A Total War Saga: Troy - Vorschau, Taktik & Strategie, PC

A Total War Saga: Troy
20.07.2020, Eike Cramer

Vorschau: A Total War Saga: Troy

Großkonflikt in der Ägäis

Eine verbotene Liebe als Casus Belli, eine Schlacht der größten Helden ihrer Zeit und zu guter Letzt auch noch die legendärste List der Geschichte: Der Trojanische Krieg ist dank des Dichters Homer und seines antiken Standardwerks Ilias ein kriegsgeschichtlicher Mythos und wichtiger Bestandteil der griechischen und römischen Mythologie. A Total War Saga: Troy (ab 26,01€ bei kaufen) inszeniert den Stoff als frühzeitlichen Großkonflikt in der Ägäis. Wir haben vier Stunden Probe gespielt!

A Total War Saga: Troy wird von Creative Assembly Sofia entwickelt, die in der jüngeren Vergangenheit mit Download-Erweiterungen für Rome 2 Erfahrung im antiken Mittelmeerraum sammeln konnten. So überrascht es nicht, dass sich das Team bei der Inszenierung der türkisblau schimmernden Ägäis mit ihren zahllosen Inseln und Inselchen, beige leuchtenden Felsen und grünen Pinienhainen auf der Weltkarte keine Blöße gibt. Griechenland und das Troas, die heutige West-Türkei, werden auf einer gigantischen Karte mit zahllosen Provinzen, die sich, wie seit Rome 2 üblich, in Hauptstadt und Ressourcen-Siedlungen aufteilen, dargestellt – und deren einladende Farben bitten quasi schon um eine Eroberung. Auch die Menüs überzeugen mit Übersicht, klarer Unterscheidbarkeit und tollem Artdesign - was in den letzten Jahren leider nicht immer der Fall war...

Alles wie immer?

Auch spielerisch weicht A Total War Saga: Troy von der Hauptserie ab, die mit Three Kingdoms zuletzt einen Jahrhunderte überspannenden Konflikt in China inszenierte. Hier dreht sich alles um die Auseinandersetzung zwischen zwei antiken Großmächten, die sich im Kampf über die Kontrolle der strategisch wertvollen Ägäis an die Gurgel gehen. Anders als bei Total War üblich, sind die Konfliktlinien also klar vorgezeichnet: Griechen gegen Troer, Menelaos gegen Paris. Denn natürlich spielen die Helden der Ilias auch bei Adaption von The Creative Assembly eine wichtige Rolle: Als Anführer ihrer jeweiligen Sub-Fraktionen treten Menelaos und Paris, Achilles oder Hector auch auf dem Schlachtfeld auf.

Die Helden der Ilias liefern sich Duelle auf dem Schlachtfeld, ähnlich der Helden-Kämpfe in Three Kingdoms.
Jeder der insgesamt acht spielbaren, legendären Helden bringt, neben Start-Region und fraktionseigenen Einheiten, auch Spezialfähigkeiten mit. Die Spartaner des gehörnten Ehegatten Menelaos können etwa in entfernten, verlassenen Provinzen Kolonien gründen, ohne eine Armee vorbeizuschicken und per Call to Arms im Rekrutierungsfenster auf die Einheiten aller Verbündeter zurückgreifen. Paris hingegen bekommt Boni, wenn seine große Liebe Helena, die als Agenten-Figur dargestellt wird, in seiner Nähe ist. Zudem hat er als Erbe des Priamos eine Chance auf den Thron Trojas - wenn er seine älteren Brüder ausstechen kann.

Die antike Welt der Helden

Die Helden-Mechaniken mit Spezialfähigkeiten, Talentbaum und Items funktionieren ähnlich wie bei Total War: Warhammer oder Three Kingdoms. Anstatt aber linear Skills freizuschalten und am Ende Alleskönner ins Feld zu führen, muss man sich nun häufiger zwischen zwei Fähigkeiten entscheiden, die dann mit weiteren Verbesserungen ausgestattet werden können. Völlig neu ist , dass es auf der Kampagnenkarte jetzt gleich fünf Ressourcen gibt: Anstatt alles mit Gold zu finanzieren und z.B. Nahrung nur für Zufriedenheit und Bevölkerungswachstum anzuhäufen, müssen jetzt gleichermaßen Nahrung, Holz, Stein, Bronze und Gold beschafft werden.

Türkisblaues Wasser, saftig grünes Gras auf weißen Felsen: Die Ägäis ist ein hübscher, farbenfroher Schauplatz.
Für Armee-Rekrutierung und -Unterhalt werden vor allem die Lebensmittel und später auch Bronze-Vorräte wichtig, für Gebäude müssen Holz und Stein vorgehalten werden. Gold ist sehr viel seltener als der Rest und wird als High-End-Ressource vor allem zum Handel oder für hochpreisige Einheiten und Upgrades benötigt. Passend dazu sind die Handelsrouten passé, die Waren des eigenen Reiches automatisch tauschen. Stattdessen findet jetzt direkter Warentausch statt, der entweder einzeln oder im Rahmen eines Vertrags auch über mehrere Runden abgewickelt werden kann.

