Doom Eternal - Vorschau, Shooter, PlayStation5, Switch, Spielkultur, XboxSeriesX, XboxOne, PC, PlayStation4, Stadia
Was haben Cannibal Corpse, Aborted, und Thy Art Is Murder gemeinsam? Genau! Doom (2016) könnte die Videospiel-Werdung ihrer Riffs und Breakdowns sein. Das Reboot der traditionsreichen Shooter-Reihe traf vor vier Jahren den Nerv all jener, die sich den klassischen Hochgeschwindigkeits-Shooter im modernen Gewand gewünscht hatten. Und, um diese Einleitung abzukürzen: Doom Eternal greift die Death-Metal-Formel aus brachialer Gewalt, unbedingter Gnadenlosigkeit sowie unablässigem Dauerfeuer auf - und dreht dabei alle Regler auf Elf.
Death Metal, das Videospiel
Alles an Doom Eternal ist größer, umfangreicher, brachialer und kompromissloser als im Vorgänger. Da ist zum Beispiel der Schauplatz: Ballerte man sich 2016 noch hauptsächlich über den Mars und durch Stahl-Korridore, bietet die im Jahr 2151 von Dämonen überrannte Erde erheblich mehr Abwechslung. Egal ob überwuchertes Heiligtum, schneebedeckte Dämonen-Festung oder in großen Schlachten gegen die Höllen-Horden komplett ausradierte Städte, in denen gigantische Mechs im Todeskampf mit riesigen Ausgeburten der Hölle erstarrt sind: Jeder Ausblick in der fantastischen neuen Idtech-7-Engine, die vor allem im Panorama glänzt, ist ein Plattencover.
Story? Bei Doom?
Der Doom Slayer marschiert hier ebenso stoisch durch die epischen Schauplätze wie im Vorgänger und ignoriert dabei zahllose gut gemeinte Ratschläge. Sowohl das bettelnde Flehen der gottgleichen Höllenpriester (die ersten Opfer im Kreuzzug gegen die Hölle) als auch die Sanktionsdrohungen der Alien-Engel „Wächter“, die die Hölle auf Erden als notwendige Buße der Menschheit betrachten. Das wird herrlich trocken inszeniert: etwa wenn der Protagonist den Höllenpriestern wortlos den abgeschlagenen Kopf ihres Kollegen präsentiert.
Und auch der Regler für „Gewalt“ wurde nochmal eine ganze Stufe aufgedreht. Dämonen werden jetzt nicht nur per Glory-Kill hingerichtet oder mit der Kettensäge zerlegt, auch intensiver Beschuss reißt ganze Brocken aus den Feinden heraus und Raketen hinterlassen zum Teil kaum noch identifizierbare Fleischklumpen, aus denen Wirbelsäulen ragen oder Dämonen-Gedärm ragt. Das klingt allerdings grausamer als es ist, denn die Inszenierung der Gewalt ist so dermaßen drüber, dass Doom Eternal einmal mehr wie ein Blut triefender Comic anmutet. Nicht missverstehen: Das ist ganz große Klasse! Zumal die Feinde jetzt auch Schwachpunkte aufweisen, die gezielt weggeschossen werden können - und man am äußeren Zustand der Horden klar erkennen kann, wie es eigentlich mit der Gesundheit der Ziele aussieht.
Fliegende Fetzen
Spielerisch bietet Doom Eternal ebenfalls mehr von allem: Zwar wurde die grundlegende Mechanik des Shooters kaum angetastet, vor allem das Ressourcenmanagement rückt jetzt aber noch stärker ins Zentrum des Spielablauf. Räumt man Dämonen mit einem Glory-Kill aus dem Weg, nachdem man sie bewegungsunfähig geschossen hat, erhält man Lebensenergie. Nutzt man stattdessen die Kettensäge, ploppt ein Haufen Munition aus dem zerschundenen Höllenleib. Zusätzlich gibt es noch einen Flammenwerfer, mit dem man Rüstungsteile vom Gegner gewinnen kann.
Doch nicht nur die Kämpfe wurden angepasst, um den Spieler intensiver zu beschäftigen. Im Gespräch betonte Marty Stratton, dass man die Wiederholung aus Korridoren und Arena-Kämpfen im letzten Drittel des Vorgängers um jeden Preis vermeiden wolle. Dementsprechend habe man in der beinahe doppelt so langen Kampagne von Doom Eternal nach mehr Wegen gesucht, die Level und das Spieldesign abwechlungsreicher zu gestalten. Das Ergebnis sind teils recht umfangreiche Passagen, die mit Doppel-Dash, Kletterwänden und Schwungstangen beinahe an Plattformer oder klassische Action-Adventure wie Darksiders erinnern. Hinzu kommen simple Umgebungsrätsel, die gemeinsam mit den neuen Bewegungsmöglichkeiten deutlich größere und stärker in die Vertikale strebende Levels zulassen.
Darksiders aus der Ego-Perspektive
Insgesamt steht Doom diese mechanische Erweiterung sehr gut, da die abwechslungsreicheren Schauplätze und weitläufigeren Levels dem Shooter-Anteil in den ersten Stunden zu noch mehr Wucht verhelfen. Zudem gibt es jetzt auch Abschnitte, in denen man die Kontrolle über ausgewählte Dämonen-Helfer übernimmt. In dem von mir gespielten Abschnitt etwa, um dem Slayer Zugriff auf seine doppelläufige Shotgun zu ermöglichen. Bewegung, Bewaffnung und Kampfablauf unterscheiden sich mit den Dämonen-Drohnen deutlich von der Action mit dem Hauptprotagonisten.
Nicht ganz so überzeugt bin hin hingegen von den zahllosen Upgrade-Systemen, die dem Spieler ein weiteres Betätigungsfeld neben den Gefechten eröffnen. Mit über Waffenpunkte verbesserbaren Modifikationen, Rüstungs-Verbesserungen, Runen und Charakter-Fähigkeiten müssen gleich fünf Systeme im Blick behalten werden, die alle über verschiedene Items oder Aktionen aufgeladen werden. So bringen die Arenen innerhalb eines Levels z.B. Waffenpunkte ein, die wiederum für die Verbesserung von Waffen-Mods genutzt werden können. Diese hingegen werden über Items eingesammelt, übrigens genauso wie die Rüstungs-Modifikationen, die wiederum völlig andere Fähigkeiten verbessern oder Schaden erhöhen. Generell sind Upgrades natürlich eine feine Sache.
Upgrade-Wahn in der Hölle
Ausblick
Doom Eternal ist das Spiel gewordene Death-Metal-Album. Alles was an Doom 2016 episch, brutal, laut und aggressiv war, ist hier epischer, brutaler, lauter und aggressiver. Dabei gefallen mir sowohl die frische Bewegungsfreiheit, das neue Ressourcenmanagement mit Kettensäge, Flammenwerfer und Co. sowie die Ruhepausen mit Mini-Rätseln, Platforming und Levelerkundung richtig gut. Es entsteht ein großartiger Shooter-Flow, der durch die Intensitätsspitzen- und Täler noch mehr an Wucht gewinnt. Zwar finde ich die zahllosen Upgrade-Systeme fragwürdig und die Doom Fortress im Einstieg überflüssig. Aber die tolle Kulisse und das völlig überzogene Gewalt-Level zaubern mir immer wieder ein dümmliches Grinsen ins Gesicht, während ich mich zu Djent-Riffs durch Dämonen fräse. Doom Eternal hat für mich nach drei Stunden Spielzeit das Potential, schon im März die Krone für den „Shooter des Jahres“ zu erobern.