GeForce Now - Vorschau, Hardware, Android, PC, Mac

GeForce Now
05.07.2018, Marcel Kleffmann

Vorschau: GeForce Now

Spielen auf einem gemieteten Server

Streaming-Dienste wie Netflix oder Amazon Prime haben die hiesige TV-Landschaft in den letzten Jahren radikal verändert und auch die Spielewelt wird dieser Technologietrend wohl nachhaltig wandeln. So sprachen bereits Microsoft, Electronic Arts und Ubisoft auf der E3 2018 über Spiele-Streaming. Und neben PlayStation Now testet NVIDIA aktuell seinen Dienst GeForce Now für PC und Mac. Wir haben uns die schöne neue Streaming-Welt angeschaut.

Der Spiele-Streaming-Dienst GeForce Now von NVIDIA hebt sich mit seiner Funktionsweise von anderen Streaming-Services ab. Normalerweise erhalten Streaming-Abonnenten gegen eine (monatliche) Gebühr Zugriff auf eine große Bibliothek an Filmen oder Spielen, die nach Belieben abgerufen werden können - so funktioniert es zum Beispiel bei Amazon Prime, Netflix oder bei PlayStation Now von Sony. Beim Game-Streaming-Dienst von NVIDIA ist das ein bisschen anders, denn im Prinzip mietet man bei GeForce Now einen virtuellen Rechner mit potenter Grafikkarte und startet seine eigenen Spiele oder ausgewählte andere Titel auf diesem entfernten Computer.

Remote Gaming: Einen Rechner mieten ...

Die Spiele laufen also auf diesem PC-System im NVIDIA-Rechenzentrum. Der eigene PC/Mac muss lediglich das Videosignal wiedergeben, weswegen die Hardware-Anforderungen recht niedrig sind. Die Eingaben von dem heimischen Steuerungsgeräten (Tastatur, Maus, Controller) werden also an den entfernten Rechner geschickt, dort werden Spiellogik sowie -geschehen berechnet, das Videosignal gerendert, komprimiert (H.264) und letztendlich auf dem Bildschirm zurückgeschickt.

Alles steht und fällt mit der Bandbreite der Internetverbindung.

Diejenigen, die schon einmal einen anderen Computer mit einer Remote-Desktopverbindung gesteuert haben, können sich in etwa vorstellen, wie das Prinzip funktioniert. Aufgrund des zusätzlichen Übertragungsweges der Eingabedaten zum Rechenzentrum ist klar, dass mit einer höheren Eingabeverzögerung bzw. Latenz zu rechnen ist, aber in der Praxis bzw. beim aktuell laufenden Betatest macht GeForce Now schon einen überraschend überzeugenden, ausgereiften und vor allem schnellen Eindruck.

Zunächst benötigt man auf PC und Mac den GeForce-Now-Client, der optisch gewisse Ähnlichkeiten zu GeForce Experience und kaum Einstellungsmöglichkeiten aufweist. Auf der Startseite werden diverse Spiele vorgestellt, die auf dem GeForce-Now-Rechner spielbar sind. Zu sehen sind zum Beispiel The Crew 2, Overwatch, Fortnite, PUBG, League of Legends, Rainbox Six Siege, Counter-Strike: Global Offensive sowie diverse "Neuerscheinungen". Diese Spiele sind quasi auf dem Remote-Rechner in der Cloud installiert und fordern den Spieler nach dem Start bzw. dem manchmal etwas zähen Verbindungsaufbau dazu auf, sich mit seinem jeweiligen Spiele-Account einzuloggen.

Streaming von eigenen Spielen - mit Einschränkungen

Auf der Startseite von GeForce Now werden beliebte "Highlights", neue Spiele , Free-to-play-Titel etc. in einer langen Liste vorgestellt. In die Bibliothek werden automatisch Spiele aufgenommen, die man bereits einmal gestartet hat.

Neben den vorgestellten Spielen können auch andere Titel gestartet werden. Im Prinzip lassen sich alle Spiele, die man in der eigenen Steam-Bibliothek hat, auf dem NVIDIA-Cloud-Rechner starten, wobei nicht alle Spiele offiziell unterstützt werden. Trotzdem können nicht-offizielle Spiele gestartet werden. Also loggt man sich auf dem Remote-Rechner mit seinen Steam-Daten ein (auch Mobile-Authenticator funktioniert) und hat vollständigen Zugriff auf seine Steam-Bibliothek, aus der im Anschluss neue Spiele installiert werden können, was dank hoher Bandbreite zügig geht und manchmal sind die Spieldaten schon irgendwo in der Cloud vorhanden. Was bei der aktuellen Beta nicht klappte, war zum Beispiel die Installation von Der Herr der Ringe: Schatten des Krieges, da das Spiel mehr Speicherplatz (> 150 GB) erforderte, als die virtuelle Maschine standardmäßig bot. Außerdem wurde bei jedem Login (Anzahl über 20) jeweils ein 2 GB großer Patch für Final Fantasy 15 Windows Edition runtergeladen, was den Schluss nahelegt, dass man immer mit unterschiedlichen "virtuellen Rechnern" verbunden wird, wobei NVIDIA auf Nachfrage bestätigte, dass dieses Problem bekannt sei und mit den optionalen 4K-Texturen zusammenhängen würde. Speicherstände in der Steam-Cloud können übrigens problemlos verwendet werden.

