Anno 1800 - Vorschau, Taktik & Strategie, XboxSeriesX, PlayStation5, PC

Anno 1800
21.08.2018, Marcel Kleffmann

Vorschau: Anno 1800

Ein Fest für Schönbauer

Nach zwei Anno-Teilen, die in der Zukunft (Anno 2070 und Anno 2205) spielten und teilweise auf heftige Kritik in der Spielerschaft stießen, geht Ubisoft Blue Byte wieder zurück in die Vergangenheit - und zwar ins Jahr 1800. Diesmal startet man im Spätmittelalter, ist bei der industriellen Revolution dabei und erkundet bzw. erobert eine neue Welt. Wir haben die ersten Schritte in die bildschöne Aufbauwelt gemacht.

Eine der wichtigsten Lektionen, welche die Entwickler aus Anno 2205 gelernt haben wollen, hängt mit der Anzahl und der Vielfalt der Spielmodi zusammen. Anstatt nur eine Mischung aus Sandkasten mit Storyquests wie bei Anno 2205 zu bieten, wird Anno 1800 (ab 19,80€ bei kaufen) ab dem Tag der Veröffentlichung am 26. Februar 2019 sowohl eine Kampagne, eine Sandbox als auch einen Mehrspieler-Modus umfassen.

Story, Sandkasten und Multiplayer

Die storybasierte Kampagne wird sich um Erkundung/Erforschung drehen - inspiriert von Kurzgeschichten aus dem 19. Jahrhundert; mehr wurde an dieser Stelle nicht verraten.

Bei Anno 1800 beginnt man im Spätmittelalter und führt die Stadt in eine industrielle Zukunft.
Gleiches gilt für den "klassischen Mehrspieler-Modus", der erst später vorgestellt werden soll. Ausführlich präsentiert hat Ubisoft Blue Byte bisher lediglich den Sandkasten-Modus, der mit vielen Einstellungs- und Anpassungsmöglichkeiten auftrumpfen soll, damit man sich eine individuelle Anno-Partie abseits der typischen Schwierigkeitsgrade erstellen kann. So wird man zum Beispiel einstellen können, ob das "Verschieben eines Gebäudes" kostenlos, kostenpflichtig oder überhaupt nicht erlaubt ist.

Um es gleich vorwegzunehmen: Viele im letzten Teil vermisste Anno-Elemente sind wieder dabei. Hierzu gehören Diplomatie, Handelsrouten auf den Inselkarten, "sockelbare" Gegenstände mit unterschiedlichen Seltenheitsstufen, größere Karten mit mehreren besiedelbaren Inseln, zufallsgenerierte Karten mit vordefinierten Inseln, Werften für den Schiffbau, Saatgüter und computergesteuerte Gegner auf den Inseln, die mit dem Spieler direkt konkurrieren. Auch parallel laufende Siedlungen (wie in Anno 2205), "Sessions" genannt, sind wieder dabei. Sie sollen später eingeführt werden und nicht mehr so dominant sein. Es soll nicht mehr so viele gleichzeitig laufende Sitzungen geben.

Viele Anno-Bausteine kehren zurück

Die Häfen lassen sich ausführlich ausbauen und auch mit Kanonen zum Schutz versehen.
Während sich in Anno 1800 die Hauptsiedlung in einer Europa-ähnlichen Umgebung befindet, gelangt man erst Mitte bis Ende der dritten Bevölkerungsstufe an den Punkt, an dem man auf einen anderen Kontinent expandieren kann. Die Reise über den großen Teich führt in ein südamerikanisches Gebiet mit dichtem Dschungel und vielen kleinen Flüssen. Spielerische Unterschiede zwischen den Regionen werden versprochen.

Zwischen diesen beiden Regionen kann man dann hin- und herspringen, wobei beide Siedlungen währenddessen im Hintergrund weiter simuliert und nicht pausiert werden. Da sich viele exotische Ressourcen auch bei Nicht-Spieler-Charakteren kaufen lassen, kann man die Eroberung der neuen Welt je nach Lust und Laune zurückstellen. Zwischen den beiden "Sessions" wechselt man via Weltkarte, doch bis dahin muss man erstmal die erste Siedlung aus dem Boden stampfen und auf Vordermann bringen …

Alles beginnt mit einem Schiff und der Gründung einer Siedlung auf einer Insel. Man baut einen Marktplatz, zieht erste Straßen, errichtet Bauernhäuser und beginnt mit der Beschaffung von Ressourcen und Waren, damit die Siedlung ausgebaut und die Bedürfnisse der Einwohner gestillt werden können. Bereits nach wenigen Minuten stellte sich in der angespielten Alpha-Version ein Anno-typisches Heimatgefühl ein. Im Vergleich zu den Vorgängern müssen die Einwohner nicht mehr "vollständig glücklich" sein, um auf die nächste Stufe aufsteigen zu können. So gibt es einerseits Luxus-Bedürfnisse, welche die Einwohner glücklich machen und andererseits Bedürfnisse, die für die Bewohnerzahl eines Gebäudes zwingend notwendig sind.

