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Microsoft Flight Simulator
30.07.2020, Marcel Kleffmann

Vorschau: Microsoft Flight Simulator

Die ganze Welt als Flug- und Spielplatz

Nach langer Durststrecke wird am 18. August der Microsoft Flight Simulator (ab 54,49€ bei kaufen) auf PC via Steam, Microsoft Store und Xbox Game Pass abheben - knapp vierzehn Jahre nach dem Flight Simulator X (2006). Wir haben mit unterschiedlichen Flugzeugen die komplett nachgebildete Erde erkundet und unsere Eindrücke in der Vorschau festgehalten.

Auch im neuesten Ableger der bereits 1982 etablierten Reihe wird der Begriff Simulation großgeschrieben. Der federführend von Asobo in Frankreich entwickelte Titel ist eine waschechte Flugsimulation, die sich durch viele Assistenzsysteme, Automatismen und Vereinfachungen ausführlich anpassen lässt. Einen kinderleichten Arcade-Modus sollte man nicht erwarten. Aktuell kann man 33 Assistenz-Optionen verändern, die bei der Flugsteuerung, der Abarbeitung der Checkliste vor dem Start, der Navigation, der Kommunikation mit der Flugverkehrskontrolle (ATC) usw. helfen.  

Eine Simulation und nichts anderes

Praktischerweise stehen drei Schwierigkeitsmodi zur Auswahl, aber selbst mit "All Assists" ist die Fliegerei nicht ohne. Zum Glück gibt es ein ausführliches Tutorial, in dem man in acht Kapiteln relevante Aspekte des Fliegens beigebracht bekommt - angefangen mit dem Blick auf dem Fenster. Nach Abschluss der Flugschule kann man starten, landen, die Höhe halten, die Geschwindigkeit anpassen und wird angehalten, nicht allzu hektische Manöver zu fliegen. Für einen spontanen Flug bei unkompliziertem Wetter ist man nach dem dritten Tutorial-Kapitel bereits fit - wenn man von der Landung absieht...

Möchte man mit weniger Unterstützung fliegen, sich mit anderen Flugzeugen anfreunden und den Wetter-, Wind- und Sichtbedingungen trotzen, ist wesentlich mehr Einarbeitungszeit erforderlich. Aber es ist ja auch eine Simulation, die Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert.  

Die 3D-Wolken sehen beeindruckend aus. Fliegt man in die dichten Wolken, ist die Sichtweite auch gleich null.
Apropos Fingerspitzengefühl: Die vollständig anpassbare Standard-Steuerung mit der Tastatur (Numpad) und Maus geht in Ordnung, obwohl die Flugzeuge ziemlich abrupt auf Höhenänderungen reagieren. Oftmals reicht es aus, die Tasten nur zu streicheln, um nicht zu starke Reaktionen auszulösen. Mit einem Controller steuert sich das Flugzeug wesentlich genauer und geschmeidiger. Letztendlich waren wir mit einer Mischung aus Controller zur Flugsteuerung und Tastatur für Kommandos plus Mauseinsatz ganz zufrieden. Flightsticks und Yokes konnten wir mangels Hardware nicht ausprobieren, aber mit dieser Peripherie-Hardware dürfte sich die Flugsteuerung besser anfühlen. Im Test werden wir auf diese Aspekte eingehen!

Tastatur, Maus und Controller

Alternativ zu den Tastaturkürzeln können in den unfassbar detailverliebt nachgebildeten Cockpits alle Schalter einzeln mit der Maus angeklickt und betätigt werden. Sämtliche analogen Instrumente, Knöpfe, Transponder, Radar und Bordcomputer im Cockpit funktionieren übrigens und je nach Sonnenstand sind die Instrumente schwerer ablesbar.

Alle im Cockpit platzierten Instrumente funktionieren tatsächlich und können bedient werden. Derweil vereisen langsam die Scheiben.
Die Komplexität der Simulation ist wirklich beeindruckend. So werden die Aerodynamik und die auf das Flugzeug wirkenden physikalischen Kräfte an bis zu 1.000 Stellen der Flugzeugoberfläche berechnet. Luftströme, Luftmassen, Wolkenbildung und Winde werden simuliert, wobei selbst leichter Wind spürbaren Einfluss auf die Flugsteuerung hat. Das geht sogar so weit, dass Auftrieb und Turbulenzen direkt mit der lokalen Temperatur zusammenhängen. Sämtliche Wolkentypen in der Atmosphäre, allesamt in 3D mit volumetrischem Regen und dynamischen Wasser- sowie Vereisungseffekte, werden aufgeboten. Die Wettereffekte profitieren von den Live-Wetterdaten, die von Meteoblue geliefert werden. Hinzukommen Live-Flugdaten von Flugzeugen aus der realen Welt, echte Flugrouten sowie aufwändiger Funkverkehr.