Startet man Overwatch aus der GeForce-Now-App, muss man sich nach dem Verbindungsaufbau im Battle.net einloggen.

Abseits von Steam, das direkt aus der GeForce-Now-App gestartet werden kann, ist es über Umwege (nämlich durch den Start von bestimmten Spielen) möglich, Uplay von Ubisoft und das Battle.net von Blizzard zu nutzen. Derzeit nicht verfügbar sind Origin von Electronic Arts, der Windows 10 Store von Microsoft und die Titel des Bethesda Launchers. Eine Liste mit allen offiziell unterstützten Spielen findet ihr hier .

Zu der genauen Hardware des virtuellen Rechners gibt es keinerlei Informationen. Doch den spielinternen Grafikoptionen von Jurassic World Evolution lässt sich entnehmen, dass das Spielgeschehen aktuell auf einer NVIDIA Tesla P40 läuft. NVIDIA wird höchstwahrscheinlich unterschiedlich leistungsstarke GPUs zu unterschiedlichen Mietkonditionen anbieten, aber konkrete Informationen liegen hierzu nicht vor. Wer allerdings Einstellungsmöglichkeiten am "gemieteten Rechner" erwartet, wird enttäuscht. Es können nur in den Spielen selbst Anpassungen vorgenommen werden. Die Mausgeschwindigkeit oder -beschleunigung auf der Steam-Oberfläche lässt sich beispielsweise nicht verändern.

Einstellungen in den Spielen

Weil der grundlegende Grafikprozessor aus Kategorie High-High-End stammt, sollte es möglich sein, nahezu alle Spiele mit maximalen Grafikqualitätseinstellungen zu spielen, wobei stellenweise sogar die Tesla P40 bei maximalen Optionen von FF15 ins Schwitzen kam, der Spielfluss langsamer wurde und die Bildwiederholrate leicht absackte.

Abgesehen von der Mobilität durch die Verwendbarkeit von GeForce Now auf mehreren Rechnern, können die Nutzer durch die High-End-Hardware der virtuellen Maschinen in dem Rechenzentrum selbst anspruchsvolle und aktuelle PC-Spiele auf älteren, leistungsschwächeren Systemen mit hohen Grafikdetails spielen, was etwaige Hardware-Aufrüstungen des eigenen Rechners verzögern oder gänzlich überflüssig machen könnte.

Ein Blick in die Grafikoptionen in Jurassic World Evolution verrät, dass der gemietete Rechner mit einer NVIDIA Tesla P40 arbeitet.

Ob man mit Streaming via GeForce Now überhaupt Spaß haben kann, hängt elementar an der Internetverbindung und der Bandbreite des heimischen Computers oder Notebooks, auf dem der Streaming-Client läuft. Mit einer Bandbreite von über 50 MBit/s sollte es möglich sein, die derzeit maximal gebotene Auflösung (1080p bzw. Full-HD) mit 60 Bildern pro Sekunde geliefert zu bekommen. Damit streamt GeForce in deutlich höherer Ausflösung als PlayStation Now (720p mit 30 fps).

Knackpunkt: Internetverbindung

Sinkt die Bandbreite ab, reduziert GeForce Now automatisch die Auflösung - zum Beispiel auf 720p mit 60 fps. Die niedrigste beobachtete Auflösung war 960x560 mit 60fps, wobei leider nicht klar visualisiert wird, ob das Problem auf der Client-Seite oder beim Server liegt; zumal sich optionale Network-Streaming-Stats einblenden lassen. Laut NVIDIA wird zunächst die Auflösung bei Bandbreiten-Problemen reduziert und erst dann die Bildwiederholrate. Generell empfiehlt NVIDIA eine 50 MBit/s-Leitung mit einer möglichst niedrigen Latenz zu den Rechenzentren in Europa (<40ms). 25 MBit/s ist das absolute Minimum und wird in der Regel nur in 720p funktionieren. Video-Übertragungen in 1440p oder 4K werden nicht angeboten.

Erfahrungsbericht in der Beta

Informationen zur Streaming-Qualität lassen sich oben rechts anzeigen.

