus, wieder ein nahtloser Übergang, betritt den Aufzug der Minenbasis. Währenddessen hebt der Freelancer-Pilot wieder ab und beobachtet wie sich der Pilot auf der Oberfläche zum Aufzug bewegt und damit tiefer in die Basis vordringt. Um zu verdeutlichen, dass sich die Spieler im Gegensatz zu No Man's Sky sehen können, bewegen sich
demonstrativ beide Personen und winken einander zu.In der detailliert und zugleich heruntergekommen wirkenden Stationen passiert man einen Handelsbereich, sieht andere Spieler-Charaktere, trifft auf Nicht-Spieler-Charaktere mit eigenen Tagesabläufen und setzt sich letztlich zu Miles Eckart an einen Tisch in der Bar. Eckart ist - ebenso wie in der Videobotschaft - ein detailliert gestalteter Charakter mit tollen Gesichtsanimationen. Er wurde ursprünglich als Nebenfigur für den Einzelspieler-Modus Squadron 42 entworfen, nun aber auch ins persistente, offene Online-Universum übertragen. In dem Gespräch erklärt er, dass er von einem verlassenen Schiff gehört hätte und er gerne die "Blackbox" in die Finger bekommen würde. Das ist also die Mission. Und zurück geht es zur Freelancer. Nein, Teleportation oder Schnellreise gibt es nicht. Da das Ausmaß der Welt und der Online-Charakter im Vordergrund stehen sollen, wird man solche Strecken erneut laufen dürfen. Diese Entschleunigung zur Verstärkung der immersiven Kraft des Spieluniversums ist laut Roberts so gewollt und könnte später durch andere Ereignisse aufgelockert werden. Hoffentlich ist das auch so.
Die Entdeckung der Entschleunigung
Die Freelancer hebt von der Oberfläche ab, stößt in den Weltraum vor und springt zu den Koordinaten, die Eckart vorgegeben hat. In dem Trümmerfeld des in der Mitte zerbrochenen Schiffes befinden sich zwei feindliche Schiffe, die mit den Bordwaffen und dem Geschützturm schnell ausgeschaltet sind. Am Wrack angekommen, verlässt der Spieler die Freelancer und bewegt sich in der Schwerelosigkeit mit seinem Raumanzug plus "Jetpack" zu dem havarierten Schiff. In den Gängen, in denen diverse Gegenstände schwerelos umherfliegen, treiben sich zwei ungebetene Gäste herum, die wie in typischen Ego-Shooter-Gefechten ziemlich schnell ausgeschaltet sind - u.a. deswegen, weil die Computerintelligenz bisher nicht "so gut" im Kampf in der Schwerelosigkeit ist.
Wo ist die Blackbox?
Doch erstmal wird das zerstöre Schiff weiter untersucht und siehe da, ein intakter, herrenloser Schwebegleiter (Dragonfly) steht im Laderaum. Diesen reist sich der Spieler unter den Nagel und überführt das Fahrzeug in den Laderaum der Freelancer. Weiter geht es mit dem Landeausflug auf dem Planeten. Dann geht esalles ganz schnell: Die Dragonfly wird auf der Oberfläche ausgesetzt und der Pilot gibt vom Raumschiff aus Feuerunterstützung, denn die Piraten verteidigen die Schätze, die sie geborgen haben. Die ebenfalls von menschlichen Spielern gesteuerten Piraten nutzen eine Dragonfly und einen Rover.
Zwei Bodenfahrzeuge der Piraten kämpfen also gegen ein Raumschiff und einen Schwebegleiter. Trotzdem ist die Bedrohung schnell ausgeschaltet. Der Spieler dringt ins Lager vor, nimmt das Objekt der Begierige (eine stinknormale "Kiste") in die Hand und will sie zur Freelancer bringen. Doch beim Abflug gibt es eine Überraschung: Eckart ruft den Spieler erneut, meldet doch Besitzansprüche an und untermauert seine Forderungen mit Raumschiffen, die den Abflug blockieren …Damit endete die Präsentation von Alpha 3.0. Ansonsten stellten die Entwickler klar, dass die Alpha-Version 2.5 (Trailer) mit der Raumstation GrimHex in den nächsten Tagen für alle Spieler veröffentlicht werden soll. "Kurz darauf" soll es mit dem Ego-Shooter-Modul "Star Marine" (sollte ursprünglich letztes Jahr erscheinen) weitergehen. Es wird ein rundum verbessertes Shooter-Gefühl versprochen. Zu Squadron 42, also der Einzelspieler-Variante, will sich Roberts bei der CitizenCon 2016 im Oktober äußern.
Alpha 2.5 im Anmarsch
Ausblick
Keine Frage: Star Citizen ist noch immer eine Großbaustelle, aber es ist die interessanteste und vielleicht sogar zu ambitionierte Baustelle in der Spielwelt. Neben all den beeindruckenden Größendimensionen von den Planeten bis zu den Flugdistanzen, den fließenden Übergängen zwischen all den Elementen, der stetigen Zelebrierung von kleinen Details (z.B. beim Einstieg in die Raumschiffe) und der stellenweise unfassbar eindrucksvollen Grafik zeigt sich, dass sich aus den Kleinteilen (sehr) langsam ein Gesamtwerk ergibt, das in sich stimmig ist. Allerdings wirken die einzelnen Elemente noch unterschiedlich weit fortgeschritten. Die Weltraumgefechte und die Planeten-Landungen können überzeugen. Anders die Shooter-Gefechte, die mit schwacher KI zu kämpfen haben. Über die Abwechslung sowie die Inhalte in der offenbar bewusst entschleunigten Welt lässt sich praktisch nichts sagen. Zudem hadert das Weltraumabenteuer mit vielen kleinen Kinderkrankheiten, nicht funktionierenden Elementen, flackernden Texturen/Schatten und herumspringenden Positionen von anderen Mitspielern - typisch Alpha, aber mit jeder Erweiterung wird alles noch komplexer und bietet noch mehr Raum für Fehler. Trotz der Macken und Probleme überzeugten mich die große Vision und die Leidenschaft dahinter und natürlich die technische Umsetzung, die mich nach wie vor ins Staunen versetzt. Ja, das Projekt ist gigantisch und es ist noch Jahre von der "Fertigstellung" entfernt, aber wenn es so weitergeht, bin ich mehr als zuversichtlich und höchst gespannt!
Ersteindruck: gut