Dying Light 2: Stay Human - Vorschau, Action-Adventure, PlayStation4, XboxOne, Switch, XboxSeriesX, PC, PlayStation5

Dying Light 2: Stay Human
18.02.2019, Marcel Kleffmann

Vorschau: Dying Light 2: Stay Human

Zombies im narrativen Sandkasten

Mit dem ersten Teil, der hierzulande noch immer indiziert ist, hatte Techland einen Überraschungserfolg gelandet, der weltweit über 13 Millionen Spieler fand - was wohl auch an den vorbildlichen Inhalten lag, die nach dem Release veröffentlicht worden sind. Der Nachfolger soll als "narrative Sandbox" eigene Akzente setzen und wird von den Entwicklern vollmundig als Action-Rollenspiel bezeichnet. Unsere Eindrücke von Dying Light 2 haben wir in der Vorschau festgehalten.

Dying Light 2 spielt fünfzehn Jahre nach dem ersten Teil. Die Menschheit hat den Kampf gegen die Infizierten und gegen das Virus verloren. Viele Überlebende haben sich zusammengerottet und fristen ihr Dasein in einer großen (europäischen) Stadt, die ehemals florierte und nun als Schauplatz für die Machtkämpfe unterschiedlichster Interessensgruppen herhält - und natürlich sind auch die lichtempfindlichen Zombies vor Ort.

Lichtempfindlich in Europa

Mitten in diesem Chaos wird man als Spieler vor allerlei Entscheidungen gestellt, die die Zukunft und das Erscheinungsbild der Stadt sowie die Machtverhältnisse der Fraktionen prägen werden. Die Entwickler bezeichnen das Ganze als narrativen Sandkasten und viele Entscheidungen sollen laut Chris Avellone (Star Wars: Knights of the Old Republic 2, Fallout 2) moralisch relevant sein und ethisch nicht eindeutige Alternativen bieten. Eine klare Gut/Böse-Dichotomie soll vermieden werden, stattdessen wird sich alles in der Grauzone dazwischen abspielen.

Der schnellste Weg nach unten ...

In der Stadt gibt es zum Beispiel die Fraktion der Peacekeeper. Als selbsternannte Exekutive bekämpfen sie die Infizierten und beschützen die Einwohner. Allerdings herrschen sie mit harter Hand und setzen ihre Regeln rigoros in den von ihnen kontrollierten Gebieten durch. In einer Demo-Mission geht es zum Beispiel um einen Wasserturm, der von zwei Banditen (Scavenger-Fraktion) besetzt wurde. Die Banditen kontrollieren nun die Wasserversorgung eines Stadtteils. Im Auftrag der Peacekeeper soll man sich der Sache annehmen. Dabei hat man die Wahl, ob man letztendlich der Peacekeeper-Fraktion helfen möchte oder sich auf die andere Seite schlägt.

Parkour-Action

Zunächst muss man in bester Parkour-Manier irgendwie auf den Wasserturm hochkommen, der sich auf einem mehrstöckigen Gebäude befindet. Mit Wallruns, Slides, Hangeln, Schwingen, Springen und Abrollen bahnt man sich einen Weg nach ganz oben. Wichtig ist, seine Stamina-Leiste im Auge zu behalten, da jede Aktion etwas Stamina kostet und dadurch die pausenlose Verkettung akrobatischer Manöver einschränkt wird. Deswegen muss man sich vorher einen Weg überlegen, die Aktionen planen (Springen, Wallrun, Hangeln etc.) und dann den Plan in die Tat umsetzen. Die Entwickler versprechen, dass die Anzahl der Parkour-Fähigkeiten verdoppelt wurde und sich zahlreiche Parkour-Puzzles in der Welt befinden werden. Die bisher präsentierten Parkour-Abschnitte (jeweils aus der Ego-Perspektive) konnten sich lassen, wirkten jedoch von der Geschmeidigkeit der Animationen und vor allem bei der Verkettung mehrerer Aktionen hintereinander noch nicht so flüssig wie zum Beispiel Mirrors Edge. Der Übergang zwischen den einzelnen Aktionen war noch etwas holprig.

