Onrush - Vorschau, Rennspiel, XboxOne, PlayStation4, PC
Auf den ersten Blick wirkt Onrush wie die Fortsetzung von Motorstorm unter neuem Namen: Genau wie in Sonys PS3-Reihe rast man auch hier hinter dem Steuer von geländetauglichen Vehikeln mit Vollgas und Boost-Unterstützung überwiegend durch die Offroad-Pampa, vollbringt waghalsige Sprung-Manöver oder lässige Drifts und rempelt sich durch das Feld, um die Konkurrenz im Idealfall in bester Burnout-Manier mit einem Takedown auszuschalten.
Auf Krawall gebürstet
Schnell wird man feststellen, dass nicht länger das klassische Fahren um den Sieg, sondern viel mehr das Gerangel und die Action im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund haben sich die Mannen rund um Game Director Paul Rustchynsky von dem üblichen Wettlauf zur Ziellinie verabschiedet und stattdessen ein System entwickelt, mit dem die Spieler ständigen Duellen inmitten des Pulks ausgeliefert sind. Am besten kann man sich die so genannte Stampede-Mechanik wie einen omnipräsenten
Gummiband-Effekt vorstellen, der selbst nach einem Unfall dafür sorgt, dass man umgehend wieder dorthin zurückkehrt, wo die Action abgeht und dafür gesorgt wird, dass sich am besten immer 24 Vehikel auf dem Bildschirm befinden.Im Gegensatz zum klassischen Rennspiel kämpft man hier außerdem nicht alleine, sondern ist Teil eines Teams, das aus bis zu sechs Mitgliedern besteht. Zusätzlich wird das Feld mit KI-Piloten aufgefüllt, die sich zur Aufladung der Boost-Leiste deutlich einfacher aus dem Weg räumen lassen als die Kontrahenten aus Fleisch und Blut. Was auch daran liegt, dass man als Spieler die Wahl zwischen acht Vehikeln vom flotten Motorrad über Stock Cars und Jeeps bis hin zum mächtigen Truck hat, die mit individuellen Spezialfähigkeiten ausgestattet sind. Dazu zählen z.B. das Abwerfen kleiner Heilpakete für die Teamkameraden, das Aussenden von Schockwellen oder eine brennende Schneise, die Verfolgern bei Berührung erheblichen Schaden zufügen kann. Für die Aktivierung muss man allerdings seine Rush-Anzeige durch die Verwendung von Boosts füllen. Tatsächlich erfüllen die verschiedenen Wagentypen hier eine ähnliche Funktion wie die Auswahl an Klassen in Spielen wie Overwatch. Gleichzeitig soll auch das Teamplay ähnlich gefördert werden und damit gibt es sogar leichte Parallelen zu Titeln wie Rocket League. Dazu passt auch, dass man zahlreiche kosmetische Inhalte in Bonus-Kisten freischalten kann, darunter Outfits und Bauteile.
KI als „Rempelfutter“
Angetreten wird in vier Spielmodi: Bei Overdrive ist das Boosten der Schlüssel zum Sieg, denn hier gewinnt das Team, das zuerst eine bestimmte Menge an Energie sammelt. Switch erinnert dagegen an klassische Deathmatch-Partien im Stil von Battlefield & Co, da mit jedem Takedown die Tickets des gegnerischen Teams schwinden. Lockdown ist dagegen das Pendant zu „King of the Hill“ und es gilt, die Kontrolle über Sektoren zu halten. Bei Countdown sind dagegen tatsächlich einmal Fahrkünste gefragt, wenn man im Kampf gegen die Uhr möglichst schnell durch mitunter enge Tore rasen muss, um wieder ein paar zusätzliche Sekunden aufs schwindende Zeitkonto zu packen.
Vier Spielmodi
Allgemein halten sich die Anforderungen beim Fahren aber in Grenzen. Das liegt zum einen an der Tatsache, dass Geschwindigkeit und fahrerisches Können im ständigen Gerangel kaum eine Rolle spielt. Zum anderen an der enorm zugänglichen Arcade-Physik: Die Vehikel verfügen über eine ausgezeichnete Bodenhaftung und die Lenkung profitiert von der reaktionsfreudigen Steuerung. Allerdings fallen die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen leider nicht so groß aus wie erhofft. Zudem vermisst man bei Rempeleien und Takedowns eine gewisse Wucht, durch die sich Burnout damals ausgezeichnet hatte. Schade auch, dass in diesem Zusammenhang auch das Trefferfeedback ziemlich mau ausfällt. Es kommt
einfach nicht rüber, wie viele Macken man gerade einem Konkurrenten zugefügt oder was man selbst gerade eingesteckt hat. Zudem scheint zu oft schon ein kleiner Rempler zum Totalschaden zu führen.Fahrkünste? Nebensache!
Gerade weil in den meisten Spielmodi das Gerangel und die Action im Mittelpunkt stehen, muss dieser Kampf für den Spieler auch überzeugend eingefangen werden. Hier hat das Studio bis zum Release noch etwas Arbeit vor sich, wenn man die Wirkung und das Niveau von Burnout erreichen will. Zwar ist es auch hier bereits eine schöne Genugtuung, den Gegner in eine Wand zu rammen oder ihn nach einem riesigen Sprung bei der Landung auf seinem Dach platt zu drücken, aber viele dieser Momente wirken zu sehr geskriptet und teilweise sogar vom Zufall bestimmt. Das Dauergerangel leidet außerdem recht schnell an einem Gewöhnungseffekt und dadurch an einer Eintönigkeit: Da man ständig von anderen Fahrern umgeben ist und Lackfarben austauscht, geht ein großer Teil der Dynamik flöten, durch den sich klassische Rennspiele auszeichnen, wenn man sich etwa langsam im Windschatten an den Vordermann heranpirscht und sich das Tempo des Fahrers von Bedeutung ist.
Erweiterte Ego-Engine
Ausblick
Wenn ich Onrush als klassischen Arcade-Racer betrachte, kann ich meine Enttäuschung kaum verbergen: Das neue Studio von Codemasters entfernt sich mit seinem Stampede-Ansatz inklusive Dauergerangel für meinen Geschmack zu sehr von den Traditionen und Regeln, durch die sich ein Rennspiel definiert. Ich will auch bei einem Spaßraser nicht auf meine Rundenzeiten, den fahrerischen Anspruch und die Ziellinie verzichten – Evolution hin oder her! Wer sich angesichts der bisherigen Infos und Spielszenen einen geistigen Nachfolger von Motorstorm mit einer Portion Burnout erhofft, könnte daher eine böse Überraschung erleben. Sieht man Onrush dagegen als ein teambasiertes und experimentierfreudiges Actionspiel mit Autos, fällt der Eindruck positiver aus, auch wenn die Entwickler hinsichtlich der Balance noch einiges zu tun haben und den Rangeleien eine gewisse Wucht fehlt. Vor allem hoffe ich, dass die Ausflüge nach der Eingewöhnungszeit weniger chaotisch ausfallen und auch genügend Langzeitmotivation bieten. Zudem muss man sich darüber im Klaren sein, dass der Mehrspieler-Modus ganz klar im Fokus steht und für Solisten trotz optionaler Karriere nach ein paar Proberunden schnell die Luft raus sein dürfte. Onrush hat interessante Ansätze zu bieten, keine Frage. Jetzt muss es dem Team nur noch gelingen, sie zu einem großartigen und spannenden Spielerlebnis zu verbinden.
Eindruck: befriedigend