Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske - Vorschau, Action-Adventure, PlayStation4, XboxOne, PC

Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske
06.10.2016, Michael Krosta

Vorschau: Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske

Genie und Wahnsinn

Mit Dishonored gelang den Arkane Studios 2012 ein Achtungserfolg: Dabei kam die gelungene Mischung aus übernatürlicher Schleich-Action, verschiedenen Herangehensweisen und dem außergewöhnlichen Stil so gut an, dass Bethesda grünes Licht für eine Fortsetzung gab. Jetzt konnten wir Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske (ab 5,70€ bei kaufen) erstmals ausführlich spielen...

Kennt man den ersten Teil, findet man sich schnell zurecht: Die Entwickler halten an der bewährten Mechanik fest und geben dem Spieler wieder eine ganze Reihe an Fähigkeiten an die Hand, wenn sie zuvor die nötigen Knochenartefakte oder magische Runen gefunden haben. Dazu gehören z.B. die Nachtsicht oder das Verlangsamen der Zeit, aber auch neue Optionen wie der Shadow Walk, mit dem man sich zumindest als Emily kurzzeitig in eine Kreatur verwandelt, die nahezu unsichtbar durch die Gegend krabbelt. Im Zentrum steht aber erneut die Möglichkeit, sich in einem begrenzten Radius an eine bestimmte Stelle zu teleportieren und dadurch z.B. Wachen elegant zu umgehen. Alternativ schleicht man sich von hinten an und schickt Gegner entweder mit einem Würgegriff oder einem Betäubungspfeil ins Reich der Träume. Wer dagegen lieber auf tödliche Gewalt setzt, kann sich ebenfalls austoben, denn neben der scharfen Klinge finden sich wieder einige Wummen im Arsenal, mit denen man ein wahres Gemetzel veranstalten kann. Im Vorgänger führte der Fokus auf das Stapeln von Leichen allerdings zu einem düsteren Ende. Auch hier kann man davon ausgehen, dass man eher dazu motiviert werden soll, den unauffälligen Weg zu wählen – auch weil Munition eher Mangelware ist und man teilweise schon beim Kampf gegen zwei Feinde gleichzeitig

Mit einem guten Timing lassen sich Angriffe mit dem Schwert parieren.
ordentlich ins Schwitzen kommt. Zwar lassen sich viele Angriffe wie gewohnt durch gutes Timing mit der Klinge parieren, aber ist man umzingelt, stößt man auch mit dem Blocken an seine Grenzen – vor allem, wenn die Widersacher von Schusswaffen Gebrauch machen.  

Das alte Gefühl

Die Mission, die wir sowohl mit Corvo, dem Protagonisten des ersten Teils, als auch mit Emily Kaldwin absolvieren durften, führte uns nach einer kleinen Gondelfahrt in das spektakuläre Maschinenhaus des Großerfinders Kirin Jindosh. Und dieser leicht durchgeknallte Herr macht seiner Bezeichnung alle Ehre: Er ist nicht nur der Vater der so genannten Clockwork Soldiers – stylische Roboter mit einer künstlichen Intelligenz, die als moderne Wachhunde eingesetzt werden und sich im Kampf als zähe sowie agile Gegner erweisen. Auch sein Maschinenhaus ist ein architektonisches Meisterwerk, denn die Räume des prunkvollen Anwesens lassen sich mit der Hilfe von mechanischen Konstruktionen verschieben und völlig umgestalten.

Im Maschinenhaus des Großerfinders

Mit den Clockwork Soldiers ist nicht zu spaßen.
Das sieht nicht nur unglaublich cool aus, wenn man dem Hebel betätigt und sich der spektakuläre Umbau direkt vor den eigenen Augen abspielt. Es stellt gleichzeitig auch den Orientierungssinn auf eine harte Probe, wenn man sich innerhalb dieses Irrgartens auf die Suche nach einem geheimen Labor und einer Geisel begibt. Dazu gesellen sich mitunter schwer bewaffnete Wachen, maschinelle Aufpasser und die bereits aus den Vorgängern bekannte Lichtfallen sowie weitere Gefahren. Allerdings eröffnen sich während der Erkundung viele alternative Wege, Konflikten aus dem Weg zu gehen oder Fallen zu entschärfen. Tatsächlich lässt sich sogar der Umbaumechanismus gezielt als Waffe einsetzen, indem man Gegner durch die eingeleitete Maßnahme zerquetscht. Allerdings kann man auch selbst zum Opfer werden, wenn man zum falschen Zeitpunkt während des Umbaus zwischen den beweglichen Wänden hindurch huscht, um in versteckte Bereiche zu gelangen und dort einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Dort entzieht man sich auch der totalen Überwachung des Hausherren, der sich in seinem Labor verschanzt hat und Aktionen des Spielers immer wieder gerne kommentiert: So fordert Jindosh mich über sein Lautsprechersystem z.B. dazu auf, das Versteckspiel zu beenden oder kann sich einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen, wenn ich selbst unbewaffnete Menschen wie den Butler absteche. Auch weist er immer wieder gerne darauf hin, wie sehr es ihn schmerzt, wenn ich seine Clockwork Soldiers in ihre Einzelteile zerlege. Steht man ihm endlich persönlich gegenüber, fällt der „Bosskampf“ aber etwas zu einfach aus, wenn man entsprechend gewappnet ist. Insgesamt hinterlässt die KI einen recht guten Eindruck - sowohl was ihre Aufmerksamkeit als auch ihre kämpferischen Fähigkeiten angeht. Allerdings sind Skripte wie Patrouillen-Wege recht schnell durchschaut und manchmal scheinen sie ebenfalls über eine besondere Gabe zu verfügen, denn es gab die eine oder andere Situation, in der sie mich schon entdeckt hatten, bevor überhaupt ein direkter Sichtkontakt bestand.

