GRID - Vorschau, Rennspiel, PC, XboxOne, PlayStation4, Stadia
Ja, da werden sofort Erinnerungen wach, wenn man wieder durch die hügeligen Straßen von San Francisco brettert oder lässig um diesen einen Brunnen in Barcelona driftet, wie man es bereits 2008 getan hat, als Codemasters hierzulande unter dem Namen Race Driver: GRID seine neue Rennspielserie für die Xbox 360, PS3 und den PC veröffentlichte. Als inoffizieller Nachfolger von DTM Race Driver überzeugte die Reihe schon bei ihrer Premiere durch eine breite Auswahl an verschiedenen Disziplinen mit einem entsprechenden Fuhrpark, an der man weiterhin festhalten wird.
Damals und heute
Das grundlegende Konzept behält Codemasters ebenfalls bei: Beim neuen GRID warten jede Menge Rennveranstaltungen und Mini-Meisterschaften, die sich angefangen bei Touring-Fahrzeugen über Stockcars und Tuner-Flitzer bis hin zu leistungsstarken Boliden aus der GT-Klasse erstrecken. Dazu gesellen sich eine Reihe von Einladungs-Events (Invitationals) und Herausforderungen rund um den zweifachen F1-Weltmeister Fernando Alonso. Der Spanier ist als Motorsportberater nicht nur in die Entwicklung involviert, sondern hat bekanntlich
auch das eSport-Team „FA Racing“ gegründet. Einige Mitglieder wird man im Spiel ebenfalls antreffen.Angesichts der Zusammenarbeit ist es daher keine große Überraschung, dass mit dem Renault R26 Alonsos ehemaliger Dienstwagen aus der Formel Eins mit an Bord ist. Darüber hinaus darf man sich erneut auf einen breit gefächerten Fuhrpark einstellen, der von einfachen Karossen wie einem VW Golf GTI über Klassiker wie den Ford Sierra RS 500 Cosworth bis hin zu Muscle Cars wie dem Pontiac Firebird oder Supersportwagen vom Kaliber eines Audi R8 oder Porsche 911 Carrera RSR 3.0 reicht. Zwar wird man im Vergleich zu den riesigen Auto-Sammlungen aus Forza Motorsport & Co einige Modelle vermissen, doch kann sich die Auswahl trotzdem sehen lassen und dürfte für abwechslungsreiche Fahrmomente hinter dem Steuer sorgen. Weniger überzeugend sind derzeit die Motorenklänge, die vor allem in der Cockpitansicht sehr gedämpft wirken. Doch auch in Außenansichten vermisst man Details wie krachende Fehlzündungen.
Breit gefächerter Fuhrpark
Bei der Fahrphysik peilt man erneut die goldene Mitte zwischen Arcadespaß und Simulation an. Oder wie es Game Director Christoph Smith ausdrückt: „Wir wollen Fans von Arcade-Racern ansprechen, die etwas mehr
Anspruch verlangen und gleichzeitig Spieler von Simulationen, die es mal etwas lockerer angehen wollen.“Fahren im Mittelpunkt
Tatsächlich fahren die Boliden hier selbst mit eingeschalteten Hilfen nicht wie auf Schienen, sondern erfordern immer noch ein gewisses Können hinter dem Steuer. Umgekehrt dürfen auch Simulations-Freunde hier einen gewissen Anspruch erwarten und nicht nur die diversen Unterstützungssysteme deaktivieren, sondern auch ihr Lenkrad-Setup inklusive Kupplung-Unterstützung verwenden. Beim Thema Setup versucht man sich ebenfalls an einem Mittelweg: Zwar darf man am Getriebe, Federn, Stoßdämpfern, Stabilisatoren und der Bremsbalance schrauben, doch werden jeweils nur vier Einstellungsstufen geboten.
Smith geht es bei GRID nach eigenem Bekunden vor allem darum, das Motorsport-Feeling möglichst packend rüber zu bringen. Zwar gibt es Punkte für sauberes Fahren und enge Manöver, die ins Wertungssystem einfließen, bei dem Fahrer nach jedem Rennen hinsichtlich ihrem Speed, Technik und Mut eingestuft werden. Trotzdem geht es auf der Strecke durchaus kontaktfreudig zu Sache und das Rempeln gehört ein Stück weit dazu. Strafen muss man keine befürchten. Nur wer zu oft abkürzt, riskiert eine Disqualifizierung. Gefördert werden die aggressiven Manöver durch ein Rivalensystem: Wer sich zu rigoros durchs Starterfeld pflügt, macht sich keine Freunde, sondern sorgt neben steigenden Reparaturkosten dafür, dass andere Piloten ihre Position stärker verteidigen und mit dem Messer zwischen den Zähnen angreifen. Gefördert werden diese harten Duelle durch eine Art dynamisches Gummiband-System, das Rivalen neben der gesteigerten Aggressivität auch einen leichten Geschwindigkeitsvorteil verleiht, um Druck aufzubauen und Zweikämpfe zu forcieren.