Die Simulation der Flugwelt

Für fortgeschrittene Flugsimulanten sieht es dann so aus: Flugplan einrichten und Wegpunkte setzen, die Checkliste im Cockpit durchgehen, Taxi spielen, Funkgespräche führen, Startvorbereitung treffen, abheben, Reiseflughöhe erreichen, Autopilot setzen, ATCs wechseln, Landeanflug starten, am Ziel landen, zum Gate fahren. Das Passagieraufkommen wird leider nicht simuliert.

Auch der Ausfall von Bordsystemen ist möglich, wobei es kein optisches Schadenssystem gibt. Die Entwickler erklärten in einem Interview, dass solch ein System keine technische Hürde wäre, sondern eher an den Flugzeugherstellern als Lizenzgebern scheitern würde, die Beschädigungen ihrer Flugzeuge nicht gerne sehen würden. Dieser Grund wird auch genannt, weshalb man keine Abstürze mit Explosionen sehen wird - zumal man so keine Katastrophen oder Anschläge nachstellen kann. Bevor eine Maschine "zerstört" wird, kommt eine Schwarzblende und mit einer simplen Textbotschaft. Trotz des Verbots von Abstürzen soll die Simulation so clever gestaltet sein, dass sich beschädigte Flugzeuge z.B. mit defektem Fahrwerk, Vereisungsschäden und Triebswerksausfällen "sicher" landen lassen - selbst auf dem Wasser. Trotz des Absturzschutzes konnte in der Alphaversion noch ein Flugzeug ziemlich seltsam in der dichten Häuserwelt von Tokio gelandet werden.   

Keine Abstürze, aber Ausfälle

Mindestens so beeindruckend wie die Simulation der Flugmechanik ist die Gestaltung der kompletten Erde als Spielwelt - nach nur einer sehr langen Ladezeit zu Beginn. Man kann von über 37.000 Flughäfen abheben, wirklich jede Region erkunden und sich dabei aussuchen, wie die Bedingungen (Zeit, Wetter, Live-Daten etc.) sein sollen. Das Karten- und Datenmaterial, das der virtuellen Erde zugrundliegt, basiert auf Bing-Karten von Microsoft, ergänzt mit Höhendaten zur Rekonstruktion von Gebirgen. Die Positionen von Straßen, Brücken, Stadien, Sehenswürdigkeiten und ikonischen Gebäuden wurden ebenfalls in die Spielwelt übertragen.  

Die Simulation der ganzen Welt

Gebäude und Vegetation wie Bäume, die auf Satellitendaten ziemlich flach sind, werden mithilfe von speziell trainierten KI-Algorithmen generiert. Dadurch mussten die Entwickler nicht alle Häuser der Welt eigenhändig nachbilden und platzieren. Durch KI-Unterstützung generierte Städte sehen zwar nicht exakt wie das Original aus, kommen dem Vorbild aber sehr nah. Einige ikonische Städte, beliebte Ziele und Sehenswürdigkeiten wurden ergänzend via Fotogrammmetrie (haufenweise Fotos machen und daraus 3D-Modelle berechnen lassen) aufgenommen und realisiert.  

Was für ein Ausblick: Besonders beliebte und belebte Orte wurden aufwändiger gestaltet.
Stellenweise sind die Darstellung der Umgebung und der Detailgrad der Flugzeuge so realitätsnah, dass kleine Macken störend ins Auge stechen - Stichwort "uncanny valley", aber im übertragenen Sinn, weil sich der Begriff eigentlich auf die "Menschenähnlichkeit" von künstlichen Figuren bezieht. Bei einem Flug über Tokio dauerte das Streaming der Gebäude von den Azure-Cloud-Servern ein bisschen länger, daher tauchten die generierten 3D-Modelle erst später auf der flachen Karte des Satellitenbildes auf, während überall sonst viele Gebäude standen. Auf einem weniger belebten Teil der Erde, z.B. auf Island, pflanzte die KI viel zu viele Bäume und schaffte es auch "schwarze Bäume" auf schwarzem Lavagestein zu platzieren. Hier dürften auch die Bodentexturen etwas schärfer sein, aber das ist Meckern auf hohem Niveau, zumal man dafür schon recht tief fliegen muss. Die optische Pracht wird durch fließenden Tag- und Nachtwechsel, realistische Reflexionen und eine phänomenale Nachtdarstellung aufgewertet. Die Grafikpracht mit maximalen Einstellungen in 1440p bringt aber selbst leistungsstarke und Control-RTX-geprüfte Rechner an ihre Grenzen - z.B. an Orten wie New York. Die enorme Weite der Welt, die Vielfalt der Geländetypen und die Details der Umsetzung sind einfach fantastisch und laden zu puren Erkundungsflügen ein.  