Eine Ressource für jeden Zweck

Dies führt zu mehr Aktionen im Diplomatie-Menü, während wegen der übersichtlichen Darstellung gleichzeitig klarer ist, wie viel Kram man wovon eigentlich gerade hat. Somit ist das ein klarer Gewinn für Total War, da sich eine teure Armee und neue Gebäude nicht mehr automatisch ausschließen.

Zudem wurden viele Spielmechaniken entschlackt oder gleich ersatzlos gestrichen. Da sich Troy hauptsächlich um die Helden der Ilias dreht, gibt es keine Thronfolge, Stammbäume oder gar Adligen-Management im eigenen Reich. Ich muss kein kompliziertes Gefolge inklusive Beziehungsgeflecht aufbauen, nicht andauernd Entscheidungen am Hofe treffen oder mich mit Untertanen auseinandersetzen. Dies beschneidet natürlich die Möglichkeiten der ganz großen Strategie, entfernt aber auch viele oberflächliche Systeme, die ich zuletzt nur noch als Beschäftigungstheraphie, nicht aber als wertvolle Ergänzung zum Kern der 4X-Eroberung wahrgenommen habe. Ein klarerer Fokus auf Besetzung, Diplomatie, Städtebau und Kampf bietet gerade bei einem kleineren Saga-Ableger die Möglichkeit, grundsätzliche Änderungen an Systemen vorzunehmen und auf ihre Umsetzbarkeit in der Hauptreihe abzuklopfen. '

Entrümpelung im Spielmechanik-Keller

So gibt es z.B. ein frisches Religionssystem, das ähnlich wie die mythischen Spezialeinheiten auf die „Fakten hinter dem Mythos“ zielt. So treten Gottheiten wie Zeus, Hera oder Ares nicht selbst in Aktion - stattdessen verbessert ihre Verehrung an Schreinen oder in Tempeln grundlegende Dinge wie z.B. die Moralwerte meiner Truppen im Kampf oder schaltet in der höchsten Stufe legendäre Einheitentypen frei. Zusätzlich können Gebete gesprochen oder Opferzeremonien abgehalten werden, die das Verehrungsniveau steigern, gleichzeitig aber auch ordentlich Ressourcen kosten. Die Götter haben natürlich unterschiedliche Spezialgebiete, so dass man sich hier spielerisch weiter z.B. auf Reichsausbau oder Militär spezialisieren kann. Auch das Forschungsmenü wurde aufgeräumt und bietet jetzt im Falle von Menelaos fünf große Entwicklungs-Cluster, die an den Ressourcen aufgehängt sind und entsprechende Verbesserungen für militärische und zivile Zwecke ermöglichen.

Die mythischen Kreaturen werden geschickt eingebaut und schlagen eine Brücke zwischen Legenden und Realität.
Sehr cool ist auch die Darstellung von Minotauren, Zyklopen und Co., die ähnlich wie bei Total War: Warhammer für Abwechslung auf dem Schlachtfeld sorgen. Anders als in den Fantasy-Schlachten sind diese Figuren nämlich mehr oder weniger realistisch ins Spiel integriert: Hinter der Maske von Harpyien & Co. stecken nämlich meist nur kultisch verkleidete Menschen, die keine Zauberkräfte beherrschen, sondern nur besser ausgebildet sind oder härter zuschlagen. Das ist cool, da so eine Art Pseudo-Realismus geschaffen wird, der auch einen Rahmen für die Duelle zwischen den mythischen Helden auf dem Schlachtfeld schafft. Zudem wird im Kontext der nach wie vor völlig unklaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zum trojanischen Krieg eine schlüssige Brücke zwischen Mythos und Realität geschlagen.

Zwischen Mythos und Realität

Die Gefechte im Feld wurden allerdings erneut nur marginal verbessert. Entsprechend der Epoche finden die Kämpfe meist zwischen Infanterie-Einheiten statt, die bei Troy in drei Klassen (leicht, mittel, schwer) eingeteilt werden, um einen besseren Überblick zu schaffen. Natürlich gibt es Schleuderer, Speerkämpfer und Bogenschützen, dazu die schwer gepanzerten Schwert- und Lanzenkämpfer der Bronzezeit. Die selten auftauchende Kavallerie (selbst die Helden sind meistens zu Fuß unterwegs) sorgt für erheblich aufgeräumtere Schlachten, die sich wieder einen Tick wuchtiger anfühlen als zuletzt. 

