Skater XL - Vorschau, Sport, XboxOne, PlayStation4, Switch, PC

Skater XL
28.04.2020, Matthias Schmid

Vorschau: Skater XL

Spirit of the Hawk

In Kalifornien entsteht ein vielversprechendes Skateboard-Spiel, das im Early Access schon eine stattliche Fangemeinde begeistert. Wir haben mit den Entwicklern von Skater XL (ab 7,99€ bei kaufen) gesprochen und spannende Einblicke erhalten, aber auch ein paar Problemzonen ausgemacht.

Stell’ dir vor, der Entwickler eines neuen Ego-Shooters spricht in den ersten zehn Minuten seiner Spielpräsentation nur von Doom und Half-Life - das wäre doch irgendwie komisch. Beim Subgenre der Trendsport-Titel und noch konkreter bei Skateboard-Spielen hingegen passt das irgendwie: Denn Neversofts Tony Hawk's Pro Skater war der 3D-Urknall für das einige Jahre sehr beliebte Genre, später hievte EAs Skate-Serie den virtuellen Rollbrett-Sport mit seiner Analogstick-Steuerung auf ein neues Niveau. Gleichzeitig zeigt der Fokus auf diese beiden Granden die (vermeintliche?) Limitiertheit virtuellen Skateboardens: Man hat das Gefühl, alles schon mal gesehen zu haben, alle spektakulären Tricks schon ausgeführt, alle möglichen Rampen und Rails schon beackert zu haben.

Grundlagenforschung

Dabei haben viele vielleicht schon vergessen: Der pure Spaß am Fahren und Tricksen kann gigantisch sein! Ubisofts Winterspaß Steep gelang vor vier Jahren das, woran 2015 der bislang letzte, gehetzt wirkende Tony Hawk-Teil scheiterte: Zeigen, welch großes Potenzial noch immer im Trendsport schlummert, wenn die Spielwelt überzeugend gestaltet ist. Und vielleicht steht uns im Jahr 2020 gar die große Skateboard-Neubelebung ins Haus, die vor zwei, drei Jahren noch niemand für möglich (oder nötig?) gehalten hätte: Zum einen arbeitet Activision Gerüchten zufolge an einem Tony-Hawk-Reboot, zum anderen rollen auf Steam gleich zwei vielversprechende Titel durch den Early Access. Das eine hört auf den Namen Session, das andere nennt sich, wenig einfallsreich, Skater XL. Im Sommer bereits soll Letzteres die Early-Access-Phase verlassen und gleichzeitig für die aktuellen Konsolen erscheinen. Konform zu den derzeitigen Kontaktbeschränkungen habe ich mich online mit drei Entwicklern aus dem Skater-XL-Team getroffen - eineinhalb Stunden lang spielt ein Teammitglied vor, derweil werden mir Fakten und Anekdoten erzählt, während ich Fragen stellen kann.



Coole Kameraperspektive, aber natürlich nicht spieltauglich - die Grafik, ja die passt schon.
Die ersten Minuten der Präsentation drehen sich kaum um das Spiel selbst: Während ich auf dem Bildschirm schon die ersten Tricks und Stürze sehe, plaudern die Macher noch über die Pionierleistungen der Tony-Hawk-Serie und die innovative Stick-Mechanik von Skate. Und darüber, dass es erstaunlicherweise keine neuen Skateboard-Spiele mehr gibt, obwohl doch der Sport selbst allgegenwärtig sei. Letztere These mag für Kalifornien wohl eher zutreffen als für die Innenstädte zwischen Rosenheim und Flensburg, hat aber doch einen wahren Kern. In Brasilien z.B. ist das Skateboarden die beliebteste sportliche Aktitvität nach Fußball und bei den (verschobenen) Spielen von Tokio sollte das Rollbrett erstmals olympisch vertreten sein.

Mangelware

Die Skatespots (hier: One California Plaza) wurden realen Vorbildern nachempfunden. Auch tummeln sich echte Profi-Skater im Spiel. Schick ist, wie der Stoff ihrer Klamotten fällt.
Das Team der in Los Angeles beheimateten Easy Day Studios hat keine Meriten als Entwickler der genannten großen Skateboard-Titel aufzuweisen, stattdessen sind die Mitglieder, vom Programmier bis hin zum Marketing-Mann, tief mit der kalifornischen Skate-Kultur verwurzelt - erzählt man mir. Man habe frühe Versionen des Spiels wieder und wieder in Skateparks gezeigt und sei mit dem Laptop durch Skateshops getingelt, um dort Meinungen selbst einzuholen. Auch eine Analogie zwischen der Skater-XL-Steuerung und dem Gitarrenspiel klingt für mich schlüssig: Das, was man vor sich hat, ist simpel und schnell verstanden. Hier ein paar Saiten zum Zupfen, dort zwei Beine vorn bzw. hinten auf dem Brett. Jeder kann sofort loslegen, ein bisschen was ausprobieren. Gleichzeitig können aus dieser simplen Basis unzählige wunderbare Dinge entstehen - durch Übung, Fingerfertigkeit und Kreativität.