Kleine Macken beim Gebäude- und Baumstreaming in Tokyo. Ein Teil der Szenerie ist noch flach, während der Großteil der Stadt dreidimensional ist.
Neben Flugrouten, die man selbst planen kann, gibt es im Hauptmenü eine wechselnde, prominiente Live-Event-Herausforderung - wie z.B. eine Landung in Courchevel. Unter Aktivitäten verstecken sich noch 23 weitere Lande-Herausforderungen - Gibraltar oder der gefährliche Flughafen Lukla in Nepal dürfen nicht fehlen. Darüber hinaus gibt es drei "Bush Trips", bei denen man seine Navigationsfähigkeiten auf Langstreckenflügen testen kann. Weitere spielerische Elemente wie eine Piloten-Karriere mit zunehmenden Transfervolumen (erst wenig Fracht oder Passagiere auf Kurzstrecken, dann längere Flüge), Missionen mit festgelegten Zielen oder das Freischalten von neuen Flugzeugen werden nicht geboten, aber dieser Bereich könnte in Zukunft ausgebaut werden. Das Pilotenprofil ist aktuell z.B. noch gesperrt.

Ausbaubare spielerische Elemente

Den Microsoft Flight Simulator wird man auch in einem Offline-Modus spielen können, allerdings muss man sich dann auf kleinere Einschränkungen gefasst machen. Während das grundlegende Flugerlebnis gleich bleiben wird, wird man auf die aufwändige Repräsentationen des Bodens im Tiefflug sowie auf Online-Dienste wie Live-Wetter und Live-Flugverkehr verzichten müssen. Entsprechende und große Datenpakete müssen natürlich vorher heruntergeladen werden.

Für Offline-Piloten

Die Flugsimulation erscheint zunächst für PC. Im späteren Verlauf des Jahres soll Virtual-Reality-Unterstützung mit einem Update hinzukommen, u.a. auch für das HP Reverb G2. Auf Nachfrage bezüglich der Unterstützung anderer Headsets antworteten die Entwickler nicht präzise und vertrösteten auf die zukünftige Info-Updates, aber es ist davon auszugehen, dass andere VR-Headsets unterstützt werden - gerade via Steam VR. Konkrete Angaben zur Xbox-Umsetzung wurden nicht gemacht, aber die Controller-Steuerung funktioniert schon jetzt prima.

Hebt zuerst auf PC und später für VR und Xbox ab

Für Microsoft ist der Flugsimulator eine Plattform, die in den nächsten Jahren mit neuen Inhalten, kostenlosen Updates und kostenpflichtigen Erweiterungen versorgt wird. Zu den kostenlosen Updates gehören die so genannten World-Updates, welche z.B. das Kartenmaterial aktualisieren und präziser nachgebildete Flughäfen sowie mehr Städte in 3D umfassen werden. Auch Updates für die Simulationsmechaniken werden kostenfrei verteilt. An dieser Stelle werden z.B. geteilte Cockpits (Multiplayer für zwei Personen) aufgeführt. Kostenpflichtig sollen Neuerungen werden, die viel Entwicklungs- und Produktionsaufwand bedeuten. Die Einführung von Helikoptern mit eigenem Flugmodell und Landeplätzen fällt in diese Kategorie, schließlich wollen die Entwickler es "richtig" und nicht halbherzig umsetzen. Die Community würde sich hingegen noch Segelflugzeuge, Wasserflugzeuge, eine Piloten-Karriere, Missionen, Jahreszeiten etc. wünschen. 

Eine Simulator-Plattform für die Zukunft

Außerdem gibt es einen Ingame-Marktplatz für Mods bzw. Add-ons, auf dem Hobby-Entwickler und professionelle Third-Party-Anbieter (Anzahl: 268) ihre Produkte anbieten und verkaufen können. Zum Beispiel können Orbx, Gaya, PMDG und Aerosoft spezielle Flugzeugmodelle oder viel feiner ausgearbeitete Flughäfen anbieten. Die Preise der Inhalte sollen von den Moddern selbst festgelegt werden. Den Partnern des offiziellen Ingame-Marktplatzes soll übrigens nicht verboten werden, ihre Erweiterungen auch anderswo anzubieten.  

Übersicht über die "besonders akkuraten" Flughäfen, je nach Edition.