Auf dem Schlachtfeld hat sich mal wieder zu wenig getan. Gerade bei Animationen und Wucht im Kampf fehlt es nach wie vor.
Dennoch gibt es immer noch die typischen Kampf-Blobs oder merkwürdiges Formationsverhalten an Häuserkanten sowie fehlende Intensität an der Front, wo Einheiten noch immer nicht so brutal aufeinandertreffen wie beim alt-ehrwürdigen Medieval 2. Immerhin geht die KI auf dem normalen Schwierigkeitsgrad in den Feldschlachten halbwegs aggressiv vor, während sie ihre Einheiten in Siedlungs-Kämpfen etwas zu langsam verschiebt. Visuell macht man mit fluffigem Gras, schönen Lichteffekten und glitzerndem Wasser einen kleinen Schritt nach vorn, Animationen und Einheitendetails sind aber noch immer auf dem Niveau aller Total-War-Titel der letzten Jahre. Hier dürfte der limitierende Faktor nach wie vor die alte Warscape-Engine sein, die bereits seit Empire: Total War ihren Dienst im Maschinenraum verrichtet und trotz vieler Detailverbesserungen dringend ein umfassendes Update vertragen könnte.

Ausblick

Total War: Troy ist das erste historische Total War seit Attila, bei dem ich am Ende der ersten Anspiel-Session richtig Lust hatte, weiterzuspielen. Die Reduktion der Karten-Mechaniken auf das Wesentliche, das neue Religions-System, das frische Ressourcen-Management sowie die auf Infanterie reduzierten Gefechte in einem spannenden Szenario zwischen Mythos und Realität haben mir in den ersten vier Stunden richtig Spaß gemacht. Klar: Wie gut die Diplomatie wirklich funktioniert, ob die Schlachten an Dynamik gewinnen, wie die KI agiert, wenn sich die Supermächte vereinigt gegenüberstehen, und ob der Feldzug über lange Strecke motivieren kann, wird sich erst im Test zeigen. Dennoch hinterlässt A Total War Saga: Troy einen guten Ersteindruck.

Einschätzung: gut

Kommentare
NPS

Bin kein Fan von dessen Antike, weil es letztes zu viele Ableger von "TW: Roma 2" gab (was wiederum TW Saga: Thrones of Britanniamit zu Mittelalter angelegt ist).
Vom allem dem Trojanisches-Ära. Man hätte da gleich mit die Babylon runtergesetzt. Antike hier und da.

Wahrscheinlich wird es nachdem TW: Troy diesen Gameplay zu späteren Teilen wie "Medieval: Total War 3" übertragen?

Solang es die Gameplay noch besser und übersichtlich gestaltet ist, würde ich nicht darüber Mecken und ein blick zu riskieren.

vor 4 Jahren
4P|Eike

Wie gut die Diplomatie wirklich funktioniert, ob die Schlachten an Dynamik gewinnen, wie die KI agiert, wenn sich die Supermächte vereinigt gegenüberstehen, und ob der Feldzug über lange Strecke motivieren kann, sich erst im Test zeigen.

bin zwar kein deutsch-schreib fanatiker, aber fehlt da nicht ein "wird"?
Korrekt. Ist korrigiert

vor 4 Jahren
andi_hansdampf

Wie gut die Diplomatie wirklich funktioniert, ob die Schlachten an Dynamik gewinnen, wie die KI agiert, wenn sich die Supermächte vereinigt gegenüberstehen, und ob der Feldzug über lange Strecke motivieren kann, sich erst im Test zeigen.

bin zwar kein deutsch-schreib fanatiker, aber fehlt da nicht ein "wird"?

vor 4 Jahren
Nuracus

Kurz überlegt, ob Diomedes nicht der Typ in der Tonne war und mir diesen Charakter in einer Schlacht vorgestellt.
Diogenes hieß er, aus der allerbesten Stadt der heutigen Türkei!
Ja das fiel mir dann auch ein, aber erst, nachdem ich vor meinem inneren Auge gesehen habe, wie ein Mann in einem Faß durch eine Phalanx preschte.

vor 4 Jahren
Ares101

Kurz überlegt, ob Diomedes nicht der Typ in der Tonne war und mir diesen Charakter in einer Schlacht vorgestellt.
Diogenes hieß er, aus der allerbesten Stadt der heutigen Türkei!
Haha, ja genau! Aber schon witzig. Diomedes ist in der Ilias unglaublich prominent, aber in Filmen und anderen Medien kommt der kaum vor. Und ich weiß nicht ob der noch kommt, aber es gäbe mit Memnon auch noch einen afrikanischen Helden auf der Seite Trojas. Den könnte man auch einbauen, wäre zumindest eine sinnvollere Einbindung von Diversity als der farbige Achilles ist der letzten BBC Serie.

vor 4 Jahren