Yooka-Laylee - Vorschau, Plattformer, Wii_U, PC, PlayStation4, XboxOne, Linux, Mac, Spielkultur, Switch

Yooka-Laylee
28.02.2017, Jan Wöbbeking

Vorschau: Yooka-Laylee

Zeitportal in die späten Neunziger

Vielversprechend wirkte Yooka-Laylee (ab 16,42€ bei kaufen) schon während der Kickstarter-Kampagne - zwei Jahre später hatten wir endlich die Möglichkeit, das klassische 3D-Jump&Run ausführlich anzuspielen. Schaffen es die ehemaligen Rare-Veteranen, an die gute alte Zeit von Banjo, Conker & Co anzüknöpfen oder gar dem Genre neue Impulse zu versetzen?

Ich habe es selten erlebt, dass zwei Stunden derart schnell vorbei waren wie beim Spielen von Yooka-Laylee. Hier noch eine Welt freischalten, dort noch ein Minispiel ausprobieren – und schon war es dunkel geworden und ich fühlte mich wie an einem Retro-Nachmittag vorm guten alten N64. Als das Genre des 3D-Plattformers vor ein paar Jahren praktisch nur noch von Mario beackert wurde, taten sich Chris Sutherland, Steven Hurst und andere ehemalige Rare-Entwickler zusammen: Mit der Hilfe von Kickstarter wollten sie das Spielgefühl alter Klassiker wie Banjo-Kazooie aufleben lassen, was ihnen allem Anschein nach ziemlich gut gelungen ist. Ähnlich wie bei Super Mario Sunshine handelt es sich um eine verhältnismäßig offene Welt, in der man nach und nach neue Abschnitte freischaltet und natürlich „Rare-typisch“ jede Menge Sammelkram anhäuft. Der Wust unterschiedlicher Objekte wirkt zunächst wieder ein wenig überwältigend: Man sollte zu Beginn also gut aufpassen, was einem die in charmantem Kauderwelsch plappernden Figuren zu sagen haben, damit man sich nicht verzettelt. Im Studio sorgten die „Sprach-Aufnahmen" übrigens für ungewöhnliche Unterbechungen im Entwicklungsalltag. Technical-Art-Director Mark Stevenson erläutert:

Wääb-wööb-wäwäwööb!

Technical-Art-Director Mark Stevenson hat einen Teil der bizarren Figuren designt, die in der Welt auf den Spieler warten, um ihn mit Nebenaufgaben zu versorgen.

„Ja, die Stimmen - oh Gott! Das war in der Tat ziemlich lustig, weil ein Großteil des Teams auch die Stimmen machte. Wir haben da einen Raum abseits des Haupt-Büros, welcher unglücklicherweise nicht all zu schalldicht ist. Immer, wenn jemand hinein ging, hörte man eine Stunde lang all diese seltsamen Geräusche und alle anderen haben sich nebenan halb totgelacht, weil sie drüben die ganze Zeit über am grunzen und stöhnen waren.“

Mit der Zeit erkundet man immer mehr Ecken rund um die idyllischen Tempel, unterirdischen Verliese und Geheimverstecke am Rande von Felsmassiven. Wer genügend Seiten eines gestohlenen magischen Buchs gesammelt hat, kann sich entscheiden, ob er damit eine neue Welt freischaltet oder erst einmal die alte mit neuen Passagen, Stegen und Arealen mit höherem Schwierigkeitsgrad erweitert, um zu üben und Schätze zu sammeln. Die Tunichtgute Capital B und Dr. Quack hegen einen ebenso perfiden wie bescheuerten Plan: Sie wollen mit Hilfe eines magischen Buchs die komplette Weltliteratur absorbieren, sie in „puren Profit“ verwandeln und so die Weltherrschaft an sich reißen - was das Duo natürlich tunlichst verhindern möchte.

Farbenfrohe Luftschlösser

Wie wär's mit einer Runde Yooka-Ball?

