Grounded - Vorschau, Action-Adventure, XboxOne, PC, XboxSeriesX
Das Besondere an Grounded ist sein Szenario, da man frei nach "Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft" mit winzig-kleinen Menschen in einem Garten unterwegs ist und sich durch einen Wald aus Grashalmen schlägt. Dabei muss man sich vor eigentlich nicht sonderlich großen Viechern in Acht nehmen, während Getränkedosen oder Verpackungen als übergroße Landschaftsobjekte zur Orientierung dienen. Für Leben sorgen Ameisen, Marienkäfer, Spinnen, Blattläuse und Rasenmilben, die sich auch untereinander bekämpfen, was die Spielwelt zusätzlich belebt. Der Schauplatz ist derart unverbraucht, dass es eine helle Freude ist, die Welt zu erkunden - und glücklicherweise sind die Survival-Aspekte auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ziemlich verzeihend.
Ein lebendiger Mikrokosmos
Den Mikrokosmos erkundet man entweder alleine oder mit bis zu vier Personen im kooperativen Mehrspieler-Modus. Dabei sammelt man zunächst alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Kieselsteinchen, Sprossen, Mini-Zweige, Pflanzenfasern und anderes Geraffel. Das gesammelte Zeug legt man in mikroskopische Analysecomputer, die es überall im Garten gibt. Nach der Analyse werden Baupläne freigeschaltet, die jeweils mit dem untersuchten Teil zusammenhängen. So lernt man zunächst Äxte, Speere, Hämmer und später fortgeschrittene Sachen wie eine Feuerstelle, eine Smoothie-Station oder eine Sammelanlage für Tautropfen zu bauen. Mit den neuen Werkzeugen lassen sich wiederum neue Rohstoffe beschaffen, die weitere Konstruktionen freischalten. So kann man Steine zertrümmern, Lehm mitnehmen, Eicheln kleinhauen, Quarz sammeln, Distelstacheln finden und Grashalme fällen.
Erkunden, Sammeln und Herstellen
Mit den Grashalmen oder Hölzchen können ganze Basen gebaut werden, wobei dieses Element in der aktuellen Early-Access-Version recht nutzlos ist. Auch Ausrüstungsteile zum Schutz vor Angriffen und mit kleinen Bonuseffekten können an der Werkbank hergestellt werden. Das Crafting-System dreht sich also um die Erkundung des Gartens, um neue Gegenstände oder Überbleibsel von Insekten zu finden, die dann analysiert werden und als Grundlage für Rezepte fungieren.
Die Überlebensaspekte sind im Gegensatz zu The Long Dark der Green Hell eher zahm. Es gilt Nahrung zu verputzen und Wasser zu schlürfen, wobei man darauf achten sollte, nicht zu abgestandenem Wasser oder vergammeltem Essen zu greifen. Tautropfen an Grashalmen sollten zu Beginn die bevorzugte Wasserquelle sein. Essen kann man Pilze, Stückchen von Eicheln oder gegrillte Blattläuse, die fast zu niedlich sind, um sie zu erlegen. Insgesamt muss man aber nicht oft Essen oder Trinken.
Überleben - auf die nicht so harte Tour
Dann gibt es eine Staminaleiste, die beim Spurten, Schwimmen oder Waffeneinsatz zur Neige geht und entsprechend den Aktionsspielraum einschränkt. Sämtliche Rüstungsgegenstände und Waffen gehen übrigens mit der Zeit kaputt, aber dieser Verlust der Haltbarkeit ist nicht so übertrieben wie in anderen Titeln. Stirbt man, z.B. beim Kampf gegen gruselige Spinnen oder je nach Einstellung beim Arachnophobie-Slider "nur" putzig reduzierte Spinnen-ähnliche Wesen, kann man entweder von den Mitspielern wiederbelebt werden oder man spawnt an einem ausgewählten Ort wieder. Abgesehen davon, dass man seinen Rucksack mit den Gegenständen verliert und diesen am Todesort wieder abholen kann, gibt es keine Strafen für den Tod.