Redseliger Hausherr

Das Maschinenhaus ist eine unfassbare Konstruktion.
Wie im ersten Teil darf man auch hier wieder eine ganze Menge Zeugs aufsammeln und auch ausgeschaltete Gegner nach Beute durchsuchen. Dazu zählen u.a. Munition, benötigte Schlüssel oder – ganz wichtig – Tränke, mit denen man entweder seine Gesundheit oder magische Fähigkeiten durch einen kräftigen Schluck regenerieren kann. Aber so schön es auch ist, mit Corvo und Emily zwei spielbare Charaktere zu haben: Die Unterschiede halten sich sehr in Grenzen, auch wenn beide individuelle Spezialfähigkeiten haben. So ist z.B. nur Emily in der Lage, mehrere Gegner zu markieren und ihre Angriffe dadurch automatisch auf die anderen Widersacher zu übertragen. Es sieht schon klasse aus, wenn man sein Gegenüber einen Kopf kürzer macht und die anderen markierten Feine kurz darauf ebenfalls zusammensacken. Trotzdem spielen sich beide Figuren zu ähnlich und auch in den Dialogen muss man die Unterschiede mit der Lupe suchen. Bleibt zu hoffen, dass es im fertigen Spiel etwas differenzierter zugeht und manche Bereiche z.B. nur mit einem der beiden Protagonisten zugänglich sind – es würde auch den Wiederspielwert erhöhen, um die Küstenstadt Kamaca ein weiteres Mal zu erforschen und Emilys Thron in Dunwall von der wahnsinnigen Hexe zurück zu erobern.

Mit Wachleuten muss man sich ebenfalls wieder herumschlagen...oder sie clever umgehen.
Einblicke in die Story, Figuren und Spielwelt liefern nicht nur vereinzelte Zwischensequenzen, sondern eine Vielzahl an sammelbaren Dokumenten und anderen Fundstücken, in denen man förmlich mit Text erschlagen wird. Genau wie bei Quantum Break & Co habe ich auch hier das Gefühl, es ist etwas zu viel des Guten, weil diese häufigen Lesepausen den Spielfluss stören. Lässt man die Dokumente links liegen, kommt man schnell in einen tollen Flow aus Nah- und Fernkampf, kombiniert mit dem Einsatz von Fähigkeiten oder spannenden Schleichmomenten. Wer will da zwischendurch halbe Romane lesen? Hinzu kommt die billige Aufmachung dieser Textboxen, die damit im starken Kontrast zum fantastischen Artdesign stehen, welches das Auge erfreut. Wie es besser geht, zeigt z.B. Gone Home, wo Zeitungsartikel oder Briefe auch grafisch dargestellt werden. Eine solche Aufbereitung würde den aktuell noch mäßigen Lesespaß jedenfalls spürbar aufwerten und eher dazu motivieren, die Texte zu konsumieren.

Mäßig präsentierte Infoflut

Ein großer Kritikpunkt des Vorgängers könnte ebenfalls bestehen bleiben: Zwar war der Schwierigkeitsgrad der Demo etwas niedriger angesetzt und in manchen Situationen – insbesondere bei Auseinandersetzungen mit den unfreundlichen Blechkameraden - kam man trotzdem schon ordentlich ins Schwitzen. Trotzdem bleibt die Befürchtung, dass man angesichts der überlegenen Fähigkeiten wieder zu schnell zu mächtig werden könnte. Ob es tatsächlich so kommt, wird man freilich erst im fertigen Spiel sehen, aber erste Tendenzen zur „Übermacht“ waren bereits beim Anspielen zu erkennen. Ich bin gespannt...

(Zu) mächtige Macht?

Ausblick

Wow, dieses beeindruckende Maschinenhaus aus Dishonored 2 gehört für mich zu einem der interessantesten Schauplätze, an denen ich mich in letzter Zeit herumgetrieben habe. Das Verändern der Architektur erweist sich nicht nur als großartiges Element für die Level- und Rätselgestaltung, sondern unterstreicht gleichzeitig das fantastische Artdesign, das schon den Vorgänger ausgezeichnet hat und auch hier wieder zu Hochform aufläuft. Aus der generell sehr ansehnlichen Kulisse sticht der grafische Effekt hervor, wenn sich die Räume verwandeln oder wie ein Aufzug auf eine andere Ebene befördert werden. Spielerisch setzt man primär auf die Elemente des Vorgängers und ergänzt sie um weitere Fähigkeiten, die aber erneut etwas zu mächtig ausfallen könnten. Zudem würde ich mir neben einer hübscheren Aufmachung der Dokumenten-Flut größere Unterschiede zwischen den beiden Figuren wünschen, denn Corvo und Emily spielen sich einfach zu ähnlich. Schön dagegen, dass man wieder die Wahl hat, entweder auf direkte Konfrontation zu gehen oder sich am unauffälligeren Schleichweg zu versuchen. Darüber hinaus lädt die Umgebung zum Erkunden ein, denn häufig entdeckt man alternative Routen oder Möglichkeiten, die einem beim ersten Durchlauf gar nicht aufgefallen sind. Ich hoffe, dass die Arkane Studios das ansprechende Niveau dieses Demo-Abschnitts halten können und noch ein paar weitere kreative Überraschungen in petto haben.   

Einschätzung: gut