Humankind - Vorschau, Taktik & Strategie, PC, XboxOne, PlayStation5, Stadia, XboxOneX, XboxSeriesX, PlayStation4
Am Grundprinzip wird jedoch nicht gerüttelt: Man baut rundenweise eine Zivilisation auf und gründet Städte, in denen Gebäude und Stadtviertel zur Spezialisierung errichtet werden. Weiter geht es mit dem Weltwunder-Wettrennen, der Erforschung von Technologien im linearen Techtree und der Ausdehnung des Territoriums von Sektor zu Sektor. Aber auch um Kämpfe, Diplomatie, Wirtschaft, Religion und die innere Stabilität muss man sich kümmern …
Attacke auf Civilization
Gänzlich ohne Wahl einer Zivilisation beginnt man mit einem unbescholtenen Nomadenstamm in der großen weiten Welt. Einen Anführer wählt man auch nicht, stattdessen legt man nur das Aussehen des Führungscharakters fest. Ein Thronfolge- oder Vererbungssystem wie bei Old World oder Crusader Kings fehlt. Der Anführer ist ein starrer und unsterblicher Charakter mit repräsentativen Aufgaben, aber in Humankind geht es nicht um einzelne Figuren, sondern um etwas Größeres.
Der Stamm wird sesshaft
Dieser Nomadenstamm erkundet zu Beginn die aus Hexfeldern bestehende Umgebung, macht Jagd auf Tiere zur Vergrößerung des Stammes, durchforstet Ruinen und sucht nach einem Gründungsort für die erste Stadt. Die meisten Aktionen werden mit "Era Stars" belohnt, die für den ersten Durchbruch sorgen und den Sprung in das erste Zeitalter einleiten. Ist der Übergang von der Jungsteinzeit in die Antike geglückt, kann man sich für den ersten, kulturellen Hintergrund entscheiden, der den Kurs und gewünschten Spielstil der Ära maßgeblich beeinflussen wird.
Kulturen statt Völker oder Zivilisationen
In der Alpha-Demo standen nur vier von zehn geplanten Kulturen pro Zeitalter zur Verfügung. Die Babylonier setzen z.B. auf Wirtschaft. Die Ägypter sind überaus produktiv. Die Indus-Kultur ist wachstumsorientiert, während die mykenische Kultur auf kriegerische Konfrontation setzt. Alle wählbaren Kulturen bieten ausschließlich positive Effekte und verfügen über einmalige Gebäude sowie Einheiten. So dürfen die Ägypter die Pyramiden mit Produktionsbonus als spezialisiertes Viertel hochziehen und Streitwägen mit Bogenschützen (Markabata) bauen. Jede Kultur darf nur einmal von einem Mitspieler in der Partie gewählt werden, weswegen der Zeitalter-Wettlauf relevant ist. Die Entscheidung für die Kultur ist endgültig und bedeutet den Verzicht auf die Vorteile anderer Kulturen.
Beim Übergang in das nächste Zeitalter, in die Klassik, stehen dann wieder zehn andere Kulturen mit jeweiligen Eigenschaften zur Auswahl. Und da es insgesamt sechs Zeitalter mit je zehn Kulturen gibt, rühmt sich Humankind mit einer Million Kombinationsmöglichkeiten in Sachen Multikulti. Zumal es auch möglich ist, beim Zeitaltersprung bei der bisherigen Kultur zu bleiben und diese gezielt weiterzuentwickeln, was ebenso mit Verzicht einhergeht.
Durch dieses Baukastensystem kann man im Gegensatz zu anderen 4X-Spielen seinen Spielstil im Spielverlauf dynamisch anpassen und sich auf das aktuelle Geschehen einstellen. Man muss also nicht starr an der ersten Wahl festhalten. Hängt man gerade in Forschung hinterher? Dann wählt man bei der nächsten Ära eben eine forschende Kultur. Wenn man die Stabilität des Reiches sichern oder sich auf Krieg vorbereiten möchte, könnte eine andere Wahl sinnvoller sein. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass die Kulturen nicht bloß auf allgemeine Boni für Bau, Wirtschaft, Krieg, Forschung und Religion hinauslaufen werden, sondern mehr kreative Anreize zur Entwicklung des Reiches bieten.
Dynamischer Spielstilwechsel
Die Flexibilität des spielerischen Vorgehens wird auch dadurch gefördert, dass es keine Siegbedingungen gibt. Kein Wissenschaftssieg. Keine Welteroberung. Kein 4X-Standardzeug. Die klassischen Siegbedingungen sind laut den Entwicklern zu einschränkend, da man gleich zu Beginn wissen muss, worauf alles hinausläuft - eine Lektion, die sie bei Endless Space 2 gelernt haben. Stattdessen sammelt man in Humankind "Fame" (Ruhm). Diese "Siegpunkte" bekommt man für unterschiedliche Errungenschaften und Fortschritte, z.B. für die Ausdehnung des Reiches über mehrere Sektoren, Bevölkerungsanzahl, Stadtausbau und so weiter.
