Aven Colony - Vorschau, Taktik & Strategie, XboxOne, PC, PlayStation4

Aven Colony
06.07.2017, Mathias Oertel

Vorschau: Aven Colony

Städte unter Atmosphärewandlern

Obwohl sich Aufbauspiele wie Cities Skylines nach wie vor hoher Beliebtheit erfreuen, gibt es kaum Nachschub in diesem Bereich. Das möchte Mothership mit dem für Team 17 produzierten Aven Colony (ab 26,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ändern. Doch anstatt sich auf der Erde als Bürgermeister um Metropolen kümmern zu müssen, trifft man hier seine Entscheidungen als Gouverneur einer zivilen Installation auf unwirtlichen Planeten. Für die Vorschau haben wir uns mit Atmosphärewandlern und Baudrohnen beschäftigt.

Der Maßstab in Aven Colony ist etwas kleiner: Hier kümmert man sich meist nur um die Belange von ein paar hundert Kolonisten, die irgendwo im All auf einem Planeten einen Neuanfang wagen. Doch nur weil man mit seinen Entscheidungen hinsichtlich der Infrastruktur nicht hunderttausende Bewohner wie in SimCity oder Cities Skylines beeinflusst, bedeutet das nicht, dass man sich hier zurücklehnen kann. Denn egal ob man sich um viele oder wenige Bürger kümmert, sind die Bedürfnisse meist identisch: Um zu überleben, brauchen sie Wasser, Nahrung, Unterkunft und einen Job, damit sie sich das alles leisten können. Und muss man im einschlägigen Städtebau auf ein mindestens ausgeglichenes Steuerkonto achten, damit man seine Bauvorstellungen durchsetzen kann, muss im All eine entsprechende Zufuhr von Baustoffen sowie wichtigen Ressourcen wie Strom sowie Arbeitskräften gewährleistet sein.

Hunderte statt Millionen

Die Kulisse bietet viele Details, abhängig von der Zoomstufe eine optimale Übersicht und sorgt so für einen stimmungsvollen Städtebau im All.
Abseits von Bezeichnungen unterscheidet sich Aven Colony auf den ersten Blick nicht sehr stark von Cities Skylines. Auch auf den zweiten Blick nicht, der sich nach dem Spielen der zwei knappen Tutorial-Missionen ergibt und in denen man die Grundlagen der Rohstoffgewinnung sowie des Ausbaus der Kolonie kennenlernt, bevor man sich in der zur Verfügung stehenden Vorabversion auf zwei  weiteren Missionskarten bzw. im Sandkasten-Modus als futuristischer Stadtplaner versuchen kann. Man muss genug Lebensraum zur Verfügung stellen und die mutigen Kolonisten mit allerlei Lebensnotwendigem oder Annehmlichkeiten wie variierenden Nahrungsmitteln versorgen. Das klingt alles überschaubar. Doch um den Bedürfnissen gerecht zu werden, muss man nicht nur mit seinen Baustoffen, sondern auch den zur Verfügung stehenden Baudrohnen sparsam umgehen. Deren Reichweite ist nur beschränkt, lässt sich aber durch den Bau neuer Stationen erweitern. Diese benötigen aber Strom, den man besser für das Betreiben von Fabriken verwendet. Eine neue Stromstation benötigt jedoch wiederum Arbeitskräfte, die ohnehin meist notorisch knapp sind und die man eigentlich idealerweise in den Wassergeneratoren oder auf den Feldern beschäftigt. Neue Kolonisten lassen sich vergleichsweise einfach anlocken, indem man eine administrative Landestation errichtet.

In den ersten Stunden sind uns noch keine Gefahren wie Riesenwürmer begegnet - Aven Colony lässt sich viel Zeit, um die Spieler mit allen Funktionen vertraut zu machen.
Doch hier werden erneut Arbeitskräfte benötigt, während unzufriedenen Kolonisten gleichzeitig die Möglichkeit geboten wird, abzuhauen und sich einer Kolonie unter der Leitung eines fähigeren Gouverneurs zuzuwenden. Es gibt immer etwas zu beachten, damit sich die Laune nicht verschlechtert und man schließlich seine Fabriken stilllegen muss, während die teuer errichteten Wohngebäude leer stehen. Man muss immer Rohstoffe und den durch ihren Aufwand entstandenen Ertrag abwägen, während irgendwo immer irgendwelche Bedürfnisse auftauchen, die befriedigt werden sollten. Denn alle paar Jahre, in denen man auch ständig mit saisonalen Einflüssen wie Winter (mitsamt reduzierter Lebensmittelproduktion) fertig werden muss, dürfen die Kolonisten zur Wahlurne gehen und über das Schicksal des Spielers als Gouverneur abstimmen. Sind zu viele unzufrieden, muss man seinen Hut nehmen und sein virtuelles Büro räumen.

Mikro- oder Makromanagement?

