Constructor - Vorschau, Taktik & Strategie, PC, PlayStation4, XboxOne, Switch

Constructor
23.03.2017, Mathias Oertel

Vorschau: Constructor

Explosiver Kampf um Mieter und Bauplätze

Vor 20 Jahren hat Constructor (ab 6,98€ bei kaufen) erfolgreich versucht, Städtebau mit Echtzeitstrategie zu verbinden - und das nicht nur auf PC, sondern seinerzeit auch auf der Ur-PlayStation. Ende April kehrt der Klassiker in HD zurück, damals wie heute entwickelt von System 3. Executive Producer Mark Cale hat uns in der Redaktion besucht und eine fast fertige Version im Gepäck gehabt, anhand derer wir überprüfen konnten, wie sich der modernisierte Krieg um Bauplätze und die Vorherrschaft in der Stadt anfühlt.

Ist es wirklich schon so lange her? 20 Jahre? Muss wohl. Die Ära der PlayStation (1) ist schon lange vorbei. Und wenn man einen Blick auf die mittlerweile auch auf modernen PCs spielbare Ur-Version wirft, ist das Alter schon sehr deutlich: Grobe Pixel, rudimentäre Animationen. Doch das Konzept hat damals schon für gute Unterhaltung gesorgt – auch auf der Konsole, auf der ich meine ersten Schritte als Leiter einer Baufirma gemacht hatte, die mit allen Mitteln um die Vorherrschaft in einer fiktiven Stadt kämpft. Auf- und Ausbau von Mietwohnungen gehört ebenso zu den wirtschaftlichen Aspekten wie die Akquise neuer Baugebiete, die Sichtung potenzieller Mieter oder der Aufbau bzw. die Übernahme von Gebäuden, mit denen man den Wert der gegnerischen Bauten mindern kann. Und wenn alle Stricke reißen, kann man sowohl mit seinen Vorarbeitern als auch Gangstern und anderen zwielichtigen Gestalten sabotieren, angreifen und zerstören. Constructor hat seinerzeit eine interessante Brücke zwischen Elementen aus der Echtzeit- und Aufbaustrategie geschlagen - und dabei auch nicht mit Humor gegeizt.

Tatsächlich schon 20 Jahre?

Der Kampf um die Vormachtstellung in der Stadt ist mitunter unerbittlich... Hier wird so schnell keiner mehr wohnen wollen.
An diesem Grundkonzept hält System 3 auch in der für moderne Konsolensysteme sowie PC erscheinenden HD-Neuauflage fest, die Ende April erscheinen soll. Zumindest ist dieser Termin für den Rechner, die PS4 und die Xbox One festgezurrt. Die Fassung für Switch wird aller Voraussicht nach später erscheinen, dafür aber auch im Vergleich zu den anderen Konsolen im Mobilbetrieb extensiv den Touchscreen als optionales Kontrollwerkzeug nutzen. Doch auch in der PS4-Version, die ich etwa eineinhalb Stunden spielen durfte, war die Controller-Steuerung nach kurzer Eingewöhnung kein Problem. Intuitiv würde ich die teilweise kontextsensitive Verarbeitung der Pad-Eingaben zwar nicht bezeichnen, doch die Logik mancher Kommandos ist nachvollziehbar und daher leicht zu erlernen. So war nach etwa 15 bis 20 Minuten das Aufrufen einzelner Mitarbeiter sowie die Verteilung von Aufgaben oder die Anzeige diverser Statistikbildschirme ebenso unproblematisch wie die Navigation innerhalb der recht großräumigen Stadt.

Ich habe keinen Zweifel, dass das Konzept auf dem PC erneut funktionieren wird. Dort hat es seinen Ursprung, dort hat es sein Potenzial bereits vor 20 Jahren gezeigt und trotz des manchmal sehr britischen Humors bin ich sicher, dass die Fans nicht nur aus nostalgischen Gründen einen Abstecher in die modernisierten Bandenkriege unternehmen werden. Doch Strategie muss seit Jahren mit dem Stigma leben, dass dieses Genre auf Konsolen nur eingeschränkt funktioniert. Und das zu großen Teilen vollkommen zu Recht. Bis auf Overlord oder Pikmin gab es kein Strategiespiel, dass sich auf Konsolen besonders hervortun konnte, ohne an Tiefgang einzubüßen. Doch System 3 könnte mit seinen Kontroll-Optionen auf PS4 (und Xbox One) tatsächlich Schwung in die Sache bringen. Denn hier gibt es keine „abgeschwächte“ Version für Sofaspieler und es wurde auch nicht wie jüngst bei Halo Wars 2 ein durchaus funktionierendes, aber letztlich (auch mechanisch) reduziertes Konsolen-Schema auf den Rechner gebracht. Hier stand die PC-Version an erster Stelle und danach hat man sich Gedanken gemacht, wie man die üppigen Optionen und Auswahlbildschirme passend auf die Gamepads legen kann. Und das zumeist zufrieden stellend.