Neben diesen Zielen für den eigenen Fortschritt gibt es kompetitive Ziele, um die alle wetteifern. Hierzu gehören Weltwunder, die erstmalige Erforschung bestimmter Technologien, die Entdeckung von Naturwunder wie das "wundervolle, große blaue Loch" oder die Gründung der ersten Religion. Der Ruhm ist zugleich geschickt mit dem Zeitalterfortschritt verbunden, da durch Ruhm erlangte "Era Stars" dazu führen, dass man in das nächste Zeitalter rutscht, wo dann wieder "Era Stars" gesammelt werden.
Während man seine Städte ausbaut und sich angrenzende Sektoren zunächst mit Außenposten und später mit neuen Städten sichert, gilt es immer wieder Entscheidungen bei auftretenden Ereignissen zu fällen. So wird man z.B. vor die Entscheidung gestellt, was man mit den Überresten von erlegten Tieren machen soll. Setzt man sie zur schnelleren Produktion von militärischen Einheiten ein? Nutzt man sie als gewinnbringende Handelswaren? Oder erhöht man die Nahrungsproduktion um das Bevölkerungswachstum zu erhöhen? Manchmal muss man auch entscheiden, wie man mit einer Flutkatastrophe umgeht, welche Geschlechter bei der Religion eine führende Rolle spielen sollen oder ob man auf den futuristischen Sonnenkalender oder den traditionellen Mondkalender setzt. Solche Events sollen nicht zu häufig ausgelöst werden, um häufige Wiederholungen wie bei Endless Space 2 zu vermeiden. Komplexe Auslöse-Kriterien und generell mehr Events sollen bei Humankind für mehr Abwechslung sorgen. So wird es Ereignisse geben, deren Auswirkungen sich erst in den nächsten Zeitaltern zeigen werden.
Ereignisse und Entscheidungen
Politik im Baukastensystem
Auch die "Civics" oder Sozialpolitiken erlauben eine weitere Spezialisierung. Mit ihnen legt man fest, ob es z.B. eine Wehrpflicht geben soll oder das Reich von professionellen Soldaten verteidigt wird. Je nach Auswahl wird sich der Politikstil in Richtung Freiheit oder Autorität verändern. Die Wahl der Gesetzgebung (Gewohnheitsrecht vs. Kodifizierte Gesetze) beflügelt entweder ein traditionelles oder progressives Weltbild. Außerdem kann man festlegen, ob man Kriminelle oder Kriegsgefangene zur Sklavenarbeit zwingt. So bastelt man Schritt für Schritt seine Staatsform und kann entscheiden, ob ein kommunistisches, progressives oder globalisiertes Ziel verfolgt werden soll - natürlich verbunden mit entsprechenden Boni in Sachen Produktion, Forschung und Stabilität.
Allerdings muss Humankind noch beweisen, dass es weitere Ideen und Überraschungen für den späteren Spielverlauf parat hat, zumal über Diplomatie, Religion, Aufstände, namhafte Persönlichkeiten, Kampfelemente und Umweltverschmutzung noch der Mantel des Schweigens ausgebreitet wurde. Die aus Endless Space 2 bekannten Desyncs in Multiplayer-Partien wollen die Entwickler diesmal ebenfalls in den Griff bekommen.
Ausblick
Schade, dass Humankind auf 2021 verschoben wurde, aber gut Ding will Weile haben. Das Spiel der Endless-Space-Macher erfindet das 4X-Strategie-Rad nicht neu, bringt aber einige frische Ideen mit, darunter das Multikultisystem, mit dem man die eigene Zivilisation erst im Laufe der Zeitalter formt. Dadurch entsteht wesentlich mehr Dynamik, da man mitten in den Partien seien Kurs anpassen kann, was durch den Verzicht auf klassische Siegbedingungen und die Politik im Baukastenformat unterstrichen wird. Alles ist viel flexibler und dynamischer. Zumal häufig Entscheidungen anstehen, die den Weg in die Zukunft ebnen. Viele wichtige Aspekte wie Diplomatie, Handel, Religion und Umweltverschmutzung wollten die Entwickler bisher nicht zeigen, aber die ersten 60 Runden haben gezeigt, dass sich Civilization warm anziehen muss.
Einschätzung: sehr gut / Fit4Hit