Erste Schritte

Beispiel: Damit Bauern zu Handwerkern werden können, sind Fisch, einfache Wollkleidung und Zugang zum Marktplatz erforderlich. Sind diese Grundbedürfnisse erfüllt, können sie aufsteigen, was binnen weniger Minuten über die Bühne geht. Das Luxusgut Schnaps sowie ein Wirtshaus werden für den Aufstieg nicht zwingend benötigt, können trotzdem optional erreicht werden, wenn man seine Bürger vollständig zufriedenstellen und die Wohnplätze maximal pro Haus ausnutzen möchte. Diese kleine Detailänderung sorgt dafür, dass sich schnell, kleine, effiziente Produktionsinseln mit minimalem Aufwand erstellen lassen.

Optisches Feedback ist wieder wichtig. Wenn Arbeiter mit den Arbeitsbedingungen nicht zufrieden sind, dann wird man dies sehr deutlich sehen.

Auch die Arbeitskraft muss im Auge behalten werden. Jede Bevölkerungsstufe stellt eine bestimmte Form der Arbeitskraft zur Verfügung, die von manchen Produktionsanlagen und Fabriken erfordert wird. Bäuerliche Arbeitskraft wird logischerweise von Bauern bereitgestellt und für den Betrieb von Bauernhöfen und Schaffarmen benötigt. In fortgeschrittenen Fabriken können Bauern nicht arbeiten. Dort ist beispielsweise Arbeitskraft von Arbeitern notwendig, die jedoch nicht auf Bauernhöfen arbeiten können. Steht nicht genug Arbeitskraft zur Verfügung, sinkt die Produktion drastisch. Die bereitstehende Arbeitskraft wird pro Insel berechnet. Überschüssige Arbeitskraft kann mithilfe von Schiffen auf andere Inseln transferiert werden.

Arbeit ist nicht gleich Arbeit

In Anno 1800 wird die "Städte-Attraktivität" eingeführt, die "Schönbauer" in der Annowelt belohnen soll. Insgesamt gibt es sechs Kategorien nach denen die Gesamtattraktivität einer Insel bemessen wird. Drei positive Kategorien (Kultur, Natur, Feierlichkeiten) können helfen, die Attraktivität der Insel auf die nächste Stufe zu heben. Drei negative Kriterien (Geschmacklosigkeit, Verschmutzung, Unsicherheit) können dazu beitragen, dass die Stadt an Attraktivität verliert.

Schönbauer werden belohnt

Zur Kultur zählen zum Beispiel Ornamente (Verschönerungselemente) und aufwendige Projekte wie der Zoo, die Weltausstellung oder das Museum. Mit Natur sind die unberührten und somit nicht industrialisierten bzw. bebauten Bereiche der Insel gemeint. Feierlichkeiten bedeuten, dass zufriedene Bürger als Dankbarkeit hübsche Festivitäten veranstalten.

Effektiv, aber nicht wirklich schön: Fabriken verursachen Verschmutzung.
Durch bestimmte Gebäude wie Schweinefarmen oder abgebrannte Ruinen steigt die Geschmacklosigkeit, die das Gesamtbild einer Stadt trübt - genauso wie Verschmutzung durch Hochöfen und Fabriken. Negativ auf die Bewertung der Attraktivität wirken sich aufständische bzw. unzufriedene Bürger und Feuersbrünste aus. Je attraktiver eine Stadt ist, umso mehr Touristen werden angezogen, die Geld in der Stadt lassen.