Im Testbetrieb mit einer Internet-Bandbreite von 450 MBit/s (Kabel) und Gigabit-Ethernet habe ich die Beta-Version von GeForce Now mit folgenden Spielen ausprobiert: Shadow Warrior 2, Hitman, Final Fantasy 15 Windows Edition, Overwatch, Fortnite und Jurassic World Evolution. Und jetzt die Überraschung: Große Unterschiede zum normalen, direkten PC-Gaming gab es kaum. Selbst bei schnelleren Shootern wie Shadow Warrior 2 merkte man anfänglich zwar eine minimale Verzögerung im Vergleich zur direkten Nutzung auf dem Rechner, aber nach kurzer Eingewöhnung verschwand das Gefühl. Bei Jurassic World Evolution fiel auch bei wilden Kameradrehungen die Verzögerung nicht auf. Overwatch lief dauerhaft mit einer Ping von 20 (ohne Ultra-Streaming-Modus). Selbst eine langjährige Overwatch-Spielerin (inkl. Ranked Matches) bemerkte keinen nennenswerten Unterschied und empfand den Shooter auf GeForce Now als gut spielbar.

Natürlich ist jegliche Form der Latenzerhöhung bei kompetitiven Matches oder generell eSports hinderlich, aber für normale Mehrspieler-Gefechte (Quick Play etc.) oder vor allem für Einzelspieler-Titel ist GeForce Now schon fast prädestiniert, zumal man den Dienst auch auf weniger leistungsstarken Computern laufen lassen kann.

Schwankt die verfügbare Bandbreite, wird zunächst die Auflösung und dann die Bildrate reduziert.
Bei dem grafisch anspruchsvollen Final Fantasy 15 oder Hitman kam es bei manchen schnellen Kameradrehungen zu ganz leichten Slowdowns, wobei da nicht zu erkennen war, ob es an der fehlenden Rechenleistung oder an Latenzproblemen lag; tendenziell würde ich auf die GPU tippen. Schwere Grafikfehler durch die Kompression des Videomaterials sind nicht aufgefallen, abgesehen von einigen Artefakten bzw. Bildfehlern bei den Haaren der FF15-Boygroup. Last but not least habe ich GeForce Now mit weniger als 16 MBit/s in einer ländlichen Testregion ausprobiert und das Ergebnis möchte man nicht wirklich spielen.

Außerdem gibt es noch den Ultra-Streaming-Modus, der in der GeForce-Now-App angeschaltet werden kann. Dieser Modus soll nicht näher erklärte Einstellungen zur Minimierung der Latenz vornehmen, könnte aber die Grafikqualität reduzieren, heißt es. Im Prinzip werden in dieser Variante die 60 fps auf 120 fps angehoben, wodurch die Latenz reduziert werden soll.

Hinweis: Für NVIDIA Shield TV (Media-Streamer) ist eine Variante von GeForce Now verfügbar, jedoch als klassisches Streaming-Modell mit einer (kostenlosen) Bibliothek vorwiegend älterer Spiele.

Ausblick

GeForce Now für PC und Mac hinterlässt in der aktuellen Betaphase schon einen sehr ordentlichen Eindruck. Die grundlegende Game-Streaming-Technik funktioniert abgesehen einiger Kinderkrankheiten und fehlender Einstellungsmöglichkeiten gut bis sehr gut - vorausgesetzt die Internet-Bandbreite für Full-HD-Streaming mit 60 fps ist verfügbar (> 50 MBit/s). Verbindungsabbrüche gab es bei den Testläufen kaum, nur manchmal zeigten sich die Server ausgelastet und die Warteschlange funktionierte noch nicht. Grafische Einschränkungen aufgrund der Komprimierung des Videosignals fielen beim Testlauf kaum ins Gewicht und selbst die systembedingt leicht höhere Latenz fiel weder bei ruhigeren Spielen noch bei schnelleren Shootern wie Shadow Warrior 2 störend auf. Kompetitive Multiplayer-Titel, bei denen es auf jede Millisekunde ankommt, eignen sich zwar nicht unbedingt so sehr für Game-Streaming (höchstens im Ultra-Streaming-Modus), aber alles in allem bin ich positiv überrascht, wie gut und ausgereift GeForce Now aktuell funktioniert, obgleich Bedienung, Interface und Optionen noch verbessert werden können. Technisch und qualitativ wird PlayStation Now jedenfalls geschlagen. Allerdings hat NVIDIA bisher keinen Nutzungspreis für den Service offiziell bekanntgegeben. Vor einiger Zeit war ein Preis-pro-Stunde-Modell je nach gemieteter Grafikkarte im Gespräch. Ein Ende des Betatests ist bisher nicht in Sicht.

Einschätzung: gut

Kommentare
doublefrag

Inzwischen läuft der Dienst wirklich extrem gut!
Hier mal meine Erfahrungen mit dem PC, dem Firestick und dem Handy (in Kurzform):
http://www.vroad.de/2020/02/10/geforce- ... sprobiert/

vor 4 Jahren
Akula_1980

Ups, der Fred ist ja schon tot!!!

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren