Mortal Kombat 11 - Vorschau, Prügeln & Kämpfen, XboxSeriesX, PlayStation5, PlayStation4Pro, XboxOne, XboxOneX, Stadia, PlayStation4, Switch, PC

Mortal Kombat 11
07.03.2019, Michael Krosta

Vorschau: Mortal Kombat 11

Brutaler, intensiver, taktischer

Wir haben die NetherRealm Studios im kalten Chicago besucht, um eine aktuelle Version von Mortal Kombat 11 (ab 16,00€ bei kaufen) auszuprobieren. Dabei konnten wir uns nicht nur in Einzelkämpfen austoben, sondern auch in den Story-Modus hineinschnuppern und die Figuren im Editor umgestalten. Für die Vorschau haben wir mächtig Prügel ausgeteilt, aber auch eingesteckt und uns dabei mehr als nur eine blutige Nase geholt...

Wer bereits den Vorgänger kennt, kommt auch in Mortal Kombat 11 sofort zurecht: Zwar vermisst man umgehend die gestrichene Sprint-Mechanik, doch bei den Schlägen, Tritten und Kombos stellt sich schnell wieder das bekannte sowie bewährte Spielgefühl ein. Dass Tastenkombinationen für typische Aktionen wie den Schattenkick von Johnny Cage, den Teleport von Raiden oder das Schleudern von Scorpions Kettenspeer beibehalten wurden, trägt ebenfalls dazu bei, dass sich Veteranen umgehend zurechtfinden. Von daher präsentiert sich der jüngste Teil in spielerischer Hinsicht eher als Evolution, obwohl es abseits des leicht erhöhten Spieltempos auch Veränderungen im Detail gibt.

Vertraut und trotzdem frisch

„Ich bin davon überzeugt, dass Mortal Kombat 11 den bisher vollständigsten Titel innerhalb der Reihe darstellt und sich am besten spielt“, so Serienschöpfer Ed Boon im Interview. „Alles, was wir in den vorherigen Spielen gelernt haben, wenden wir hier an […]. Wir haben diese Philosophie im Team, in jedem Mortal-Kombat-Spiel etwas Neues vorzustellen. Die Leute sollen nicht den Eindruck bekommen, nur ein Mortal Kombat X mit schönerer Grafik zu spielen.“

Tatsächlich finden sich bei all den vertrauten Elementen auch einige Neuerungen und Änderungen im Spielverlauf. Das traditionelle Super Meter bzw. die EX Bar ist jetzt Geschichte. Stattdessen finden sich zwei separate, jeweils zweistufige Leisten, deren regenerative Energie man entweder in defensiven oder offensiven Spezialaktionen entladen kann. Dabei zehren z.B. auch Interaktionen mit der Umgebung an der Leiste, wenn man seinen Gegner z.B. kurz mal mit einer Kettensäge bearbeitet oder dessen Gesicht durch die spitzen Stacheln eines Kaktus zieht. Autsch!

Fatal Blows als letzte Rettung

Und was ist mit den coolen X-Ray-Moves? Die krassen Sequenzen, in denen viele Schädel, Kiefer und Knochen zu Bruch gingen, gehören leider der Vergangenheit an. Aber keine Bange: Mit den Fatal Blows gibt es einen würdigen Ersatz, der sich mit dem Druck auf die beiden Schultertasten auch genauso auslösen lässt - allerdings nur einmal pro Match und nur dann, sobald sich die eigene Energieleiste auf das untere Drittel reduziert hat. Damit erfüllen die mächtigen Spezialaktionen in erster Linie eine taktische Funktion, um eine Partie vielleicht doch noch zu den eigenen Gunsten zu drehen. Genau wie die

Wir waren bei NetherRealm in Chicago und haben mit Creative Director Ed Boon geplaudert.
X-Ray-Angriffe von damals können allerdings auch die Fatal Blows geblockt werden. Ab und an bekommt man vor allem nach Upper-Cuts oder schmerzhaften Interaktionen mit der Umgebung dennoch einen Hauch der Röntgen-Sequenzen zu Gesicht. Wie und warum konnten wir allerdings nicht nachvollziehen – auch deshalb, weil das Tutorial in der gezeigten Fassung noch gesperrt war, in dem man sogar die Fatalities in Ruhe einstudieren darf.

Sind die Fatal Blows bereits ein äußerst blutiges Vorspiel, stellen die Fatalities und Brutalities mit ihrer harten, aber völlig überzeichneten Gewaltdarstellung einmal mehr die Höhepunkte dar. Dabei sorgt die hemmungslose Inszenierung der kreativen Hinrichtungen nicht nur für angewiderte Gesichter. Manchmal kann man sich auch ein Lächeln nicht verkneifen, wenn z.B. Schauspieler Johnny Cage mehrere Takes benötigt, um seinem taumelnden Gegenüber die Rübe abzuschlagen.

Harte und völlig abgedrehte Finisher

Die Fatalities sind stellenweise noch krasser als im Vorgänger, regen durch die völlig überzogene Gewaltdarstellung und bekloppte Situationen aber manchmal sogar zum Schmunzeln an.
„Je mehr Fantasy in den Fatalities steckt, desto besser“, antwortet Boon auf die Frage, ob es bei der Gestaltung der brutalen Abschlüsse auch Grenzen gibt, die man nicht überschreiten will. „Kommt aus dem Team eine Idee, die ein bisschen zu realistisch erscheint, dann lehnen wir sie ab.“ Tatsächlich dürfte die völlig überdrehte Darstellung einen entscheidenden Teil dazu beigetragen haben, warum sich die USK beim Vorgänger schließlich doch noch zu einer Freigabe durchringen konnte, die trotz des leicht erhöhten Gewaltgrades mittlerweile auch Mortal Kombat 11 bekommen hat. Zumal der rote Lebenssaft bei den Fatal Blows und Finishing Moves angesichts der übertriebenen Dickflüssigkeit und Farbgebung eher Assoziationen an Ketchup weckt, während es beim normalen Schlagabtausch etwas realistischer wirkt. Auf direkte Nachfrage bestätigte uns Boon außerdem, dass MK 11 auch auf Switch ungeschnitten erscheinen wird. Dabei würden die NetherRealm Studios auch gerne plattformübergreifende Kämpfe realisieren, doch da sich die Pläne leider nicht so einfach umsetzen lassen, ist diesbezüglich aktuell nichts angedacht. Für die Zukunft wollen sich Boon mit sein Team aber weiter mit dem Thema auseinandersetzen.

Neben einzelnen 1vs1-Kämpfen, die man sowohl lokal als auch online austragen darf, stecken die NetherRealm Studios viel Arbeit und Ressourcen in den Storymodus, in dem die Geschichte um den Kampf zwischen der Erde und den finsteren Mächten der Außenwelt in aufwändig inszenierten Zwischensequenzen sowie bester B-Movie-Manier weitererzählt wird. Für Ed Boon steht der Story-Modus auf Augenhöhe mit den Mehrspieler-Duellen. „Für Gelegenheitsspieler kann sie sogar noch wichtiger sein“, meint der Creative Director. „Die 1-gegen-1-Kämpfe können für Anfänger beängstigend sein, wenn man zuvor noch nie ein Fighting Game gespielt hat. Vor allem online, wenn man zufällig an einen Profi gerät und regelrecht zerstört wird. Der Story-Modus, die Türme und andere nicht-kompetitive Modi sind ein guter Weg, damit auch solche Spieler viel Spaß mit Mortal Kombat haben, die sich nicht auf den kompetitiven und professionellen Wettkampf einlassen wollen.“

Angriff ist die beste Verteidigung

Tatsächlich geht Boon sogar so weit und bezeichnet den Story-Modus mit seiner filmreifen Aufmachung als einen der wichtigsten Schritte, mit der die Evolution der Reihe nach der Einführung der Fatalities beim Erstling und dem Schritt zu den 3D-Ablegern mit ihren neuen Spielmodi vorangebracht wurde. „Dank des Story-Modus haben wir Leute gewonnen, die normalerweise wohl nie ein Fighting Game gespielt hätten“, ist Boon überzeugt. Leider haben wir in Chicago nur einen kurzen Einblick in die Geschichte bekommen, die nahtlos an die Ereignisse des Vorgängers anschließt.