Skater XL weißt jedem der Skaterbeine einen Analogstick zu - in den Trick-Tutorials wird das klasse visualisiert. Pinker Stick, pinker Fuß - türkiser Stick, türkiser Fuß. Drückt man die Analogsticks zum richtigen Zeitpunkt in eine Richtung oder führt eine Viertelkreisbewegung aus, entstehen simple Dinge wie ein Ollie oder Flip. Die Entwickler betonen: Sämtliche Trickausführungen sind physikbasiert - das Board (und wie man es mit den Füßen traktiert) entscheidet über die Bewegungen, nicht vorgefertigte Animationen. Außerdem sorgt eine extrem hohe Abfragerate der Sticks für eine flüssige, genaue Übertragung der Eingaben ins Spiel. Skater XL versteht sich zwar als Simulation, macht aber natürlich Zugeständnisse beim Einstieg ins Skaterleben: Die Basics, wofür es in der Realität oft Jahre teils frustrierenden Scheiterns braucht, können im Spiel in Minuten oder immerhin Stunden erlernt werden.

Los geht’s

Coole Sache: Das bei Spielern bekannte Figueroa-Hotel mit der typischen E3-Werbefläche taucht auch auf.
Die mir vorgespielte Demo findet im neu vorgestellten Gebiet Downtown Los Angeles statt - das ist circa 15 mal so groß wie das Areal der Early-Access-Version. Damit will das Team einen der am häufigsten genannten Kritikpunkte (die geringe Größe der Spielwelt) entkräften, zudem wird LA nicht der einzige Level im fertigen Spiel sein. Dank meiner jahrelangen Tätigkeit als Spielejournalist und vieler E3-Besuche kenne ich Los Angeles besser als jede andere Stadt in Amerika - und bin erstaunt über den Realismus der Karte. Natürlich nimmt sich das Team die Freiheit, Straßenzüge abzukürzen oder Skate-Spots enger zu packen als es in der echten Stadt der Fall ist, aber die Gegend wurde glaubhaft und authentisch modelliert - inklusive des Convention Center mit seinen riesigen Treppen, des Figueroa-Hotels (das Dreifach-Hochhaus mit den berühmten E3-Werbeplakaten) oder des Staples Center, wo die LA Lakers ihre Heimspiele austragen.

Während einer der Entwickler weiter vorspielt, viele schöne Tricks aus dem Hut zaubert (besonders die eleganten, sanften Landungen gefallen mir) und die anderen von der Integration berühmter LA-Skatespots (One California Plaza, Chinatown Ledges) erzählen, drängen sich mir ein paar Fragen auf: Die Stadt sieht mit ihren zwar nur ordentlichen Texturen, aber vielen Details (z.B. beim Straßenbelag oder dem typisch roten Material der Steintreppen) gut aus - aber wo ist das Leben? Wo Menschen, Autos und vielleicht sogar der Müll? Das habe man im Blick und werde auch bestimmt noch etwas optimieren, gleichzeitig aber natürlich den Störfaktor von Fußgängern oder Autos beachten. Eine lebendig simulierte Stadt kann ich im fertigen Spiel also nicht erwarten. Und Half-Pipes oder größere Bowls, die ich bislang nirgends entdecke? Nicht auf der LA-Karte, sagen die Entwickler - aber es gebe ja noch andere Gebiete und die Trick-Engine sei auf jeden Fall auf die in einer Halfpipe möglichen Manöver vorbereitet. Musik höre ich bislang ebenfalls keine - Stichwort Lizenztracks. Hier geben die Devs ehrlich Auskunft: Zum einen sei die Lizenzierung ein sehr aufwändiger Prozess - und das dann dafür, dass man den 60 Minuten langen Soundtrack nach dem zweiten oder dritten Loop auf stumm schaltet? Zudem schätzen sie den Musikgeschmack der Skater-Szene heutzutage als zu unterschiedlich ein, um das Gros der Spieler zufriedenstellen zu können. Kann ich natürlich alles nachvollziehen: Aber so ein bisschen Blink-182, The Offspring oder Sum 41 hätte zumindest mir geholfen, mich der Sonne und den Skateparks von Los Angeles ein Stückchen näher zu fühlen.

Gute Visualisierung: Die Trick-Anleitungen weisen den beiden Analogsticks respektive Schuhe zweierlei Farben zu. So versteht man leichter, was zu tun ist.
Tony Hawk als Zugpferd fällt flach, trotzdem konnte das Team ein paar prominente Skater für sich gewinnen und ins Spiel integieren: Tom Asta, Tiago Lemos, Brandon Westgate und Evan Smith wurden bislang enthüllt und stehen neben einem Standard-Sportler in männlicher oder weiblichen Ausführung bereit. Die Profis bringen auch gleich ihre hübsch gemachten Decks mit und, je nach Sponsor in der Realität, natürlich auch Schuhe und Kleidung von Element, DC, New Balance oder éS. Tatsächlich mitgearbeitet am Spiel haben die Jungs aber nicht - soviel Ehrlichkeit muss sein.