Motorsport-Feeling
Zudem will man mehr Drama auf die Strecke bringen – sei es durch Defekte oder Unfälle. Leider hat man es in der gezeigten Version mit diesen Zwischenfällen etwas übertrieben. Wie aus dem Nichts überschlug sich z.B. häufiger ein Wagen, um Chaos zu stiften und es kam auffällig häufig zu Karambolagen. Smith versicherte jedoch, dass man die Wahrscheinlichkeit nur zu Demonstrationszwecken hochgesetzt hat und es im finalen Spiel durchaus sogar Rennen ohne Unfälle geben wird. Dabei betont er, dass die KI nicht nur gegen den Spieler fährt, sondern auch gegeneinander. Gerade wenn es hinter Kurven kracht, wäre es allerdings schön, einen visuellen Hinweis oder vielleicht sogar eine kurze Warnung über den Boxenfunk zu bekommen, um besser reagieren zu
können.Wie im Original spielt der Team-Faktor erneut eine Rolle. Das geht so weit, dass man seinem Teamkollegen aktive Anweisungen geben kann, ob er eher defensiv oder offensiv agieren soll. Ob er sich daran hält, hängt jedoch von seinen Loyalitätswerten ab, die zusammen mit Einstufungen für fahrerisches Können sowie Angriff und Defensive sein Fahrerprofil bestimmen. Darüber hinaus sind die KI-Mitstreiter auf bestimmte Fahrzeugklassen spezialisiert. Es ergibt also wenig Sinn, einen Stockcar-Profi mit der Spielwährung anzuheuern, wenn man vornehmlich GT-Rennen bestreiten möchte. Bisher habe ich bei den Disziplinen lediglich klassische Rennen oder Zeitfahr-Herausforderungen entdeckt. Beim Original standen dagegen auch Drift-Events und sogar Crash-Derbys auf der Tagesordnung.
Teamwork
Neben Ausflüge in Städte, zu denen sich auch Shanghai und Havanna gesellen, finden sich zusätzlich einige reale Rennstrecken in der Auswahl, darunter z.B. Brands Hatch, Silverstone oder der Sepang International Circuit. Neben wechselnden Witterungsbedingungen gibt es außerdem unterschiedliche Tageszeiten bis hin zu Nachtrennen. Dabei fährt man nicht immer nur im Kreis, sondern darf vereinzeilt von A nach B rasen, wie etwa beim Okutama Sprint. Das alles sieht grafisch gut, aber nicht überragend aus, doch stimmt das Geschwindigkeitsgefühl und das Schadensmodell sieht auf den ersten Blick ebenfalls gut aus. Allerdings wiederholen sich die Strecken im Rahmen der Karriere relativ schnell, obwohl es immerhin unterschiedliche Layouts gibt, die teilweise mit Rundenzeiten unter 30 Sekunden aber verdammt kurz ausfallen. Schade auch, dass es selbst bei der PC-Version vorerst keine Pläne für eine VR-Unterstützung gibt. Immerhin: Smith hat bereits DLC-Nachschub in Aussicht gestellt, wobei sämtliche weitere Pisten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Tatsächlich habe ich den einen oder anderen Schauplatz des Originals vermisst, allen voran den Nürburgring, aber auch Spa Francorchamps oder Tokio. Für zusätzliche Fahrzeuge und Meisterschaften wird
man dagegen extra zur Kasse gebeten, während man viele optische Anpassungen für seine Fahrerkarte in der Karriere gewinnen kann.Weltreise
Genau wie bei Forza Motorsport fallen Karriere-Events relativ kurz aus. Wer Ausdauer-Rennen möchte, kann immerhin im freien Spiel die Rundenzahl nach oben schrauben. Schön zudem, dass man vor jedem Lauf eine Blitz-Qualifikation absolvieren darf, um seine zunächst automatisch zugewiesene Startposition zu verbessern. Um sich für die Grid World Series und damit die Final-Teilnahmen zu qualifizieren, müssen pro Rennen verschiedene Vorgaben erfüllt werden. Mal reicht eine Zieldurchfahrt innerhalb der ersten Hälfte des Starterfeld, während manchmal ein Podestplatz oder das Schlagen eines Rivalen verlangt wird. Selbstverständlich sind alternativ neben dem freien Spiel auch einzelne Online-Rennen möglich. Ein Ligasystem, wie man es zuletzt bei F1 2019 vorgefunden hat, ist aber vorerst nicht geplant.
Ausblick
Schön, dass GRID in Form dieses Remakes ein Comeback feiern darf. Trotz der jüngsten Verschiebung auf Oktober ist das Timing perfekt, da der herbstlichen Veröffentlichung in diesem Jahr weder ein neues Gran Turismo noch ein Forza Motorsport oder andere große Namen aus dem Rennspiel-Genre in die Quere kommen. Ich habe zwar meine Zweifel, dass sich beinharte Sim-Fans trotz der halbwegs fordernden Physik mit den vielen Rempeleien, Unfällen und dem Rivalen-System mit Gummiband-Tendenzen anfreunden können. Wem jedoch der Sinn eher nach eher arcadigen, aber fahrerisch durchaus anspruchsvollen Quickie-Rennen steht, dürfte Spaß mit GRID haben, zumal auch Fuhrpark und Schauplätze ansprechend wirken. Freuen würde ich mich noch über etwas knackigere Motorenklänge und eine größere Streckenauswahl, wenn man schon bei den Disziplinen abspeckt. Außerdem hoffe ich, dass nicht nur ich, sondern auch die Community ihren Wunsch nach einer VR-Unterstützung äußert und Codemasters ernsthaft darüber nachdenkt, das Feature zumindest am PC nachzureichen, wie man es auch bei Dirt Rally 2.0 in Aussicht gestellt hat.
Einschätzung: gut