Diablo 4 - Vorschau, Rollenspiel, PC, XboxSeriesX, PlayStation5, XboxOne, PlayStation4
Bei Diablo 3 beteuerte Blizzard Entertainment noch, dass eine "buntere Farbpalette" dem Spiel nicht schaden würde. Vielen Fan-Beschwerden zum Trotz setzten sie ihre Linie durch (wir berichteten, mehrfach), nur um beim vierten Teil wieder zurückzurudern. In Diablo 4 wird alles wieder düsterer, blutiger und brutaler - auch vor der Verwendung von okkulten Symbolen soll nicht zurückgeschreckt werden.
Die Rückkehr der Finsternis
Abseits der Düsternis bewegt sich Diablo 4 mit seiner Shared-Open-World stärker in Richtung eines Online-Action-Rollenspiels mit instanziierten Inhalten für Solo-Spieler oder Gruppen - vergleichbar mit Destiny, The Division, Torchlight: Frontiers oder Forza Horizon 4. Eine dauerhafte Internetanbindung ist erforderlich.
Diablo trifft Destiny
In dieser Shared-World-Oberwelt finden Ereignisse, Rettungseinsätze oder gar Bosskämpfe statt, die mit der Anzahl der Teilnehmer skalieren und jedem Spieler eigene Beute als Belohnung versprechen. Ob die Belohnungen in Zusammenhang mit der aktiven Teilnahme (Schaden anrichten etc.) an den Events stehen, ist unklar. Entsprechende Ereignisse werden auf der Weltkarte markiert und können besucht werden, sofern man teilnehmen möchte. Dadurch gewinnt die Spielwelt an Dynamik und Leben.
Die Spielwelt wird so groß sein, dass Reittiere eine wichtige Rolle spielen werden, mit denen man die Entfernungen schneller zurücklegen kann. Man soll ebenfalls vom Reittier kämpfen können, was die Entwickler erst in Zukunft vertiefen wollen. Auf der Oberwelt dürfen die Charaktere an bestimmten Positionen an Felsen hochklettern und andere Bewegungsaktionen durchführen, was jedoch nur an gekennzeichneten Flächen aus möglich ist. Der Bewegungsspielraum der Figuren wird so unnötig einschränkt. Den heldenhaften Klippenspringer-Barbaren aus Diablo 3 werde ich vermissen.
Betritt man Dungeons, Verliese oder Höhlen, die überall auf der Oberwelt verstreut sind, wird dieser Schauplatz zufällig generiert. Dort trifft man keine anderen Spieler. Nur der Spieler-Charakter bzw. die eigene Gruppe, die aus maximal vier Spielern bestehen darf, schlagen sich durch den Untergrund, der sich über mehrere Ebenen (ohne Ladepausen) erstrecken kann. Außerdem fiel auf, dass das Sichtfeld an den Rändern des Bildschirms wieder düsterer wird. Die Kamera klebt wie gewohnt am eigenen Charakter, der sich in der Mitte des Bildschirms befindet. Im Umkreis der Spielfigur ist alles hell erleuchtet. Diese Helligkeit nimmt mit zunehmendem Abstand von der eigenen Figur ab - eine Kleinigkeit, welche die düstere Atmosphäre zusätzlich stützt.
Das letzte Licht in der Dunkelheit
Praktisch ist, dass man Quests in Dungeons erledigen kann, ohne die Aufgabe vorher in der Stadt angenommen zu haben. In dem Fall hinterlässt z.B. der Endgegner einen Gegenstand, den man zum Questgeber bringen kann. Apropos Quests: Es wird Haupt- und Nebenquests geben, mit denen die Geschichte rund um die Rückkehr der Schöpferin Lilith, zugleich die Tochter des Hasses (Tochter von Mephisto), erzählt wird. In der angespielten Demo ließ sich zur Qualität der Story bisher kaum etwas sagen. Lediglich die Story-Präsentation mit nicht animierten Charakter-Porträts ohne Veränderung der Kameraperspektive war auf das Nötigste beschränkt. Dafür gibt es an Schlüsselstellen deutlich aufwändigere Zwischensequenzen in der Spielgrafik mit dynamischer Kamera.
Der Barbar ist ein muskelbepackter Nahkämpfer. Er orientiert sich mit Kriegsschreien und seismischen Schlägen, die die Erde erzittern lassen, an seinem Vertreter aus dem dritten Teil. Der charakteristische Sprung mitten ins Geschehen ist wieder dabei. Viele seiner Attacken fühlen sich sehr wuchtig und mächtig an, wenn erledigte Gegner durch seine pure Kraft durch die Umgebung geschleudert werden, auch wenn sich das allgemeine Spielgeschehen im Vergleich zu Diablo 3 etwas langsamer anfühlt - vor allem, wenn man sich das Tempo vorstellt, in dem man mit Paragon-Stufe 400+ und einem vollständigen Set durch die Nephalemportale fegt. Dagegen wirkt Diablo 4 träger, was aber keinesfalls schlecht ist. Denn so langsam wie in Diablo Immortal war das Spielgeschehen hier nicht.