Drei Editionen und "besonders akkurate" Modelle

Der Microsoft Flight Simulator wird am 18 August 2020 für PC - kaufbar im Windows 10 Store und bei Steam - sowie via Xbox Game Pass für PC (Beta) veröffentlicht. Das Spiel erscheint in drei Editionen.

Die Standard Edition für 69,99 Euro (CHF 84,00) umfasst 20 Flugzeuge und 30 "besonders akkurat" nachgebildete internationale Flughäfen. Diese Standard Edition ist am Tag der Veröffentlichung auch im Xbox Game Pass für PC (Beta) verfügbar - ohne weitere Kosten. Die Deluxe Edition für 89,99 Euro (CHF 104,00) enthält neben der Inhalte der Standard Edition noch fünf zusätzliche Flugzeuge sowie fünf zusätzliche, "besonders akkurate" internationale Flughäfen. Die Premium Deluxe Edition für 119,99 Euro (CHF 139,00) enthält obendrein zu den Inhalten der Standard Edition zehn zusätzliche Flugzeuge sowie zehn zusätzliche, "besonders akkurate" internationale Flughäfen.

Diese "besonders akkuraten" Flughäfen stellen ein ausschließlich optisches, nicht spielerisch relevantes Upgrade dar. Man kann auch in der Standard Edition auf allen Flughäfen der Welt starten und landen, aber die aufwändiger nachgebildeten Flughäfen sind den Besitzern der anderen Versionen vorenthalten. Microsoft begründet diese Staffelung mit viel mehr Aufwand bei der Produktion und der Nachbildung des Schauplätze, da u.a. vor Ort Aufnahmen gemacht und die Häfen  aufwändiger nachgebildet wurden. Eine "besonders akkurate" Version des Frankfurter Flughafens bekommt man nur in der Premium Deluxe Edition. Andere Flughäfen aus Deutschland finden sich bei den "besonders akkuraten" Flughäfen nicht.

Neben den digitalen Versionen erscheint der Microsoft Flight Simulator auch als Disc-Version im europäischen Einzelhandel via Aerosoft (mit zehn Dual-Layer-DVDs). Die Standard Edition mit gedrucktem Handbuch wird 69,99 Euro kosten. Die Premium Deluxe Edition wird für 129,99 Euro erhältlich sein und die gleichen Inhalte wie das digitale Pendant bieten, abgesehen von einem Hardcover-Handbuch.

Ausblick

Nach stundenlangen Probeflügen in der Alpha steht fest, dass Microsoft mit dem Flight Simulator ein heißes Eisen im Feuer hat. Sowohl die Simulation der Flugmechanik als auch die ganze Welt als Spielplatz sind absolut beeindruckend, trotz kleiner Macken im Detail. Zumal sich hinter der leistungshungrigen, aber bildschönen Fassade und den detailverliebt nachgebildeten Flugzeugen eine wirklich komplexe Flugsimulation versteckt, die sich dank zahlreicher Optionen vielfältig anpassen lässt, aber nie zu "arcadig" wird. Nichtsdestotrotz dürfte es schon etwas mehr spielerische Elemente abseits der Herausforderungen geben, gerade eine Pilotenkarriere oder Missionen würde den Microsoft Flight Simulator aufwerten. Als reine Flugsimulation setzt Microsoft jedoch neue Maßstäbe!

Einschätzung: sehr gut / Fit4Hit

Kommentare
IEP

Okay, gehen wir jetzt doch wieder weg von Autorennen, Moral und Gewissen bei virtuellen Crashes, und gehen wieder hin zu dem eigentlichen Thema: Microsoft Flight Simulator

vor 4 Jahren
Khorneblume

Dann würde ich die KI aber gleich mit überarbeiten. Die baut ohne Beteiligung des Spielers nämlich grundsätzlich niemals Unfälle oder Ausrutscher.

vor 4 Jahren
4P|Eike

Das Schadensmodell von F1 20xx könnte wirklich mal überarbeitet werden.
Vor allem beim technischen gebe ich dir recht, die Frontflügel und die Aufhängung können derzeit bei Codemasters viel zu viel ab. BTT.

vor 4 Jahren
Vin Dos

Das Schadensmodell des Autos natürlich, nicht das des Fahrers.

vor 4 Jahren
Khorneblume

Das Schadensmodell von F1 20xx könnte wirklich mal überarbeitet werden.
Nach dem tragischen Unfall von Anthoine Hubert voriges Jahr wäre das vielleicht kein so passendes Statement. Lieber sollen sie in 2020 mal die aktuellen Strecken der Corona-Saison (Imola, Mugello, Nürburgring) einbauen.

vor 4 Jahren