Gelungene Konsolenstrategie

Die Kulisse orierntiert sich deutlich am Original.
Trotz dieses Komforts wird man sich aber nicht auf die faule Haut legen können. Schon während des Tutorials wird man mit gegnerischen Bauarbeitern, Spionen oder sonstigem Gesindel konfrontiert, die den Aufbau des Bau-Imperiums aufhalten wollen. Sie vergraulen die Mieter oder sorgen dafür, dass deren Reproduktions-Zyklus aus dem Gleichgewicht gerät, so dass neben den Auswirkungen der natürlichen Alterung der Bevölkerungs- und damit Mieter- bzw.  Crewnachschub zusätzliche Probleme umschiffen muss. Um dem entgegen zu wirken, kann man seine Mietobjekte aufhübschen, nach und nach neue Gebäude wie z.B. Schulen oder Krankenhäuser freischalten und natürlich Gegenmaßnahmen ergreifen. Das können Wachhunde sein, die auf jedem Grundstück verteilt werden, man kann aber auch seine Gangster als Verteidungslinie aufbauen. Man hat sowohl im Aufbauteil als auch in der Strategie viele Optionen zur Verfügung, um seine Effektivität zu stärken und seine Gegner zu schwächen, wie mir Mark Cale nach der Hands-On-Phase mit einigen vorbereiteten Spielständen zeigte. Doch allen ist eines gemeinsam: Sie kosten Geld oder Personal-Ressourcen. Und wer sich zu viele Fehlinvestitionen erlaubt oder nicht auf feindliche Übernahmen reagiert, sieht schnell die Pleitegeier über seinem Haupt schweben und landet im schlimmsten Fall begleitet von fiesen Kommentaren in einem Mafia-Grab. Wenn alle Stricke reißen, kann und sollte man natürlich auch versuchen, die Fortschritte der CPU-gesteuerten Konkurrenz zu unterbinden oder im Online-Multiplayer die menschlichen Gegenspieler in Schach zu halten und ihre Produktionswege empfindlich zu stören. Bei der zur Verfügung stehenden Version waren allerdings noch keine Onlineduelle möglich, so dass erst der Test Ende April Aufschluss über das Potenzial geben wird.

Man muss auch die Bedürfnisse seiner Mieter zufriedenstellen.
Nicht nur bei der Mechanik schafft System 3 den Spagat zwischen Verfeinerungen des Originals und frischen Elementen. Auch die Kulisse baut letztlich auf die Mischung aus Modernisierung und  Wiedererkennungswert. Die isometrische Perspektive wird beibehalten, profitiert aber von einer komfortablen Zoom-Funktion. Die Animationsbibliothek der Schergen oder der auf- und abgebauten Gerüste in der Stadtübersicht scheint ebenfalls auf dem alten Fundament zu fußen, wurde aber erweitert, während die CG-Zwischenbildschirme mit ihren skurrilen Figuren komplett überarbeitet und erneuert wurden, dabei aber immer noch den groben Charme des 20 Jahre alten Ur-Constructor wiedergeben. Allerdings wirkt durch die Anspielungen auf damals auch nicht alles zeitgemäß – was aber letztlich keine Rolle spielen dürfte, wenn es unter dem Strich keine Performanceeinbußen gibt. Doch die Antwort darauf werden wir erst in der Testphase finden, wenn die Karten bis zum Exzess zugebaut werden und sich die Schlägertrupps der einzelnen Baufirmen gleich dutzendweise verprügeln.

Aufgehübschte Kulisse

Ausblick

So lasse ich mir Modernisierungen von Klassikern gefallen - wobei es sicherlich hilfreich ist, dass nicht nur Mark Cale wie damals als Executive Producer mit von der Partie ist, sondern viele im Team am Original mitgearbeitet haben. Die Mischung aus anarchischem Städtebau und beinahe klassischer Echtzeitstrategie ist heute immer noch so reizvoll wie vor 20 Jahren und hinterlässt nach gut zwei Stunden den Eindruck, dass System 3 den Spagat zwischen dem Geist des Originals sowie moderner Mechanik und Benutzerführung bewältigt. Die Kulisse bleibt für meinen Geschmack manchmal zu sehr dem Original verhaftet und wirkt dadurch nicht immer zeitgemäß, hat aber dadurch einen ganz eigenen Charme. Viel wichtiger ist jedoch, dass System 3 es geschafft hat, eine eigentlich auf den PC zugeschnittene Steuerung auf das Konsolenpad zu bringen, ohne Zugeständnisse an Tiefgang oder strategischen Anspruch machen zu müssen. Man muss sich zwar etwas einarbeiten, doch mit Hilfe des sehr umfangreichen Tutorials kommt man recht schnell damit zurecht. Ob die Auseinandersetzungen beim Kampf um Stadtteile, Mieter und letztlich das dickste Bankkonto auch langfristig überzeugen können, werden wir im Test klären. Ein gelungenes Fundament haben die kriminellen Bauarbeiter aufgezogen.

Einschätzung: gut