Die Peacekeeper haben die Kontrolle übernommen.

Hat man es auf den Wasserturm geschafft, darf man sich entscheiden, wie es weitergehen soll. Gerade als man die oberste Plattform erreicht, erwischt man die beiden Banditen, wie sie einen Peacekeeper-Unterhändler töten. Nun hat man die Wahl. Entweder man setzt sich für die Peacekeeper ein und kämpft als Folge in einem intensiven Bosskampf gegen den bulligen Banditen oder man unterstützt die Banditen und wendet sich gegen die Peacekeeper.

Peacekeeper oder Banditen?

Unterstützt man zum Beispiel die Peacekeeper und gewinnt den Bosskampf werden nach einiger Zeit in den Gassen der Stadt die Peacekeeper-Truppen patrouillieren, während der Bevölkerung und dem Spieler Wasser (zur Regeneration) zur Verfügung steht. Außerdem kämpfen sie selbstständig gegen die Infizierten. Entscheidet man sich, den Peacekeepern den Rücken zu kehren und lässt die beiden Wasserturm-Eroberer gewähren, wirkt der Stadtteil verwahrloster und versinkt im Chaos. Die beiden Banditen verkaufen das Wasser an die Einwohner und verdienen damit gutes Geld - als Unterstützer der Banditen erhält man Gewinnanteile. Allerdings kann man sich dort jetzt nicht mehr kostenlos Heilung abholen. Auch die Peacekeeper lassen sich in dem Viertel nicht mehr sehen. Vielmehr siedelt sich dort nun ein Schwarzmarkt an, der wiederum bestimmte Vor- und Nachteile mit sich bringt.

Solche Entscheidungsmomente soll es immer geben und sie beeinflussen zum Beispiel die Möglichkeiten der Fortbewegung in der Stadt. Manche Fraktionen spannen zum Beispiel Seilbrücken auf, erlaubten Zugriff auf Zip-Lines oder organisieren gar funktionierende Trucks. Hoffentlich gelingt es den Entwicklern, die tatsächlichen Entscheidungsmöglichkeiten sinnvoll in die Spielwelt einzubauen, sodass sie nicht aufgesetzt, sondern glaubhaft wirken.

Ein anderes Beispiel ist ein Schwimmbad, um das drei Fraktionen konkurrieren. Schlägt man sich auf die Seite der Peacekeeper, so bauen sie das Schwimmbad in eine nutzbare Trainingsarena um, die sich zugleich als Folterkammer nutzen lässt. Bei den religiösen "Untainted" (Erlösung durch Drogenrausch) wird das Gebäude in eine Drogenplantage umgebaut, die Drogen herstellt und zugleich temporäre Verbesserungen für den Spieler (weiter springen, schneller laufen etc.) offeriert.

Ein vertrautes Bild: Gleicher Stadtteil, aber andere Fraktion an der Macht.
Auch die Scavengers haben Interesse an der Anlage. Sie verwandeln das Schwimmbad in eine Öl-Raffinerie, die später für Treibstoff sorgt. Treibstoff ist für bestimmte Waffen und natürlich für Fahrzeuge erforderlich. Durch die Story, die Entscheidungen mit Einfluss auf die Spielwelt und die Parkour-Bewegungen soll Dying Light 2 dem Spieler möglichst viel Freiheit bieten - und deswegen wird es mehrere verschiedene Enden geben, je nach den Entscheidungen der Spieler. Die Auswirkungen mancher Entscheidungen können durch Nebenquests abgemildert oder verändert werden. Techland selbst bezeichnet das Spiel nunmehr als Action-Rollenspiel.

Ein Action-Rollenspiel laut Techland

Gekämpft wird häufig und im Vergleich zum Vorgänger soll das Nahkampfsystem generell besser und vielfältiger sein. Außerdem wird es ein besseres Timing beim Blocken oder Parieren erfordern - und mehr Geschicklichkeit. Hinzukommen mehr Interaktion mit der Umgebung, die Modifizierung von Waffen und die Nutzung der Fertigkeiten des Charakters. Die Anzahl der Skills soll in etwa der Fertigkeitenanzahl des Vorgängers entsprechen.