Orientierung an Diablo 2
Fünf Klassen wird es in Diablo 4 geben. Barbar, Zauberin und Druide wurden bestätigt. Gerüchte besagen, dass Paladin und Amazone die anderen beiden Klassen sein werden, wodurch die Riege stark an Diablo 2 erinnern würde.
Die Zauberin ist eine Fernkämpferin. Neben dem fast obligatorischen Blizzard (Eisregen) kann sie einen Blitzspeer werfen, der von Gegner zu Gegner springt. Ein Meteor kann ebenso beschworen werden. Mit der ultimativen Fähigkeit "Conduit" verwandelt sie sich in eine Blitzwolke und elektrisiert ihre Gegner. Sie verfügt über Blitz-, Eis/Frost- und Feuer-Magie. Je nach gewähltem Weg im Talentbaum können diese drei Zauber-Kategorien gezielt (passiv) verbessert werden. Entscheidet man sich für den Feuer-Pfad, wird der Feuer-DoT (Schaden über Zeit) verlängert und der Schaden gegen brennende Ziele erhöht. Bei der Spezialisierung auf Blitze richtet man mehr Schaden im Nahkampf an. Nutzt die Zauberin Eis/Frost-Magie, wird ein stapelbarer Kälteeffekt auf den Gegner appliziert, der irgendwann dazu führt, dass er einfriert. Im Talentbaum kann der Schaden gegen eingefrorene Gegner erhöht und es können mehrere Punkte pro Talent investiert werden.
Der Druide ist ein wilder Gestaltwandler, der zwischen den Formen eines Bären und eines Werwolfs wechseln kann. Der Wechsel zwischen den Gestalten wird dem Druiden mit kurzzeitigen Buffs (wie Schadensreduktion) nach der Verwandlung schmackhaft gemacht. Im Nahkampf besudelt sich der Kämpfer außerdem reichlich mit Blut. Des Weiteren gebietet er über Erde und Sturm und entfesselt den Zorn der Natur. Er kann von zwei Wölfen begleitet werden, die gezielt auf einen Gegner geschickt werden können. Ansonsten fielen die Wölfe in der Demo durch ihre Aggressivität und ihren stetigen Angriffsdrang eher negativ auf. Erinnerungen an Aggro-Pets aus World of WarCraft werden wach.
In der angespielten Demoversion gab es vorgefertigte Charakter-Modelle. In der finalen Version soll man die eigene Figur stärker anpassen können - z.B. Tattos, Narben, Gesichtstyp, Haare usw. - der Vergleich mit dem Charakter-Editor von World of WarCraft drängte sich in diesem Zusammenhang auf.
Gesteuert werden die Charaktere auf dem PC mit der typischen Point-&-Click-Steuerung - wie in den altbekannten Diablo-Teilen. Alternativ soll es möglich sein, auf die Controller-Steuerung umzuschalten und die Bewegungen des Charakters direkt zu kontrollieren. Das wäre ein Novum für die Diablo-Reihe auf PC. Jede Klasse verfügt zudem über eine Ausweichen-Aktion mit Abklingzeit, wenn man die Leertaste drückt. Im Gegensatz zu dieser Funktion aus der Konsolen-Version von Diablo 3 ist das Ausweichen tatsächlich nützlich.
Fertigkeiten und mehr Möglichkeiten
Obwohl die Fähigkeiten der Klassen in Kategorien wie "Weapon Mastery", "Brawling" oder "Ultimate" unterteilt sind, hat man als Spieler die freie Wahl, auf welche Skills man in welcher Mischung zugreifen möchte. Es herrscht freie Auswahl bei der Zusammenstellung der Fertigkeiten, die kategoriale Unterteilung in der BlizzCon-Demo ließ andere Schlüsse zu. Runen, mit denen die Fähigkeiten in Diablo 3 modifiziert werden konnten, sind bisher nicht entdeckt worden. Dafür hat jede Fähigkeit mehrere Ränge, welche Stärke oder Effektivität beeinflussen - wie in World of WarCraft Classic. Diese Fähigkeiten-Ränge können z.B. durch Bonusattribute auf legendären Gegenständen erhöht werden.
Neben den legendären Gegenständen, die in der Regel über eine besondere Eigenschaft verfügen, wird es mythische Gegenstände geben, die vier solcher Eigenschaften haben. Jedoch darf man nur einen mythischen Gegenstand gleichzeitig ausrüsten. Generell wollen die Entwickler, dass die Gegenstände (auch seltene Items) mehr Tiefe und Komplexität bekommen und die Gegenstandsaffixe vielseitiger werden, um den Spielern mehr Raum für Experimente bei den Spielweisen zu geben. Sie wollen versuchen, dass man nicht einfach online "den optimalen Build" nachschlägt, sondern selbst experimentiert - obgleich dies wohl ein frommer Wunsch bleiben dürfte.