Die mit der Unity-Engine gebaute bunte Welt sieht trotz nur solider Technik derart idyllisch und einladend aus, dass man gar nicht anders kann, als sich auf eine ausgiebige Entdeckungstour zu begeben. Vor allem die vertikalen Elemente wecken auch in älteren Spielern wieder kindliche Neugier: Überall warten in warmen Farben beleuchtete Lichtungen, zerklüftete Berge oder verwinkelte Tempel und Tümpel darauf, erforscht zu werden. Das Schöne daran: Im Gegensatz zu manch anderem Sammelmarathon mit offener Welt ist das Anhäufen von Buchseiten und anderem Krempel fast immer mit einer angenenehmen Herausforderung verknüpft – genauer gesagt: dem Anspruch ans Hüpfgeschick. Schon in den ersten zwei Levels konfrontiert Playtonic seine Spieler mit einigen Passagen, in denen gutes Timing gefragt ist. Sie sind noch nicht wirklich knifflig, aber man gibt bereits zu verstehen, dass man sich bei dem Herzensprojekt alter Schule offenbar nicht zu sehr an Gelegenheitsspielern anbiedern möchte.

Die im Vergleich zu Mario etwas behäbigere Steuerung wirkte etwas knackiger als in der Playroom-Demo. Sie orientiert sich vom Spielgefühl her am offensichtlichen Vorbild Banjo-Kazooie, wobei die Kamerasteuerung und andere Feinheiten natürlich etwas moderner geraten sind. Wenn man etwa hoch über einem frostig glitzernden See über einen eisigen Steg balanciert, funkt nur selten die sich automatisch nachjusterende Sicht dazwischen. Wie in der Frühzeit des Genres ist die Kameraregie auch heute noch eines der kniffligsten Themen bei der Entwicklung, weil es so unterschiedliche Spielertypen und Vorlieben gibt, erläutert Stevenson:

Gemütliches Tempo

Probe gespielt haben wir auf einer Debug-Version der "gewöhnlichen" alten PS4 - darauf lief die Grafik stabil in 30 Bildern pro Sekunde ab.

„Die Kamera ist immer eine riesige Herausforderung. Ich denke, das wird auch immer so bleiben. Wie du schon sagtest, es ist sehr subjektiv. Was eine Person mag ist vielleicht nicht so toll für eine andere Person. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum 3D-Plattformer beinahe ausgestorben sind. Die Leute haben dann einfach angefangen, mehr 2D und 3D mit festen Kameras zu entwickeln, nicht wahr? Ja, das ist wirklich eine riesige Herausforderung! Das ist eines der Dinge, mit der du beim Entwicklungsprozess schon am ersten Tag anfängst, woran du aber auch noch ganz am Ende arbeitest. So gut du es auch hinbekommst, es wird immer Situationen geben, in denen der Spieler an knifflige Orte kommt - und du musst Wege finden, mit denen du löst, was die Kamera dann macht. Es ist praktisch ein kontinuierlicher Prozess.“

Fledermaus-Dame Laylee klammert sich nicht nur auf putzige Weise an Yookas Kopf fest, sondern hilft ihr mit ihrem Flatterschlag wie ein Gleitschirm über weite Abgründe. Grundfähigkeiten erwirbt man bei der halbseidenen und sympathisch-schusseligen Straßenhändler-Schlange „Towzer“. Dazu gehört der Schlürfschuss, mit dessen Hilfe Chamäleon Yooka allerlei Dinge verspeisen und danach Projektile wie Eisbrocken verschießen kann. Die Kamera schaltet dazu in eine Ego-Perspektive um. Das Anpeilen erwies sich bei ersten Schießübungen allerdings als etwas fummelig. Deutlich besser gefällt mir Yookas Rolltechik: Auf Knopfdruck faltet sie sich zu einer Kugel zusammen und kullert am Gebirgsmassiven steile Steigungen hinauf. Da das Tierknäuel einen großen Wendekreis hat, muss man deutlich vorsichtiger um Kurven kugeln als etwa in Super Monkey Ball. Erste Parcours über enge Rampen oder ein Wettrennen gegen eine Wolke erwiesen sich durchaus als anspruchsvoll und machten auf Anhieb süchtig! Dazu kommen Perks wie eine größere Energieleiste oder ein Superstampfer, welche man mit Hilfe der in Bonus-Herausforderungen verdienten Belohnungen freischaltet.