Und natürlich wird man auch wieder die Infizierten treffen, die sich bei Tageslicht an möglichst dunklen Orten verstecken und auf die Dunkelheit warten, um dann die Kontrolle über die Straßen zu übernehmen. Infizierte, die sich bei Tageslicht rauswagen, verwandelt sich übrigens in die "Degenerierten".

Wennn es dunkel wird, erwacht eine andere Bedrohnung ...
Auf dem Weg zum eben beschriebenen Wasserturm, bei heiligstem Tageslicht, muss man ein Gebäude passieren, in dem mehr als zwei Dutzend Zombies dicht an dicht stehen und sich nur kurz und ruckartig auf der Stelle bewegen - und genau durch diese zuckenden Wesen muss man schleichen, wenn man den Wasserturm erreichen möchte. Hierbei kommt es darauf an, dass man sich langsam und vorsichtig bewegt und die wartenden Kreaturen nicht behelligt, was schon irgendwie etwas gruselig wirkt …

Gruselige Infizierte

Die Spielwelt von Dying Light 2 ist ungefähr viermal so groß wie beim Vorgänger (inkl. der Erweiterung). Man wird es kooperativ mit bis zu vier Personen spielen können - wahrscheinlich nach dem Tutorial. Der Host, der die Multiplayer-Partie eröffnet, wird den anderen Mitspielern seine Version der Stadt und seinen Fortschritt präsentieren können. Die anderen Spieler können die Entwicklung der Stadt nicht beeinflussen. Sie können lediglich "mitspielen", aber keine Entscheidungen fällen.

Co-op und Deutschland-Release

Dying Light wurde in Deutschland nicht offiziell veröffentlicht und landete im März 2015 auf dem Index (Liste A) für jugendgefährdende Medien. Techland strebt eine Veröffentlichung von Dying Light 2 in Deutschland definitiv an, aber konkrete Angaben konnten die Entwickler noch nicht machen. Der erste Teil ist nach dem Verkaufsstart lange und umfangreich mit Zusatzinhalten und Erweiterungen versorgt worden. Der zweite Teil soll ebenfalls über längere Zeit unterstützt werden - von mindestens zwei Jahren ist die Rede.

Ausblick

Techland beweist Mut zum Risiko mit der veränderten Ausrichtung von Dying Light 2 als narrativen Sandkasten und die Umwandlung in ein postapokalyptisches Action-Rollenspiel. Die Entwickler extrahieren quasi die Essenz des Vorgängers mit den Parkour-Passagen und der brutalen Nahkampf-Metzelei und versuchen nun eine komplexe Geschichte in einer Welt zu erzählen, die maßgeblich durch den Spieler verändert wird, wodurch stellenweise neue Spielstile und Möglichkeiten freigeschaltet werden. Ich kann aber nur hoffen, dass die Entscheidungsmöglichkeiten sinnvoll und nachvollziehbar in den Kontext der Spielwelt eingebaut werden und die Spielwelt trotz großer Veränderungen glaubhaft bleibt. Hier bewährt sich hoffentlich Chris Avellone, denn bisher waren die Story-Ambitionen in Techland-Titeln nicht mehr als "gut gemeint". Während die Nahkämpfe und die Parkour-Passagen noch etwas holprig wirkten und einen besseren und durchgängigeren "Flow" vertragen könnten, bleibt abzuwarten, welche Rolle die Infizierten in diesem Szenario letztendlich spielen werden - oder ob sie zugunsten der Konflikte mit den anderen menschlichen Fraktionen zurückgedrängt werden. Es bleiben viele Fragenzeichen, aber die grundlegende Idee der aktiv beeinflussbaren der Spielwelt in einer Welt voller Konflikte ist spannend.

Einschätzung: gut