Momentan sind die Survival-Elemente nicht übertrieben nervig und wenn man Essen kochen sowie Tau auffangen kann, verlieren sie schnell an Bedeutung. Allerdings sind viele Gegner zu stark bzw. können viel zu viele Treffer wegstecken, selbst von den stärksten Waffen. Blöderweise halfen immer wieder Wegfindungsprobleme und KI-Macken im Kampf gegen die großen Gegner. Hier ist die Balance noch sehr, sehr wackelig.
Gruselige Riesenspinnen
Wer die Schnitzeljagd-Story um eine mysteriöse Maschine und eine Forschungsanlage in der Eiche in der aktuellen Early-Access-Version durchspielen möchte, hat das Ende rasant erreicht. Gerade als der Regenbogenschnurrbart-Roboter BURG.L die Spieler auffordert, die 9-Volt-Batterien wieder aufzuladen, ist das Ende erreicht. Danach kann man lediglich für tägliche Nebenquests bei ihm vorbeischauen. Selbst wenn man sich Zeit lässt, ist die Story, die etwa 20 Prozent der finalen Geschichte ausmachen soll, nach ca. einer Stunde durch. Danach kann man Grasland, Hecke und Dunstland vollständig erkunden, mehr Zeug herstellen und seine Basis ausbauen - wie in einem Miniatur-Sandkasten.
Kurz-Story im Early-Access-Sandkasten
Fortgeschrittene Werkzeuge und Waffen sollen erst später folgen. Bis zur angepeilten Veröffentlichung der Vollversion im Jahr 2021 sollen die vollständige Storyline, mehr Krabbeltiere, weitere unterschiedliche Umgebungen und Klimazonen, mehr Rezepte fürs Crafting und viele Verbesserungen hinzukommen.
Außerdem bleibt es abzuwarten, wofür genau man die gesammelten Forschungspunkte bei BURG.L einsetzen kann und ob es eine Form von Charakter-Entwicklung abseits der Gegenstände geben wird. Verbesserbare Talente oder einen Skilltree suchte man bisher vergebens, würden aber gut in das Szenario passen.
Ansonsten muss man mit den typischen Early-Access-Krankheiten leben: Die Einrichtung einer Multiplayer-Lobby klappt nicht immer, viele Ingame-Beschreibungen sind zu vage, die Hausbau-Steuerung abseits der Wände zeigt sich zickig und die deutsche Übersetzung kommt später. Immerhin lief der Koop-Modus bisher problemlos und es gab keine Abstürze. Steam-Nutzer benötigen übrigens zwingend einen Xbox-Live-Account, auch für den Solo-Modus. Grounded kann für 29,99 Euro im Early Access oder als Xbox-Spielvorschau gekauft werden, sofern man es nicht im Xbox Game Pass auf PC und Konsole beziehen möchte.
Auf einer Baustelle
Ausblick
Die Early-Access-Version von Grounded bietet aktuell zu wenig Inhalte, lässt aber großes Potenzial durchscheinen, obgleich die Story zu schnell abgeschlossen und die Charakter-Entwicklung zu eingeschränkt ist. Die größte Stärke ist aber die unverbrauchte und sehr stimmig umgesetzte Spielwelt, die trotz gruseliger Riesenspinnen vor Charme und kreativen Ideen sprüht. Auch die Survival-Elemente nerven nicht zu sehr, da Erkundung, Bauen und Herstellung stärker im Vordergrund stehen. Das gute Fundament von Grounded muss Obsidian Entertainment in den nächsten Monaten mit vielen Inhalten ergänzen - und vielleicht darf man ja auch einen Keller oder zumindest einen Gartenschuppen zur Abwechslung betreten. Mich hat das Spiel jedenfalls positiv überrascht. Hoffentlich nutzt das kleine Team seine Chancen und setzt die richtigen Prioritäten!
Einschätzung: gut