Stars & Community

Einen wichtigen Aspekt von Skater XL kann man während einer Präsentation natürlich nur oberflächlich behandeln: die aktive Community. Die Modding-Unterstützung sorgt während der Early-Access-Phase mit vielen Inhalten wie kompletten Skateparks oder Wettberwerben bereits dafür, dass experimentierfreudigen Spielern nicht so schnell langweilig wird. Meine Frage, wie man denn Mods in die Konsolen-Versionen integrieren wollen, scheinen die Entwickler zu ahnen - und geben zu, dass das ein schwieriges Thema ist. Sie sind sich noch nicht sicher, wie sie diese Problemstellung bis zur geplanten Veröffentlichung im Juli lösen wollen; versprechen aber, dass sie mit Hochdruck daran arbeiten, auch Konsolenskater irgendwie mit den Inhalten der Community zu versorgen.

Ausblick

Ich habe tatsächlich richtig Bock auf ein gutes Skateboard-Spiel - und Skater XL hinterlässt in vielerlei Hinsicht einen starken Eindruck. Das Fahren und Springen, die Tricks, das elegante Landen: all das wirkt ziemlich authentisch und löst sofort den Wunsch in mir aus, das virtuelle Los Angeles selbst mit dem Brett unter den Füßen unsicher zu machen. Allerdings könnte die breite Masse der Spieler Probleme damit haben, dass dies eben kein großes Projekt von Activision oder EA ist. Natürlich ist es stark, dass sich bereits 50.000 Spieler vernetzt haben und viele davon selbst Inhalte erstellen, aber ein bisschen mehr optischer Pomp, mehr virtuelles Leben oder echte Punkrock-Musik würden mein Erlebnis schon bereichern. Auch muss das Team noch zeigen, welche Ideen es abseits der Freeskate-Variante für die Spielstruktur und Langzeitmotivation hat. Trotzdem freue mich auf den Launch im Sommer. Skater XL könnte das seit Skate 3 im Dornröschenschlaf befindliche Trendsport-Genre wachküssen!


 Einschätzung: gut

Kommentare
HellToKitty

Ich bin mit der Richtung die Session einschlägt völlig zufrieden, weshalb ich Skater XL auch aufgrund des dummen Namens noch gar nicht ausprobiert habe. Wer sich nur annähernd fürs Skaten interessiert, bekommt mit Session bereits jetzt im Early Access ein physikbasierten Sandkasten geboten, der seines Gleichen sucht. Die Skatespots sind hervorragend designt und man hat komplette Kontrolle über beide Füße inklusive dem optionalen Catchen der Tricks. Als Simulation ist das selbst mit den vielen prototypischen Aspekten bereits jetzt so gut, dass ich eigentlich nichts anderes brauche.

vor 4 Jahren
Kaltfuchs

Danke 4P ! Ich hatte den Titel so überhaupt nicht auf dem Schirm.
Bin zwar aus meiner "Skater Hochphase" von 2000(hach, good old times....) aber hab nachwievor Lust auf so eine Art von Spiel.
Habs gestern direkt mal gekauft und war schwer überrascht und gleichzeitig immens überfordert von der Steuerung.
Das hat halt mal gar nichts mehr mit der Tony Hawk Serie zu tun und geht direkt in die Simulationsecke.
Schade dass es keine Art von Turtorial gibt die einem die Eingaben etwas näher legen.
Gefällt mir aber trotzdem ganz gut bis jetzt. Ich bleib dran.
Also ich hab mir direkt mal ein Gameplayvideo angeschaut und der hatte ein Turtorial.

Jain ! Turtorial kann man das nicht nennen

vor 4 Jahren
bacuya

Ist mir zu sehr "Simulator". ich vermisse die arcadingen Spiele die einem auch Freude bereitet haben wenn man mit dem eigentlichen Sport nichts zu tun hat. SSX oder Tony Hawk Pro Skater oder auch einfach ein Racer mit schönen Fantasiestrecken (Rush 2. NFS 3 usw.) das wär mal was.
Dem stimme ich zu! SSX Tricky war sowas von drüber aber gerade das hat mir am meisten zugesagt. Auch THPS 3/4 war gerade durch dieses arcadige und der simulationsferne einfach super. Das fehlt mir in der Tat auch. Es muss nicht immer alles realistisch und "echt" sein. Mal sehen was aus der Tony Hawk Neuauflage wird.

vor 4 Jahren
HugoEgon

Danke 4P ! Ich hatte den Titel so überhaupt nicht auf dem Schirm.
Bin zwar aus meiner "Skater Hochphase" von 2000(hach, good old times....) aber hab nachwievor Lust auf so eine Art von Spiel.
Habs gestern direkt mal gekauft und war schwer überrascht und gleichzeitig immens überfordert von der Steuerung.
Das hat halt mal gar nichts mehr mit der Tony Hawk Serie zu tun und geht direkt in die Simulationsecke.
Schade dass es keine Art von Turtorial gibt die einem die Eingaben etwas näher legen.
Gefällt mir aber trotzdem ganz gut bis jetzt. Ich bleib dran.
Also ich hab mir direkt mal ein Gameplayvideo angeschaut und der hatte ein Turtorial.

vor 4 Jahren