Während man in vielen Anno-Titeln auf ein großes Monument oder Firmenhauptquartier hingearbeitet hat, wird es in Anno 1800 mehrere kulturelle Großprojekte geben, mit denen man die Städte-Attraktivität mächtig verbessern kann. Hierzu gehören der Zoo und das Museum. Beide Bauvorhaben sind modular und können stetig vergrößert bzw. erweitert werden. Beim Zoo kann man nach der Platzierung des Hauptgebäudes zum Beispiel weitere Gehege hinzufügen und diese dann mit Tieren füllen. Beim Museum kann man immer neue Präsentationsflächen für Artefakte bauen - und zwischen diesen Ausbauten lassen sich Wege, Ornamente und Co. erreichten, die das Ganze schicker aussehen lassen. Aber woher bekommt man eigentlich Tiere für den Zoo und Artefakte für das Museum? Diese "Gegenstände" erhält man zum Beispiel durch abgeschlossene Aufgaben oder man kauft sie für Geld bei Nicht-Spieler-Charakteren oder man startet Expeditionen - etwas Neues ist der Annowelt.

Großprojekte: Zoo und Museum

Expeditionen kann man sich als kleine Textbook-Adventures vorstellen, deren Ergebnis man beeinflussen kann. Für solch eine Expedition muss man zunächst ein Schiff aussuchen, das sich auf die Mission begeben soll. Danach muss man eine Crew zusammenstellen, die bestimme Herausforderungen erfüllen kann bzw. kontern kann und genug Moral für solch ein Vorhaben mitbringt. Manchmal müssen auch Rationen eingepackt werden, wobei die Crew-Mitglieder und Persönlichkeiten in Form von "Gegenständen" vorliegen. Ist das Schiff gepackt, wird eine Erfolgaussicht gegeben und wenn man zufrieden ist, kann die Fahrt losgehen.

Auf Expeditionstour

Kurze Zeit später meldet sich die Expedition bei Fortschritten zu Wort, meistens, wenn Entscheidungen zu treffen sind. Dabei hat man die Wahl zwischen mehreren Optionen und muss ggf. mit den Konsequenzen der Wahl leben. Hat man Glück und kompetente Leute mitgeschickt, erhält man schicke Artefakte wie Maya-Ruinen oder ein Dinosaurier-Skelett für das Museum oder besondere Delphine für den Zoo, mit denen sich die touristische Attraktivität massiv steigern lässt. Hat man bei der Expedition Pech, kann es sein, dass das Schiff beschädigt oder gar zerstört wird.

Der Zoo lässt sich modular mit weiteren Gehegen erweitern. Aktuell gibt es aber nur eine Einheitsgröße von Gehegen.

Wenn Crew-Mitglieder oder andere Personen (allesamt Gegenstände) gerade nicht an Expeditionen teilnehmen, können sie in bestimmte Gebäude wie das Gildenhaus "gesockelt" werden und dadurch unter Umständen positive Effekte auf die Umgebung haben - zum Beispiel für eine bessere Produktivität oder eine höhere Zufriedenheit im Umkreis sorgen.

Gegenstände und Blaupausen

Neu und praktisch ist der Blaupausen-Modus. In diesem Modus baut man nur Silhouetten von den Gebäuden und sobald genug Ressourcen im Lager sind, können die Gebäude hochgezogen werden. Der Clou ist, dass man sämtliche Gebäudetypen als Blaupausen platzieren kann und dadurch das Layout einer Stadt schon im Vorfeld ausführlich planen kann (Stichwort: unterschiedlich große Baufläche der Gebäude) ohne später abreißen oder umplatzieren zu müssen.

Ausblick

Etwas mehr als drei Stunden konnte ich die Alpha-Version von Anno 1800 bei Ubisoft Blue Byte in Mainz anspielen und schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich in der Aufbauwelt heimisch - und im Gegensatz zu Anno 2205 gibt es wieder eine echte Kampagne, einen Sandkastenmodus und einen klassischen Mehrspieler-Modus. Ohnehin fühlt sich Anno 1800 wie ein Best-of-Anno an. Es gibt direkte Computergegner auf den Inseln, Diplomatie, Schiffbau in Werften, Handelsrouten zwischen Inseln, parallel laufende Sessions und einige durchdachte Neuerungen. So fügt sich das Belohnungssystem für Schönbauer gut in das Grundkonzept ein und die modularen Riesenbauprojekte wie Zoo oder Museum sind zusammen mit den Textbook-Adventure-Expeditionen eine willkommene Erweiterung, gerade für fortgeschrittene Siedlungen. Zwar hält sich Ubisoft hinsichtlich Kampagne, Multiplayer, Diplomatie, Kämpfe, Einfluss etc. noch bedeckt. Doch was ich bisher sah und spielten konnte, war richtig gut und orientiert sich mehr an Anno 1701 sowie Anno 1404 - mit ausgewählten Einflüssen aus der Zukunft. Am liebsten hätte ich gleich weitergespielt …

Einschätzung: sehr gut