In den ersten Kämpfen konnten wir Cassie Cage bei ihrem Beförderungsritual zum Commander begleiten, bevor die Verteidiger der Erde sich dazu entschließen, in die Offensive zu gehen und den blutigen Konflikt in die Außenwelt tragen, wo einige alte Bekannte warten, über die wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen dürfen. Was man aber bereits sagen kann: Die Inszenierung ist mit ihren lässigen Kamerafahrten und tollen Schnitten wieder sehenswert und die Figurenmodelle haben vor allem im Hinblick auf die Mimik im Vergleich zum Vorgänger deutlich zugelegt und befinden sich jetzt auf dem Niveau von Injustice 2. Wie wir im Rahmen der Studiotour erfahren haben, müssen die Motion-Capturing-Akteure für jeden

Der Charakter-Editor erlaubt nicht nur kosmetische Anpassungen, sondern auch eigene Move-Sets.
einzelnen Charakter mindestens 50 Gesichtsausdrücke darstellen, die von den etwa 100 ringsherum aufgestellten Kameras erfasst und aufgezeichnet werden. Ein Aufwand, der sich lohnt, wie man bei Injustice 2 gesehen hat.

Die DC-Reihe und Mortal Kombat befruchten sich schon seit jeher gegenseitig. Der nächste Schritt in dieser Symbiose stellt der ausgefeilte Charakter-Editor dar, mit dessen Hilfe man jetzt auch hier seine Recken anpassen darf. Dabei ist man nicht auf kosmetische Veränderungen wie alternative Outfits, Masken oder sogar Waffendesigns beschränkt. Besitzen die Standard-Figuren jeweils drei vorgefertigte Kampfstile, darf man das Repertoire an Moves, Spezialattacken und Ausrüstung im Editor frei kombinieren, um einen individuellen Stil zu kreieren, der der eigenen Spielweise am besten entgegen kommt. Durch die Kombination von Gegenständen und Kristallen erhält man außerdem diverse Boni, durch die man z.B. weniger Schaden einsteckt oder die Angriffskraft erhöht.

Mein eigener Scorpion

Da fliegen wieder ein paar Zähne...
Allerdings bleibt abzuwarten, wie sehr die Möglichkeiten des Editors die Balance beeinflussen. Denkbar scheint ein ähnlicher Weg, wie er bei Injustice 2 beschritten wurde: Dort waren in manchen Modi und insbesondere gewerteten Online-Partien nur die Standardfiguren ohne Augmentierungen erlaubt. Weniger bedenklich sind dagegen Anpassungen am Einmarsch und den Siegerposen, die zusammen mit Spott-Animationen freigeschaltet werden können. Darüber hinaus lässt sich sogar festlegen, welche Stärken und Schwächen der selbsterstellte Charakter aufweisen soll, wenn er von der KI übernommen wird.