Halbseidene Spezialfähigkeiten

Geschäftsmann Trowzer hat die heißesten Chamäleon- und Fledermaus-Upgrades auf Tasche.

Einen großen Anteil an der unbeschwerten Oldschool-Stimmung hatte der Orchester eingespielte Soundtrack. Die sanften Oboen-Klänge und albernen bis pompösen Blechbläser fangen von Anfang an den Zauber der Erkundung ein. Komponiert wurde die musikalische Untermalung von Grant Kirkhope (Viva Piñata, GoldenEye 007), David Wise (Donkey Kong Country, Diddy Kong Racing), und Steve Burke (Kameo: Elements of Power). Besonders magisch klingt das geheimnisvoll klimpernde Thema zu Beginn der Gletscherwelt. Die eingestreuten Minispiele waren bislang nur mäßig unterhaltsam. So wird man am Ende der ersten Welt mit einem Quiz statt einem Endgegner konfrontiert. Immerhin zieht aber selbst Moderator Dr. Quack selbstironisch über den Test her („für einen echten Bosskampf hat's wohl nicht mehr gereicht, was?“). Beim alternden eckigen Polygon-Dino Rextro lassen sich insgesamt acht Arcade-Spielchen freischalten, welche primär für den lokalen Multiplayer gedacht sind.

Spiel's noch einmal, Grant!

Die hüpfenden roten Augen schnappen sich Schneemänner, Kisten oder andere Objekte, um mit ihnen als Körper das Heldenduo anzugreifen.


Geselliges Hüpfen?

Im Alleingang waren z.B. die Zeitrennen im an God of War angelehnten Kartos Karting etwas öde. Einen Überblick über weitere Minispiele gibt dieser Trailer: In der Glaciator Prügel-Arena müssen Spieler so viele Federn wie möglich einsammeln, in Blag the Flag die Flagge erobern und bei den Schießereien in Gun-let Run Feinde wegpusten. Zudem ist auch eine Koop-Funktion geplant, die wir noch nicht ausprobieren konnten und bei welcher der zweite Spieler offenbar nur ein wenig aushelfen darf: Dabei kann er als Biene Federn schnappen sowie Schmetterlinge sammeln und lagern, die Yooka und Laylee einen Energie- oder Gesundheitsschub geben. Auch Fallen lassen sich mit seiner Hilfe deaktivieren. Bezüglich der geplanten Switch-Version wollte Playtonic noch nichts verraten, die Fassungen für PS4, Xbox One und PC haben aber bereits Gold-Status erreicht und erscheinen am 11. April 2017.

Ausblick

Schon in den ersten zwei Stunden merkt man Yooka-Laylee an, dass es sich um ein Herzensprojekt handelt – und dass das Grüppchen von Rare-Veteranen bei Playtonic viel Erfahrung mitgebracht hat. Wenn man sich erst einmal an das etwas behäbigere Spieltempo gewöhnt hat und sich einprägt, welche Sammelobjekte für welche Funktion gut sind, zieht der klassische 3D-Plattformer einen gnadenlos in seine weitläufige Welt. Schnell versank ich völlig in der idyllischen Kulisse und freute mich darüber, dass endlich wieder ein Entwickler meine Liebe fürs Hüpfen und Erkunden bedient und ohne Kompromisse umsetzt: Bereits in den ersten Stunden gibt es einige angenehm fordernde Parcours. Auch die albern quäkenden Figuren haben mein Herz sofort für sich gewonnen. Schön, dass sich auch Nintendo nach dem Kickstarter-Erfolg von Yooka-Laylee wieder an einen Mario-Titel mit Erkundungsfreiheit wagt. Als ich Entwickler Mark Stevenson fragte, ob Playtonic sie dazu inspiriert haben könnte, resümierte er „Das weiß ich nun wirklich nicht, aber es wäre natürlich großartig, falls wir damit tatsächlich Nintendo inspiriert hätten! Da wir alle bei Playtonic diesen Typ Spiel mögen, würde ich natürlich gerne mehr Spiele dieser Art sehen!“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Einschätzung: sehr gut