Die Verbesserung des Charakters soll nicht mehr ausschließlich durch Gegenstände wie in Diablo 3 realisiert werden. Durch die Spezialisierung auf einen Spielstil im Talentbaum und die verschiedenen Fähigkeiten in Verbindung mit ihren Rängen soll mehr Tiefe geboten werden. Solche Punkte, die man in Talente oder die Freischaltung von neuen Fähigkeiten stecken kann, gibt es pro Level-Up und ggf. durch Objekte in der Spielwelt.
Vex-Dol und die Runenwörter
Ach, und dann wären da noch die Runenwörter, die aus Diablo 2: Lord of Destruction bekannt sein dürften. Die Runen, die man als "normale Beute" finden kann, können in Sockel auf Gegenständen eingesetzt werden. Runen tragen Silben, die mit Effekten versehen sind und sich kombinieren lassen. Ein Beispiel: Die Vex-Rune wird aktiv, wenn eine Bedingung erfüllt ist - in diesem Fall, wenn ein Heiltrank genommen wird. Kombiniert man die Vex-Rune mit einer Dol-Rune, die den kritischen Trefferschaden kurzfristig stark erhöht, erhält man einen Krit-Buff, wenn man einen Heiltrank benutzt. Die mit einer Abklingzeit versehenen Heiltränke waren in der Diablo-4-Demo übrigens der einzige Weg, um Lebensenergie zu regenerieren. Die Gesundheitskugeln (Health Globes) aus Diablo 3 kommen nicht mehr zum Einsatz.
Ob die Entwickler wie in Diablo 3 auf ein Maximallevel-System in Verknüpfung mit einem unendlichen Level-Up-System (Paragon) setzen, steht bisher nicht fest. Fan-Feedback ist an dieser Stelle gefragt .
Schlüsseldungeons im Endgame
Im Gegensatz zu Nephalemportalen wird es im "Endgame" u.a. Schlüsseldungeons geben, die Herausforderungen basierend auf Dungeonaffixen bieten. In der Spielwelt kann man erfahren, welche Monsterarten und Ereignisse in diesen Dungeons lauern und auf was man sich gefasst machen kann - und das schon, bevor man den Dungeon betritt. Die Schlüssel für diese Dungeons werden von Gegnern hinterlassen. Der Schwierigkeitsgrad soll sich primär auf die Qualität der erbeuteten Gegenstände auswirken und weniger auf die bloße Häufigkeit der Beute. Der Hardcore-Schwierigkeitsgrad (dauerhafter Charaktertod) ist weiterhin enthalten. Über die Gestaltung der sonstigen Schwierigkeitsgrade und der Endgame-Inhalte wollten die Entwickler noch nicht im Detail sprechen.
Neu ist ebenfalls die Stagger-Mechanik bei Bossgegnern. Viele Bosse sind gegen bewegungseinschränkende Aktionen oder Kontrollverlust-Effekte immun. Setzt mal solche Fähigkeiten trotzdem gegen die Bosse ein, wird ein "Stagger-Balken" aufgeladen. Erreicht der Stagger eine bestimmte Stufe, wird der Boss z.B. kurzzeitig betäubt oder verliert eine seiner Fähigkeiten.
Ausblick
Die (mehrfach) gespielte Demo auf der BlizzCon 2019 hat mich überzeugt, auch wenn nur ein kleiner Teil gezeigt wurde und dieser so dermaßen auf Hochglanz poliert war, dass der Eindruck entstand, dass das Spiel schon morgen erscheinen könnte. Der entscheidende Punkt war aber, dass sich Diablo 4 bei den Kämpfen richtig gut angefühlt hat. Das Schnetzeln durch die Monsterhorde fühlte sich mächtig kraftvoll an und das leicht gesenkte Tempo erlaubt etwas mehr Kontrolle als beim dritten Teil. Dazu trumpft das Spiel mit einer ansteckend düsteren Umgebung, einem hervorragenden Animationssystem und wesentlich mehr Möglichkeiten zur Anpassung des Charakters auf - vom Aussehen über Runenwörter bis hin zu Rängen von Fähigkeiten. Natürlich wird es im Endeffekt auf so viele andere Aspekte ankommen, darunter das Beutesystem, Crafting, Questaufteilung, Reiten, Herausforderung/Schwierigkeit und sogar etwas auf die Story. Auch die Sinnhaftigkeit der Shared-World-Komponente muss sich noch beweisen, aber spätestens, wenn man in die Dungeons herabsteigt, beginnt der düstere Schnetzelspaß. Ich bin der Meinung, dass Blizzard mit Diablo 4 auf dem richtigen Weg ist, da es fast wie ein modernes Remake von Diablo 2 mit Neuerungen wirkt, die tatsächlich sinnvoll und kein Blödsinn sind wie das Echtgeld-Auktionshaus aus dem dritten Teil.
Einschätzung: sehr gut