Neben dem Story-Modus sind auch die Türme wieder ein Teil von Konquest, in denen man sich unter verschiedenen Bedingungen und Modifikatoren an die Spitze kämpfen muss. Hier sollen sich laut Ed Boon auch die meisten Easter Eggs verstecken – verraten wollte er allerdings keines, merkt aber an, dass es mehr als genug von ihnen gibt. Dabei greift man auch auf so genannte „Konsumables“ zurück, für die vier Slots zur Verfügung stehen, wo sie nicht nur platziert, sondern sogar für eine Wiederverwendung aufbereitet werden können. Mit ihrer Hilfe kann man z.B. im laufenden Gefecht seine Lebensenergie regenerieren oder einen Sidekick herbeirufen, der den Spielers kurz unterstützt. Apropos: Eine Option für Tag Team wird es aber auch in Mortal Kombat 11 leider nicht geben, obwohl Ed Boon nach eigenen Aussagen immer wieder mit dem Gedanken

Der Klassiker: Zwischen Scorpion und Sub-Zero geht es wieder heißkalt her.
spielt. Seiner Meinung nach könnte der kooperative Team-Ansatz vor allem die Online-Matches durchaus bereichern und ihnen eine weitere interessante Facette bescheren.

Kampf bis zur (Turm-)Spitze

Neben Story und Türmen fand sich im Konquest-Menü übrigens noch ein weiterer Spielmodus, der jedoch mit Fragezeichen versehen wurde und sich noch nicht auswählen ließ. Zum Start dürfte es also noch die eine oder andere Überraschung geben. Das gilt auch für die Auswahl an Akteuren: Zwar trafen wir bereits auf einige Veteranen wie Sonya Blade, Sub-Zero, Kano und Scorpion, Rückkehrer wie die Blut-Lady Skarlet und neue Gesichter wie Geras, der die Fähigkeit besitzt, den Sand der Zeit zu kontrollieren. Viele der 25 Charakterfenster blieben allerdings noch leer. Entsprechend wird man sicher noch ein Wiedersehen mit alten Bekannten, neuen Kombattanten und Gast-Stars feiern. „Ich würde zwar kein Geld darauf wetten, aber eines Tages würde ich gerne einen Charakter aus Street Fighter in Mortal Kombat sehen“, so Ed Boon auf die Frage, welche Kameos er sich nach Auftritten von Prominenz wie dem Predator, Jason Voorhees oder Alien noch für Mortal Kombat wünschen würde. Wir drücken die Daumen, dass es vielleicht irgendwann klappt...

Ausblick

Für Mortal Kombat 11 scheint NetherRealm an den richtigen Schrauben zu drehen, damit sich die blutigen Kämpfe einerseits vertraut, andererseits durch leichte Anpassungen an der Mechanik gleichzeitig frisch anfühlen. Ich vermisse zwar die spektakulären und schmerzhaften X-Ray-Manöver, aber die Fatal Blows liefern eine gute Alternative und tragen darüber hinaus dazu bei, die Prügel-Action noch spannender und taktischer zu gestalten. Auch die beiden neuen Leisten für spezielle Angriffs- und Verteidigungsoptionen fügen sich prima in den Spielverlauf ein. Höhepunkt sind aber wieder die völlig kranken, durchgeknallten und brutalen Fatalities, die man trotz der völlig überzeichneten und daher mitunter sogar comichaften Gewalt unbedingt von Kinderaugen fernhalten sollte. Der Charakter-Editor ist eine willkommene Ergänzung, da er nicht nur kosmetische Anpassungen, sondern auch die Entwicklung eines eigenen Kampfstils und sogar Einstellungen an den KI-Fähigkeiten erlaubt. Neben der Langzeitmotivation für das Absolvieren der Türme steht aber auch hinter dem Story-Modus noch ein großes Fragezeichen: Der gespielte Einstieg machte zwar Lust auf mehr und überzeugte neben der gelungenen Inszenierung vor allem durch die aufgebohrte Mimik der Akteure. Aber es muss sich erst noch zeigen, ob man dieses gute Niveau über die knapp acht Stunden aufrecht erhalten kann, die die Kampagne nach Aussagen der Entwickler in Anspruch nehmen wird. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass sich die überarbeitete Spielmechanik richtig gut anfühlt und die Schauplätze nicht nur klasse aussehen, sondern den Schlagabtausch durch Interaktionen und die hohe Bildrate ebenfalls aufwerten.

Einschätzung: gut