Obwohl dies schnell zu einem fitzeligen Mikromanagement verkommen könnte, hat das Team von Motherload es geschafft, dass man mit wenigen Klicks Abhilfe für die wichtigsten Probleme schaffen kann – insofern man die nötigen Rohstoffe hat. Zwar kann man bei Bedarf auch in Details wie Nahrungsrationierung oder Priorisierung von Arbeitsplätzen bzw. Bauvorhaben eingreifen, doch man wird niemals in Situationen geraten, bei denen man sich in Menüs verliert. Stattdessen kann man sich an der klar strukturierten Benutzerführung freuen, die sowohl am PC als auch auf der Konsole an die jeweilige Version von Cities Skylines erinnert: Am Rechner gibt es zwei hierarchische Auswahlleisten bzw. bei der Gebäudeauswahl klickbare Optionen; auf Konsolen greift man auf ein Radialmenü mit einer zweiten Ebene zurück, um die hier nötige Kontroll-Änderung zu realisieren. Das wiederum hat nicht nur den Vorteil, dass man mit den Herausforderungen der Mechanik anstatt der Steuerung kämpft, sondern dass man gleichzeitig den Fokus auf die ansehnliche Kulisse richten kann.

Man ist auch auf Schnee- oder Wüstenplaneten unterwegs.
Auch hier werden die Ähnlichkeiten zu Colossal Orders Cities Skylines spürbar: Dank des Unschärfefilters werden die Gebäudestrukturen in den Fokus gerückt, die den Eindruck eines Miniatur-Dioramas hinterlassen. Wo es möglich ist (z.B. Windgeneratoren), darf man feine Animationen bestaunen, während man in der höchsten Zoomstufe sogar die Kolonisten auf dem Weg zur Arbeit oder zur nächsten Freizeitbeschäftigung beobachten und sie anklicken kann, um mehr über sie und ihre Zufriedenheit zu erfahren. Ob die Option, sich durch die Überwachungskameras der Kolonie zu schalten, auch noch mechanisch aufgewertet wird und damit einen spielerischen Zweck erfüllt oder sie nur eine leicht Orwell’sche Steigerung der Atmosphäre und der "Allmachts"-Kennzeichnung des Spielers als Gouverneur darstellen, muss sich noch beweisen.

Cities im All

Man muss auch im Umgang mit Unwettern oder Frostperioden sein Geschick als intergalaktischer Bürgermeister beweisen.
Das gilt auch für den Anspruch. Zwar lässt sich mit den zur Verfügung stehenden wenigen Missionen der Kampagne (in dieser Version ist noch die überwiegende Mehrheit an Karten ausgegraut) schon absehen, dass Mothership gewillt ist, mit unterschiedlichen Ereignissen wie abgestürzten Scoutschiffen etc. den Spieler auf Trab zu halten. Und generell ist das Anforderungsprofil durch die sehr clever verbundenen Abhängigkeiten angenehm, ohne zu strapazieren. Doch Aven Colony wäre gut beraten, auch abseits der zweifelsfrei auszulebenden Bauwut, wie man sie auch in Cities Skylines ausleben kann, noch Überraschungen einzubauen. Die bereits angekündigten sowie in dem einen oder anderen Trailer auftauchenden angreifenden Lebensformen, die uns aber in den ersten Stunden nicht begegnet sind, könnten neben den Umwelteinflüssen genau das richtige Mittel sein, um den Spieler abseits der infrastrukturellen Anforderungen auf Trab zu halten. Gleiches gilt für die Expeditionen, auf die man seine Kolonisten schicken kann und die von Erkundungen bis militärischen Ausflügen und Ressourcen-Sammlung ein breites Spektruum umfassen, um die einem anvertrauten Bürger vor eine herausfordernde Aufgabe zu stellen.

Ausblick

Auch wenn sich die Größenordnungen etwas unterscheiden und man sich bei Aven Colony nur um hunderte Kolonisten statt um hunderttausende Einwohner einer Metropole wie z.B. in SimCity kümmert, bleiben bestimmte Grundvoraussetzungen gleich. Und damit schafft Mothership für die intergalaktische Besiedlung ein sehr stabiles Fundament. Die Abhängigkeiten der unterschiedlichen für den erfolgreichen Koloniebetrieb nötigen Gebäude bzw. Rohstoffe scheinen gut ausgearbeitet und vielschichtig genug, um den Spieler immer wieder vor Herausforderungen zu stellen. An den richtigen Stellen wird Mikromanagement ermöglicht, ohne den Spieler durch einen Wust an Menüs zu schicken oder unübersichtlich zu werden. Und mit einer umfangreichen Kampagne, von der in der Vorschau-Version nur ein Bruchteil spielbar war, sowie einem Sandkasten-Modus mit einer stattlichen Kartenauswahl scheint man genug Inhalte für intergalaktische Bürgermeister bieten zu können. Auf Dauer muss Aven Colony allerdings noch beweisen, dass man noch mehr Überraschungen  zu bieten hat als die turnusmäßig abgehaltenen Wahlen, in denen man von den Kolonisten als Gouverneur bestätigt oder nach Hause geschickt wird. Ich bin gespannt, ob die finale Version einen ähnlichen Sog wie Cities Skylines entwickeln kann, mit dem man sich nicht nur die Basisthematik des Siedlungsbaus, sondern auch die Übersichtlichkeit der Benutzerführung teilt.

Einschätzung:
gut